Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Natürliches Vitamin K aus der Nahrung umfasst Phyllochinon (Vitamin K1) und die Menachinone (Vitamin K2). Menadion (Vitamin K3) wird synthetisch hergestellt. Vitamin-K-Verbindungen unterscheiden sich in der Seitenkette am C3 des 2-Methyl-1,4-Naphthochinonkerns. In Europa erfolgt die Vitamin-K-Bedarfsdeckung über die Nahrung überwiegend mit Vitamin K1.
Vitamin K1 (Phyllochinon) enthält eine Phytylgruppe am C3 und wird in Pflanzen gebildet. Es kommt hauptsächlich in grünen Blattgemüsen (z. B. Spinat und Salat) und Kohl vor.
Vitamin K
2 (Menachinone) ist eine Gruppe von Verbindungen mit unterschiedlich langen Seitenketten am C3, bestehend aus 4–13 Isoprenyleinheiten (MK4 bis MK13). Das Menachinon MK4 wird im Menschen bakterienunabhängig aus Phyllochinon in der Darmschleimhaut und anderen Organen hergestellt. Die Mehrheit der Menachinone wird jedoch von
Bakterien der humanen Darmflora hergestellt. Bei gestillten Säuglingen kommt es erst mit dem Entwöhnen zu einer fortschreitenden Kolonisierung des Darms mit Menachinon-produzierenden Bakterien. Zur Resorptionsquote der von der Darmflora hergestellten Menachinone gibt es keine belastbaren Daten. Wie Vitamin K
1 wird auch Vitamin K
2 über die Nahrung aufgenommen; wichtigste Quellen sind tierische Produkte wie Fleisch, Käse und Ei.
Vitamin K
3 (Menadion), das unsubstituierte 2-Methyl-1,4-Naphthochinon, ist eine wasserlösliche synthetische Form. Es wurde für die Behandlung eines Vitamin-K-Mangels zugelassen, wird aber aufgrund eines ungünstigen Nebenwirkungsprofils (hämolytische
Anämie, Lebertoxizität etc.) nicht mehr beim Menschen eingesetzt.
Die
Vitamine K
1 und K
2 werden als lipophile Verbindungen in Gegenwart von Nahrungsfetten, Gallensalzen und Pankreaslipasen im Jejunum resorbiert. Nach Bildung von
Mizellen und Aufnahme in die Enterozyten erfolgt der Einbau in die
Chylomikronen, die mit der
Lymphe über den Ductus thoracicus in die Blutbahn gelangen. Das wasserlösliche Vitamin K
3 wird über die Darmschleimhaut resorbiert und gelangt direkt in die Blutbahn.
Vitamin K
1 wird im Blut vor allem durch triglyceridreiche
Lipoproteine transportiert (etwa 75–90 % des Phyllochinons im
Plasma), Vitamin K
2 auch durch andere Lipoproteine. Die Anreicherung der
Vitamine K
1 und K
2 erfolgt vor allem in der Leber und zum Teil in Knochen und anderen Geweben. Die Größe des Körperpools von Vitamin K ist nicht bekannt. Bei einem Vitamin-K
1-Körperpool von etwa 0,55 μg/kg Körpergewicht bei gesunden Erwachsenen gibt es keine Anzeichen eines Vitamin-K-Mangels. Vitamin K
1 und K
2 werden in der Leber zu den gleichen Metaboliten abgebaut und über die
Galle und den
Urin ausgeschieden.
Vitamin K1 wird diaplazentar transportiert. Die Blutkonzentration beim reifen Neugeborenen ist etwa halb so hoch wie bei der Mutter. Die Konzentration in der Muttermilch bei Frauen ohne Supplementierung liegt zwischen 1,2–9,2 μg/L.
Funktion – Pathophysiologie
Vitamin K (sowohl Vitamin K
1 als auch Vitamin K
2) wirkt als Kofaktor bei der posttranslationalen γ-Carboxylierung verschiedener Vitamin-K-abhängiger Proteine. Hierbei werden Glutaminsäurereste zu γ-Carboxyglutaminsäureresten carboxyliert. Diese Reaktion findet statt unter Beteiligung einer mikrosomalen Carboxylase, einer Vitamin-K-Epoxid-Reduktase und einer Chinon-Reduktase. Die modifizierten Proteine sind in der Lage,
Calcium zu binden. Zu den Proteinen, die Vitamin-K-abhängig modifiziert werden, zählen die
Gerinnungsfaktoren II, VII (
Gerinnungsfaktor VII), IX (
Gerinnungsfaktor IX) und X (
Gerinnungsfaktor X) (s. jeweils dort) sowie
Protein C,
Protein S und
Osteocalcin. Sie sind an der Blutgerinnung, Knochenmineralisierung und möglicherweise der Kontrolle der Weichgewebeverkalkung beteiligt. Die aktuelle Datenlage zeigt für die γ-Carboxylierung, dass Menchinon MK-7 eine 2,5-fach höhere Bioaktivität im Vergleich zu Vitamin K
1 besitzt. Die γ-carboxylierten Gerinnungsfaktoren werden über Ca
2+-Ionen an Phospholipidoberflächen gebunden und aktiviert. Osteocalcin ist eines der am häufigsten vorkommenden nicht
kollagenen Proteine im Knochen und ist an der Knochenmineralisierung beteiligt. 1,25-(OH)
2-Vitamin D (Vitamin D) reguliert die Expression von Osteocalcin. Andere Proteine wie das Matrix-γ-Carboxyglutaminsäure-Protein und das Growth-Arrest-Specific-Protein 6 werden in der glatten Gefäßmuskulatur synthetisiert und sind vermutlich an der Hemmung der Weichteilkalzifizierung beteiligt. Säuglinge mit Vitamin-K-Epoxid-Reduktase-Mutationen können schwere Blutungen und/oder Skelettdefekte zeigen.
Während der γ-Glutamylcarboxylierung Vitamin-K-abhängiger Proteine wird die reduzierte aktive Form von Vitamin K (Hydrochinon) in die oxidierte Form (Vitamin-K-Epoxid) umgewandelt, die anschließend durch die Vitamin-K-Epoxid-Reduktase wieder zu Hydrochinon reduziert wird. Dieser Redoxzyklus, genannt Vitamin-K-Zyklus, findet in verschiedenen Geweben statt, insbesondere in der Leber und im Knochen. Die Vitamin-K-Epoxid-Reduktase kann durch
Cumarine blockiert werden, worauf deren Antikoagulationsaktivität beruht. Steht Vitamin K in unzureichender Menge zur Verfügung, so werden unwirksame untercarboxylierte Vorstufen der Vitamin-K-abhängigen Proteine gebildet. Diese werden auch als PIVKA („protein induced by vitamin K absence or antagonists“) bezeichnet (s. Proteine, induziert durch Vitamin K-Mangel).
Vitamin-K-Mangel bei Erwachsenen ist selten. Gemäß der Nationalen Verzehrstudie II liegt die mediane Vitamin-K
1-Aufnahme bei 76 μg/Tag. Dies entspricht dem Schätzwert für eine angemessene Vitamin-K
1-Zufuhr für Erwachsene. Der Vitamin-K-Mangel bei Erwachsenen ist mit einem Mangel an
Gerinnungsfaktoren und damit einer Beeinträchtigung der normalen hämostatischen Kontrolle verbunden. Es kann sowohl zu Blutungen als auch zu Thrombosen kommen. Der Mangel an Gerinnungsfaktoren führt außerdem zur Abnahme des Quick-Werts (
Thromboplastinzeit). Ein Vitamin-K-Mangel findet sich insbesondere bei einer gestörten Lipidaufnahme bei Darmentzündungen oder Pankreasfunktionsstörungen. Vitamin-K-Mangelsymptome finden sich auch nach der Einnahme von
Vitamin-K-Antagonisten (z. B.
Cumarine). Eine Beeinträchtigung der hämostatischen Kontrolle entwickelt sich bei gesunden Erwachsenen, wenn ein Vitamin-K-Mangel länger als 2–3 Wochen anhält.
Aufgrund des niedrigen Vitamin-K-Gehalts der Muttermilch sind gestillte Säuglinge anfällig für einen Vitamin-K-Mangel. Die Verabreichung von Vitamin K1 bei Neugeborenen ist übliche Praxis zur Prävention von Blutungen. Es wurde keine tolerierbare obere Aufnahmemenge für Vitamin K1 festgelegt.
Vitamin K und
Vitamin E (α-Tocopherol) teilen gemeinsame Stoffwechselwege und die biliäre Exkretion sowie den Transport über
Lipoproteine. Die Aufnahme hoher Vitamin-E-Konzentrationen führt zur Hochregulierung der Abbauwege beider
Vitamine, was zu einem Vitamin-K-Mangel führen kann. Auch wurde eine kompetitive Hemmung zwischen Tocopherolchinon und dem Phyllochinonhydrochinon für die Vitamin-K-abhängige γ-Carboxylase beschrieben. Beide Mechanismen führen zu einer Erhöhung der
Blutungsneigung bei der Einnahme hoher Vitamin-E-Mengen.
In der Supplementierung finden neben Vitamin K1 (Phyllochinon) auch die Menachinone MK-4 und MK-7 zunehmend Anwendung. Eine Empfehlung zur tolerierbaren oberen Aufnahmemenge gibt es hierfür nicht.