Es existieren 7 immunologisch unterschiedliche Serotypen des Botulinumtoxins (BoNT-Typ A, B, C, D, E, F und G), von denen nur die zwei Serotypen BoNT-A (Botox [Onabotulinumtoxin A], Dysport [Abobotulinumtoxin A], Xeomin [Incobotulinumtoxin A]) und BoNT-B (Neurobloc) klinische Anwendung finden.
Botulinumtoxin Typ A (BoNT-A) ist ein Neurotoxin-Proteinkomplex, bestehend aus einer leichten und einer schweren Proteinkette, der die Erregungsübertragung im terminalen Nervenende durch Spaltung des synaptosomal assoziierten Proteins SNAP-25 inhibiert: SNAP-25 ist eine Komponente des SNARE-Komplexes („soluble NSF [N-ethylmaleimide-sensitive factor] attachment protein receptor“), der verantwortlich ist für das erfolgreiche Andocken und die Fusion der Acetylcholin enthaltenen synaptischen Vesikel mit der Nervenzellmembran. Folglich wird der Transmitter Acetylcholin nicht mehr ausgeschüttet, es kommt zur schlaffen Paralyse der Muskulatur (Dolly
2003). Nach Injektion von BoNT-A ließ sich zudem eine Reduktion des für die Sensorik mitverantwortlichen Rezeptors TRPV1 („transient receptor potential vanilloid 1“) und des adenosintriphosphat(ATP)-abhängigen P2X3-Rezeptors nachweisen, sodass BoNT-A gerade in der Harnblase nicht nur die Ausschüttung von
Neurotransmittern, sondern auch über eine Beeinflussung des SNARE-Komplexes im Bereich afferenter Strukturen die Expression sensibler Rezeptoren unterbindet (Coelho et al.
2010; Apostolidis et al.
2005). Auch ist nach Injektion von BoNT-A der Transmitter ATP selbst in der urothelialen Schleimhaut vermindert nachweisbar (Khera et al.
2004). Dies erklärt die duale Wirkung von BoNT-A auf die Harnblase, da nicht nur die Detrusormuskulatur in ihrer Aktivität, sondern auch durch Wirkung auf die afferenten Strukturen die Drangsymptomatik und die Schmerzsensationen z. B. bei der interstitiellen Zystitis positiv beeinflusst werden können (Giannantoni et al.
2008,
2010). Zusätzlich scheint der reduzierten Nozizeption eine Rolle zuzukommen: CGRP („calcitonin-G related peptide“) als Mediator der Schmerzmodulaton in den unmyelinisierten afferenten Strukturen der Harnblase findet sich nach BoNT-A in erniedrigter Konzentration (Rapp et al.
2006).
Die Wirkdauer in der glatten Muskulatur des Detrusors ist mit 8–9 Monaten deutlich länger als in der quergestreiften Muskulatur (Schulte-Baukloh
2012). Angenommen wird eine fehlendes „sprouting“ in der quergestreiften Muskulatur, quasi eine Reparatur der neuromuskulären Übertragung durch Aussprossen terminaler Nervenendigungen (Haferkamp et al.
2004).