Skip to main content
Orthopädie und Unfallchirurgie
Info
Publiziert am: 14.07.2022

Distale metaphysäre Unterschenkelfrakturen beim Kind

Verfasst von: Johannes Mayr, Annelie M. Weinberg, Christoph Kutschera, Friedrich Hans Kutscha-Lissberg und Enrico Kahl
Frakturen der distalen Tibiametaphyse verlaufen in der Nähe der robusten, langsam wachsenden distalen Tibiawachstumsfuge. Diese Frakturen sind selten und weisen in der Frontalebene ein geringeres Spontankorrekturpotenzial auf als in der Sagittalebene. Stürze aus der Höhe, Anprall- und Überrollverletzungen, Snowboardstürze, Fußballunfälle und Kontaktsportverletzungen stellen die Hauptursachen solcher Verletzungen dar. Durch den überwiegend dünn ausgebildeten Weichteilmantel ist vor allem bei stark dislozierten Frakturen die Weichteildurchblutung gefährdet. Eine notfallmäßige Reposition kann im Rahmen der Erstversorgung zur Weichteilentlastung erforderlich werden. Das starke Periost im Bereich der distalen Tibiametaphyse jüngerer Kinder verhindert häufig ausgeprägte Fehlstellungen. Eine Reststabilität eines oder beider Unterschenkelknochen erlaubt häufig eine konservative Behandlung von distalen metaphysären Tibiafrakturen im Gipsverband, nachdem eine ggf. vorhandene Fehlstellung reponiert wurde. Sind jedoch beide Knochen frakturiert und lässt sich keine stabile Position erreichen, bedarf es einer Osteosynthese. Dabei steht in der Regel die Stabilisation der distalen metaphysären Tibiafraktur im Vordergrund. Nach dem 10. Lebensjahr ist mit keiner wesentlichen Remodelierung von Valgus- oder Varusfehlstellungen mehr zu rechnen, sodass das Hauptaugenmerk auf die Vermeidung von Fehlstellungen in der Frontalebene und von Rotationsfehlstellungen gelegt werden sollte. Hemmende Wachstumsstörungen an der distalen Tibiametaphyse kommen zentral und medial vor und führen zu langsam progredienten Unterschenkelverkürzungen oder Varusfehlstellungen. Stimulierende Wachstumsstörungen kommen in der Wachstumsphase nach in Valgusstellung verzögert heilenden Grünholzfrakturen der distalen Tibia infolge Stimulation des medialseitigen Tibiawachstumsfugenanteils aum vor.

Einleitung

Die kindlichen Sprunggelenkverletzungen mit Beteiligung der Wachstumsfuge werden nach 2 verschiedenen Einteilungen differenziert. In den anatomischen Klassifikationen werden morphologisch die Verletzungsfolgen und ihre Beziehung zur Wachstumsfuge berücksichtigt, während in den funktionellen Klassifikationen die Einteilung über die Stellung des Fußes und die Richtung der während des Unfalls einwirkenden Kraft erfolgt. Der Vorteil der anatomischen Einteilungen liegt vor allem darin, dass sie für alle Fugenlösungen unabhängig von der Lokalisation anwendbar sind und dass aufgrund der weiten Verbreitung dieser Einteilung auch eine gute Reproduzierbarkeit gegeben ist. Zwischen 1867 (Foucher 1867) und 1994 (Peterson et al. 1994) wurden mehr als 10 verschiedene anatomische Einteilungen publiziert. Die gebräuchlichste dieser Einteilungen wurde von Salter und Harris (1963) erarbeitet. Die funktionelle Einteilung wurde von Dias und Tachdjian (1978) nach den Erkenntnissen von Lauge-Hansen (1950) für die kindlichen Knochenverletzungen adaptiert.
Unbestritten ist, dass Kenntnisse über die Frakturentstehung eine wesentliche Voraussetzung sowohl für die konservative als auch für die operative Frakturbehandlung darstellen. Allerdings zeigten Vahvanen und Aalto (1980) in einem Vergleich von 3 verschiedenen Einteilungen (Weber und Suessenbach 1978; Lauge-Hansen 1950; Salter und Harris 1963) anhand von 310 kindlichen Frakturen, dass lediglich die Einteilung nach Salter-Harris eine akzeptable Übereinstimmung zwischen verschiedenen Untersuchern ermöglicht.
Die von Peterson et al. 1994 empfohlene Einteilung fügt den 5 verschiedenen Verletzungsformen von Salter und Harris noch 2 hinzu, wobei die erste die Epiphyse nicht tangiert, sondern in der Metaphyse beginnt und in die Physe ausläuft, ohne zu einer Dislokation in der Fuge zu führen. Die 2. „neue“ Verletzung ist als offene Verletzung zu bezeichnen, wobei ein knöcherner epi- und metaphysärer Defekt besteht und regelhaft ein vorzeitiger (partieller) Verschluss der Fuge eintritt. Der Vorteil der von Peterson et al. publizierten Einteilung besteht in der guten statistischen Aufarbeitung von 951 Frakturen. In der Studie wird über die Verteilung der Frakturen und die Wahrscheinlichkeit von Wachstumsstörungen in einem 10-Jahres-Zeitraum berichtet (Peterson et al. 1994).
Im Alltag hat sich gezeigt, dass es wesentlich ist, zwischen den metaphysären und den epiphysären Läsionen, die immer das Gelenk mitbetreffen, zu differenzieren. Therapeutisch kann bei metaphysären Läsionen die Spontankorrektur durchaus integriert werden, dagegen müssen alle epiphysären Brüche anatomisch reponiert und sicher retiniert werden. Die Übergangsfraktur stellt eine Sonderform der epiphysären Verletzung in der Adoleszenz dar.
Die Tab. 1 gibt eine Übersicht über die distale metaphysäre Unterschenkelschaftfraktur.
Tab. 1
Distale Unterschenkelschaftfraktur beim Kind
Abschnitt
Anmerkungen
Spezielles
• Komplette distal metaphysäre Unterschenkelfrakturen neigen eher zur Valgusfehlstellung (Muskelzug anterolateral, keine „sperrende“ Fibula)
• Wenn tibiale Fragmente aufeinander stehen, ist die Fraktur als teilstabil zu werten
• Am distalen Unterschenkel werden Varusfehlstellungen etwas besser spontan korrigiert als Valgusfehlstellungen
• Stimulierende Wachstumsstörungen medialseitig sind möglich bei in Valgusfehlstellung verheilenden Grünholzbrüchen der distalen Tibia. Hemmende Wachstumsstörungen bei massiven metaphysären Stauchungsfrakturen und Mehrfragmentfrakturen der distalen Tibia infolge von partiellem oder komplettem Verschluss der distalen Tibiawachstumsfuge sind möglich (Folgen: zunehmende Varusfehlstellung, zunehmende Beinverkürzung)
• Geringe Verkürzungen der distalen Fibula werden bei offenen Wachstumsfugen spontan korrigiert. Bis zum 12. Lebensjahr sind Syndesmosenverletzungen und Maisonneuve-Verletzungen extrem selten
Diagnostik
• Röntgen Unterschenkel a.p. und seitlich mit Sprunggelenk
Konservative Therapie
• Für alle stabilen, undislozierten Frakturen mit gering traumatisierten Weichteilen, bei Verkürzung bis 5 mm und einfacher, kurzer Tibiaschrägfraktur/-querfraktur
• <6. Lebensjahr:
  - Rekurvation/Antekurvation: <25°
  - Varus/Valgus: <15°
  - Rotationsfehler: <10°
• <10. Lebensjahr:
  - Rekurvation/Antekurvation: <15°
  - Varus: <8°
  - Valgus: <5°
  - Rotationsfehler: <10°
• >10. Lebensjahr:
  - Rekurvation/Antekurvation: <10°
  - Varus/Valgus: <5°
  - Rotationsfehler <5°
• Verfahren: Oberschenkelgips für 4–6 Wochen, ältere Kinder evtl. Sarmiento-Unterschenkelgips
• Ggf. geschlossene Reposition in Narkose mit Gipsanlage
Nachbehandlung (konservative Therapie)
• Nach Ruhigstellung, wenn schmerzfrei spontane Mobilisation, 3-wöchentliche Kontrollen, bis annähernd freie Funktion erreicht ist
• Nachkontrollen über 3 Jahre bei Beinlängendifferenz/Achsenabweichung bis Spontankorrektur oder Wachstumsabschluss. Zur Gangbildverbesserung oder Muskelaufbau ggf. Physiotherapie
Röntgenkontrolle (konservative Therapie)
• Stellungskontrolle am 5.–9. Tag
• Bei instabiler Situation 2. Nachkontrolle mit Unterschenkelröntgen nach 2 Wochen
• „Erste“ gipsfreie Konsolidierungskontrolle nach 4–6 Wochen
Sport (konservative Therapie)
• 4–6 Wochen nach Konsolidierung bei freier Funktion und unauffälligem Gangbild
Operative Therapie
• Für dislozierte, instabile Fraktur, offene Fraktur, Kompartmentsyndrom, Durchblutungsstörung, Polytrauma
• Verfahren:
  - Querfraktur, kurze Schrägfraktur: perkutane Kirschner-Draht-Fixation, ggf. Fixateur externe
  - Bei älteren Kindern: eingeschobene Platte („Fixateur interne“)
  - Offene Frakturen: Fixateur externe, Weichteilmanagement muss möglich sein
Komplikationen (operative Therapie)
• Verbleibende Fehlstellung, sekundäre Dislokation, Gefäß-, Nervenschaden, Osteosynthesematerialkomplikationen, Wundinfektion, Osteomyelitis, Pseudarthrose, Kompartmentsyndrom, stimulierende oder hemmende Wachstumsstörung
Nachbehandlung (operative Therapie)
• Frakturtypabhängige Mobilisation (durch Operateur festzulegen), 3-wöchentliche Kontrolle, bis annähernd freie Funktion erreicht ist. Nachkontrollen über 3 Jahre bei Beinlängendifferenz/Achsenabweichung bis Spontankorrektur oder Wachstumsabschluss. Zur Gangbildverbesserung oder Muskelaufbau ggf. Physiotherapie
Röntgenkontrolle (operative Therapie)
• Konsolidierungskontrolle nach 4–6 Wochen
• Frakturtypabhängig ggf. frühere Stellungskontrolle vor Beginn der Belastung
• Vor Vollbelastung
• Vor Metallentfernung
Metallentfernung
• Wenn klinisch und radiologisch konsolidiert
• Kirschner-Drähte nach 3–6 Wochen
• Schrauben nach Konsolidation (ca. 3 Monate)
• Fixateur externe nach 6–12 Wochen.
Sport (operative Therapie)
• 4–6 Wochen nach Konsolidierung bei freier Funktion und unauffälligem Gangbild

Entwicklung und Wachstum (einschließlich Wachstumsprognose und Korrekturmöglichkeiten)

Ossifikationskerne, Zeitpunkt des Fugenschlusses

Die distale Tibiafuge beginnt sich 1,5 Jahre vor dem endgültigen Wachstumsende zu verschließen. Dieser Verknöcherungsprozess beginnt zentral und breitet sich dann nach dorsal und medial und schließlich nach anterolateral aus. Das Längenwachstum hört an dieser Stelle bei Mädchen etwa mit dem 13. Lebensjahr und bei Jungen mit dem 15. Lebensjahr auf.
Zusätzliche Ossifikationskerne sind im Bereich der Knöchel nicht selten. Sie erscheinen zwischen dem 7.–10. Lebensjahr und verschwinden meist mit dem Verschluss der sekundären Ossifikationszentren. Das bekannteste Ossikel ist das Os subfibulare, das manchmal nur schwer gegen eine frische Verletzung abgegrenzt werden kann (Abb. 1).

Spontankorrektur

Bei allen metaphysären Frakturen ist durch die Nähe zur Fuge mit einer hohen Spontankorrekturrate, besonders bei sehr jungen Kindern, zu rechnen. Am distalen metaphysären Unterschenkel bedeutet dies, dass Achsenfehlstellungen in der Sagittalebene bis zum 6. Lebensjahr bis zu einem Ausmaß von 25° korrigiert werden können. Achsenfehlstellungen in der Frontalebene bis zu 10°, und Seit-zu-Seit-Verschiebungen bis zu 1,5 cm werden ebenfalls in dieser Altersgruppe spontan korrigiert, wenn keine Wachstumsstörung an der distalen Tibiawachstumsfuge eintritt. Beim Belassen von Seit-zu-Seit-Verschiebungen ist jedoch auf den dünnen Weichteilmantel an dieser Stelle zu achten.
Die häufigste Achsenfehlstellung nach metaphysären Frakturen stellt die Rekurvationsfehlstellung dar. Beim Belassen von Achsenfehlstellungen an der distalen Tibia ist zurückhaltender als beim distalen Radius vorzugehen.
Grenzen der Spontankorrektur distaler Unterschenkelfrakturen bis zum 10. Lebensjahr
  • Sagittalebene bis 15°
  • Varus bis zu 7°, Valgus bis 5°
  • Seit-zu-Seit-Verschiebungen bis 1,0 cm
  • Verkürzung bis 0,5 cm

Wachstumsstörungen

Partielle oder vollständige Wachstumsstörungen können sowohl nach metaphysären als auch nach epiphysären Verletzungen auftreten (v. Laer et al. 1982, 1989). Für einen vorzeitigen Verschluss des medialen Anteils der Fuge (im Innenknöchelbereich) ist in den meisten Fällen ein unfallabhängiger Gefäßschaden mit konsekutiver vaskulärer Minderversorgung verantwortlich (Carothers und Crenshaw 1955). Durch die chirurgische Darstellung dieser Region kann dieser Gefäßschaden zusätzlich verstärkt werden.
Früher hielt man in den Bruchspalt eingeschlagenes Periost für die Ursache dieser Wachstumsstörung. Im Gegensatz zu Weber und Suessenbach (1978) konnten weder Beck (1982; experimentell) noch v. Laer (1982; klinisch) eingeschlagenes Periost als Repositionshindernis bestätigen oder für die Wachstumsstörung verantwortlich machen.
Generell wird angenommen, dass nach jeder epiphysären Fraktur eine Fugen-Knochen-Brücke im Fugenbereich auftritt, die jedoch fast immer spontan wieder gesprengt wird (Marti und Besselaar 1991; v. Laer et al. 1982; Rogers und Poznanski 1994). Letzteres hängt vom Ausmaß derselben ab, wobei es für den Menschen keine zuverlässigen Daten gibt. Tierexperimentell hat sich ergeben, dass eine Brückengröße bis maximal 20 % der gesamten Fläche der Epiphyse als Ausheilungsbrücke klinisch irrelevant bleibt und meist spontan wieder gesprengt wird (Dallek et al. 1983; Lalonde und Letts 2005).
Vollständig hemmende Wachstumsstörungen führen zu einer Beinlängendifferenz, die im Falle von älteren betroffenen Kindern meist klinisch irrelevant bleibt (Abb. 2) (Lalonde und Letts 2005; Marti und Besselaar 1991; Rogers und Poznanski 1994).
Auch ein vorzeitiger partieller Verschluss der distalen Tibiawachstumsfuge ist möglich. Die Inzidenz wird mit bis zu 10 % aller Frakturen angegeben (Chadwick und Bentley 1987). Nach dislozierten Frakturen, vor allem mit erheblichem Weichteilschaden, steigt die Inzidenz auf bis zu 35 % an (Barmada et al. 2003; Chadwick und Bentley 1987; Hasler und v. Laer 2000; Rogers und Poznanski 1994; Spiegel et al. 1978). Klinisch relevant werden aber wiederum nur 10 % (Rogers und Poznanski 1994). Der vorzeitige Verschluss tritt praktisch immer medialseitig auf (Barmada et al. 2003; Marti und Besselaar 1991). In der Folge kommt es zu einer Varusfehlstellung des Sprunggelenks (Abb. 3) (Barmada et al. 2003; Cass und Peterson 1983; Chadwick und Bentley 1987; Crenshaw 1965; Dias 1985; Karrholm et al. 1983; Kling Jr et al. 1984; Lalonde und Letts 2005; Linhart et al. 1983; Spiegel et al. 1984).

Chirurgische und spezielle Anatomie

Das Sprunggelenk weist 2 Hauptbewegungsrichtungen auf. Im oberen Sprunggelenk erfolgen die Plantarflexion und die Dorsalflexion, die um eine quere Achse im Bereich des oberen Sprunggelenks vonstattengeht. Die Pro- und Supination findet im unteren Sprunggelenk statt. Der Talus ist vorne breiter, sodass die knöcherne Führung im oberen Sprunggelenk bei Dorsalflexion zunimmt.
Die Ligamente des Sprunggelenks sind an der Epiphyse verankert. Das kräftige Lig. deltoideum entspringt an der Spitze des Innenknöchels und zieht mit 2 Anteilen, einem oberflächlichen und einem tiefen Teil, nach distal. Der oberflächliche Anteil setzt am Os naviculare, dem Talus und dem Sustenaculum tali an, während der tiefe Anteil zur medialen Gelenkfläche des Talus zieht. Der laterale Bandapparat wird von 3 Bandstrukturen gebildet, das heißt dem Lig. talofibulare anterius, dem Lig. talofibulare posterius und dem Lig. calcaneofibulare. Der jeweilige Spannungszustand der Bänder richtet sich nach der Bewegungshaltung des Sprunggelenks. Alle 3 Bänder entspringen distal an der Fibulaspitze unterhalb der distalen Fuge (Abb. 4). Im Gegensatz zum Erwachsenen muss bei der Behandlung von Bandläsionen im Kindesalter bedacht werden, dass im Wachstum die Fugen und damit der Knochen anfälliger sind für Läsionen als die Bundstrukturen am Sprunggelenk. Aus demselben Grund ist die Syndesmose bei Jugendlichen und Erwachsenen häufiger verletzt als bei Kindern.

Frakturen der Metaphyse des distalen Unterschenkels

Ursache und Häufigkeit

In der Literatur wird die Häufigkeit der Verletzung des distalen Unterschenkels mit 6–10 % aller Frakturen im Kindesalter angegeben (v. Laer 2001). Bei steigender Festigkeit der Tibia führen vor allem Rotationskräfte in zunehmendem Maße zu Verletzungen der distalen Wachstumszone. Mit zunehmender Nähe der Frakturen zur Wachstumsfuge vergrößert sich das Korrekturpotenzial.
Die distale Tibia stellt die häufigste Lokalisation für eine Epiphysenlösung an der unteren Extremität dar. Entsprechend der Größe und Richtung der einwirkenden Kräfte kann es zusätzlich zu Verletzungen der distalen Fibula kommen.
Für alle traumatischen Fugenlösungen gilt, dass bedingt durch hormonelle Einflüsse die Wachstumsfuge mit Einsetzen der Pubertät mechanisch weniger belastbar wird als der Kapsel-Band-Apparat. Deshalb besteht ein Häufigkeitsgipfel für derartige Verletzungen im 11.–13. Lebensjahr. Gemeinsam mit den Übergangsfrakturen nach Beginn des physiologischen Verschlusses der Fuge stellt die Epiphysenlösung im Kindes- und Jugendalter das Korrelat zu den (bi-)malleolären Verletzungen des Erwachsenenalters dar.

Klassische distale metaphysäre Läsion

Die klassische distale metaphysäre Läsion der Tibia von Babies legt den Verdacht auf eine Kindesmisshandlung nahe. Die damit verbundene subperiostale Kallusformation ist auf a.p.-Sprunggelenksröntgenaufnahmen auch für erfahrene Kinderradiologen nur in 34 % der Fälle erkennbar. Bei zusätzlicher Röntgennachkontrolle nach 2 Wochen steigt die Nachweisrate auf 57 % und bei zusätzlicher Anfertigung eines initialen seitlichen Röntgenbilds auf 71 % an (Tsai et al. 2019).

Fahrradspeichenverletzung

Frakturen in diesem Bereich sind oftmals die Folge von Fahrradspeichenverletzungen. Diese Verletzungen entstehen während des Sitzens auf dem Gepäckträger oder in einem Kindersitz, indem der vordere Teil des Fußes in den Speichen des sich drehenden Rads gefangen wird. Neben den knöchernen Verletzungen spielen die oftmals sehr ausgeprägten Weichteilverletzungen eine wesentliche Rolle (Drewes 1965).

Klassifikation

In der Metaphyse, der kolbenförmigen Aufweitung der Diaphyse bis zur Fuge, werden grundsätzlich Biegungs-, Stauchungs- und vollständige Brüche unterschieden. Als die am weitesten peripher gelegene Schaftläsion wird die Epiphysiolyse mit und ohne metaphysärem Keil (Salter-Harris I und II, Abb. 5a, b) den metaphysären Frakturen zugeordnet. Drehfrakturen, die nur die distale Metaphyse betreffen, sind äußerst selten. Biegungsfrakturen sind meist Grünholzfrakturen, sodass einseitig die Kortikalis frakturiert, jedoch an der gegenüber liegenden Seite nur angebrochen ist. Diese Läsion kann gegen die Stauchungsfraktur (Abb. 5c) exakt abgegrenzt werden, ähnlich der Lokalisation am distalen Radius. Definitionsgemäß liegt bei der Stauchungsfraktur ein Wulst an einer oder mehreren Kortikalisseiten vor. Findet sich ein Klaffen auf der gegenüberliegenden Seite, so handelt es sich um eine Biegungsfraktur (Grünholzfraktur; Abb. 5d).
Therapeutisch ist eine Unterscheidung hinsichtlich einer erhöhten Refrakturrate nicht notwendig. Es kann aber, ähnlich wie bei den Biegungsfrakturen am Unterarm, zu einer Konsolidationsstörung mit konsekutiver Valgusfehlstellung kommen. Komplette Frakturen (Abb. 5e) können als Querfrakturen (Schuhrandbruch), Schrägfrakturen oder Mehrfragmenttrümmerfrakturen auftreten.

Stabilität

Wichtigstes Kriterium zur Therapieplanung ist neben der Frakturform die Stabilität, insbesondere bei paarigen Knochen. Stauchungsfrakturen sind stabile Verletzungen, aber auch der isolierte Querbruch kann bei Stauchungs- oder Biegungsfraktur der Fibula als stabil betrachtet werden. Wie bei den Schaftfrakturen hängt der Stabilitätsgrad der Querbrüche zusätzlich von der primären Seit-zu-Seit-Verschiebung und der Anzahl der Fragmente im Frakturbereich ab. Alle Epiphysiolysen mit oder ohne metaphysärem Keil sind zwar isoliert instabil, werden aber über eine intakte Fibula ebenfalls mitstabilisiert. Findet sich dagegen eine komplette Fraktur der Fibula in Höhe der Epiphysiolyse, so sind auch diese Verletzungen potenziell instabil. Als instabil gelten alle kompletten Schrägfrakturen beider Knochen auf gleicher Höhe.

Diagnostik

Klinische Diagnostik

Meist findet sich eine ausgeprägte Schwellung mit deutlicher Bewegungseinschränkung. Eine sichtbare Achsendeviation kann vorkommen. Zwar ist nach Frakturen des distalen Unterschenkels die Gefahr eines Kompartmentsyndroms vorhanden, aber gegenüber den Schaftfrakturen tritt dieses hier seltener auf. Dennoch muss klinisch ein solches ausgeschlossen und ggf. im Verlauf kontrolliert werden. Dazu gehört die Dokumentation der Weichteilsituation, besonders im Vorfuß- und Zehenbereich (Trophik und Klinik). Im angelegten Gipsverband muss besonders auf Durchblutung, Sensibilität und Motorik der Zehen geachtet werden.
Bei allen Verletzungen muss die im Kindesalter sehr seltene, proximale hohe Fibulafraktur aktiv ausgeschlossen werden, um eine Maisonneuve-Verletzung nicht zu übersehen.

Röntgendiagnostik

Bei der Unfallaufnahme ist der Unterschenkel mit den angrenzenden Gelenken zu röntgen. Nur so kann initial sicher beurteilt werden, ob es sich um eine isolierte distale Verletzung handelt (cave: Maisonneuve-Verletzung!). Bei Kontrolluntersuchungen ist die zentrierte Aufnahme des oberen Sprunggelenks in 2 Ebenen anzuschließen, die im weiteren Verlauf für die Beurteilung ausreichend ist. Um Achsenfehlstellungen zuverlässig beurteilen zu können, muss der Epiphysenachsenwinkel mitbestimmt werden (Abb. 6).
Diagnostisch kann die unverschobene Variante der Epiphysiolyse ein Problem darstellen, da diese auf den primären Röntgenbildern nicht unbedingt knöcherne Verletzungsfolgen zeigt. Deshalb sollte bei supramalleolärer Schwellung und Schmerzen auch bei negativem Röntgenbefund immer eine Gipsschienenruhigstellung durchgeführt werden. Diese Maßnahme ist symptomatisch, schmerzlindernd und im Falle der unverschobenen Fugenlösung auch therapeutisch begründet.
Falls es sich um eine reine Weichteilverletzung handelt, muss nach 10–14 Tagen Schmerzfreiheit erlangt sein. Bestehen Zweifel, wird eine Röntgenkontrolle durchgeführt, die im Falle der unverschobenen Fraktur eine Entkalkung des Frakturspalts und eine periostale Reaktion als Zeichen der ablaufenden knöchernen Reparation erwarten lässt.

Knochenmarködem („Bone Bruise“-Verletzung)

Zeigt sich eine Schmerzhaftigkeit, Überwärmung und ggf. Schwellung im Bereich des distalen Unterschenkels nach einem Trauma und bestehen röntgenologisch keine sicheren Hinweise auf eine Fraktur, kann es sich um ein traumatisch bedingtes Knochenmarködem bzw. um eine Einblutung in die Spongiosa mit Mikrofrakturen handeln (sog. Bone-Bruise-Herde) (Rangger und Rogmans 2015; Regauer und Mutschler 2015). Knochenödem-Herde treten vor allem in gelenknahen Knochenabschnitten auf. Diese Verletzung lässt sich am sichersten im MRT nachweisen. Das MRT dient dabei nicht nur der Diagnosefindung, sondern erlaubt auch den Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen, wie Knocheninfektion, Knochentumor oder Stressfraktur. Eine Abklärung mittels MRT ist im Wachstumsalter vor allem bei gestörter Schmerzwahrnehmung (z. B. Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung, Polyneuropathie) notwendig, um repetitive Verletzungen mit Zunahme der Mikrofrakturen rechtzeitig zu erkennen und eine Behandlung einleiten zu können.
Die Behandlung einer symptomatischen Bone-Bruise-Verletzung erfolgt durch Ruhigstellung für 2–3 Wochen unter Entlastung oder schmerzadaptierter Teilbelastung und anschließendem schmerzadaptierten Belastungsaufbau (Rangger und Rogmans 2015). Begleitend kann eine Gabe von Vitamin D3 und Vitamin K2 erwogen werden. Auch die sportliche Belastung sollte in Anbetracht möglicherweise vorliegender Mikrofrakturen langsam gesteigert werden. Manchmal können Knochenmarködeme über 2–3 Monate schmerzhaft bleiben und viel Geduld bis zur Ausheilung erfordern (Rangger und Rogmans 2015).

Therapie

Konservative Therapie

Alle stabilen Frakturen (Stauchungs- und Biegungsfrakturen) können konservativ behandelt werden (Abb. 7).
Alle per se instabilen Verletzungen (Epiphysiolysen mit metaphysärem Keil bzw. vollständige Frakturen) sind bei paarigen Knochen dann partiell stabil, wenn der Partnerknochen keine oder eine stabile Verletzung aufweist, da dieser zusätzlich stabilisierend wirken kann. Zur Stabilitätsbeurteilung der Fugenlösung an der distalen Tibia griffen Peterson et al. (1994) eine Einteilung von Bergenfeldt (1933) auf und unterteilte die Fugenlösungen mit metaphysärem Keil in 3 Gruppen.
Je größer die Basis des Keils an der Wachstumsfuge ist, umso kleiner ist die Wahrscheinlichkeit einer direkten Verletzung der Fuge und in der Folge einer Wachstumsstörung. Allerdings, ist der Instabilitätsgrad umso größer (Abb. 8).

Konservative Therapie ohne Reposition

Alle stabilen, primär undislozierten Frakturen können konservativ ohne Reposition behandelt werden. Als undisloziert gelten auch Frakturen, die altersspezifisch geringe Achsenfehlstellungen aufweisen dürfen. Die entsprechenden, altersabhängig tolerablen Grenzwerte zeigt Tab. 1. Ab dem 10. Lebensjahr ist eine achsengerechte Stellung anzustreben. Die dominierenden Fehlstellungen liegen in der Sagittalebene. Dabei überwiegen Rekurvationsfehlstellungen (Gillespie-Frakturen) (Lovejoy und Mehlman 2017). In diesem Fall wird der Gips zunächst in Spitzfußstellung angelegt, um eine Zunahme der Fehlstellung zu vermeiden (Abb. 9). In diesen Fällen ist ein Oberschenkelgips anzulegen. Der Belastungsbeginn richtet sich nach der Stabilität und dem Patientenalter. Stabile und undislozierte Frakturen können nach Abschwellen belastet werden. Alle anderen Frakturen werden erst nach 3–4 Wochen voll belastet (Dugan et al. 1987; v. Laer 2001).
Fehlstellungen können auch primär ohne Manipulation eingegipst werden. Dann erfolgt am Anfang der 2. Behandlungswoche bei Bedarf die Korrektur durch Gipskeilung/Umgipsen (Abb. 10).

Konservative Therapie mit Reposition

Alle nicht tolerablen Achsenfehlstellungen (s. Tab. 1) werden primär reponiert oder nach 7–10 Tagen durch Keilung redressiert. Bei der dislozierten Querfraktur ist ein stärkeres Trauma zu vermuten, weswegen der Grad der Weichteilschwellung, bzw. die Gefahr eines Kompartmentsyndroms, größer ist als bei anderen Frakturen.
Liegt primär eine Seit-zu-Seit-Verschiebung von >25 % vor, ist die Fraktur mit großer Wahrscheinlichkeit instabil (Fibula auf gleicher Höhe vollständig gebrochen oder disloziert), sodass eine alleinige Retention im Gipsverband unzuverlässig sein kann. Diese Frakturen sollten nur in Narkose reponiert und entsprechend bezüglich ihrer Stabilität überprüft werden. Zeigt sich intraoperativ nach Reposition eine Instabilität, sind diese Frakturen operativ zu stabilisieren.
Eine Sonderstellung nimmt auch der distale Valgusbiegungsbruch ein. Analog zur proximalen Tibiametaphyse kann es zu einer partiellen stimulativen Wachstumsstörung kommen, sodass primär keine Fehlstellung in der Frontalebene (insbesondere keine relevante Valgusfehlstellung) verbleiben soll (Abb. 11).
Nach konservativer Therapie kann es zu einer Verklebung der Sehne des M. flexor hallucis longus kommen, die zu Gangstörungen führt, wenn sie nicht erkannt und physiotherapeutisch mobilisiert werden kann.

Operative Therapie

Eine Operationsindikation ist bei diesen Frakturen sehr selten gegeben. An erster Stelle steht ein Weichteilschaden, der eine Gipsbehandlung verbietet. Weiterhin kann der Instabilitätsgrad der Querfrakturen bzw. der Epiphysiolysen mit oder ohne Keil so hoch sein, dass eine operative Stabilisierung notwendig wird.
Diese führen wir mit Kirschner-Drähten, Schrauben oder Fixateur externe und in Ausnahmefällen mit elastischer Markraumschienung durch. Letztere ist am distalen Unterschenkel nur in Grenzfällen akzeptabel, z. B. bei einer Querfraktur am diametaphysären Übergang. Am häufigsten kommt die Bohrdrahtosteosynthese als unilateral oder gekreuzte Einbringung zur Anwendung oder auch die kanülierte Schraubenosteosynthese, die sich nach der Größe des metaphysären Keils richtet (Abb. 12).
Eine Indikation zur perkutanen Bohrdrahtstabilisierung ergibt sich, wenn die Fehlstellung zwar geschlossen reponierbar ist, aber sofort wieder in eine Dislokation „zurückfedert“. Diese Situation kommt gelegentlich bei den Diaz-Tachdjian-Typ-B-Verletzungen vor. Diese Verletzung entsteht durch Außenrotation des in Pronation und Eversion stehenden Fußes. Es kommt zu einem Bruch oder einer plastischen Deformität der Fibula über der Syndesmose (Weber-C-Äquivalent des Erwachsenen), zu einem anterolateralen tibialen metaphysären Keil und zu einer Dislokation der Epiphyse nach lateral. Die Sprunggelenkgabel selbst ist nicht verletzt, da die vordere und hintere Syndesmose ebenso wie die Innenknöchelstruktur erhalten sind. Ist die Fibula „verbogen“, kann es unmittelbar nach der Reposition zu dem oben beschriebenen Zurückfedern in Richtung der ursprünglichen Fehlstellung kommen. In diesen Fällen fixieren wir die distale Tibiaepiphyse mit 2 die Fuge kreuzenden, medialen Bohrdrähten. Liegt der Grund für die Instabilität nicht in der zurückfedernden Fibula, sondern in einem sehr großen metaphysären Keil, erfolgt die Stabilisierung direkt über die perkutane Verschraubung des Keils oder durch eine Kirschner-Draht-Osteosynthese (Abb. 13).
Eine offene Reposition medialseitig zur Beseitigung von eingeschlagenem Periost als Repositionshindernis versuchen wir, wenn möglich, zu vermeiden. Vereinzelt wird von anderen Autoren zur offenen Reposition von Salter-Harris-Typ-I- und -II-Epiphysenlösungen an der Tibia geraten, wenn nach der Reposition eine einseitige Gapbildung im Epiphysenlösungsbereich von >3 mm verbleibt als Hinweis auf eine Weichteilinterpositon (Karlikowski und Sułko 2017).
Im Gegensatz zu den häufigeren Pronations-Eversions-Verletzungen kann es bei den seltenen Supinationsverletzungen auf der fibularen Seite zu Instabilitäten kommen. Kommt es im Rahmen eines Supinationstraumas zur kompletten, dislozierten Lösung der distalen Wadenbeinwachstumsfuge (Weber-A-Äquivalent des Erwachsenen) und zur Epiphysiolyse des distalen Schienbeins (diesmal mit medialem metaphysären Keil), kann die verkippte Wadenbeinspitze einerseits ein Repositionshindernis darstellen oder aber die gewonnene Stabilität medial nach Reposition nicht ausreichen, um eine weitere konservative Behandlung durchführen zu können. Bei einwandfreiem Repositionsergebnis (auch lateral) führen wir deshalb eine Verschraubung des medialen Keils durch. Ist die Reposition geschlossen nicht möglich, erfolgt lateral die offene Reposition und Bohrdrahtfixation.
Überwiegt im Moment des Unfalls eine Plantarflexion oder Dorsalextension im oberen Sprunggelenk, dreht sich die Ebene des metaphysären Keils in Richtung Frontalebene. Fälschlicherweise werden diese Frakturen gelegentlich als Übergangsfrakturen klassifiziert, was wahrscheinlich an der ähnlichen Ausrichtung des metaphysären Keils liegt. Diese Frakturen sind nach Reposition in den überwiegenden Fällen stabil, sodass eine konservative Behandlung möglich ist. Im Falle der Instabilität oder wenn eine geschlossene Reposition nicht möglich ist, erfolgt das operative Vorgehen als Ausnahmeverfahren.

Operationstechnik

Aufklärung
Die präoperative Aufklärung umfasst folgende Aspekte: postoperative Wundinfektionen, Osteomyelitis, Restfehlstellung, Nerven- oder Gefäßläsion, verzögerte Frakturheilung, Verfahrenswechsel, Kompartmentsyndrom und Gipsprobleme.
Instrumentarium
Instrumentarium zur Einbringung von Kirschner-Drähten mit Bohrmaschine und ggf. Instrumente für eine offene Reposition, falls die geschlossene Reposition nicht gelingt.
Lagerung
Rückenlagerung am durchleuchtbaren Tisch oder Karbontisch mit frei abgedecktem und etwas erhöht gelagerten Bein ab Kniegelenk. Dies erleichtert die radiologische Diagnostik, da durch Beugung im Kniegelenk und Drehung im Hüftgelenk die seitliche Ebene ohne Durchschwenken des Bildwandlers erhalten werden kann.
Anästhesie
In Allgemeinanästhesie; bei älteren Jugendlichen ist auch eine Spinalanästhesie möglich.
Allgemeines Vorgehen und Zugang (Abb. 14)
Nach erfolgter geschlossener Reposition wird der Draht von distal medial nach proximal lateral eingebracht. Nun kann entweder gekreuzt oder auch unilateral vorgegangen werden. Grundsätzlich lassen wir die Drähte außerhalb der Haut herausstehen, um ihre Entfernung zu erleichtern (Drahtfixationsdauer etwa 3 Wochen).
Im Fall einer gedeckten Schraubeneinbringung werden 1–2 Führungsdrähte unter Bildverstärkersicht so eingebohrt, dass sie den metaphysären Keil gut fassen. Nach Bestimmung der Schraubenlänge werden die mit Unterlegscheiben armierten, durchbohrten Schrauben eingedreht. Das Schraubengewinde sollte vollständig im metaphysären Keil zu liegen kommen, um eine Zugwirkung zu erzielen.
Tipps und Tricks zur Operationstechnik
Bei schwieriger Reposition kann ein in Joy-Stick-Technik eingesetzter 2,0-mm- oder 2,5-mm-Kirschner-Draht die Reposition erleichtern. Eine erschwerte Reposition ist mitunter durch eine unzureichende Korrektur einer Rotationsfehlstellung bedingt. Dabei ist es hilfreich, den Bildverstärker zwischen den beiden Betrachtungsebenen zu schwenken und nicht das Bein zu verdrehen, um die Repositionsstellung nicht wieder zu verlieren.
Technische Fehler und Komplikationen
Infekt, Wundheilungsstörungen, Implantatfehllage, Gefäß- und Nervenschäden (vor allem des sensiblen Anteils des N. peronaeus superficialis), vorzeitiger Wachstumsfugenschluss mit konsekutivem Fehlwachstum.
Vorgehen bei Verdacht auf Wachstumsstörung
Wird eine Wachstumsstörung vermutet, sollte deren Ausmaß (komplett oder partiell) und Lage mittels MRT bestimmt werden. Eine langfristige, regelmäßige Nachkontrolle sollte vereinbart werden. Nur in seltenen Fällen ist eine operative Behandlung während der Wachstumsphase notwendig, vor allem dann, wenn es zu hemmenden Wachstumsstörungen bei jüngeren Kindern kommt. Anfangs kann ein innerer (erhöhende Schuheinlage) oder äußerer Längsausgleich (Sohlenerhöhung) ausreichend sein. Im Zeitraum vor dem Wachstumsabschluss kann ggf. eine Wachstumslenkung am kontralateralen Unterschenkel in Form einer passageren („8-plates“) oder definitiven Epiphysiodese erforderlich werden.

Nachbehandlung

Konservativ

Handelt es sich um Stauchungsfrakturen, wie sie vorwiegend bei kleineren Kindern vorkommen, erfolgt der Gipsschluss nach einer Woche; auf eine radiologische Kontrolle wird verzichtet. Ggf. kann auch primär ein zirkulärer Gipsverband angelegt werden, wenn die Schwellung gering ist, das Kind zu Hause gut überwachbar ist und am Folgetag eine Nachkontrolle erfolgen kann. Nach insgesamt 3 Wochen wird der Gips abgenommen. Biegungsfrakturen und komplette Frakturen werden nach 1 Woche radiologisch kontrolliert. Bei initial belassener Rekurvationsfehlstellung erfolgt zu diesem Zeitpunkt bei Bedarf das Umgipsen zur Beseitigung der Fehlstellung. Dies ist nach 7–12 Tagen einfacher und schmerzfreier für den Patienten. Oftmals kann die Fraktur leichter in Spitzfußstellung retiniert werden. Diese Frakturen werden spätestens nach 3 Wochen in Neutralstellung des oberen Sprunggelenks umgegipst, sodass die plantigrade Belastung beim Auftreten ermöglicht wird.
Epiphysiolysen mit oder ohne metaphysärem Keil werden ebenfalls nach einer Woche einer Stellungskontrolle unterzogen. Anschließend wird der Gips geschlossen. Bei über 12-jährigen Patienten wird nach 2 Wochen erneut eine radiologische Kontrolle durchgeführt. Bei jüngeren Kindern ist die Epiphysiolyse für insgesamt 2 Wochen und bei älteren Kindern für 3 Wochen nicht belastungsstabil.

Operativ

Operativ versorgte Frakturen werden anfänglich wöchentlich bezüglich der Weichteile kontrolliert. Da eingebrachte Drähte über das Hautniveau herausstehen, können diese altersabhängig nach 3–4 Wochen entfernt werden. Entsprechend der Durchbauung kann eine Ruhigstellung für weitere 2 Wochen notwendig sein.

Spätkomplikationen

Vorübergehende Fugenstimulationen sind möglich, erreichen aber selten ein klinisch relevantes Ausmaß. Ausnahme ist die partielle Konsolidierungsstörung der Valgusbiegungsbrüche, weswegen eine exakte, primäre Reposition der Valgusfehlstellung und eine sichere Retention erfolgen müssen (Hasler und v. Laer 2000).
Wie bei allen Epiphysenlösungen ist der vorzeitige, partielle Verschluss der distalen Wachstumsfuge möglich. Insgesamt ist dieser aber nach metaphysären Frakturen wesentlich seltener als nach epiphysären Brüchen (Abb. 2 und 3). Der Anteil wird mit <10 % angegeben. Der vorzeitige, partielle Verschluss tritt immer medialseitig auf. Da der Häufigkeitsgipfel gerade der Epiphysenlösung um das 12.–13. Lebensjahr liegt, ist dieser vorzeitige Verschluss allerdings nur in seltenen Fällen mit einem Fehlwachstum verbunden, da sich auch physiologischerweise die restliche Fuge an dieser Stelle in diesem Zeitraum verschließt.

Pilon-tibiale-Frakturen bei Jugendlichen

Bei Hochrasanztraumen können bei älteren Kindern und Jugendlichen Frakturmuster wie in der Erwachsenentraumatologie beobachtet werden. Diese werden in gleicher Weise wie bei Erwachsenen behandelt (Abb. 15).
Literatur
Barmada A, Gaynor T, Mubarak SJ (2003) Premature physeal closure following distal tibia physeal fractures: a new radiographic predictor. J Pediatr Orthop 23:733–739CrossRef
Beck E (1982) Die Bedeutung der Periostinterposition bei der Epiphysenlösung Teil I und II. Unfallheilkunde 85:226–232PubMed
Bergenfeldt E (1933) Beiträge zur Kenntnis der traumatischen Epiphysenlösung an den langen Röhrenknochen der Extremitäten. Acta Chir Scand 73(Suppl):1–422
Carothers CO, Crenshaw AH (1955) Clinical significance of a classification of epiphyseal injuries at the ankle. Am J Surg 89:879–889CrossRef
Cass JR, Peterson HA (1983) Salter-Harris Type-IV injuries of the distal tibial epiphyseal growth plate, with emphasis on those involving the medial malleolus. J Bone Joint Surg Am 65:1059–1070CrossRef
Chadwick CJ, Bentley G (1987) The classification und prognosis of epiphyseal injuries. Injury 18:157–168CrossRef
Crenshaw AH (1965) Injuries of the distal tibial epiphysis. Clin Orthop 41:98–107CrossRef
Dallek M, Jungbluth KH, Holstein AF (1983) Studies on the arrangement of the collagenous fibers in infant epiphyseal plates using polarized light und the scanning electron microscope. Arch Orthop Trauma Surg 101:239–245CrossRef
Dias LS (1985) Valgus deformity of the ankle joint: pathogenesis of fibular shortening. J Pediatr Orthop 5:176–180CrossRef
Dias LS, Tachdjian MO (1978) Physeal injuries of the ankle in children: classification. Clin Orthop 136:230–233
Drewes J (1965) Brüche im Bereich des Unterschenkels bei Kindern infolge von Fahrradspeichenverletzungen. Chirurg 36:464PubMed
Dugan G, Herndon WA, McGuire R (1987) Distal tibial physeal injuries in children: a different treatment concept. J Orthop Trauma 1:63–67CrossRef
Foucher JTE (1867) De la divulsion des epiphyses. Cong of Med de France 1:63–67
Hasler CC, v Laer L (2000) Pathophysiology of posttraumatic deformities of the lower limbs during growth. Orthopade 29:757–765CrossRef
Karlikowski M, Sułko J (2017) Physeal fractures of the lower leg in children and adolescents: therapeutic results, pitfalls and suggested management protocol – based on the experience of the authors and contemporary literature. Adv Med Sci 63:107–111. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​advms.​2017.​10.​001CrossRefPubMed
Karrholm J, Hansson LI, Svensson K (1983) Prediction of growth pattern after ankle fractures in children. J Pediatr Orthop 3:319–325CrossRef
Kling TF Jr, Bright RW, Hensinger RN (1984) Distal tibial physeal fractures in children that may require open reduction. J Bone Joint Surg Am 66:647–657CrossRef
Laer L v (1982) Der posttraumatische partielle Verschluss der distalen Tibiaepiphysenfuge: Ursache, Prognose und Prophylaxe. Teil I und II. Unfallheilkunde 85:445–509
Laer L v (2001) Frakturen und Luxationen im Kindesalter. Thieme, Stuttgart/New York
Laer L v, Gerber B, Jehle B (1982) [Epiphyseal fractures und epiphysiolyses of the distal tibia]. Z Kinderchir 36:125–127
Laer L v, Kaelin L, Girard T (1989) [Late results following shaft fractures of the lower extremities in the growth period]. Z Unfallchir Versicherungsmed Berufskr 82:209–215
Lalonde KA, Letts M (2005) Traumatic growth arrest of the distal tibia: a clinical und radiographic review. Can J Surg 48:143–147PubMedPubMedCentral
Lauge-Hansen N (1950) Fractures of the ankle II. Arch Surg 60:957CrossRef
Linhart W, Hollwarth M, Schimpl G (1983) Fractures of the distal tibial epiphysis. Unfallheilkd 86:510–514
Lovejoy SA, Mehlman CT (2017) The community orthopaedic surgeon taking trauma call: pediatric tibia fracture pearls and pitfalls. J Orthop Trauma 31(Suppl 6):S22–S26. https://​doi.​org/​10.​1097/​BOT.​0000000000001017​CrossRefPubMed
Marti R, Besselaar PP (1991) Malunited juvenile upper and lower leg fractures. Spontaneous correction, complications, indication for corrective intervention. Orthopade 20:353–359PubMed
Peterson HA, Madhok R, Benson JT, Ilstrup DM, Melton LJ III (1994) Physeal fractures: part 1. Epidemiology in Olmsted County, Minnesota, 1979–1988. J Pediatr Orthop 14:423–430CrossRef
Rangger C, Rogmans S (2015) Knochenmarködem bei Gelenkverletzungen. Unfallchirurg 118:206–212CrossRef
Regauer M, Mutschler W (2015) Okkulte Extremitätenfrakturen im Erwachsenen- und Kindesalter. Unfallchirurg 118:213–221CrossRef
Rogers LF, Poznanski AK (1994) Imaging of epiphyseal injuries. Radiology 191:297–308CrossRef
Salter R, Harris W (1963) Injuries involving the epiphyseal plate. J Bone Joint Surg Am 45:587–622CrossRef
Spiegel PG, Cooperman DR, Laros GS (1978) Epiphyseal fractures of the distal ends of the tibia und fibula. A retrospective study of two hundred und thirty-seven cases in children. J Bone Joint Surg Am 60:1046–1050CrossRef
Spiegel PG, Mast JW, Cooperman DR, Laros GS (1984) Triplane fractures of the distal tibial epiphysis. Clin Orthop 188:74–89CrossRef
Tsai A, Connolly SA, Ecklund K, Johnston PR, Kleinman PK (2019) Subperiosteal new bone formation with the distal tibial classic metaphyseal lesion: prevalence on radiographic skeletal surveys. Pediatr Radiol 49:551–558. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00247-018-4329-zCrossRefPubMed
Vahvanen V, Aalto K (1980) Classification of ankle fractures in children. Arch Orthop Trauma Surg 97:1–5CrossRef
Weber B, Suessenbach F (1978) Frakturen der Malleolengegend. In: Weber B, Brunner C, Freuler F (Hrsg) Die Frakturenbehandlung bei Kindern und Jugendlichen. Springer, Berlin/Heidelberg/New YorkCrossRef
Weinberg A-M, Kutschera C, Kutscha-Lissberg F, Mayr J, Kal E (2006) Unterschenkel. In: Weinberg A-M, Tscherne H (Hrsg) Unfallchirurgie im Kindesalter. Teil 2: Untere Extremität, Wirbelsäule, Körperhöhlen, Besonderheiten des kindlichen Skeletts. Springer, Berlin/Heidelberg/New York, S 741–805