Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss das Hauptaugenmerk eines jeden Kryokonservierungsprotokolls auf der Verhinderung der Eiskristallbildung gelegt werden.
Um biologisches Material in flüssigem Stickstoff mit einer Temperatur von −196 °C erfolgreich einlagern zu können, muss die Abfolge der in der Übersicht genannten Schritte eingehalten werden.
Belegt wird das wachsende Interesse an dieser Kryokonservierungstechnik durch die Tatsache, dass seit 1985 eine exponentielle Zunahme an Publikationen mit Bezug zur „Vitrifikation“ zu verzeichnen ist.
Grundlagen
Obwohl bereits 1985 die erfolgreiche Vitrifikation von Mausembryonen publiziert wurde, fand diese Technik zuerst eine nur geringe Verbreitung in der
Reproduktionsmedizin. Die Vitrifikation als Kryokonservierungsmethode von biologischem Material stellt jedoch eine der aufregendsten Entwicklungen der vergangenen Jahre in der Reproduktionsmedizin dar.
Bei sorgfältiger Anwendung der Vitrifikation kann die Eiskristallbildung während des Einfrierens durch Bildung einer amorphen Glasphase gänzlich verhindert werden. Hierbei gelingt es auch, jegliche Abläufe auf molekularer Ebene zu arretieren („state of suspended animation“).
Durch sehr schnelles Abkühlen des Wassers konvertiert die Lösung in einen glasähnlichen amorphen Aggregatzustand ohne jegliche kristalline Strukturen. Um in- und außerhalb der Zelle eine glasähnliche Solidifikation zu erreichen und toxische sowie osmotische Verletzungen zu minimieren, müssen die folgenden Punkte beachtet werden:
-
Einsatz hoher Kühlraten (>2500 °C/min) und die Verwendung einer hohen Konzentration an Kryokonservierungsmittel (15 % v/v).
-
Einsatz von Trägersystemen, deren Material eine hohe Wärmeleiteigenschaft oder einen niedrigen Isolierungsindex aufweist.
-
Einsatz einer Mixtur, bestehend aus 2 Kryokonservierungsmitteln, um die spezifische Toxizität jedes einzelnen Kryokonservierungsmittels zu erniedrigen.
-
Kombinierter Gebrauch von permeablen und nicht permeablen Kryokonservierungsmitteln
-
Schrittweise Zugabe der Kryokonservierungsmittel.
-
Erniedrigung der Temperatur während der Inkubation der Zellen in der hoch konzentrierten Vitrifikationslösung.
-
Verwendung eines in den Nanoliter-Bereich gehenden Volumens.
-
Einsatz hoher Wärmeraten (dominierende Rolle im Vergleich zu hoher Kühlraten).
Die Bedeutung der Verwendung eines kleinen Volumens, auch als „minimal volume approach“ bezeichnet, wurde 2005 erstmals beschrieben und publiziert (Kuwayama et al.
2005; Kuwayama
2007). Als Grundregeln für die Vitrifikation gelten die in der Übersicht genannten Punkte (Seki und Mazur
2009; Mazur und Seki
2011).
Neben dem bereits oben Erwähnten existiert eine weitere Vielzahl an Variablen, welche nachhaltig den Erfolg und die Überlebensrate des biologischen Materials beeinflussen können. Aufgrund der nachfolgend aufgelisteten Gründe ist ein Standardvitrifikationsprotokoll sowohl für Eizellen als auch Embryonen ungeeignet, weil
-
Eizellen und Embryonen ein unterschiedliches Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen aufweisen,
-
Eizellen, Zygoten, Teilungsstadien und Blastozysten unterschiedliche Kühl- und Erwärmungsraten erfordern, um einen Erfolg zu garantieren und
-
die verschiedensten Zellstadien eine unterschiedliche Empfindlichkeit gegenüber Kälte aufweisen.
-
Das heute am weitesten verbreitete Protokoll, das sich für Eizellen und die unterschiedlichsten Entwicklungsstadien eignet, besteht aus 2 Schritten:
-
Equilibrierung der Zelle (Dehydrierung) in einer Mixtur, bestehend aus gleiche Anteilen von 7,5 % (v/v) Dimethylsulfoxid (DMSO) und
Ethylenglykol (EG),
-
Vitrifikationslösung von 15 % (v/v), versetzt mit 0,5 M Zucker und 20 % Protein.
Eiskristalle sind letal für jedes biologische Material. Die Bildung von Eiskristallen wird durch den Einsatz von Kryokonservierungsmitteln („cryoprotectant agents“) unterbunden. Die Inkubation der Zelle in einem Kryokonservierungsmittel bewirkt die Entfernung von intrazellulärem Wasser aus dem Zytoplasma via Osmose (passiv) oder Wasserkanälen (Aquaporine; aktiv). Man unterscheidet zwischen nicht permeablen Kryokonservierungsmitteln (nicht membrangängig) mit einem großen Molekulargewicht um die 300–400 (Saccharide, Proteine, Polymere) oder permeablen Kryokonservierungsmitteln (membrangängig) mit einem Molekulargewicht von <100 wie Glyzerol,
Ethylenglykol (EG), Dimethylsulphoxid (DMSO).
Die membrangängigen Gefrierschutzmittel binden das intrazelluläre Wasser und verhindern damit die Formation von Eiskristallen. An dieser Stelle muss betont werden, dass Kryokonservierungmittel bei nicht sachgerechter Anwendung toxische Nebenwirkungen auf die Zelle ausüben können. Daraus resultieren beispielsweise osmotische Schäden oder Schäden an intrazellulären Kompartimenten. Erwähnenswert ist, dass in kürzlich erschienenen Publikationen (Takahashi et al.
2005; Liebermann und Tucker
2006; Liebermann
2009,
2011) bei Verwendung relativ hoher Konzentrationen an DMSO keine negativen Effekte auf die Lebendgeburtenrate beobachtet werden konnten.
Zusammenfassend lässt sich Folgendes feststellen (Tucker
2003; Liebermann und Tucker
2004):
Mit der Vitrifikation steht eine einfache Technologie zur Verfügung, die sich schnell in ein IVF-Labor integrieren lässt. Sie ist relativ billig, etabliert sich zunehmend in vielen IVF-Zentren weltweit und scheint bei sachgerechter Anwendung zuverlässiger zu sein als das langsame Einfrieren.
Im Folgenden werden kurz die praktische Durchführung der Vitrifikation und der Erwärmung von Zellen besprochen.
Vitrifikation von Eizellen
Die erfolgreiche Kryokonservierung von menschlichen Eizellen stellt einen bedeutsamen Schritt in der
Reproduktionsmedizin dar, insbesondere, wenn man bedenkt, dass es über mehr als 2 Jahrzehnte nicht gelang, das Einfrieren von Eizellen als klinische Anwendung zu etablieren. Erst mit Hilfe der Vitrifikation als Alternative zu den traditionell langsamen Einfrierprotokollen wurde es möglich, menschliche Metaphase-II-Eizellen mit gleichbleibendem Erfolg einzufrieren.
Die erste Lebendgeburt unter Verwendung von Vitrifikationsprotokollen gelang Kuleshova et al. (
1999). Obwohl die Kryokonservierung von Eizellen historisch betrachtet eine geringe Effizienz aufwies (niedrige Überlebens-, Befruchtungs- und Teilungsrate), liegen heute Information von über 2000 Kindern vor.
Trotz alledem stellt sich die Frage, was die Eizellen neben ihrer Zellgröße und reduzierten Membrandurchgängigkeit von Teilungsstadien unterscheidet?
Daher sind Eizellen sowohl in Bezug auf die Aufnahme des Gefrierschutzmittels als auch die Abgabe von Wasser weniger effizient. Weitere Unterschiede sind:
-
Die maternale DNA liegt im Zytoplasma an der Kernspindel an und ist nicht durch eine Kernmembran geschützt. Eine Schädigung von DNA und Mikrotubuli während des traditionell langsamen Einfrierens könnte den begrenzten Erfolg über so viele Jahre erklären.
-
Die Eizelle ist in einem Zustand unmittelbarer Aktivierung arretiert.
-
Veränderungen in der Umgebung der Eizelle wie z. B. niedrige Temperaturen können zu einer parthenogenetischen Aktivierung führen.
Das Einfrieren von Eizellen kann die Fertilität von Frauen sichern, die
-
sich einer Chemotherapie unterziehen müssen,
-
ihren
Kinderwunsch aufgrund von Karriere, Partnerschaftstatus oder psychologischen, emotionalen Gründen zeitlich verzögern.
-
Ein weiterer Grund wäre die am Tag der Eizellentnahme erfolglose Masturbation oder Azoospermie.
Obwohl im Vergleich zu geborenen Kindern aus langsam eingefrorenen Eizellen die Geburt des ersten Babys von vitrifizierten Eizellen viel später gelang (ca. 13 Jahre später), hat die Zahl geborener Kinder längst diejenige nach langsamer Kryokonservierung übertroffen. Alle diese Neugeborenen zeigten kein erhöhtes Risiko kongenitaler Anomalien (Noyes et al.
2009). Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Vitrifikation von Eizellen nicht das Risiko für ein abnormales Imprinting oder Veränderungen in der Spindelformation oder Anordnung der
Chromosomen an der Spindelplatte erhöht (Trapphoff et al.
2010).
Anhand der bisher vorliegenden Daten wurde keine signifikante Zunahme genetischer Auffälligkeiten der Kinder aus kryokonservierten Eizellen beobachtet (Chian et al.
2009).
Dies ist umso erwähnenswerter, als bekannt ist, dass die Kryokonservierung von reifen Metaphase-II-Eizellen den meiotischen Spindelapparat separiert und dadurch ein erhöhtes Aneuploidierisiko der resultierenden Embryonen bestehen könnte. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eingefrorene Eizellen keine
Chromosomenanomalien aufweisen (Gook und Edgar
1999). Eine
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung von Embryonen aus frischen und eingefrorenen Eizellen fand keinen Unterschied im Grad der Aberrationen (Cobo et al.
2001). Es ist eine bekannt, dass die meiotische Spindel sich nach dem Erwärmen wieder adäquat und unabhängig von der Kryokonservierungstechnik reformiert (Chen et al.
2004; Bianchi et al.
2005; Larman et al.
2007).
Die wissenschaftliche Literatur über die Eizellkryokonservierung wächst täglich. Die meisten Publikationen fokussieren auf die Verbesserung klinischer Schwangerschaften (Boldt et al.
2003,
2006), wobei die hierbei erzielten und publizierten Daten das Vertrauen in diese Technik untermauern.
Vitrifikation von Vorkernstadien
Das Einfrieren von Vorkernstadien (Zygoten) unter Verwendung von traditionell langsamen Einfrierprotokollen ist seit Jahren, besonders in Ländern wie Deutschland, das die Kryokonservierung von menschlichen Embryonen nach Kernverschmelzung per Gesetz untersagt, etabliert.
Etwa 98 min werden benötigt, um Zygoten per traditionellem Protokoll einzufrieren. Die klinischen Schwangerschaftsraten belaufen sich auf 18 % mit einer Implantationsrate (IR) von 10 % per transferiertem Embryo. Im Gegensatz dazu benötigt die Vitrifikation von Zygoten ca. 12 min.
Die Überlebensrate vitrifizierte Zygoten liegt bei >90 % mit einer Teilungsrate von 80 % am Tag 2, einer Blastozystenformationsrate am Tag 5 > 30 % (Park et al.
2000; Jelinkova et al.
2002; Liebermann et al.
2002b; Al-Hasani et al.
2007). Al-Hasani et al. (
2007) publizierten klinische Schwangerschafts- und Implantationsraten von 30 % und 17 %. Das Vorkernstadium durchläuft nach der
Befruchtung signifikante Veränderungen der Membranpermeabilität, die wiederum verantwortlich dafür sind, dass das Oolemma der Zygote mehr Stabilität aufweist. Des Weiteren können Vorkernzellen einen Kälteschock und osmotische Veränderungen während der Vitrifikation und Erwärmung besser tolerieren.
Vitrifikation von Teilungsstadien
Über die Vitrifikation von Embryonen liegen zahlreiche Publikationen vor. Abhängig von der Wahl des Trägersystems demonstrierten Liebermann und Tucker (
2002) Überlebensraten von 80–90 %. Gute Teilungsraten und eine Morulabildung in >30 % wurden beobachtet. Weitere Publikationen bestätigten diese Ergebnisse (Mukaida et al.
1998). Die Überlebensrate von Embryonen nach langsamem Einfrieren oder Vitrifikation liegen vergleichbar um die 75–80 % (Jericho et al.
2003). Erfolgreiche Schwangerschaften und Lebendgeburten von vitrifizierten Teilungsstadien wurden beschrieben (El-Danasouri und Selman
2001; Selman und El-Danasouri
2002; Rama Raju et al.
2005; Desai et al.
2007). Trotz der Tatsache, dass gute Überlebensraten erreicht wurden (Liebermann und Tucker
2002), entwickelten sich nur ca. 35 % der erwärmten Teilungsstadien zum Morulastadium.
Loutradi et al. (
2008) publizierten eine
Metaanalyse und einen systematischen Review zur Kryokonservierung von Teilungsstadien unter Verwendung von traditionellen langsamen vs. Vitrifikationsprotokollen und fanden eine Überlebensrate von 84 % vs. 97 %. Vitrifikationsprotokolle zeigten sich aber auch im Vergleich mit traditionell langsamen Protokollen hinsichtlich klinischer Schwangerschafts- (48 % vs. 35 %) und Implantationsraten (39 % vs. 15 %) deutlich überlegen (Rama Raju et al.
2005; Desai et al.
2007; Li et al.
2007; Balaban et al.
2008).
Schlussfolgernd kann festgestellt werden, dass Vitrifikationsprotokolle für Teilungsstadien einen positiven Einfluss auf das gesamte weitere Outcome besitzen.
Rama Raju et al. (
2009) verglichen Neugeborene aus vitrifizierten Teilungsstadien mit Neugeborenen aus frisch transferierten Teilungsstadien und fanden keine signifikante Erhöhung kongenitaler Anomalien.
Vitrifikation von Blastozysten
Zahlreiche Schwangerschaften und Lebendgeburten von vitrifizierten menschlichen Blastozysten mit unterschiedlichen Trägersystemen wurden publiziert (Mukaida et al.
2003a,
b; Son et al.
2003; Liebermann
2015). Die Blastozyste ist ebenso wie die unbefruchtete Eizelle besonders empfindlich gegenüber niedrigen Temperaturen. Ihre Besonderheit liegt im flüssigkeitsgefüllten Blastozoel. Es ist bekannt, dass die Überlebensrate nach Vitrifikation mit zunehmendem Volumen des Blastozoels abnimmt (Mukaida et al.
2006). Eine mögliche Ursache dafür könnte eine nicht ausreichende Permeation des Kryokonservierungsmittels sein, sodass intrazellulär Restwasser verbleibt, das dann kristallisiert. Hilfreich ist die artifizielle Reduktion des Blastozoels vor der Vitrifikation (Vanderzwalmen et al.
2002; Hiraoka et al.
2004; Liebermann und Conaghan
2013). Sowohl lwayama et al. (
2011) als auch Hur et al. (
2011) erzielten höhere Implantationsraten und klinische Schwangerschaftsraten, nachdem die Größe des Blastozoels vor der Vitrifikation reduziert wurde. Alle hier zitierten Literaturstellen kommen zu dem Schluss, dass ein Kollapieren des Blastozoels vor der Vitrifikation die Schwangerschaftsraten von transferrierten vitrifizierten und erwärmten Blastozysten erhöht und somit auch die kumulative Schwangerschafts- und Implanationsrate.
Nach Vitrifikation menschlicher Blastozysten unter Anwendung von Cryoloops betrug die Überlebensrate 72–90 %, die klinische Schwangerschaftsrate 37–53 % und die Implantationsrate 22–30 % (Mukaida et al.
2001,
2003a,
b; Vanderzwalmen et al.
2002,
2003; Liebermann und Tucker
2006; Liebermann
2009,
2011,
2015).
Die Aktivierung des embryonalen Genoms erfolgt im 8-Zell-Stadium ungefähr 3 Tage nach Eizellentnahme (Braude et al.
1988). Ohne diese Aktivierung würde der Embryo sich nicht weiterentwickeln und somit nicht überleben.
Somit ist eine Identifizierung der Embryonen essenziell, die sich nach embryonaler Genomaktivierung weiterentwickeln. Die Kultivierung zum Blastozystenstadium (ca. 5 Tage nach Eizellentnahme) erlaubt den Transfer von Embryonen, die definitiv eine Weiterentwicklung nach Aktivierung des fetalen Genoms aufweisen.
Weitere Vorteile des Transfers sowie der Kryokonservierung menschlicher Embryonen im Blastzystenstadium sind:
-
Transfer am Tag 5 erlaubt eine Reduktion der Anzahl der zu transferierenden Embryonen, was zu einer Reduktion von Zwillings- und Drillingsschwangerschaften und damit verbundenen Komplikationen führt.
-
Im Blastozystenstadium kryokonservierte Embryonen liefern eine erhöhte Schwangerschafts- und Implantationsrate per aufgetautem, transferiertem Embryo.
-
Ungefähr 120 h nach Eizellentnahme (Tag 5 der Zellkultur) besitzt das menschliche Blastozystenstadium ungefähr 50–150 Zellen. Diese hohe Zellzahl erlaubt eine bessere Kompensation von Kälteschäden, was wiederum in einer schnelleren Erholung und besseren Überlebensrate des Embryos resultiert.
-
Das zytoplasmatische Volumen jeder einzelnen Zelle ist aufgrund des Verhältnisses von Oberfläche zu Volumen niedrig, was wiederum eine schnellere Penetration des Kryokonservierungsmittels ermöglicht.
-
Obwohl weniger Embryonen pro Patientin eingefroren werden, besitzt jede dieser vitrifizierten Blastozysten nach dem Erwärmen ein deutlich höheres Implantationspotenzial als vergleichsweise Vorkern- oder Teilungsstadien.
Über einen Zeitraum von 2004 bis 2016 wurden in den Fertility Centers of Illinois „IVF Labor River North“ (Chicago) 33.476 Blastozysten von 8289 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 34,6 ± 6,0 Jahren vitrifiziert. Die Mehrheit der Blastozysten wurde am Tag 5 vitrifiziert (55 %), 43,5 % am Tag 6 und eine Minderheit von 1,5 % am Tag 7 (Tab.
1).
Tab. 1
Retrospektive Daten von 8289 Patientinnen (Durchschnittsalter 34,6 ± 6,0 Jahre) mit Blastozystenvitrifikation von 2004–2016
Vitrifizierte Blastozysten (n) | 18495 | 14505 | 476 | 33476 |
Vitrifizierte Blastozysten (%) | 55 % | 43,5 % | 1,5 % | |
Nach 13 Jahren der Vitrifikation von Blastozysten unter der Anwendung eines offenen Systems (Cryotop) und eines geschlossenen Systems (HSV; High Security Vitrification System) wurde in 6706 Transfers mit einem Durchschnitt von 1,7 Blastozysten pro Transfer folgendes pränatales Ergebnis erreicht: Aus 1914 Entbindungen wurden 2336 Kinder (1203 Mädchen und 1133 Jungen) geboren (Tab.
2). Es wurden keine nennenswerten Abnormalitäten registriert.
Tab. 2
Pränatale Daten (2004–2016) von vitrifizierten Blastozysten nach 6706 Transfers (Babys entbunden bis Januar 2015)
Entbindungen (total) | 1914 | 1264 | 641 | 9 |
Kinder geboren (total) | 2336 | 1555 | 771 | 10 |
Mädchen | 1203 | 813 | 386 | 4 |
Jungen | 1133 | 742 | 385 | 6 |
Einlinge | 1502 (78,5) | 979 (77,5) | 515 (80,0) | 8 (89,0) |
Zwillinge | 402 (21,0) | 279 (22,0) | 122 (19,0) | 1 (11,0) |
Drillinge | 10 (0,5) | 6 (0,5) | 4 (1,0) | – |
In Tab.
3 werden Daten zusammengefasst, welche an Schwangerschaftsdauer und Geburtsgewicht von 1363 geborenen Kindern erhoben wurden. 926 Kinder waren von vitrifizierten und erwärmten Tag-5- und Tag-6-Blastozysten-Transfers (VBT), während 437 Kinder nach einem frischen Transfer von einem Embryo (selektiver Transfer von einer Tag-5-Blastozyste, SFBT) geboren wurden. Wenn Kinder von vitrifizierten und erwärmten Tag-5- (n = 561) und Tag-6-Blastozysten (n = 365) in Bezug auf Schwangerschaftsdauer und Geburtsgewicht mit Hilfe eines T-Tests verglichen wurden, wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede (p = 0,71 und p = 0,124) festgestellt. Bekanntlich korreliert die Schwangerschaftsdauer mit dem Geburtsgewicht, jedoch wurden keine Unterschiede zwischen SFBT und VBT beobachtet. Tab.
3 zeigt jedoch auch, dass mit Hilfe des One-way ANOVA-Tests ein signifikanter Unterschied (p = 0,013) im Geburtsgewicht zwischen SFBT und VBT gefunden wurde. Tendenziell zeigte die VBT-Gruppe ein höheres Geburtsgwicht. Diese Daten bestätigen früher publizierte Beobachtungen von Pinborg et al. (
2014). Tab.
3 zeigt auch, dass Chi-Square keinen signifikanten Unterschied in der prozentualen Verteilung von Mädchen und Jungen geboren nach vitrifizierten, erwärmten oder frisch transferrierten Embryonen (χ
2; p = 0,2454) finden konnte. Wurden die beiden Geschlechter von frischen und vitrifizierten und erwärmten Transfers kombiniert, konnte mit Hilfe eines T-Tests ein signifikanter, aber auch ein zu erwartender Unterschied im Geburtsgewicht zwischen Jungen und Mädchen gemessen werden (p <0,001) (Tab.
4). Jungen waren im Durchschnitt 157,2 g schwerer als Mädchen. Zusammenfassend wurde beoachtet, dass 110 Kinder ein Geburtsgewicht von weniger als 2500 g hatten (definiert als niedriges Geburtsgewicht) und 159 Kinder ein Geburtsgewicht zwischen 4000 und 4500 g (definiert als hohes Geburtsgwicht), während 33 Kinder ein Gewicht von mehr als 4500 g (definiert als Makrosomia) aufwiesen (Tab.
4).
Tab. 3
Geburtsgewicht (GW) und Schwangerschaftsdauer (SD) von Kindern (n = 1363) geboren nach einem frischen Transfer einer Blastozyste am Tag 5 (SFBT; n = 437) im Vergleich zu Kindern geboren nach einem Transfer von vitrifizierten und erwärmten Blastozysten (VBT; n = 926) und in Abhängigkeit vom Tag der Embryonalentwicklung (Tag 5 vs. Tag 6)
Patientendurchschnittsalter (Jahre) | 31,1 ± 3,1c | 34,7 ± 4,9c | 34,7 ± 5,0 | 34,8 ± 4,8 |
Geburten | 437 | 926 | 561 | 365 |
Mädchen | 238a | 479a | 288 | 191 |
Jungen | 199a | 447a | 273 | 174 |
SD | 38,1 ± 2,5a | 37,9 ± 2,7a | 38,0 ± 2,6a | 37,9 ± 2,9a |
GW (g) | 3294,9 ± 609,4b | 3390,1 ± 710,6b | 3419,1 ± 712,6a | 3345,5 ± 705,8a |
Tab. 4
Prozentuale Verteilung (%) des Geburtsgewichtes (GW) von Kindern (n = 1363) geboren nach einem frischen Transfer einer Blastozyste am Tag 5 (SFBT; n = 437) im Vergleich zu Kindern geboren nach einem Transfer von vitrifizierten und erwärmten Blastozysten (VBT; n = 926) und Vergleich von Schwangerschaftsdauer (SD) und gechlechtsbezogenem Geburstsgewicht (GW) nach frischem und vitrifiziertem erwärmtem Embryo-Transfer
GW (g) <2500 | 34 [7,8] | 76 [8,2] | 110 |
GW (g) ≥4000 | 38 [8,7] | 154 [16,6] | 192 |
GW (g) ≥400 and ≤4500 | 32 [7,3] | 127 [13,7] | 159 |
GW (g) >4500 | 6 [1,4] | 27 [2,9] | 33 |
Geschlecht | Mädchen von SFBT und VBT | Jungen von SFBT und VBT |
N | 717 | 646 |
GA (weeks) | 37,9 ± 2,6a | 38,0 ± 2,6a |
LBW (g) | 3284,1 ± 663,8b | 3441,3 ± 691,0b |
Tab.
5 und
6 zeigen klinische Daten von vitrifizierten und erwärmten Blastozysten entsprechend ihrem Entwicklungsstadium (Tag 5 und Tag 6) und von Patienten mit Donor-Rezipient-Zyklen. Bei Patientinnen jünger als 35 Jahre ergaben sich folgende Daten (Transfer von Tag-5-Blastozysten, n = 1977 vs. Transfer von Tag-6-Blastozysten, n = 1032): Überlebens-, Implantations- und klinische Schwangerschaftsrate: 98,4 % vs. 97,7 %, 45,1 % vs. 32,4 % und 56,0 % vs. 44,0 %.
Tab. 5
Retrospektive Outcome-Daten (2004–2016) des offenen/geschlossenen Blastozysten-Vitrifikationsprogramms (Fertility Centers of Illinois, Chicago) von vitrifizierten und erwärmten Tag-5-Blastozysten in Abhängigkeit vom Alter der Patientin; ebenfalls dargestellt sind die Outcome-Daten nach
Eizellspende (Spalte Donor)
Anzahl der Zyklen | 1978 | 895 | 587 | 307 | 355 |
Anzahl der Transfers | 1977 | 894 | 585 | 306 | 355 |
Überlebensrate der Blastozysten (%) | 98,4 | 98,7 | 98,8 | 98,7 | 99,0 |
Durchschnittliche Anzahl transferierter Blastozysten pro Patientin (%) | 1,6 | 1,6 | 1,7 | 1,7 | 1,7 |
Schwangerschaftsrate pro Transfer (%) | 64,9 | 62,9 | 60,5 | 59,8 | 62,8 |
Klinische Schwangerschaftsrate pro Transfer (%) | 56,0 | 52,0 | 49,0 | 48,0 | 53,0 |
Rate fortlaufender Schwangerschaften pro Transfer (%) | 49,2 | 44,0 | 39,0 | 37,0 | 41,0 |
Anzahl der Implantationen | 1442 | 585 | 355 | 173 | 240 |
Implantationsrate (%) | 45,1 | 42,0 | 36,5 | 34,3 | 40,5 |
Tab. 6
Retrospektive Outcome-Daten (2004–2016) des offenen/geschlossenen Blastozysten-Vitrifikationsprogramms (Fertility Centers of Illinois, Chicago) von vitrifizierten und erwärmten Tag-6-Blastozysten in Abhängigkeit vom Alter der Patientin; ebenfalls dargestellt sind die Outcome-Daten nach Eizellspende (Spalte Donor)
Anzahl der Zyklen | 1039 | 579 | 451 | 316 | 178 |
Anzahl der Transfers | 1032 | 574 | 448 | 314 | 177 |
Überlebensrate der Blastozysten (%) | 97,7 | 98,7 | 98,2 | 97,0 | 99,7 |
Durchschnittliche Anzahl transferierter Blastozysten pro Patientin (%) | 1,7 | 1,6 | 1,7 | 1,6 | 1,7 |
Schwangerschaftsrate pro Transfer (%) | 52,6 | 48,4 | 48,0 | 45,5 | 46,3 |
Klinische Schwangerschaftsrate pro Transfer (%) | 44,0 | 41,0 | 40,0 | 35,0 | 38,0 |
Rate fortlaufender Schwangerschaften pro Transfer (%) | 36,0 | 33,0 | 31,0 | 24,0 | 27,0 |
Anzahl der Implantationen | 579 | 291 | 224 | 124 | 79 |
Implantationsrate (%) | 32,4 | 30,6 | 29,5 | 24,4 | 26,6 |
In 2007 erfolgte ein Wechsel des Trägersystems von einem „offenen“ zu einem geschlossenen, aseptischen System (High Security Vitrification Kit). Seitdem wurden folgende Überlebens-, Implantations- und klinische Schwangerschaftsraten erzielt: 99,0 %, 39,3 % und 50,1 % (Tab.
7).
Tab. 7
Retrospektive Daten (Oktober 2007–2016) des aseptischen Blastozysten-Vitrifikationsprogramms (Fertility Centers of Illinois, Chicago) von vitrifizierten und erwärmten Tag-5-, Tag-6- und Tag-7-Blastozysten
Patientinnenalter (Jahre) | 35,7 ± 4,9 |
Anzahl der Transfers | 5575 |
Anzahl der erwärmten Blastozysten | 9102 |
Anzahl der überlebenden Blastozysten (%) | 9011 (99,0) |
Anzahl der transferierten Blastozysten | 8856 |
Durchschnittliche Anzahl transferierter Blastozysten pro Patientin | 1,6 |
Anzahl der Implantationen (%) | 3483 (39,3) |
Anzahl positiver Schwangerschaften pro Transfer (%) | 3334 (59,8) |
Anzahl klinischer Schwangerschaften pro Transfer (%) | 2795 (50,1) |
Fortlaufende Schwangerschaften pro Transfer (%) | 2309 (41.4, |
Anzahl der Lebendgeburten | 1726 |
Tab.
8 zeigt klinische Daten von vitrifizierten und erwärmten Blastozysten entsprechend ihrem Entwicklungsstadium (Tag 5, n = 3552; Tag 6, n = 1979; Tag 7, n = 44). Folgende Daten (Transfer von Tag-5-Blastozysten vs. Transfer von Tag-6-Blastozysten vs. Transfer von Tag-7-Blastozysten): Überlebens-, Implantations- und klinische Schwangerschaftsrate: 99,2 % vs. 98,76 % vs, 97,3 %, 44,0 % vs. 31,9 % vs. 12,5 % und 54,8 % vs. 42,5 % vs. 18,2 %.
Tab. 8
Retrospektive Daten (Oktober 2007–2016) des aseptischen Blastozysten-Vitrifikationsprogramms (Fertility Centers of Illinois, Chicago) von vitrifizierten und erwärmten Tag-5-, Tag-6- und Tag-7-Blastozysten in Abhängigkeit vom Entwicklungstadium der Embryonen
Patientinnenalter (Jahre) | 35,3 ± 4,9 | 36,2 ± 4,8 | 36,0 ± 4,1 |
Anzahl der Transfers | 3552 | 1979 | 44 |
Anzahl der erwärmten Blastozysten | 5679 | 3349 | 74 |
Anzahl der überlebenden Blastozysten (%) | 5635 (99,2) | 3304 (98,7) | 72 (97,3) |
Anzahl der transferierten Blastozysten | 5546 | 3238 | 72 |
Durchschnittliche Anzahl transferierter Blastozysten pro Patientin | 1,6 | 1,6 | 1,6 |
Anzahl der Implantationen (%) | 2440 (44,0)a | 1034 (31,9)a | 9 (12,5)a |
Anzahl positiver Schwangerschaften pro Transfer (%) | 2297 (64,7)b | 1023 (51,7)b | 14 (31,8)b |
Anzahl klinischer Schwangerschaften pro Transfer (%) | 1947 (54,8)c | 840 (42,5)c | 8 (18,2)c |
Fortlaufende Schwangerschaften pro Transfer (%) | 1643 (46,3)d | 659 (33,3)d | 7 (15,9)d |
Anzahl der Lebendgeburten | 1200 | 520 | 6 |
Zwischen 2007 und 2016 führte das Fertility Centers of Illinois (Chicago) 2765 Transfers mit vitrifizierten und erwärmten Blastozysten durch, ohne das Blastcoel vor der Vitrifikaton zu kollapieren (Gruppe A), wohingegen in 2765 Transfers das Blastocoel vor der Vitrifikation kollapiert wurde (Gruppe B). Wurden die vitrifizierten und erwärmten Transfers eingeteilt in Tag-5- und Tag-6-Blastozysten, wurden folgende Daten erfasst (Tab.
9): in 1622 Tag-5-Blastozysen-Transfers von Gruppe A (Durchschnittsalter 35,5 ± 5,0) verglichen mit 1930 Tag-5-Blastozysten-Transfers von Gruppe B (Durchschnittsalter 35,2 ± 4,8), die Implantations-, klinische und angehende Schwangerschaftsrate war wie folgt: 38,5 %, 48,9 % und 40 % vs. 49 %, 59,7 % und 51,5 %. Wie Tab.
9 zeigt, waren die Schwangerschaftsraten von vitrifizierten und erwärmten Tag-5-Blastozysten in Gruppe B signifikant besser als mit vitrifizierten und erwärmten Tag-5-Blastozysten in Gruppe A.
Tab. 9
Retrospektive Vergleichsdaten von vitrifizierten und erwärmten Blastozysten entsprechend ihrem Entwicklungsstadium (Tag 5, Tag 6) ohne künstliches Kollapieren des Blastocoel (Gruppe A) und mit künstlichem Kollapieren des Blastocoel (Gruppe B) unter Anwendung des aseptischen Blastozysten-Vitrifikationsprogramms am Fertility Centers of Illinois, Chicago (2007–2016)
| Tag 5 | Tag 6 | Tag 5 | Tag 6 |
Patientinnenalter (Jahre) | 35,5 ± 5,0 | 36,1 ± 4,8 | 35,2 ± 4,8 | 36,4 ± 4,7 |
Anzahl der Transfers | 1622 | 1143 | 1930 | 835 |
Anzahl der erwärmten Blastozysten | 2735 | 2004 | 2943 | 1343 |
Anzahl der überlebenden Blastozysten (%) | 2709 (99,0) | 1972 (98,4) | 2925 (99,4) | 1330 (99,0) |
Anzahl der transferierten Blastozysten | 2632 | 1930 | 2913 | 1306 |
Durchschnittliche Anzahl transferierter Blastozysten pro Patientin | 1,6 | 1,7 | 1,5 | 1,6 |
Anzahl der Implantationen (%) | 1012 (38,4)a | 514 (26,6)aa | 1426 (49,0)a | 519 (39,7)aa |
Anzahl positiver Schwangerschaften pro Transfer (%) | 926 (57,1)b | 497 (43,5)bb | 1370 (71,0)b | 525 (62,9)bb |
Anzahl klinischer Schwangerschaften pro Transfer (%) | 793 (48,9)c | 416 (36,4)cc | 1153 (59,7)c | 423 (50,7)cc |
Fortlaufende Schwangerschaften pro Transfer (%) | 648 (40,0)d | 312 (27,3)dd | 994 (51,5)d | 347 (41,6)dd |
Wurden die Daten von vitrifizierten und erwärmten Tag-6-Blastozysten verglichen, wurden folgende Daten zwischen Gruppe A (n = 1143; Durchschnittsalter 36,1 ± 4,8) und Gruppe B (n = 835; Durchschnittsalter 36,4 ± 4,7) in Bezug auf Implantations-, klinische und angehende Schwangerschaftsrate ermittelt: 26,6 %, 36,4 %, 27,3 % vs. 39,7 %, 50,7 % und 41,6 %. Wie Tab.
9 zeigt, waren die Outcome-Daten von vitrifizierten und erwärmten Tag-6-Blastozysten in Gruppe B signifikant besser im Vergleich zu vitrifizierten und erwärmten Tag-6-Blastozysten in Gruppe A.