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Pädiatrie
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Publiziert am: 01.04.2019

Kardiopulmonale Reanimation bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Bendicht Wagner
Die häufigsten Ursachen für den Atem- und Kreislaufstillstand (HKS) im Kindesalter sind der plötzliche Kindstod, Unfälle, Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Intoxikationen und Fremdkörperaspirationen. Bei Kindern mit plötzlichem Tod unklarer Ätiologie sollte, wenn möglich, eine umfassende Nachuntersuchung durchgeführt werden, um vererbbare Grunderkrankungen, wie Ionenkanalpathologien, auszuschließen. Ein Herz-Kreislauf-Stillstand tritt im Kindesalter meist sekundär nach Hypoxämie auf, selten nach primärer Rhythmusstörung. Daher ist die primäre Maßnahme für eine erfolgreiche Reanimation im Kindesalter die Bekämpfung der respiratorischen Insuffizienz, wahrscheinlich am besten mit der Maßnahmenreihenfolge A-B-C. Führt hingegen primär eine Rhythmusstörung zum Kreislaufstillstand, macht die primäre Frühdefibrillation in der Reihenfolge C-A-B eher Sinn.
Ätiologie und Pathophysiologie
Die häufigsten Ursachen für den Atem- und Kreislaufstillstand (HKS) im Kindesalter sind der plötzliche Kindstod, Unfälle, Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Intoxikationen und Fremdkörperaspirationen. Bei Kindern mit plötzlichem Tod unklarer Ätiologie sollte, wenn möglich, eine umfassende Nachuntersuchung durchgeführt werden, um vererbbare Grunderkrankungen, wie Ionenkanalpathologien, auszuschließen. Ein Herz-Kreislauf-Stillstand tritt im Kindesalter meist sekundär nach Hypoxämie auf, selten nach primärer Rhythmusstörung. Daher ist die primäre Maßnahme für eine erfolgreiche Reanimation im Kindesalter die Bekämpfung der respiratorischen Insuffizienz, wahrscheinlich am besten mit der Maßnahmenreihenfolge A-B-C. Führt hingegen primär eine Rhythmusstörung zum Kreislaufstillstand, macht die primäre Frühdefibrillation in der Reihenfolge C-A-B eher Sinn.
Klinische Symptome und Diagnose des HKS
Alle 3 Kriterien müssen erfüllt werden:
1.
Fehlende Ansprechbarkeit.
 
2.
Atemstillstand oder Schnappatmung (Inspektion, Auskultation).
 
3.
Fehlende indirekte Kreislaufzeichen: kein Husten, keine Bewegungen, auch nicht auf Beatmung bzw. andere starke Reize.
 
Periphere Pulse werden nicht mehr obligatorisch gesucht.

Vorgehen bei Reanimation

Prinzip der Reanimation nach dem ABCDEF-Schema des European Resuscitation Council („Weiterführende Literatur“): Bewusstseinskontrolle, dann Hilfe rufen, Sauerstoff- und Reanimationsmaterial beschaffen. Sobald mehrere Helfer eintreffen, Aufgaben klar verteilen. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Laien-Reanimanion und professioneller Reanimation (Abb. 1).
  • A = Atemwege freimachen.
  • B = Beatmen: Mund zu Mund, bis Sauerstoff und Beatmungsbeutel verfügbar sind, Intubation.
  • C = Herzmassage („circulation“) bzw. Defibrillation.
  • D = Medikamente („drugs“), peripher intravenös oder intraossär.
  • E = Evaluation
  • F = Folgen begrenzen
A = Atemwege freimachen
  • Bei Bewusstlosen kommt es zur Verlegung des Hypopharynx durch Zurückfallen des Unterkiefers und der Zunge. Korrekte Lagerung des Kopfes: leichte Überstreckung hilft bei allen Lebensaltern, die Atemwege offen zu halten. Dann Anheben des Unterkiefers durch Kiefergriff nach Esmarch. Oropharyngeale (z. B. Guedel-Tubus) oder nasopharyngeale Schienungen können einfach eingeführt werden und helfen zusätzlich die Atemwege zu schienen. Richtige Größe: Abstand vom Mundwinkel des Kindes bis zum Ohrläppchen; eine unpassende Größe kann zur zusätzlichen Obstruktion führen.
  • Erbrochenes oder Fremdkörper aus dem Mund entfernen.
  • Absaugen von Mund und Rachen (diverse Absaugkathetergrößen bereitstellen; Sog ca. 200–600 mbar).
B = Beatmung
Falls nach Freimachen der Atemwege die Spontanatmung ungenügend ist, unverzüglich mit der künstlichen Beatmung beginnen mit 5 initialen Beatmungszüge. Je nach Situation und Ausrüstung wie folgt.
Mund-zu-Mund/Nase-Beatmung
  • Bis 1 Jahr: Mund-zu-Mund und -Nase. Bei größeren Kindern: Mund-zu-Nase-Beatmung. Darauf achten, dass sich der Thorax ausreichend hebt (eher kommt zu wenig an als zu viel); daher Kopf nach hinten reklinieren und Kiefer halten. Mundbeatmung liefert lediglich ein FiO2 von 0,16–0,18, daher möglichst bald Beutel-Masken-Beatmung mit 100 % O2 (selbstaufblähender Beutel mit Nichtrückatmungsventil und O2-Reservoir). Maske je nach Alter des Kindes Größe 0–4, auf Dichtigkeit achten (wichtig!). EC-Griff anwenden. Maske nicht auf die Augen drücken. Eine Alternative zur Maske ist die Larynxmaske, bedingt aber entsprechende Schulung. Unter Reanimation 100 % O2 applizieren, bis Kreislauf zurückkommt und transkutane O2-Sättigung über 94 % steigt, dann FiO2 reduzieren. Überprüfen, dass Schläuche wirklich angeschlossen sind, der Beutel richtig zusammengesetzt ist und funktioniert. Vergewissern, dass wirklich 100 % O2 eingestellt ist und maximaler Gasfluss eingestellt ist.
  • Größe des Beutels: bis 1 Jahr möglichst Beutel für Säuglinge verwenden (Volumen 500 ml). Bei Verwendung des Erwachsenenbeutels (Volumen 1600 ml) nur so viel Druck geben, dass sich der Thorax ausreichend hebt.
  • Meist ist eine gewisse Magenfüllung mit Luft unvermeidbar. Auf Erbrechen und Magenüberblähung vorbereitet sein, altersentsprechende großlumige Absaugkatheter bereithalten. Evtl. Abdichten des Ösophagus durch Druck auf Ringknorpel (Sellik-Handgriff).
  • Bei Herzmassage und Beutelbeatmung über Maske ist effektive Inspiration nur während der Massagepause möglich (!).
  • Häufiges Problem: Maskenhaltung und Entweichen von Luft zwischen Maske und Wange. Masken mit luftgepolstertem Wulst lassen sich bei Säuglingen und Kleinkindern meist einfacher dicht halten. Im Zweifelsfall Maske mit beiden Händen dicht halten (doppelter EC-Griff), 2. Helfer bedient Beutel.
Orotracheale Intubation mit altersadaptierter Tubusgröße (nur durch den Geübten)
  • Falls bei suffizienter Beatmung keine rasche Erholung (Anstieg der Herzfrequenz, Beseitigung der Zyanose) oder wenn Herzmassage erforderlich. Manuelle Ventilation über den Trachealtubus.
  • Nach jeder Intubation sowohl über den Lungen als auch über dem Epigastrium auskultieren (richtige Tubuslage?). Lagekontrolle durch Laryngoskopie, Kapnometrie und Kapnografie. Guedel-Tubus einlegen und Endotrachealtubus gut fixieren. Wenn möglich, Überwachung mit Pulsoxymetrie und endtidalem CO2; letzteres Signal fehlt bei Fehlintubation oder bei fehlendem pulmonalen Blutfluss.
  • Legen einer Magensonde und Entleerung des Magens.
Beatmung nach Intubation
  • Beim intubierten Kind simultan Herzmassage und Beatmung mit 10 Beatmungen pro Minute.
  • Tubusfehllage (z. B. unbeabsichtigtes Vorschieben in rechten Hauptbronchus) ausschließen, intratracheales Absaugen bei Sekretproblemen, eventuellen Pneumothorax und Herzbeuteltamponade parallel zur Reanimation beheben.
  • Cave! Bei erfolgreicher Reanimation kommt es in der Hektik oft zu prolongierter Hyperventilation mit kontraproduktiver respiratorischer Alkalose (Vasokonstriktion der zerebralen Gefäße mit sekundärer Hypoxie). Daher im Verlauf, sofern möglich, alle 10–15 min Blutgase.
C = Circulation
Geschlossene und offene Herzmassage, Defibrillation bzw. Kardioversion
Geschlossene Herzmassage
  • Falls unter suffizienter Beatmung keine direkten oder indirekten Kreislaufzeichen, sofortiger Beginn mit externer Herzmassage mit ungefähr 100–120 Kompressionen pro Minute und im Verhältnis 15 Kompressionen :2 Beatmungen.
  • Druckpunkt etwas unterhalb der Sternummitte (etwas distal einer Linie durch beide Brustwarzen). Bei kleinen Säuglingen Umgreifen des Thorax mit beiden Daumen auf dem Sternum, bei älteren Patienten klassischer Handgriff mit flacher Hand auf dem Sternum.
  • Keine ruckartigen, sondern stete, gleichmäßige Kompressionen, die über etwa 50 % des Zyklus einnehmen sollten, Kompressionstiefe 1/3 Thoraxtiefe.
  • Kontrolle der Effektivität der Herzmassage anhand der Hautfarbe, Pulspalpation, enger werdenden Pupillen, einsetzender Atmung, Verbesserung der Bewusstseinslage, Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie und Kapnografie.
  • Alternative: Automatische Reanimationsgeräte mit zirkulärer Kompression des Thorax. Etwas bessere Resultate als mit manueller Kompression.
  • Verhältnis Herzmassage zu Atmung bei Neugeborenen 3:1, und bei Kindern 15:2.
Offene Herzmassage und ECLS
  • Die sekundäre offene Herzmassage nach bereits 30-minütiger geschlossener Reanimation bietet quoad vitam keine Vorteile. Die primäre offene Herzmassage ist die effektivste Form.
  • Praktikabel nach penetrierendem Thoraxtrauma mit sofortigem Interventionsbedarf (Herz- oder Aortenverletzung) und unmittelbar nach kardiochirurgischem Eingriff (Rethorakotomie) bzw. bei offenem, nur mit Epikard gedecktem Thorax. Vorteil: bessere myokardiale und zerebrale Perfusion. Sofortige Entlastung eventueller Tamponade.
  • Offene Herzmassage muss mechanisch vorsichtiger durchgeführt werden (Cave! Strukturelle Schäden an Herz und Koronarien).
  • Ein weiteres, invasives Verfahren bei Kreislaufstillstand im Spital ist die zeitnahe Einlage einer Herz-Lungen-Maschine unter laufender Reanimation; sog. eCPR.
Defibrillation bzw. Kardioversion
  • Indikation: im Kindesalter nur bei im EKG gesicherten Kammerflimmern oder pulslosen Tachyarrhythmien. Vorbehandlung mit guter Oxygenierung, Adrenalin und evtl. Natriumbikarbonat. Eine Alternative für den Laien ist die automatisierte externe Defibrillation (AED) ab 1-jährig, im Kindermodus falls vorhanden.
  • Dosierung:
    • Kammerflimmern: initial 4 J/kg KG, bei Erfolglosigkeit sofort Wiederholung in gleicher Dosis, dann Fortsetzung der Herzmassage und evtl. Dosissteigerung auf 10 J/kg KG.
    • Kardioversion: 1 J/kg KG.
  • Technik: Elektroden geeigneter Größe (bei Säuglingen und Kleinkindern 4,5 cm, ab Schulalter 8 cm). Mit Elektrodengel bestreichen, Energie einstellen, Defibrillator aufladen, Elektroden über Herzbasis (rechts parasternal unter der Klavikula) und über der Herzspitze (links unterhalb und seitlich der Mamille) fest andrücken. Kontakt aller Hilfspersonen mit dem Patienten unterbrechen. Auslösen der Defibrillation, gegebenenfalls Fortsetzung der Reanimation. Bei beatmeten Patienten in Exspiration defibrillieren.
  • Cave! Wenn kein Kammerflimmern oder -flattern vorliegt, immer synchronisiert defibrillieren.
D = Drugs (Notfallmedikamente)
Adrenalin, Volumen, Blutprodukte, Natriumbikarbonat, Kalzium, Amiodarone und Lidocain:
Adrenalin
Adrenalin steigert die myokardiale Kontraktilität, erhöht die Herzfrequenz bei Bradykardie, erhöht den Blutdruck durch Vasokonstriktion und verbessert den Blutfluss zum Gehirn und Myokard. Es erniedrigt die Defibrillationsschwelle bei Kammerflimmern.
  • 10 μg/kg KG/Dosis i. v.
  • Die Adrenalinwirkung ist bei schwerer Azidose abgeschwächt. Adrenalin fällt mit Natriumbikarbonat aus, daher mit NaCl 0,9 % zwischenspülen.
  • Applikation, Dosis und Zeitpunkt: 10 μg/kg KG. Wirkdauer wenige Minuten. Daher Dosis alle 3–5 min wiederholen. Protrahierte Reanimation: bei längerer Reanimation Adrenalindauerinfusion. Dosisbereich für schwere Hypotension 0,1–2,0 μg/kg KG/min. Beginn bei Reanimation mit 1 μg/kg KG/min.
Volumen
  • Praktisch jeder Kreislaufstillstand führt zu Gefäßtonusverlust mit Vasodilatation, daher in der Regel, sobald ein i. v.- oder intraossärer Zugang liegt, Bolus 20 ml/kg KG isotonischer Kristalloide (z. B. NaCl 0,9 %) oder auch Humanalbumin 5 % verabreichen.
  • Niemals Glukosemischlösungen als Volumengabe. In der Reanimationsphase ist die Beurteilung der Volumeneffektivität sehr schwierig und das Risiko der Unter-, aber auch der Überdosierung hoch. Der frühzeitige Einsatz der Echokardiografie ist unabdingbar geworden.
Blutprodukte
  • Erythrozytenkonzentrat: Bei HK <20–25 % notfallmäßige Erythrozytensubstitution (ungetestet 0 Rh-negativ) 20 ml/kg KG, um Sauerstofftransportkapazität zu erhöhen.
  • Bei hämorrhagischem Schock, charakterisiert durch akute Fibrinolyse, nebst Erythrozytenkonzentraten, Frischplasma und Thrombozytenkonzentrate im Verhältnis 1:1:1, auch Tranexamsäure (10 mg/kg KG) oder gar Fibrinprodukte applizieren.
Natriumbikarbonat
  • Natriumbikarbonat wird zum Ausgleich der metabolischen Azidose nach protrahiertem Herz-Kreislauf-Stillstand angewendet.
  • Indikation: erst nach effektiver Ventilation und Perfusion (spontane Herz-Kreislauf-Funktion, suffiziente Herzmassage), da sonst Hyperkapnie und Verstärkung der intrazellulären Azidose. Suffiziente Beatmung und Kreislaufunterstützung ist die beste Azidosekorrektur.
  • Dosierung: Zufuhr intravenös oder intraossär. „Blinde“ Initialdosierung 1 mmol/kg KG in einer Verdünnung mit Aqua pro injectione 1:1.
Kalzium
Kalzium wirkt positiv inotrop, wird jedoch wegen der möglichen intrazellulären Ca-Überladung mit konsekutiver Zellschädigung sowie begünstigtem Vasospasmus in hypoxischen Geweben (No-reflow-Phänomen) nur sehr restriktiv angewendet.
  • Indikationen: Hypokalzämie, Hyperkaliämie, Hypermagnesiämie, Intoxikation mit Ca-Antagonisten, ionisiertem Ca <1,0 mmol/l, massive Blutproduktetransfusion. Als Ultima Ratio bei elektromechanischer Entkopplung (elektrische Herzaktion ohne effektive Zirkulation).
  • Dosierung: Zufuhr langsam intravenös oder intraossär (Cave! Bradykardie). Einzeldosis: Ca-Glukonat 10 % 0,2–0,5 ml/kg KG (20–30 mg/kg KG), Wiederholung je nach ionisiertem Ca.
Amiodarone
  • Indikation: bei ventrikulären Tachyarrhythmien und Kammerflimmern (z. B. bei Kindern im HKS nach Kardiotomie, bei schwerem septischem Schock mit kardialer Mitbeteiligung oder bei fulminanter Myokarditis).
  • Zufuhr intravenös, intraossär. Initialdosis 5 mg/kg KG.
Lidocain
Indikation: bei Defibrillator-resistenten ventrikulären Tachyarrhythmien. Die Dosierung ist 1 mg/kg KG als i. v.-Bolus.
E = Evaluation
Beim Kind im HKS soll unbedingt nach auslösenden Faktoren gesucht werden. Zumindest sollen die 4 H (Hypoxia, Hypovolaemia, Hyper-/Hypokalaemia, Hypothermia) und die 4 T (Thrombosis [coronary or pulmonary], Tension pneumothorax, Tamponade [cardiac], Toxic/therapeutic disturbances) gezielt ausgeschlossen werden.
F = Folgen begrenzen
Nach jeder erfolgreichen Reanimation muss mit einem Postreanimationssyndrom („cardiac arrest syndrome“) gerechnet werden: hypoxiebedingte multiple Organfunktionsstörungen (Gehirn, Lunge, Myokard, Gefäße, Glukosehomöostase, Elektrolyte, Niere, Gerinnung, Muskulatur). Deshalb ist eine hirnorientierte Intensivbehandlung wichtig: Vor allem nach längerer Hypoxie kann sich während der folgenden 48 Stunden eine progrediente irreversible Gehirnschädigung („delayed neuronal death“ = Apoptose und Nekrose von Neuronen) einstellen. Therapeutische Ziele sind Normothermie oder gar Hypothermie; Normoventilation (keine Hyper- bzw. Hypoventilation) und Normoxie, hochnormaler arterieller Blutdruck; normales Milieu interieur mit hochnormalem Natrium und pharmakologischer Stressreduktion.
Abbruch der Reanimationsmaßnahmen
Bei persistierendem Kreislaufstillstand trotz professionell durchgeführter Reanimation über 20–30 min und bekannter Ätiologie sollten Reanimationsmaßnahmen abgeschlossen werden. Ausnahme: Hypothermie, dann Reanimation bis Temperatur über 34 °C.

Spezielle Situationen mit Kreislaufstillstand

Tachy-Dysrhythmien

Bei Kreislaufstillstand und bis zum Eintreffen eines Spezialisten wird zu therapeutischen Zwecken zwischen Schmal- und Breit-Komplex Tachykardien unterschieden. Schmalkomplex, definiert als QRS-Komplex <0,08 s, wird primär mit Adenosin oder Kardioversion behandelt, Breitkomplex mit Kardioversion und bei Persistenz Amionarone oder besser Lidocain, da weniger Blutdruckabfall.

Pulmonale Hypertension

Kinder mit erhöhtem pulmonalem Gefäßwiderstand (z. B. Patient mit Single Ventrikel) und im Kreislaufstillstand bedürfen einer adaptierten Reanimation mit Hyperventilation, Hyperoxygenation und inhalativem Stickstoffmonoxid zur Verminderung des pulmonalen Gefäßwiderstandes.

Fremdkörperobstruktion

  • Bei akut auftretenden respiratorischen Störungen im Kindesalter immer an Fremdkörperobstruktion denken. Fremdkörper „rutschen“ meist in den rechten Hauptbronchus. Supraglottische Fremdkörper sind selten.
  • Keine „blinde“ Extraktion, da der Fremdkörper dadurch weiter in die Atemwege gedrückt werden kann.
  • Falls Bewusstsein erhalten, sind Atmung und Hustenstoß ausreichend: engmaschige Beobachtung, Beruhigung, bei Zyanose O2-Gabe und Vorbereitung für die bronchoskopische Entfernung des Fremdkörpers bzw. Verlegung in pädiatrisches Zentrum.
  • Bei zunehmender Bewusstlosigkeit und ungenügendem Hustenstoß (rasch zunehmende Dyspnoe und Zyanose, kein Husten, Sprechen, Schreien mehr): 5 feste Schläge mit der flachen Hand zwischen die Schulterblätter geben. Bei Erfolglosigkeit Heimlich-Handgriff (Thorax von hinten umfassen, Hände im Bereich zwischen Nabel und Rippen legen und 5 kräftige Stöße geben) bzw. bei Säuglingen bis 1 Jahr modifiziertes Heimlich-Manöver: Kopftieflage (z. B. auf dem eigenen Schoß, Kopf hängt über die Knie) und Thoraxkompression wie bei der Herzmassage. Eventuell mehrmals wiederholen.
  • Maskenbeatmung, evtl. laryngoskopische Inspektion des Rachenraums und Extraktionsversuch supraglottischer Fremdkörper mittels Magill-Zange.
  • Bei anhaltender Erfolglosigkeit Intubation und Beatmung mit hohen Drücken (mit dem Tubus wird der Fremdkörper in den rechten Hauptbronchus vorgeschoben, sodass eine einseitige Beatmung möglich ist).

Prognose

Die Prognose ist grundsätzlich ungünstig (je nach Studie überleben nur 5–15 % der reanimierten Patienten längerfristig), ist aber abhängig von einer schnellen Diagnose und vom raschen Beginn der Reanimationsmaßnahmen. Als direkte Folge davon sind die Resultate abhängig vom Standort der Reanimation.
Außerhalb der Klinik herrschen meist ungünstige Bedingungen wegen verzögerter Erkennung, langsamer Bergung, fehlender Hilfsmittel und ungenügender Laienausbildung.
In der Klinik werden Reanimationsmaßnahmen meist schnell begonnen. Die Chance, ein Kind erfolgreich zu stabilisieren, hängt daher maßgeblich von der Suffizienz der eingeleiteten Erstmaßnahmen ab.
Weiterführende Literatur
Maconochie IK, de Caen AR, Aickin R, Atkins DL, Biarent D, Guerguerian A-M, Kleinman ME, Kloeck DA, Meaney PA, Nadkarni VM, Ng K-C, Nuthall G, Reis AG, Shimizu N, Tibballs J, Pintos RV, on behalf of the Pediatric Basic Life Support and Pediatric Advanced Life Support Chapter Collaborators 2 (2015) Part 6: Pediatric basic life support and pediatric advanced life support 2015 International Consensus on Cardiopulmonary Resuscitation and Emergency Cardiovascular Care Science with Treatment Recommendations. Resuscitation 95:e147–e168CrossRef
Maconochiea IK, Binghamb R, Eichc C, López-Herced J, Rodríguez-Núnez A, Rajkaf T, Van de Voordeg P, David A, Zidemanh D, Biarenti D, on behalf of the Paediatric life support section Collaborators 1 (2015) European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2015 Section 6. Paediatric life support. Resuscitation 95:223–248CrossRef
Nicolai T, Hofmann F (2019) Kardiopulmonale Reanimation (ERC-Leitlinien 2015). In: Kindernotfall-ABC. Springer, Berlin/HeidelbergCrossRef