Als eigenständige Erkrankungsform ist in dieser Erkrankungsgruppe die Tracheobronchomegalie Mounier-Kuhn zu nennen, die erstmalig 1932 beschrieben wurde (Mounier-Kuhn
1932). Hierbei handelt es sich um eine seltene Bindegewebserkrankung mit Tracheobronchodilatation und Ausbildung von Schleimhautdivertikeln zwischen den Knorpelspangen. Eine 2015 durchgeführte Literaturrecherche bei PubMed (
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed) ergab weniger als 170 Publikationen mit zusammen weniger als 400 berichteten Fällen (Payandeh et al.
2015). Männer sind von dieser chronischen Atemwegserkrankung häufiger betroffen als Frauen. Die Diagnosestellung erfolgt im Rahmen einer durchgeführten Diagnostik zur Abklärung von Infekthäufungen in der Regel zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr (berichtete Fälle zwischen 18 Monaten und 60 Jahren) (Celik et al.
2011). Bioptische Untersuchungen der Trachea konnten eine Ausdünnung der glatten Muskulatur und eine Atrophie des longitudinalen elastischen Bindegewebes nachweisen, die zu einer Dilatation der membranösen und knorpeligen Anteile der Trachea führen. Die exakte Ätiologie der Erkrankung ist nicht bekannt: Das Auftreten ist häufig sporadisch (Damgaci et al.
2002), eine Assoziation mit dem
Ehlers-Danlos-Syndrom und anderen Elastosen, aber auch mit
Bronchiektasen (Kap. „Bronchiektasen“) (Fortuna et al.
2006) und Lungenfibrose unterschiedlicher Ätiologie (Woodring et al.
1991) wurde bereits beschrieben. Eine mögliche genetische Ursache als autoimmun-rezessive Erkrankung, wie Untersuchungen bei Geschwistern angedeutet haben, wurde ebenfalls bereits angenommen (Johnston und Green
1965), jedoch zeigt sich in der Gesamtübersicht der bis dato publizierten Fälle kein dahingehend auffälliges Muster (Payandeh et al.
2015). Inhalative Noxen (z. B. Zigarettenrauch) scheinen kein gehäuftes Auftreten zu verursachen.
Diese Definitionswerte konkurrieren in der Literatur mit einer alternativen Grenzdefinition, die mittels dreifacher
Standardabweichung von den ermittelten physiologischen anatomischen Größen erhoben wurde: Trachea 30 mm, rechter Hauptbronchus 24 mm, linker Hauptbronchus 23 mm (Katz et al.
1962; Breatnach et al.
1984).
Im Rahmen einer groß angelegten Literaturrecherche, in der alle bisher publizierten Fälle vidiert und diskutiert wurden, konnten Payandeh et al. vor Kurzem eine neue, klinische Klassifikation erarbeiten (Tab.
3)
Tab. 3
Klinische Klassifikation des Mounier-Kuhn-Syndroms. (Nach Payandeh et al.
2015)
Typ 1a | Kleinkinder mit fetalem endoskopischen Trachealverschluss (FETO) mit antenatal diagnostizierter schwerer angeborener Zwerchfellhernie und entwickelter Tracheobronchomegalie (TBM) | 28,61 % |
Typ 1b | (Klein-)Kinder mit TBM nach Langzeitintubation | 6,54 % |
Typ 2a | Patienten mit TBM nach wiederholten pulmonalen Infektionen | 3,81 % |
Typ 2b | Patienten mit TBM nach Diagnose einer pulmonalen Fibrose | 2,72 % |
Typ 3 | Patienten mit TBM bei nachgewiesener extrapulmonaler Elastose | 4,91 % |
Typ 4 | Patienten mit TBM ungeklärter Prädisposition | 53,41 % |
Auch diese Einteilung in Patientengruppen zeigt deutlich, dass bei mehr als der Hälfte der Fälle keine Ursache für die Tracheobronchomegalie greifbar ist. Klammert man die Gesamtgruppe des Typ 1 (Klein-/Kinder mit interventioneller Therapie) aus, so offenbart sich in der Analyse der Kollegen eine 4:1-Häufung für das männliche Geschlecht. Ebenfalls zeigte sich eine Koinzidenz von
Bronchiektasen (Kap. „Bronchiektasen“) in knapp der Hälfte der Fälle (45 %) ohne zugrunde liegende Ursache für diese (
zystische Fibrose,
Tuberkulose oder Zilien-Dyskinesie) (Payandeh et al.
2015).
Klinik
Das klinische Bild präsentiert sich von klinischer Inapparenz bis zum (unspezifischen) klinischen Vollbild, bestehend aus chronischem
Husten, Produktion großer purulenter Sputummengen (bei gestörter Zilienkinesie) und wiederholten Infekten der unteren Atemwege, inklusive
Pneumonien aufgrund des auf Tracheo(broncho)malazie basierenden Unvermögens des Abhustens mit Sekretverhalt. Der Chronizität folgend kann dies zu progressiver Dyspnoe, Bronchial- und Lungengewebsschädigung führen (Schwartz und Rossoff
1994).
Diagnostik
Lungenfunktionstestungen zeigen erhöhte Werte für Totraum- und Tidalvolumen, zudem wurden Atemflusslimitationen (PEF und FEV1) mit erhöhten Werten für TLC und RV beobachtet (Schwartz und Rossoff
1994; Genta et al.
2003). Eine Diagnosesicherung kann mittels konventioneller Röntgenaufnahme in zwei Ebenen, besser durch CT-Untersuchung des Thorax erfolgen. Zudem können auch bronchoskopisch die Veränderungen an Trachea und Hauptbronchien festgestellt werden. Hier ist vor allem der sichtbare dynamische Atemwegskollaps mit Quantifizierung des Einengungsgrades entscheidend.
Therapie
Es bestehen keine spezifischen Therapieempfehlungen, bei asymptomatischen Patienten erscheinen diese auch nicht indiziert; eine Empfehlung zur Nikotinkarenz sollte ausgesprochen werden (Genta et al.
2003). Im Fall von akuten Exazerbationen besteht die Therapie aus antiinfektiöser Therapie, Atemtraining mit Nutzung von Cornets oder Flutter sowie Inhalation zur Sekretolyse (Schwartz und Rossoff
1994; Genta et al.
2003). Grundsätzlich haben chirurgische Eingriffe aufgrund der Diffusität der Erkrankung keinen hohen Stellenwert, jedoch konnte in einem Einzelfall ein gutes Resultat mit deutlicher Zustandsverbesserung nach der Implantation einer Tracheobronchialprothese erreicht werden (Barakat et al.
2002). Die Anamneseerhebung und Untersuchung auf die Zugehörigkeit einer der o. g. (Sub-)Gruppen erscheinen sinnvoll.