Epidemiologie
Die Inzidenz des primären Hyperaldosteronismus ist noch nicht abschließend geklärt. Derzeit wird vermutet, dass bei ca. 0,5–1 % der an
Hypertonie Erkrankten ein
Conn-Syndrom zugrunde liegt. Bei 5 % aller Hypertoniepatienten wird als Ursache die milder verlaufende, normokaliämische Form des Hyperaldosteronismus gefunden. In einigen Fällen kann ein
primärer Hyperaldosteronismus nachgewiesen werden (Fardella et al.
2000). Gewöhnlich manifestiert sich der primäre Hyperaldosteronismus zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr und betrifft Frauen ca. 2,5-mal häufiger als Männer.
Klinik und Symptomatik
Die charakteristischen Beschwerden sind durch die Leitsymptome
arterielle Hypertonie und
Hypokaliämie verursacht und manifestieren sich bei nahezu allen Patienten mit einem Hyperaldosteronismus. Darüber hinaus beklagen Betroffene in absteigender Reihenfolge Proteinurie, Kopf- und
Muskelschmerzen, Müdigkeit, Poly- und Hypostenurie, EKG-Veränderungen,
Hypernatriämie.
Als Grund für die ansteigende Inzidenz werden die verbesserte biochemische Diagnostik, aber auch die neu entdeckte normokaliämische Form angenommen. Erschwerend für die Diagnosestellung kommt hinzu, dass eine physiologische Aldosteronkonzentration im
Plasma einen primären Hyperaldosteronismus nicht ausschließt (Gordon et al.
2001).
Hypertoniepatienten mit Normokaliämie sollten zum Ausschluss eines
Conn-Syndroms gezielt einer endokrinologischen Diagnostik zugeführt werden.
Diagnostik
Patienten mit einem therapierefraktären Hypertonus und gleichzeitig einer Hypokaliämie sollten bei der Diagnostik eine besondere Berücksichtigung finden, unabhängig davon, ob die Hypokaliämie diuretikabedingt sein könnte.
Diese charakteristischen Leitsymptome stellen zugleich die Basisdiagnostik für das
Conn-Syndrom dar. Bei der primär normokäliämischen Formen des Conn-Syndroms ist zu beachten, dass die Hypokaliämie erst relativ spät im Krankheitsverlauf auftritt und durch die Ernährung beeinflusst oder verschleiert werden kann.
Die Bestimmung des
Aldosteron/
Plasmareninaktivitäts-
Quotienten gilt als
Goldstandard für den biochemischen Nachweis eines
Conn-Syndroms. Mit diesem Test-Verfahren können sämtliche Frühformen ohne erhöhtes Serumaldosteron oder Hypokaliämie erkannt werden (Gordon et al.
2001). Der Blutdruckanstieg ist oftmals die erste klinische Manifestation des primären Hyperaldosteronismus. Verantwortlich dafür ist die pathologisch gesteigerte Aldosteronproduktion, welche zu einer gesteigerten Natriumretention mit konsekutiver Volumenexpansion führt. In dieser frühen Erkrankungsphase sind
Aldosteron und Plasmareninaktivität meistens noch im Normbereich, obwohl der
Aldosteron/
Plasmareninaktivitäts-
Quotienten bereits verändert ist. Erst wenn die supprimierte Reninsekretion nicht mehr weiter vermindert werden kann, steigt der Aldosteronspiegel an.
Beweisend für ein
Conn-Syndrom ist eine erniedrigte bzw. supprimierte Plasmareninaktivität bei gleichzeitig erhöhtem Aldosteronspiegel im
Plasma.
Im Rahmen der Diagnosestellung sollte immer abgeklärt werden, ob ein unilaterales Nebennierenademon oder eine bilaterale Hyperplasie zugrunde liegt, da sich die Behandlung grundlegend voneinander unterscheidet. Neben
Orthostasetest (Sensitivität ca. 85 %; Young et al.
1990) und bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT kann die selektive
Stufenkatheterisierung der Nebennierenvene hilfreich sein.
Orthostasetest: Um 8.00 Uhr morgens werden nach mindestens 8-stündiger Bettruhe
Aldosteron und die Plasmareninaktivität liegend im peripheren venösen Blut bestimmt. Nach 3–4 Stunden moderater körperlicher Bewegung (herumlaufen) erfolgt die erneute Aldosteron-Bestimmung im Sitzen. Der paradoxe Abfall des Serumaldosterons unter Orthostase ist für ein einseitiges Adenom charakteristisch, da die Aldosteronsekretion bei Adenomen ACTH-abhängig ist und der Tagesrhythmik des
Kortisols folgt. Bei der bilateralen Nebennierenrindenhyperplasie hingegen findet sich unter Orthostase fast immer ein Anstieg des Serumaldosterons.
Bei der Lokalisationsdiagnostik besitzt neben CT und MRT auch die selektive Katheterisierung der Nebennierenvenen einen wichtigen Stellenwert.
Trotz qualitativ hochwertiger schnittbildgebender Verfahren, in der bereits Tumoren von 1–2 cm Größe zur Darstellung kommen (Doppman et al.
1992; Young et al.
1990), bleiben ein- oder beidseitige mikronoduläre Formen meistens unentdeckt. Dadurch können kleine
Conn-
Adenome in unerkannt bleiben, obwohl in bis zu 50 % der Fälle eine Operations-Indikation besteht (Gordon et al.
2001). Problematisch ist eine nicht eindeutige endokrinologische Diagnostik, da so hormoninaktive
Inzidentalome in der Bildgebung fälschlicherweise als Conn-Adenome fehlinterpretiert werden können. Daher kann in unklaren Fällen vor einer Adrenalektomie zur Diagnosesicherung die seitengetrennte selektive Stufenkatheterisierung der Nebennierenvenen hilfreich sein. Zentrumsgebunden beträgt die Erfolgsrate dieses Verfahrens etwa 90 % (Gordon et al.
2001) und misst eine dreimal höhere Aldosteronkonzentration in der Nebennierenvene als im peripheren Blut. Szintigraphische Untersuchungen mit
131J-Cholesterin zählen aufgrund der hohen Strahlenbelastung und der geringen Sensitivität nicht zur Routinediagnostik.
Therapie
Bei Conn-Adenomen ist die minimalinvasive Entfernung der betroffenen Nebenniere indiziert. Im Falle einer beidseitige Nebennierenhyperplasie wird medikamentös mit Aldosteronantagonisten behandelt. Die Tagesdosierung beträgt 200–400 mg. Glukokortikoid-sensitive Formen sind sehr selten und erfordern eine tägliche Glukokortikoidsubstitution von ca. 5–10 mg Prednisolonäquivalent. Aldosteronproduzierende Nebennierenkarzinome sollten operativ entfernt werden. Im metastasierten Stadium oder Inoperabilität steht eine adrenolytische Therapie mit o,p´-DDD (Mitotane ) zur Verfügung.
Das einseitige Conn-Adenom stellt eine Hauptindikation für die laparoskopische Adrenalektomie dar. Eine bilaterale Hyperplasie wird medikamentös behandelt, ausgenommen die asymmetrische bilaterale Hyperplasie.
Prognose
Die Prognose ist bei vollständiger Tumorentfernung sehr günstig. Dennoch persistiert bei ca. 10–30 % der Patienten trotz Operation ein behandlungsbedürftiger Bluthochdruck (Wheeler und Harris
2003). Risikofaktoren für eine fortbestehende
Hypertonie nach einer Operation sind männliches Geschlecht, Alter zwischen 40–50 Jahren, Zeitraum des vorbestehenden Hypertonus, Blutdruck zum Diagnosezeitpunkt, Vorliegen einer mikronodulären Hyperplasie und fortbestehender Hypertonus bei Entlassung (Obara et al.
1997). Eine Prognoseverschlechterung resultiert später bei Diagnosestellung durch Folgeschäden eines langjährigen Hypertonus. Komplikationen einer unbehandelten Hypokaliämie sind
Herzrhythmusstörungen und selten hypokaliämische Paresen. Spätfolgen eines langjährigen Bluthochdruckes manifestieren sich in etwa 5–10 % an Herz, ZNS und Nieren.