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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 31.07.2022

Morbus Blount

Verfasst von: Christian Nührenbörger und Theresa Lackner
Der Morbus Blount ist eine knöcherne Wachstumsstörung im Kindes- und Jugendalter am posteromedialen Anteil der proximalen Epi- und Metaphyse der Tibia, die zu einer typischen progressiven O-Bein-Deformität (Genu varum) führt. Es wird zwischen einer infantilen, juvenilen und adoleszenten Form unterschieden. Betroffen sind insbesondere übergewichtige dunkelhäutige Kinder afrokaribischen Ursprungs. Bei nicht eindeutiger Ätiologie scheint die pathologische Verbiegung sekundär durch eine mechanische Fehlbelastung des medialen Kompartiments mit Verzögerung des Wachstums der medialen Tibiaepiphyse verursacht zu werden. Wichtige Faktoren der mechanischen Überlastung sind das häufig präsente Übergewicht und ein Vitamin-D-Mangel. Klinisch zeigt sich eine variable Ausbildung der Varusdeformität der proximalen Tibia, eine vermehrte tibiale Innenrotation, Gangstörungen sowie in unilateralen Fällen eine Beinlängendifferenz. Typische radiologische Veränderungen werden in diversen Klassifikationen beschrieben. Therapeutisch kann konservativ mittels Orthese nur bei der milden infantilen Form behandelt werden. Sonst ist die Therapie immer operativ, wobei je nach Alter und Ausprägung verschiedene Verfahren zur Anwendung kommen.

Definition

Der Morbus Blount, auch Tibia vara genannt, stellt eine knöcherne Wachstumsstörung unklarer Ätiologie an dem posteromedialen Anteil der proximalen Epi- und Metaphyse der Tibia dar, die zu einer typischen progressiven O-Bein-Deformität (Genu varum) führt (Abb. 1).
Bereits 1922 erwähnt Philipp Erlacher aus Graz den Fall einer zunehmenden varischen Deformierung der Tibia durch Schädigungen an der medialen Epiphyse bei einem ansonsten gesunden zweieinhalbjährigem Mädchen (Erlacher 1922). Ausführlich wird die Tibia vara 1937 durch den Amerikaner Walter Putnam Blount beschrieben (Blount 1937). Er benutzt zunächst den Begriff Osteochondrosis deformans tibiae und teilt sie je nach Erscheinungsalter in eine infantile und adoleszente Form ein. Yves Catonné zeigt 1997 erstmalig die unterschiedlichen geografischen Verteilungen und Prognose des Morbus Blount auf (Catonné 1997).

Epidemiologie

Als relativ seltenes Beschwerdebild bei Kindern und Jugendlichen im Wachstumsalter wird der Morbus Blount je nach Altersbeginn in eine frühe infantile Form (1–3 Jahre) und eine späte adoleszente Form (älter 10 Jahre) unterteilt. Zusätzlich ist noch eine juvenile Form der Altersgruppe von 4–10 Jahren beschrieben, wobei keine signifikanten klinischen, röntgenologischen und histologischen Unterschiede zur adoleszenten Form bestehen (Thompson und Carter 1990).
Die infantile Form des Morbus Blount betrifft Mädchen häufiger als Jungen. In ungefähr 50 % der Fälle und bei der infantilen Form bis zu viermal häufiger kommt ein beidseitiger Befall vor, wobei dieser nicht notwendigerweise symmetrisch ist (Blount 1937; Langenskiöld und Riska 1964; Richards et al. 1998; Sabharwal et al. 2007b; Shinohara et al. 2002; Rivero et al. 2015; Musikachart und Eamsobhana 2020). Die Prävalenz liegt in der Karibik bei 1/1200 Lebendgeburten (Catonné 1997).
Während die infantile Form das weibliche Geschlecht bevorzugt, betrifft die seltener vorkommende adoleszente Form mehr männliche Kinder und Jugendliche und zeigt häufiger einen einseitigen Befall sowie ein milderes Genu varum mit weniger ausgeprägter epiphysärer Deformität (Tab. 1). Es sind insbesondere übergewichtige dunkelhäutige Kinder afrokaribischen Ursprungs betroffen (Thompson und Carter 1990; Catonné 1997; Güven et al. 2014; Inaba et al. 2014; Rivero et al. 2015; De Pablos et al. 2018; Janoyer 2019).
Tab. 1
Vergleich der infantilen und adoleszenten Form des Morbus Blount. (Adaptiert nach Catonné 1997)
Merkmal
Infantiler Morbus Blount
Adoleszenter Morbus Blount
Alter bei Erkrankungbeginn
1–3 Jahre
10 Jahre
Übergewicht
30–60 %
90 %
Überwiegende ethnische Gruppe
Dunkelhäutig
Dunkelhäutig
Beidseitiger Befall
50 %
10 %
Überwiegendes Geschlecht
Weiblich
Männlich
Varusausprägung
Oft >25 %
Selten >30 %
Epiphysäre Neigung (Slope)
Oft >30 %
Selten >30 %
Rezidiv nach Osteotomien
Regelmäßig
Selten
Tab. 2
Zusammenfassung infantiler und adoleszenter Morbus Blount. (Adaptiert nach Souder 2020)
 
Infantiler Morbus Blount
Adoleszenter Morbus Blount
Alter
2–5 Jahre
>10 Jahre
Beidseitiger Befall
50 % beidseitig
Gewöhnlich einseitig
Risiken
Früher Laufbeginn, große Statur, Übergewicht
Übergewicht
Radiologische Klassifikation
Langenskiöld
Keine
Schweregrad
Mehr schwere Wachstumsfugenstörungen
Weniger schwere Wachstumsfugenstörungen
Knochenbeteiligung
Proximale mediale tibiale Wachstumsfuge mit Ausbildung von Genu varum, Flexion, Innenrotation und möglichem kompensatorischem femoralen Valgus
Proximale tibiale Wachstumsfuge mit möglichem distalen femoralen Varus und distalen tibialen Valgus
Natürlicher Verlauf
Selbstlimitierend, im Stadium II und IV Spontankorrektur möglich
Progressiv, keine Spontankorrekturen (daher Orthesen erfolglos)
Behandlungsoptionen
Orthesen und Operation
Nur Operation

Pathogenese und Ätiologie

Der Morbus Blount stellt die häufigste Ursache für ein pathologisches O-Bein dar, dessen Ätiologie und Pathogenese nicht ganz eindeutig sind. In der Vergangenheit nahm man an, dass es sich um die Folge einer primären Ossifikations- und Wachstumsstörung an der medialen proximalen Epi- und Metaphyse der Tibia handelt (Erlacher 1922; Blount 1937). Aktuellere Studien lassen dagegen vermuten, dass die pathologische Verbiegung sekundär durch eine mechanische Fehlbelastung des medialen tibiofemoralen Kompartiments mit Verzögerung des Wachstums der medialen Tibiaepiphyse verursacht wird. Wichtige Faktoren der mechanischen Überlastung sind das häufig präsente Übergewicht und ein Vitamin-D-Mangel, wobei keine eindeutige Evidenz besteht. An weiteren metabolischen Störungen finden sich ein Diabetes mellitus, erniedrigte Zinkwerte und erhöhte alkalische Phosphatasewerte sowie zum Teil auch eine gleichzeitige Epiphysiolysis capitis femoris (Giwa et al. 2004; Scott et al. 2007; Montgomery et al. 2010; Birch 2013; Sabharwal 2015; Lisenda et al. 2016; De Pablos et al. 2018; Janoyer 2019).
Physiologisch erscheint am knorpelig angelegten proximalen Tibiaende ein primäres Ossifikationszentrum um die Geburt bis zum 3. Lebensmonat. Ein sekundäres Zentrum entwickelt sich um das 12.–14. Lebensjahr an der anterioren proximalen Tibia und formt die Tuberositas-tibiae-Apophyse. Das primäre epiphysäre Ossifikationszentrum vergrößert sich langsam in Richtung des sekundären, um im Alter von 17–18 Jahren miteinander zu fusionieren. Das Wachstum an der proximalen tibialen Epiphysenfuge ist für etwa 55 % des Längenwachstums der Tibia und etwa 25 % der unteren Extremität verantwortlich.
Bei der infantilen Form scheinen prädisponierende Faktoren wie frühes Laufalter, große Statur, Übergewicht oder eine Kombination dieser Faktoren eine wichtige Rolle zu spielen, wobei vornehmlich für das Übergewicht ein Nachweis besteht (Güven et al. 2014; Birch 2013; Sabharwal 2015; De Pablos et al. 2018; Janoyer 2019). Auch die ethnische Herkunft zeigt eine Prädisposition unter lateinamerikanischen und afroamerikanischen Kindern.
Durch mechanische Fehlbelastung kommt es zu einer Wachstumsreduktion an der posteromedialen proximalen Epiphysenfuge der Tibia, sodass eine Varus-, Flexions- und Innenrotationsdeformität sowie eine mediale und posteriore Neigung (Slope) der Tibiaepiphyse resultiert. Bei einseitigem Befall ist dieses mit einer relativen Verkürzung der Tibia verbunden. Histologisch zeigt sich eine Unterbrechung der normalen Säulenstruktur der Epiphysenfuge, die durch fibröses Gewebe oder knöcherne Brückenbildungen zwischen der Epi- und Metaphyse ersetzt ist (Birch 2013).
Ebenso scheinen biomechanische Aspekte zur Stabilisation der Kniegelenke auf Kosten der Reduktion der Stoßkräfte eine Rolle zu spielen. Gerade bei übergewichtigen Kindern kommt es durch die erhöhten Kräfte auf den Stützapparat zu Veränderungen der Körpergeometrie. Damit verbunden sind Adaptionen der neuromuskulären Kontrolle mit größerer Muskelarbeit zur Stabilisation des Körpers. Die erhöhten medialen Kniekräfte bei übergewichtigen Kindern stellen somit eine mechanische Adaption zum Schutz der Kniestabilität dar. Vorbestehende Genua vara von 30° vor dem 4. Lebensjahr gehen mit 7-fach erhöhten Kompressionskräften an der medialen Tibiaepiphyse einher, und Genua vara von 20° im Alter von 2 Jahren erreichen Kräfte, die zu einer Wachstumshemmung führen können (Cook et al. 1983; Janoyer 2019).
Die Verteilung der adoleszenten Form des Morbus Blount scheint weniger durch bestimmte geografische Regionen gekennzeichnet zu sein als durch die weltweite Epidemie des Übergewichts. Ähnlich wie bei der infantilen Form bleibt die genaue Ursache der adoleszenten Form unbekannt. Sie scheint aber auch durch mechanische Überlastung der medialen tibialen Wachstumsfuge aufgrund exzessiven Übergewichts mit oder ohne vorbestehendem milden, physiologischem Genu varum bedingt zu sein (Birch 2013; Janoyer 2019). Das radiologische Hauptmerkmal ist die Aufweitung der medialen Tibiaepiphysenfuge als Zeichen einer verspäteten Ossifikation mit Verlust der histologischen Organisation (Wenger et al. 1984; Carter et al. 1988; Birch 2013). Die Deformitäten der medialen Tibiaepiphyse sind relativ moderat, die Verzögerung des proximalen Tibiawachstums betrifft den posteromedialen Bereich, und eine Epiphysiodese ist selten. Als erstes entwickelt sich eine Varusdeformität, gefolgt von einer proximalen tibialen Flexion (Procurvatum) und einer Innenrotation der Tibia, sodass am Ende eine dreidimensionale Deformität besteht. Dabei kann die Deformität unilateral, bilateral oder asymmetrisch auftreten.
Als begleitende Abnormalitäten zeigen sich in bis zu 30 % der unbehandelten Fälle ein femorales Varusmalalignment und ein adaptiver Valgus des Sprunggelenks (Gordon et al. 2005). In fortgeschrittenen Fällen resultieren laterale Bandlaxitäten mit Instabilitäten des Kniegelenks. Ohne Behandlung ist die Prognose schlecht, verbunden mit einem hohen frühzeitigen Arthroserisiko bereits im 3. Lebensjahrzehnt (Natoli et al. 2016; De Pablos et al. 2018).
Interessanterweise kommen eine gleichzeitige Epiphysiolysis capitis femoris und ein Diabetes mellitus bei der adoleszenten Form sehr selten vor. Diese Form betrifft besonders Jugendliche mit fortgeschrittenem Knochenalter und krankhaftem Übergewicht, welches mit therapeutischen Schwierigkeiten und erhöhten Komplikationsrisiken wie mechanischer Überlastung des implantierten Materials, Infektionen, Blutungen, Nervenverletzungen, Kompartmentsyndrom und Pseudarthrosen verbunden ist (Catonné 1997; Mueller und Farley 2003; Sabharwal et al. 2013; Cherkashin et al. 2015; Burghardt et al. 2018; Griggs et al. 2019; Janoyer 2019). Des Weiteren werden spezifische Komplikationen wie Schlafapnoe, Hypertonie, Diabetes und tiefe Venenthrombosen neben psychologischen und sozialen Schwierigkeiten beschrieben, aufgrund dessen eine Gewichtsreduktion wünschenswert, aber in der klinischen Realität selten zu erreichen ist (Gordon et al. 2006a; Sabharwal 2009; Taussig et al. 2016; Jardaly et al. 2020a).
Das Modell der mechanischen Überlastung kann nicht als alleinige Ursache des Morbus Blount angesehen werden und stellt keine zufriedenstellende Erklärung für das Auftreten auch schwerer Verläufe bei normalgewichtigen Kindern und Jugendlichen dar. Die Ursachen sind somit nicht eindeutig und scheinen multifaktoriell zu sein. Sie umfassen ausgeprägtes Übergewicht, metabolische Störungen und genetische Dispositionen.

Klinische Diagnostik

Die Diagnose des Morbus Blount basiert auf einer ausführlichen Anamnese, klinischen Untersuchung sowie radiologischer Bildgebung. Die Befragung der Eltern zur Anamnese beinhaltet insbesondere Angaben zum Laufbeginn (<1 Jahr), zur familiären Belastung, möglicher Stoffwechselerkrankungen (u. a. Vitamin-D-Mangel, Diabetes mellitus) und anderer Begleiterkrankungen wie Epiphysiolysis capitis femoris, Vorschädigungen durch Unfälle oder kongenitaler Pathologien. Die älteren Kinder und Jugendlichen können zudem zur Dauer, Lokalisation und Intensität von relativ selten auftretenden Schmerzen befragt werden.
Das klinische Erscheinungsbild des infantilen Morbus Blount zeigt eine variable Ausbildung der Varusdeformität der proximalen Tibia, eine vermehrte tibiale Innenrotation, eine palpable Prominenz der proximalen medialen Tibiaepi- und -metaphyse sowie in unilateralen Fällen eine Beinlängendifferenz zugunsten der gesunden Extremität. Die radiologisch häufig auftretende Flexionsdeformität ist klinisch oft nicht relevant.
Typischerweise bestehen bei der klinischen Untersuchung kein lokaler Druckschmerz, keine Gelenkschwellungen oder Ergüsse und keine Bewegungseinschränkungen. Jedoch kommen varusbedingte laterale Instabilitäten vor, die beim Gehen ein laterales Einknicken (Thrust) und eine Akzentuierung der Varusdeformität beim Einbeinstand aufweisen und in 4 Stadien eingeteilt werden (Catonné 1997). Zusätzlich können sich in fortgeschrittenen Fällen auch klinisch verschieden ausprägte Veränderungen der tibialen Rotation sowie der Deformitäten des Femur und des oberen Sprunggelenks zeigen.
Durch den Cover-Up-Test kann zwischen einem physiologischen Genu varum und einem infantilen Morbus Blount bei Kindern zwischen 1 und 3 Jahren unterschieden werden (Davids et al. 2000). Dabei werden in liegender Position mit vollständig gestreckten Beinen und den Kniescheiben nach oben die unteren zwei Drittel des betroffenen Beins mit den Untersucherhänden verdeckt (Abb. 2). Beim physiologischen Genu varum zeigt sich eine Valgusdeformität der proximalen Tibia, wohingegen beim infantilen Morbus Blount die proximale Tibia neutral oder varisch eingestellt ist.
Die Kinder und Jugendlichen mit adoleszentem Morbus Blount sind meistens übergewichtig und zeigen eine weniger ausgeprägte Varusdeformität verbunden mit oder ohne milden Schmerzen.
Laborchemisch sollte immer der Vitamin-D-Status mit bestimmt werden, da gerade bei einer sehr hohen Fallzahl von übergewichtigen Kindern mit massiven Vitamin-D-Mangel eine beträchtliche Anzahl von Morbus Blount beschrieben ist und dieser therapeutisch auch substituiert werden sollte (Montgomery et al. 2010).

Radiologische Diagnostik

Da es teilweise schwierig ist, zwischen einem physiologischen Genu varum und einer milden Form eines Morbus Blount zu unterscheiden, sowie zur Evaluation der Deformitäten ist eine radiologische Untersuchung der Tibia notwendig.
Dazu werden ab einem Lebensalter von etwa 2,5 Jahren Ganzbeinstandaufnahmen sowie anterior-posteriore (a.-p.) und laterale Standardröntgenbilder der Kniegelenke durchgeführt. Bei progressivem Verlauf sollen Folgeuntersuchungen ab dem 4.–5. Lebensjahr alle 6 Monate erfolgen und zur Reduktion der Strahlenbelastung dazu das biplanare EOS-Röntgen benutzt werden. Dabei kann auf der seitlichen Ganzbeinaufnahme auch das Ausmaß eines proximalen tibialen Procurvatum bestimmt werden. Bei den a.-p. Aufnahmen ist wegen der Innenrotation der Tibia darauf zu achten, dass die Patella nach vorne schaut.
Radiologisch finden sich bei der infantilen Form ein mediales Varusmalalignment der Tibiametaphyse, eine verspätete mediale Osssifikation des epiphysären Ossifikationszentrums, das verantwortlich für einen Anstieg der knöchernen epiphysären Neigung (Slope) ist, sowie eine Verbreiterung und Unregelmäßigkeiten der medialen Tibiametaphyse mit schnabelartiger Ausziehung und lateraler Subluxation der Tibia. Beim infantilen Morbus Blount zeigt sich gewöhnlich ein normal geformtes distales Femur, während bei der adoleszenten Form häufig auch eine Varusdeformität des distalen Femurs radiologisch vorliegt (Gordon et al. 2006b).
Viele verschiedene Winkel wurden beschrieben, von denen die Bestimmung des mechanischen tibiofemoralen Winkels für das Ausmaß der Varusdeformität, des Metaphysen-Diaphysen-Winkels der proximalen Tibia nach Levine und Drennan, des posterioren tibialen Neigungswinkels (Slope) sowie des medialen metaphysären Neigungswinkels der Tibia als Prädiktor eines Rezidivs am nützlichsten sind (Levine und Drennan 1983; Catonné 1997; Sabharwal 2009; Birch 2013; Janoyer 2019; Laoharojanaphand et al. 2019; Park et al. 2019; Musikachart und Eamsobhana 2020).
Der Metaphysen-Diaphysen-Winkel der Tibia nach Levine und Drennan ist der Winkel der metaphysären Aufweitung senkrecht zur longitudinalen Tibiaachse und erlaubt eine frühe Diagnose sowie Aussage zur Progression (Abb. 3). Auf der a.-p. Aufnahme wird hierfür eine Horizontale durch den breitesten Anteil der proximalen Tibiametaphyse sowie eine Tangente parallel zur lateralen Seitenkante der Tibia gezogen. Darauf wird auf der Horizontalen der Metaphysen das Lot im rechten Winkel zur Tangente aufgestellt. Der Winkel zwischen der Horizontalen und dem Lot entspricht dem Metaphysen-Diaphysen-Winkel. Werte über 16° sind pathologisch und Hinweis auf einen infantilen Morbus Blount mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit einer Progression. Ein Winkel unter 10° gilt als physiologisch, wohingegen Werte zwischen 10° und 16° engmaschige Kontrollen erfordern, um ein mögliches fortschreitendes Genu varum frühzeitig zu erkennen. Es besteht eine relativ gute Inter- und Intrareliabilität bei der Messung des Metaphysen-Diaphysen-Winkels.
Zur Erkennung eines Rezidivs nach operativer Korrektur eines infantilen Morbus Blount Stadium II nach Langenskiöld dient der mediale metaphysäre Neigungswinkel der proximalen Tibia (Abb. 4). Werte von über 62° im 24-monatigen Follow-up sind mit einem Rezidiv der Varusdeformität verbunden (Laoharojanaphand et al. 2019).
Des Weiteren wird zur Aufdeckung struktureller Veränderungen der proximalen Tibia sowie zur Differenzierung zu einem physiologischen Genu varum die Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt (Janoyer et al. 2007; Sabharwal 2009; Sabharwal et al. 2007a, b; 2012; Ho-Fung et al. 2013; Janoyer 2019). Sie gibt Informationen über den Knorpel, die Menisken, den Kapselbandapparat sowie über Veränderungen der Vaskularisation der Epiphysenfugen. Auch erlaubt die MRT die Messung der kartilaginären tibialen Neigung (Slope), die einen genaueren Parameter als die röntgenologische knöcherne Neigung darstellt. Zudem können beginnende Verknöcherungen der Epiphysenfugen früher erkannt werden. Die Menisken weisen verschiedene Veränderungen auf, wobei der mediale Meniskus Ödeme, eine Hypertrophie sowie strukturelle Unregelmäßigkeiten zeigt und der laterale Meniskus hypermobil erscheint. Besonders am hinteren Kreuzband und dem lateralen Kollateralband können sich Signalveränderungen, Aufdehnungen und Ansatzalterationen finden. Ebenso sollte auf Abnormalitäten der distalen femoralen Epiphysenfugen geachtet werden.
Gerade bei zweifelhaften Fällen kann die MRT-Untersuchung frühe Veränderungen aufzeigen, wobei dessen genauer prognostischer Wert noch nicht vollständig evaluiert ist (Janoyer 2019). Als problematisch können dabei die Kosten und die in vielen Fällen notwendige Sedation bzw. Anästhesie der Kinder sein.
Eine Computertomografie ist mit einer hohen Strahlenbelastung verbunden und wird vornehmlich nur zur besseren präoperativen dreidimensionalen Planung ausgeprägter Deformitäten eingesetzt (Janoyer 2019) (Abb. 5).

Differenzialdiagnosen

In den meisten Fällen ist die Diagnose des infantilen und adoleszenten Morbus Blount durch die erhobenen Befunde relativ klar zu stellen. Ein physiologisches Genu varum ist bei Kindern unter 2 Jahren normal. Es verändert sich ab etwa dem 14. Lebensmonat in eine neutrale Form, um sich dann um das 3. Lebensjahr zu einem stark ausgeprägten Genu valgum zu entwickeln. Dieses bildet sich um das 7. Lebensjahr wieder zurück zu einem physiologischen milden Genu valgum von 7° (Hefti et al. 2015).
An Differenzialdiagnosen zum Morbus Blount kommen ein persistierendes physiologisches Genu varum (symmetrisch, <10°), proximale Tibiaepiphysenschädigungen durch Trauma, Infektion oder Bestrahlung, Knochenstoffwechselstörungen wie renale Osteodystrophie, Vitamin-D-Mangel und Vitamin-D-resistente Rachitis (Hypophosphatämie), Osteogenesis imperfecta, fokale fibrokartilaginäre Defekte der proximalen Tibiametaphyse und skelettale Dysplasien wie metaphysäre Dysostosis, Mukopolysaccharosen und Thrombozytopenie-Radiusaplasie-Syndrom (TAR) vor (De Pablos et al. 2018; Janoyer 2019).

Klassifikationen

Den Wendepunkt des Morbus Blount stellt die Ausbildung einer permanenten Epiphysiodese dar, sodass Klassifikationen zu dessen Erkennung aufgestellt wurden.
Die bekannteste ist die röntgenologische Klassifikation von Langenskiöld (Abb. 6) zur Prognose des infantilen Morbus Blount, die 6 progressive Stadien unterscheidet (Langenskiöld 1952).
Dabei besteht von Stadium I zu VI eine Zunahme der medialen metaphysären Ausziehung und Neigung sowie in die Stadien V und VI eine knöcherne Verbindung zwischen der Epi- und Metaphyse. Langenskiöld beschreibt eine relativ häufige Spontankorrektur im Stadium II und eine mögliche im Stadium IV. Für diese viel benutzte Klassifikation wurde zunächst eine relativ große Untersuchervariabilität für die intermediären Stadien II–V beschrieben, wobei eine aktuelle Studie eine sehr gute Inter- und Intrareliabilität der Untersucher aufweist (Stricker et al. 1994; Shinohara et al. 2002; Erkus et al. 2019).
Catonné und folgend Laville modifizierten die Klassifikation von Langenskiöld, um die klinische und radiologische Korrelation zu verbessern (Catonné 1997; Laville et al. 2010). Sie wurde als Fort-de-France-(FDF-)Klassifikation weiter entwickelt und basiert anstelle von Röntgen- auf MRT-Untersuchungen (Abb. 7) (Janoyer et al. 2007; Janoyer 2019).
Beim FDF-Stadium 0 ist die Diagnose unklar, und statt der MRT kann auch die Sonografie angewendet werden. Mit dem Stadium 1 ist die Diagnose Morbus Blount bestätigt, und im FDF-Stadium 2 besteht eine abnormale Vaskularisation der Epiphysenfuge. Beim Stadium FDF 3 zeigen sich radiologisch und im MRT die Epiphysiodese und im Stadium FDF 4 die residualen Abnormalitäten nach dem skelettalem Wachstumsabschluss.
Eine weitere Modifikation der traditionellen Klassifikation nach Langenskiöld für den infantilen Morbus Blount teilt in die 3 Typen A, B, und C ein (LaMont et al. 2019; Jardaly et al. 2020b). Diese Klassifikation nach LaMont basiert auf der röntgenologischen Morphologie der meta- und epiphysären Neigung der proximalen Tibia, die besser mit den Behandlungsergebnissen korrelieren soll (Abb. 8).
Bei Typ A besteht ein teilweise durchsichtiger medialer metaphysärer Defekt mit oder ohne Ausziehung. Die Deformität bei Typ B zeigt eine nach unten verlaufende Verkrümmung des lateralen und inferioren Randes des vollständig durchsichtigen metaphysären Defekts mit dann wieder nach lateral verlaufendem Anstieg der medialen Kante ohne Abneigung der Epiphyse. Typ C weist eine vertikal abneigende Deformität der Epi- und Metaphyse auf, ohne ansteigende Verkrümmung mit nach unten verlaufender Neigung der Epiphyse in den metaphysären Defekt.
Die Schweregrade der Klassifikation korrelieren mit den verschiedenen Winkelmessungen und der Varusreversibiliät. Sie scheint reproduzierbar und valide zu sein, um ein Rezidiv vorherzusagen und kann bei der Entscheidung zur richtigen Therapie helfen.

Therapie

Da der Morbus Blount klinisch mit einer progressiven Varusdeformität, vermehrten tibialen Innenrotation, Gangstörungen sowie möglicher Beinlängendifferenzen einhergeht und eine Präarthrose darstellt, sind frühzeitige therapeutische Maßnahmen dringend indiziert.
Therapeutisch ist bei der infantilen Form eine konservative Behandlung mittels valgisierender Knie-Sprungelenk-Orthese (KAFO, „knee-ankle-foot orthosis“) anwendbar. Eine Verbesserung der Gangkinematik und mögliche Effektivität besteht bei Unilateralität und nicht übergewichtigen Kindern vor einem Alter von 3 Jahren im Stadium I und II nach Langenskiöld, sofern die Orthese über 1–2 Jahre getragen wird (Richards et al. 1998; Birch 2013; Alsancak und Guner 2015; Alsancak et al. 2020). Aufgrund geringer Evidenz gegenüber einer Spontankorrektur in den genannten Stadien wird diese Therapieform jedoch nicht generell angewendet (Sabharwal und Sabharwal 2017; Janoyer 2019).
Die operativen Therapien des infantilen Morbus Blount umfassen wachstumslenkende Verfahren wie die temporäre Epiphysiodese der proximalen lateralen Tibiaepiphyse sowie die definitive Achskorrektur im Sinne einer valgisierenden, mehrdimensionalen Umstellungsosteotomie der proximalen Tibia (Birch 2013; Heflin et al. 2016; Burghardt et al. 2018; Abraham et al. 2019; Janoyer 2019; Souder 2020).
Eine laterale Hemiepiphysiodese ist wie bei anderen Achsfehlstellungen mittels Klammern, Platten oder Schrauben möglich. Bei Patienten mit sehr ausgeprägten Fehlstellungen über 15° Varus, Adipositas oder jungem Alter ist das Risiko eines Therapieversagens jedoch deutlich erhöht, sodass diese nur bei geringgradigen Fehlstellungen und normalgewichtigen Patienten durchgeführt werden sollte (McIntosh et al. 2009; Funk et al. 2016; Heflin et al. 2016; Janoyer 2019). Aufgrund relativ hoher Komplikationsraten und fehlender Korrektur der Rotationskomponente ist nach initialer Hemiepiphysiodese im weiteren Verlauf häufig zusätzlich noch eine Korrekturosteotomie notwendig.
Bei progressivem infantilem Morbus Blount wird eine operative Achskorrektur vor dem 4. Lebensjahr mittels tibiofibularer Osteotomie empfohlen (Janoyer 2019). Damit soll die Belastung des medialen Kniegelenks reduziert und somit ein normales Wachstum ermöglicht werden. Die Osteotomie zielt auf eine Korrektur von 5–10° Valgus, lateraler Translation des distalen Fragments und 10–15° lateraler Derotation, wobei die Form der Osteotomie und der Fixation keinen Einfluss auf die Ergebnisse zu haben scheint (Musikachart und Eamsobhana 2020).
Die Rezidivrate nach einer Osteotomie ist bei Kindern nach dem 4. Lebensjahr sowie beginnenden epiphysären Knochenbrücken deutlich erhöht. Eine bestehende Knochenbrücke auf Höhe der Wachstumsfuge im Stadium V und VI nach Langenskiöld soll daher im Rahmen einer Osteotomie reseziert werden. An möglichen Komplikationen werden Schädigungen von Gefäßen und Nerven (N. peroneus), Infektionen, verzögerte oder fehlende Knochenheilung, Implantatversagen und eine Rezidivdeformität aufgeführt. Daneben besteht die Gefahr eines anterioren Kompartmentsyndroms, aufgrund dessen eine gleichzeitige prophylaktische anteriore Logenspaltung von einigen Autoren durchgeführt wird (Birch 2013; Souder 2020).
Grundsätzlich kann eine Achskorrektur auch mittels Fixateur externe erfolgen. Gerade in fortgeschrittenen und lange unbehandelten Fällen werden diese zur Korrektur der komplexen dreidimensionalen Deformitäten angewendet, um unter Schonung der proximalen tibialen Wachstumsfuge ein ausreichendes Valgusrealignment, eine posteromediale Anhebung des medialen Tibiaplateaus sowie eine Derotation und Beinverlängerung zu erreichen (Birch 2013; Janoyer 2019; Mayer et al. 2019; Souder 2020).
Die Behandlung des juvenilen und adoleszenten Morbus Blount ist immer operativ (Abb. 9). Dabei stehen entsprechend der infantilen Form verschiedene Operationstechniken wie eine laterale Hemiepiphysiodese, mediale Hemichondrodiastasis und unterschiedliche Osteotomieformen zur Verfügung, um die Funktion zu verbessern, ein Rezidiv zu verhindern und das Arthroserisiko zu verringern (Catonné 1997; Park et al. 2005; Sabharwal 2009; Birch 2013; Heflin et al. 2016; Terjesen und Anticevic 2018; De Pablos et al. 2018; Mayer et al. 2019; Janoyer 2019; Jain et al. 2020).
Die laterale Hemiepiphysiodese ist einfach und sicher durchzuführen, zeigt aber relativ widersprüchliche Ergebnisse. Sie sollte nur bei Jugendlichen mit einem BMI unter 40 kg/m2, einem Körpergewicht unter 100 kg und weniger als 15° Varusfehlstellung angewendet werden (Bushnell et al. 2009; McIntosh et al. 2009; Funk et al. 2016; Fan et al. 2020; Murphy et al. 2020).
Eine mediale Hemichondrodiastasis wird bei Jugendlichen mit moderater Varusdeformität (<20°), die nahe der knöchernen Ausreifung sind, eingesetzt. Damit lässt sich mittels monoplanarem Fixateur externe sowohl die Varusfehlstellung als auch eine Beinlängendifferenz korrigieren.
Eine Osteotomie ist bei komplexen Deformitäten mit einem Varus von über 20° und einem Metaphysen-Diaphysen-Winkel nach Levine und Drennan von über 20° indiziert. Bei der einzeitigen Korrekturosteotomie sind verschiedene Techniken (öffnend, schließend, schräg, kuppelförmig etc.) und Fixationen (interne Platten oder externe Fixateure) beschrieben, wobei eine zusätzliche Fibulaosteotomie bei medial öffnender Osteotomie nicht unbedingt nötig ist.
Zur graduellen Korrektur von Varus, Procurvatum und medialer Rotation kommen zirkuläre hexagonale Fixateure (Ilizarov, „Taylor spatial frame“) zum Einsatz (Birch 2013; Sachs et al. 2015; Cherkashin et al. 2015; Tsibidakis et al. 2018; De Pablos et al. 2018; Saw et al. 2019). Diese scheinen in schweren Fällen ein besseres Korrekturresultat sowie weniger Komplikationen als akute Osteotomien aufzuweisen. Gleichzeitig bestehende distale femorale Varus- und distale tibiale Valgusfehlstellungen müssen in seltenen Fällen chirurgisch mit korrigiert werden.
In jedem Fall sind für die richtige Therapieentscheidung eine sorgfältige individuelle Evaluation der Gesamtsituation mit Schweregrad der Deformität zum Zeitpunkt der Intervention, psychosozialer Faktoren, chirurgischer Erfahrung sowie möglicher Risikofaktoren wie Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen (insbesondere Vitamin-D-Mangel) unabdingbar (Burghardt et al. 2018; Vasiliadis et al. 2020). Des Weiteren müssen bei der Planung einer Operation die Bestimmung des Skelettalters und der Wachstumsprogredienz berücksichtigt werden, da das Skelettalter bei Patienten mit Morbus Blount akzeleriert sein kann (Sabharwal und Sabharwal 2017). Zur frühzeitigen Erkennung von Komplikationen und ungewollten Fehl- oder Überkorrekturen sind regelmäßige klinische und radiologische Nachkontrollen bis zum Wachstumsabschluss notwendig (Tab. 2).
Bei Ausbildung einer frühzeitigen Arthrose im weiteren Lebensverlauf kann die Implantation einer totalen Knieendoprothese erforderlich werden (Natoli et al. 2016; Janoyer 2019).

Zusammenfassung

Der M. Blount ist eine knöcherne Wachstumsstörung im Kindes- und Jugendalter am posteromedialen Anteil der proximalen Epi- und Metaphyse der Tibia, die zu einer typischen progressiven O-Bein-Deformität (Genu varum) führt (siehe Tab. 2). Es wird zwischen einer infantilen, juvenilen und adoleszenten Form unterschieden. Betroffen sind insbesondere übergewichtige dunkelhäutige Kinder afro-karibischen Ursprungs. Bei nicht eindeutiger Ätiologie scheint die pathologische Verbiegung sekundär durch eine mechanische Fehlbelastung des medialen Kompartimentes mit Verzögerung des Wachstums der medialen Tibiaepiphyse verursacht zu werden. Wichtige Faktoren der mechanischen Überlastung sind das häufig präsente Übergewicht und ein Vitamin D-Mangel. Klinisch zeigt sich eine variable Ausbildung der Varusdeformität der proximalen Tibia, eine vermehrte tibiale Innenrotation, Gangstörungen sowie in unilateralen Fällen eine Beinlängendifferenz. Typische radiologische Veränderungen werden in diversen Klassifikationen beschrieben. Therapeutisch kann konservativ mittels Orthese nur bei der milden infantilen Form behandelt werden. Sonst ist die Therapie immer operativ, wobei je nach Alter und Ausprägung verschiedene Verfahren zur Anwendung kommen.

Kasuistik

Fallbeispiel 1: Infantiler Morbus Blount beidseitig mit lateraler Hemiepiphysiodese

Erstvorstellung im Alter von 21 Monaten bei klinischen O-Beinen beidseitig, weiblich, Laufbeginn mit 12 Monaten (Abb. 10 und 11).

Fallbeispiel 2: Infantiler Morbus Blount rechts mit Open-Wedge-Osteotomie der proximalen Tibia

Vorstellung bei einseitigem progressivem O-Bein rechts, weiblich, typische Läsion im Bereich der proximalen medialen Tibiaepiphysenfuge, Entscheidung zur Operation im Alter von 3 Jahren im Sinne einer 30°-Open-Wedge-Korrekturosteotomie, Auffüllung des Osteotomiespalts mittels Knochenersatzgranulat, postoperative Anlage eines Oberschenkelgipses, Mobilisierung für 2 Wochen unter Entlastung im Liegebuggy, nach 2 Wochen Beginn mit Teilbelastung, nach 4 Wochen schmerzfreies Gehen mit Vollbelastung (Abb. 12 und 13).

Fallbeispiel 3: Infantiler Morbus Blount beidseitig mit Open-Wedge-Osteotomie der proximalen Tibia

Vorstellung im Alter von 3,5 Jahren bei ausgeprägten O-Beinen beidseitig, weiblich, aus Ägypten, Entscheidung zur Operation mittels biplanarer Open-Wedge-Osteotomie der proximalen Tibia, postoperativ Anlage eines Oberschenkelgipses, Mobilisierung mittels Rollstuhl, zweizeitige Operation der Gegenseite im Abstand von 1 Woche (Abb. 1415 und 16).

Fallbeispiel 4: Adoleszenter Morbus Blount linksseitig mit Open-Wedge-Osteotomie der proximalen Tibia

Vorstellung 13-jähriger Junge aufgrund eines progressiven O-Beins linksseitig mit Schmerzen im Bereich des medialen Kniekompartiments beim Fußballspielen, röntgenologisch typische Varisierung des medialen Tibiakopfes mit konsekutiver Achsabweichung von 8° Varus und leicht erhöhter Valgisierung des distalen Femurs (mechanischer lateraler distaler Femurwinkel von 85,5° und medialer proximaler Tibiawinkel von 77°), Indikationsstellung zur biplanaren Open-Wedge-Osteotomie bei noch deutlich offenen Wachstumsfugen und geplanter Überkorrektur von etwa 4° (Abb. 17 und 18).
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