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Viszeral- und Allgemeinchirurgie
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Publiziert am: 02.02.2024

Divertikulitis

Verfasst von: Matthias Kelm, Christoph-Thomas Germer und Johan Friso Lock
Die Divertikulitis zählt zu den häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen und kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen. Neben konservativen Therapiestrategien stehen zudem chirurgische Optionen zur Verfügung, um je nach Typ der Divertikulitis (CDD-Klassifikation) eine adäquate Therapie anbieten zu können. Evidenzbasierte Indikationen zur elektiven Operation müssen in jedem Einzelfall geprüft und einer Nutzen-Risiko-Abwägung unterzogen werden, zudem sollte das Behandlungsziel individuell festgelegt werden. Eine absolute Indikation zur Kolonresektion besteht bei einer frei perforierten Divertikulitis (CDD Typ IIc) sowie bei chronisch komplizierter Divertikulitis mit Ausbildung von Stenosen oder Fisteln. Für die Operationsstrategie sollte unabhängig von der Dringlichkeit immer ein minimal-invasives Vorgehen mit dem Ziel einer primären Anastomosierung, ggf. unter Stomaprotektion bevorzugt werden.

Grundlagen

Eine Sigmadivertikulitis zählt zu den häufigsten gastrointestinalen Erkrankungen und stellt eine relevante Differenzialdiagnose für akute abdominelle Beschwerden dar. Bis zu 50 % der Deutschen entwickeln im Leben Divertikel, die jedoch nur bei einem Teil der Patienten zu Beschwerden führen. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Lebensalter an, wobei ein Großteil der Patienten über 50 Jahre alt ist, aber auch jüngere Patienten betroffen sein können (Lock et al. 2020). Durch die große Relevanz im klinischen Alltag ist es über die Jahre zu einer regelmäßigen Weiterentwicklung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen gekommen. Dies wird in Deutschland durch die überarbeitete S3-Leitlinie verdeutlicht, die 2021 publiziert wurde und den interdisziplinären Behandlungsalgorithmus untermalt (Lorenz et al. 2022).

Klassifikation

Die Sigmadivertikulitis wird anhand der deutschen Klassifikation „Classification of Divertikular Disease“ (CDD) eingeteilt. Diese wurde erstmals 2014 eingeführt und in der neuen S3-Leitlinie mit der Anpassung der Abszessgröße überarbeitet (Leifeld et al. 2014; Lorenz et al. 2022). Die Einteilung ist mittlerweile etabliert und als Standard für die weitere Behandlung anzusehen. Andere Klassifikationen, wie z. B. jene nach Hinchey und dessen Modifikationen, spielen in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle und werden in der CDD-Klassifikation miteinbezogen (Hinchey et al. 1978; Wasvary et al. 1999). Ziel der CDD-Klassifikation war es, unterschiedliche Verlaufsformen der Divertikulitis nach Prognose und Therapiestrategie abzubilden, hierzu wurde die Erkrankung in drei Haupttypen eingeteilt (unkompliziert, kompliziert, chronisch) (Tab. 1).
Tab. 1
Klassifikation der akuten Divertikulitis gemäß deutscher S3-Leitlinie. (Aus Lorenz et al. 2022)
CDD
Beschreibung
Typ 0
Asymptomatische Divertikulose
Typ Ia
Divertikulitis ohne phlegmonöse Umgebungsreaktion
Typ Ib
Divertikulitis mit phlegmonöser Umgebungsreaktion
Typ IIa
Divertikulitis mit Mikroabszess (< 3 cm)
Typ IIb
Divertikulitis mit Makroabszess (> 3 cm)
Typ IIc1
Frei-perforierte Divertikulitis mit eitriger Peritonitis
Typ IIc2
Frei-perforierte Divertikulitis mit fäkaler Peritonitis
Typ IIIa
Persistierende Symptome aufgrund einer Divertikulose
Typ IIIb
Rezidivierende Divertikulitis ohne Komplikationen
Typ IIIc
Rezidivierende Divertikulitis mit Komplikationen
(Fistel, Stenose, Konglomerat)
Typ IV
Divertikelblutung
Die Divertikulitis wird nach der CDD-Klassifikation eingeteilt.

Symptomatik

Als Leitsymptom der Divertikulitis gelten abdominelle Schmerzen. Aufgrund der meist im Colon sigmoideum lokalisierten Divertikulitis treten die Schmerzen am häufigsten im linken Unterbauch auf. Da jedoch Divertikel auch im Dünn- sowie restlichen Dickdarm lokalisiert sein können, können abdominelle Schmerzen auch an anderer Stelle auftreten. Neben Schmerzen werden ebenso Fieber und Stuhlunregelmäßigkeiten (Diarrhoe, Obstipation) berichtet, darüber hinaus wird teilweise von Patienten auch peranaler Blutabgang beschrieben. Im Falle einer freien Perforation (CDD Typ IIc) kann sich schnell das Vollbild eines akuten Abdomens mit Abwehrspannung und Peritonismus entwickeln, allerdings ist jener Anteil insgesamt eher niedrig und macht ca. 5–6 % aller Divertikulitiden aus (Biondo et al. 2014). Da Divertikulitiden zudem rezidivierend auftreten können und die Häufigkeit und Einschränkung der Lebensqualität Indikatoren für eine mögliche Operation sind, sollte neben den akuten Beschwerden ebenso eine detaillierte Anamnese über vorherige Beschwerden bzw. Divertikulitisschübe erhoben werden. Prinzipiell gilt, dass das Risiko einer freien Perforation mit der Anzahl der Schübe abnimmt (Ritz et al. 2011).

Diagnostik und Differenzialdiagnosen

Die primäre Diagnostik bei Verdacht auf eine Divertikulitis besteht aus Anamnese, klinischer Untersuchung und Blutabnahme mit kleinem Blutbild und C-reaktivem Protein (CRP). Weiterhin sollte ein bildgebendes Verfahren durchgeführt werden, wobei die Leitlinie zur Diagnosesicherung prinzipiell ein Schnittbildverfahren empfiehlt. Hierzu zählen die Sonografie und die Computertomografie, wobei Letztere in Studien eine deutlich höhere Sensitivität und Spezifität von 90–100 % aufweist (Ripollés et al. 2003; Werner et al. 2003) (Abb. 1). Mithilfe der genannten Methoden ist das Ziel, eine adäquate Stadieneinteilung der Divertikulitis anhand der CDD-Klassifikation zu erzielen, um im Anschluss eine spezifische Therapie einleiten zu können. Insbesondere gilt, eine akute von einer chronischen Divertikulitis zu unterscheiden, wofür in erster Linie die Anamnese eine besondere Bedeutung spielt. Sonstige häufige Differenzialdiagnosen, die aufgrund der Symptomatik in Betracht kommen, sind Appendizitis, andere entzündliche Darmerkrankungen, Uretherolithiasis oder gynäkologische Beschwerden.
Vor einer elektiven Kolonresektion sollte immer eine vollständige Koloskopie durchgeführt werden.

Therapieziele und Indikationsstellung

Prinzipiell stehen als Therapieziele mehrere Aspekte im Vordergrund. Im Fall einer akuten Divertikulitis sollte durch die Therapie ein Fortschreiten der Entzündung mit Schmerzen, Abszessformation oder gar Peritonitis verhindert werden. Während beim Typ 1 eine symptomatische Therapie im Vordergrund steht, wird bei den Typen 2a und 2b primär eine antibiotische Therapie empfohlen (Lorenz et al. 2022). Diese sollte generell intravenös erfolgen. Beim Typ Ib kann bei Patienten ohne Risikofaktoren (Diabetes, Adipositas, Immunsuppression, Fieber) auf eine Antibiose verzichtet werden. Für die Auswahl von spezifischen Antibiotika sollen die bekannten Keimspektren berücksichtigt werden, wobei typischerweise eine Mischflora aus gramnegativen Aerobien und grampositiven Erregern vorliegt (Kusan et al. 2022). Bezüglich der Dauer der Antibiotikatherapie liegen keine Daten vor. Allgemein kann bei deutlicher klinischer Verbesserung nach 3–4 Tagen auf ein orales Antibiotikum umgestellt werden, wobei insgesamt eine Antibiotikatherapie von 7–10 Tagen erfolgen sollte. Ob und inwiefern bei Patienten mit Makroabszess (Typ IIb) eine zusätzliche perkutane Abszessdrainage die Erfolgsrate erhöht, ist derzeit noch unklar. In einer Fall-Kontroll-Studie wurden keine Nachteile bei alleiniger Antibiotikatherapie berichtet (Elagili et al. 2015), es liegen jedoch keine prospektiven Daten zu dieser Thematik vor. Unabhängig von einer Abszessdrainage zeigen jedoch multizentrische Daten, dass Patienten mit großem Abszess ein hohes Risiko für das Versagen der konservativen Therapie aufweisen und nicht beschwerdefrei werden (Lambrichts et al. 2019). In diesem Fall sollte eine frühzeitige OP-Evaluation erfolgen und den Patienten eine Operation angeboten werden. Obligat ist dagegen eine operative Therapie bei Patienten mit freier Perforation (Typ 2c), bei diesen Patienten wird eine frühzeitige Operation innerhalb von 6 h nach Diagnosestellung empfohlen (Lorenz et al. 2022).
Patienten mit frei perforierter Divertikulitis müssen innerhalb von sechs Stunden operiert werden.
Anders verhält es sich bezüglich der Therapieziele für chronische Verläufe. Hier gilt es, auf der einen Seite Komplikationen (wie z. B. Stenosen und Fisteln) zu verhindern, zum anderen sollte eine Einschränkung der Lebensqualität vermieden werden. Kommt es zu einer Sigmastenose oder z. B. entero-vesikalen Fisteln, so empfiehlt die Leitlinie eine Operation (Ripollés et al. 2003). Ansonsten liegt im chronischen Stadium eine relative OP-Indikation vor, die sich nach der Lebensqualität des Patienten richtet. Wenn Patienten über eine regelmäßige Einschränkung ihrer Lebensqualität oder eine ausbleibende Beschwerdebesserung („smoldering diverticulitis“) klagen, kann eine Operation angeboten werden. Die langfristige Effektivität der elektiven Sigmaresektion für diese Patientengruppe wurde in einer prospektiv randomisierten Multicenterstudie nachgewiesen (Werner et al. 2003). Wichtig ist aber in diesem Zusammenhang, den Patienten zu erklären, dass mit der Anzahl der Schübe das Perforationsrisiko signifikant abnimmt, gleichzeitig aber das Rezidivrisiko mit jedem weiteren Schub ansteigt und nach dem 5. Schub bei über 40 % liegt (Hupfeld et al. 2017). Die OP-Indikation richtet sich in diesem Patientenkollektiv somit lediglich nach den subjektiven Beschwerden und sollte stets individuell und unter Nutzen-Risiko-Abwägung gemeinsam mit dem Patienten gestellt werden. Eine randomisierte Studie bei Patienten mit symptomatischer rezidivierender Divertikulitis konnte in diesem Zusammenhang eine signifikante und langfristige Verbesserung der Lebensqualität nach Sigmaresektion nachweisen (van de Wall et al. 2017).
Mit der Anzahl der Schübe sinkt bei Patienten mit chronisch-rezidivierender Divertikulitis das Perforationsrisiko.

Verfahrenswahl und präoperative Planung

Die operative Verfahrenswahl richtet sich nach der Dringlichkeit der Operation, gleiches gilt für die präoperative Planung. Im Fall elektiver Operationen sollten zur präoperativen Diagnostik eine vollständige Koloskopie sowie abdominelle Bildgebung zum Ausschluss von Zweitpathologien vorliegen. Zudem sollte eine mechanische Darmvorbereitung nicht standardmäßig durchgeführt werden, da sie zu keiner Reduktion von Komplikationen beiträgt und stattdessen in einer verlängerten präoperativen Nüchternphase/reduzierten Nahrungsaufnahme resultiert. Studien konnten dagegen zeigen, dass eine perioperative Antibiotikaprophylaxe in einer signifikanten Reduktion von Wundinfektionen resultiert (Abis et al. 2019; Jalalzadeh et al. 2022). Somit sollten alle Patienten eine perioperative Antibiotikaprophylaxe erhalten (Tab. 2).
Tab. 2
Beispielhafte perioperative Strategien zur Verbesserung der Rekonvaleszenz nach Kolonresektion. (Aus Gustafsson et al. 2019)
Präoperativ
Intraoperativ
Postoperativ
Kein Abführen
Minimal-invasives Vorgehen
Mobilisation am OP-Tag
Dekontamination
Vermeidung Periduralanästhesie
Leichte Kost und Kaugummi am OP-Tag
Nahrungsaufnahme bis 6 h präoperativ
Keine Drainagen
Orale Analgesie
 
Lokalanästhesie Trokareinstichstellen
Protein-Drinks
 
Balanciertes Flüssigkeitsmanagement
Keine intravenöse Flüssigkeit
Eine mechanische Darmvorbereitung ist bei elektiven Kolonresektionen nicht indiziert.
Die Therapieempfehlungen bzw. -indikationen zur Operation haben sich in den vergangenen Jahren mehrfach geändert. Trotzdem stellt die Chirurgie weiterhin einen wesentlichen Bestandteil der Therapie der Divertikulitis dar. So liegt in einer prospektiven Studie zur Validierung der aufgeführten CDD-Klassifikation der Anteil der Patienten mit chirurgischer Therapie im Verlauf der Erkrankung bei 58 % (Lauscher et al. 2021). Vor einer Behandlungsempfehlung bzw. Indikationsstellung zur chirurgischen Therapie bei Divertikelkrankheit sollten zunächst das individuelle Behandlungsziel (präventiv vs. kurativ) und die Therapieeffektivität festgelegt und gegenüber dem Patienten klar kommuniziert werden. Prinzipiell ist mittlerweile etabliert, dass ein minimal-invasives Vorgehen, sofern technisch möglich und unabhängig von der Dringlichkeit, bevorzugt werden sollte. Erste Studien deuten auf ein mindestens gleichwertiges Outcome nach robotisch-assistierter Sigmaresektion im Vergleich zum laparoskopischen Vorgehen hin, sodass beide Verfahren sicher und effektiv angewendet werden können (Widder et al. 2022). Dies resultiert, wie bei anderen minimal-invasiven Operationen, in einem signifikant reduzierten Auftreten von Minor-Komplikationen und einer schnelleren Rekonvaleszenz der Patienten. Bezüglich der Resektionsgrenzen sollte die orale Grenze unmittelbar oberhalb der entzündlichen Darmabschnitte liegen, da eine Resektion sämtlicher divertikeltragender Darmabschnitte nicht indiziert ist. Der aborale Resektionsrand sollte im oberen Rektum liegen. Sofern eine Malignität nicht sicher ausgeschlossen werden kann, wird generell eine zentrale Ligatur der Vasa mesenterica inferior entsprechend den onkologischen Prinzipien empfohlen. In Bezug auf die Anastomosentechnik gelten Stapler- und Handnaht-Anastomose als gleichwertig, wichtiger ist vielmehr auf die allgemeinen Prinzipien der Anastomosenanlage Wert zu legen (wie z. B. Spannungsfreiheit, suffiziente Durchblutung und Dichtigkeit). Während bei elektiven Verfahren in diesem Zusammenhang eine primäre Anastomosierung durchgeführt werden sollte, empfiehlt die Leitlinie bei perforierter Divertikulitis generell als Standardeingriff die Sigmaresektion mit Kontinuitätswiederherstellung unter Vorschaltung eines protektiven Ileostomas. Alternativ kann ein „Damaga-Control“-Verfahren mit Darmresektion und Blindverschluss beider Enden mit zweizeitiger Anastomosierung nach Beherrschung des abdominellen Infekts durchgeführt werden. Bei persistierend septischen oder instabilen Patienten oder solchen Patienten mit schweren Komorbiditäten sollte ein terminales Descendostoma im Sinne einer Hartmann-Situation angelegt werden (Lorenz et al. 2022).
Sowohl bei elektiven als auch dringlichen Eingriffen sollte ein minimal-invasives Vorgehen bevorzugt werden.

Intra- und postoperative Komplikationen

Mit der elektiven, laparoskopischen Sigmaresektion geht ein postoperatives Mortalitätsrisiko von ca. 0,5 % und einer Morbidität von ca. 10 % einher (Van Arendonk et al. 2013). Die deutschlandweite Mortalität nach kolorektalen Resektionen liegt allerdings mit 7,5 % deutlich höher (Baum et al. 2019). Führende intraoperative Komplikationen sind Verletzungen anderer Organe, wie z. B. Milz oder Ureter, die meist in einer Konversion zu einem offenen Vorgehen resultieren. Als wichtigste postoperative Komplikation ist die Anastomoseninsuffizienz zu nennen, die deutschlandweit nach elektiven Kolonresektionen ca. 5–7 % beträgt und nach notfallmäßiger Sigmaresektion mit 5,2 % nicht erhöht ist (Baum et al. 2019). Entscheidende Faktoren für das Auftreten einer Anastomoseninsuffizienz sind neben Komorbiditäten und Immunsuppression ebenso das Vorliegen einer Peritonitis (Lee et al. 2020). Tritt eine Anastomoseninsuffizienz auf, wird prinzipiell empfohlen, sofern noch nicht beim Primäreingriff geschehen, zunächst ein Stoma vorzuschalten und eine endoluminale Vakuumtherapie zu beginnen. Hierunter kann in den meisten Fällen eine Ausheilung der Insuffizienz erzielt werden, nur selten ist die Anlage eines terminalen Descendostomas im Sinne einer Hartmann-Situation notwendig (Strangio et al. 2015; Mussetto et al. 2017). Weitere kurzfristige Komplikationen sind darüber hinaus der (paralytische) Ileus und die Anastomosenblutung, welche i. d. R. konservativ oder endoskopisch behandelt werden können. Langfristig haben die Patienten ein signifikantes Risiko von Stuhlunregelmäßigkeiten bzw. einer veränderten Stuhlfunktion, hierüber müssen die Patienten bei elektiven Eingriffen präoperativ aufgeklärt werden.

Postoperatives Management

Nach erfolgter Resektion sollte nach elektiven oder früh-elektiven Eingriffen frühzeitig mit dem oralen Kostaufbau und der Mobilisation der Patienten begonnen werden (Tab. 2). Hierzu zählen ebenso die orale Analgesie sowie die Vermeidung von Drainagen. Multiple Arbeiten zum Thema der verbesserten Rekonvaleszenz (ERAS, FAST-Track) belegen die Effektivität jener Konzepte mit signifikanter Reduktion nicht-chirurgischer Komplikationen und schneller Etablierung der gastrointestinalen Passage bei gleichzeitig nicht erhöhtem Risiko chirurgischer Komplikationen (Gustafsson et al. 2019; Ripollés-Melchor et al. 2019). Diese Konzepte sollten, sofern von Patientenseite möglich, unabhängig von einer Stomaanlage durchgeführt und immer mit dem Patienten bereits präoperativ besprochen werden, um die Erwartungshaltung und Vorbereitung anzupassen. Bei Patienten mit freier Perforation und nachgewiesener Peritonitis sollte zudem je nach intraoperativem Befund bzw. Ausmaß der Peritonitis für drei bis fünf Tage zusätzlich eine intravenöse Antibiose appliziert werden.
Frühzeitiger Kostaufbau und Mobilisation sind wichtige Faktoren zur verbesserten Rekonvaleszenz der Patienten.

Ergebnisse und Lebensqualität

Um die langfristigen Ergebnisse abschließend einordnen zu können, muss das individuelle Behandlungsziel beachtet werden. Während bei Patienten mit freier Perforation oder Stenose eine absolute OP-Indikation vorliegt und die postoperative Entwicklung anders zu werten ist, steht bei Patienten mit chronisch-rezidivierender Sigmadivertikulitis ohne Komplikationen (CDD 3b) die Lebensqualität im Vordergrund. Eine prospektiv-randomisierte, multizentrische Studie konnte zu dieser Thematik zeigen, dass die elektive Sigmaresektion bei Patienten mit eingeschränkter Lebensqualität aufgrund einer chronisch-rezidivierenden Sigmadivertikulitis (CDD 3b) zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität führt (van de Wall et al. 2017). In dieser Studie fiel zudem auf, dass 23 % der Patienten aus der konservativen Therapiegruppe im weiteren Verlauf doch aufgrund einer ausbleibenden Beschwerdebesserung operiert wurden. Darüber hinaus konnte zudem ebenso bei Patienten mit Makroabszess (CDD 2b) und persistierenden Beschwerden in Studien gezeigt werden, dass die Operation in einer Verbesserung der Lebensqualität resultiert (Brandlhuber et al. 2018; Lauscher et al. 2021). In Bezug auf die Rezidivwahrscheinlichkeit nach erfolgter Sigmaresektion konnten dänische Registerdaten dagegen demonstrieren, dass das Risiko einer Rezidivdivertikulitis im 10-Jahres-Verlauf von ca. 25 % auf weniger als 10 % reduziert werden kann (Gregersen et al. 2016). Auch eine prospektiv-randomisierte Studie aus den USA bestätigt die Effektivität der Resektion gegenüber dem konservativen Vorgehen bei Patienten mit chronisch-rezidivierender Sigmadivertikulitis (CDD IIIb) bei einer 2-Jahres-Rezidivrate von 8 % versus 32 % (You et al. 2018). Alle Patienten mit Rezidivdivertikulitis nach Sigmaresektion konnten in dieser Studie zudem erfolgreich konservativ behandelt werden.
Eine elektive Sigmaresektion verbessert bei adäquater Indikationsstellung unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung die Lebensqualität signifikant.
Das Risiko einer Rezidivdivertikulitis nach Operation ist gering und kann i. d. R. konservativ behandelt werden.
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