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Pädiatrie
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Publiziert am: 14.02.2020

Phagozytenfunktionsdefekte

Verfasst von: Reinhard Seger
Störungen der Zahl oder Funktion neutrophiler Granulozyten sind oft Defekte hämatopoetischer Stammzellen und als solche häufig mit Störungen der Monozyten und Makrophagen gekoppelt. Die Krankheiten können die Bildung und Ausreifung dieser Zellen im Knochenmark oder ihr Überleben in der Peripherie betreffen (Neutropenien) bzw. ihre physiologischen Funktionen beeinträchtigen (Phagozytenfunktionsdefekte). In letzterem Fall liegen Störungen der Motilität (Chemotaxis und/oder Ingestion) bzw. der Mikrobenabtötung vor, z. B. Leukozytenadhäsionsdefekte, septische Granulomatosen oder Leukozytenmykobakterizidie-Defekte.

Klinische Grundlagen

Definition
Störungen der Zahl oder Funktion neutrophiler Granulozyten sind oft Defekte hämatopoetischer Stammzellen und als solche häufig mit Störungen der Monozyten und Makrophagen gekoppelt. Die Krankheiten können die Bildung und Ausreifung dieser Zellen im Knochenmark oder ihr Überleben in der Peripherie betreffen (Neutropenien) bzw. ihre physiologischen Funktionen beeinträchtigen (Phagozytenfunktionsdefekte). In letzterem Fall liegen meist Störungen der Motilität (Chemotaxis und/oder Ingestion) bzw. der Mikrobenabtötung vor.
Klinische Symptome
Klinisch relevanten Neutropenien und Phagozytenfunktionsdefekten gemeinsam sind rezidivierende polytope Infektionen durch Bakterien und Pilze, die schon bald nach Geburt auftreten: Neben Otitis media, Sinusitis und Pneumonie kommen Stomatitis, Gingivitis, Parodontitis, Dermatitis, Lymphadenitis, Leberabszess, Osteomyelitis und Sepsis vor. Neutropenien und Motilitätsstörungen sind durch Ulzera und Nekrosen charakterisiert, Störungen der Mikrobenabtötung imponieren durch Abszess- und Granulombildung. Entzündungszeichen sind häufig nur schwach ausgeprägt, da die Phagozyten entweder erst spät im infizierten Gewebe eintreffen oder ungenügend mikrobizide Sauerstoffradikale bilden. Staphylococcus aureus ist der am häufigsten isolierte Erreger neben vielen anderen Mikroorganismen, speziell grampositiven und gramnegativen Bakterien (inklusive Actinomyces, Nocardia, Serratia , Burkholderia und Mykobakterien) sowie Pilzen (insbesondere Aspergillen). Virusinfektionen sind hingegen nicht häufiger und verlaufen nicht schwerer als bei immungesunden Kindern.
Diagnose
Zur optimalen Betreuung der Patienten gehört zunächst eine korrekt durchgeführte Labordiagnostik. Ist die klinische Symptomatik verdächtig auf eine Neutropenie, sind zunächst absolute Neutrophilenzahlen zu ermitteln. Werte <1500 Neutrophile/μl sind ab dem Kleinkindalter als Neutropenie definiert, Werte <500/μl als schwere Neutropenie. Nur bei Säuglingen sind Werte zwischen 1000 und 1500 Zellen/μl noch normal. Zum Ausschluss einer zyklischen Neutropenie müssen 2- bis 3-mal pro Woche Differenzialblutbilder über einen Zeitraum von 6–8 Wochen durchgeführt werden. Auch die Morphologie von Leukozyten (Riesengranula bei Chediak-Higashi-Syndrom) kann auffällig sein. Liegt eine isolierte Neutropenie vor, sind die Suche nach Autoantikörpern gegen Neutrophile (zur DD einer peripheren Neutropenie) sowie eine Knochenmarkpunktion (zur DD einer zentralen Neutropenie) sinnvoll. Neben dem Ausschluss einer Leukämie, eines myelodysplastischen Syndroms und einer Monosomie 7 wird nach einem Reifungsstopp auf Ebene der Promyelozyten gesucht, der für schwere kongenitale Neutropenien typisch ist.
Falls trotz verdächtiger klinischer Symptomatik keine Neutropenie vorliegt, muss an eine Störung der Granulozytenmotilität gedacht und zunächst ein Mangel an Leukozytenadhäsionsproteinen (CD18-Defekt) ausgeschlossen werden.
Deutet hingegen die klinische Symptomatik auf eine Störung der Bakterienabtötung hin, sollte zunächst die Fähigkeit der Phagozyten Sauerstoffradikale zu bilden, überprüft werden. Hierzu werden quantitative Tests eingesetzt, die auch partielle Defekte erfassen. Eine verminderte Produktion von Sauerstoffradikalen nach maximaler Stimulation mit Phorbol-Myristat-Acetat (PMA) weist auf das Vorliegen einer septischen Granulomatose hin. Bei chronischen Infektionen mit atypischen Mykobakterien sollte zudem auch die Expression/Funktion des γ-Interferon-Rezeptor-Systems und des IL12/IL12-Rezeptor-Systems untersucht werden.
Therapie
Die Infektprophylaxe beinhaltet hygienische Maßnahmen, insbesondere eine gute Mundhygiene, die Unterlassung rektaler Manipulationen (keine Verabreichung von Suppositorien, keine rektale Fiebermessung) und die Vermeidung der Inhalation von Pilzsporen (kein Aufenthalt bei der Gartenarbeit, auf Baugeländen, in Kellern und Tierställen). Bei Neutropenien unter 500/μl ist eine Cotrimoxazol-Prophylaxe (30 + 6 mg/kg KG/Tag) zu erwägen, bei Phagozytenfunktionsstörungen zusätzlich die Gabe eines Antimykotikums wie Itraconazol (10 mg/kg KG/Tag).
Bei Infektionen muss zunächst eine aggressive Erregerdiagnostik angestrebt werden, da eine große Zahl seltener und gefährlicher Keime als Erreger infrage kommt. Bei Vorliegen einer Pneumonie wird man diagnostisch großzügig eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) durchführen. Ist die Lavage unergiebig (vor allem bei Bakterienabtötungsdefekten), sollte Lungengewebe untersucht werden. Bei pleuranahen Herden ist eine CT-gesteuerte oder thorakoskopisch geleitete Lungenpunktion sinnvoll. Ist dies nicht möglich, bietet sich noch eine offene Lungenbiopsie mit Keilresektion an, um eine umfassende mikrobielle Diagnostik in einem genügend großen Gewebestück zu ermöglichen. Infektionsherde anderer Lokalisationen sollten nach Möglichkeit ebenfalls punktiert oder biopsiert werden. Initial muss die antiinfektiöse Therapie oft mittels eines Breitspektrum-Antibiotikums bzw. Antibiotika-Kombinationen erfolgen, da Doppel- und Superinfektionen nicht ausgeschlossen sind. Bei lebensbedrohlichen Infektionen kann die Transfusion neutrophiler Granulozyten von G-CSF-stimulierten (G-CSF, granulocyte colony stimulating factor) Blutspendern erforderlich werden.
Die kausale Therapie bei kongenitalen Neutropenien umfasst die tägliche subkutane Gabe von G-CSF (beginnend in einer Dosis von 3–5 μg/kg KG/Tag), bei lebensbedrohlichen Phagozytenfunktionsstörungen die HLA-gematchte Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen.

Krankheitsbilder

Leukozytenadhäsionsdefekt Typ 1

Definition
Beim Leukozytenadhäsionsdefekt (LAD) Typ 1 handelt es sich um eine autosomal-rezessiv vererbte Krankheit, die klinisch durch einen verzögerten Nabelschnurabfall sowie nekrotisierende Bakterien- und Pilzinfektionen bei massiver Leukozytose charakterisiert ist. Die Infektanfälligkeit beruht auf einer defekten Adhäsionsfähigkeit aller Leukozyten, speziell der Phagozyten.
Ätiologie und Pathogenese
Die molekulare Basis der Erkrankung liegt im Synthesedefekt einer 95-kd-β-Kette (CD18), mit deren Hilfe die α-Ketten von 4 Adhäsionsproteinen in der Leukozytenmembran verankert sind (CD11a–d). Der Defekt betrifft sowohl die Phagozyten als auch die zytotoxischen T-Lymphozyten und NK-Zellen. Die Phagozyten können nicht an Endothelzellen adhärieren und deshalb nicht die Gefäße verlassen; außerdem phagozytieren sie wegen des CD11b-Mangels schlecht und bilden während der Ingestion von Bakterien und Pilzen nur ungenügend Sauerstoffradikale. Auch die zytotoxischen T-Lymphozyten und NK-Zellen können nur ungenügend an Zielzellen haften und diese deshalb auch nicht abtöten oder Transplantate nicht „abstoßen“.
Klinische Symptome
Die Patienten fallen zunächst durch Omphalitis und verzögerten Nabelschnurabfall (nach mehr als 3 Wochen) auf. Sie erkranken bald darauf an Infektionen mit bakteriellen Erregern oder Pilzen. Trotz massiver Neutrophilie (>25 G/l) verlaufen die Entzündungen nekrotisierend bzw. ulzerierend. Kutane Herde heilen häufig mit dystrophen Narben ab. Viele Kinder entwickeln eine Hepatosplenomegalie und Gedeihstörung. Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind partielle Defekte (mit 2–30 % CD18) bekannt geworden, bei denen rezidivierende Haut- und Schleimhautulzera im Vordergrund stehen, sowie chronische Gingivitis und Parodontitis bis zum Ausfall der Zähne; auch diese Patienten sind nicht vor Pneumonien und lebensbedrohlichen Infektionen gefeit.
Diagnose
Die Diagnose ist aus der direkten Untersuchung der Adhäsionsproteine mittels monoklonaler Antikörper in der Durchflusszytometrie eindeutig zu stellen (Fehlen oder Minderexpression von CD18). Eine pränatale Diagnose ist molekulargenetisch möglich. Differenzialdiagnostisch ist ein LAD Typ 2 (Fucose-Transporter-Defekt) abzugrenzen, der mit zusätzlichen ZNS-Manifestationen, Fehlen von fucosyliertem Sialyl-Lewis x und defektem Rollen der Phagozyten an der Gefäßwand einhergeht. Beim LAD Typ 3 (einem Integrin-Aktivierungsdefekt) liegt eine Kombination von LAD Typ 1 mit einer hämorrhagischen Diathese infolge gestörter Thrombozytenaggregation vor.
Therapie
Die einzig erfolgreiche Therapie besteht in einer Stammzelltransplantation (SZT). Sie sollte bei kompletten, aber auch bei inkompletten Defekten mit schwerer Infektanfälligkeit frühzeitig mit intensitätsreduzierter Konditionierung durchgeführt werden. Sie kann mit HLA-identen und semi-identen Stammzellen erfolgreich realisiert werden, da die Abstoßung oft deutlich vermindert ist.

Septische Granulomatosen

Definition
Septische Granulomatosen (chronic granulomatous diseases, CGD) bilden eine Gruppe von Erkrankungen, die durch rezidivierende, abszedierende und granulomatöse Bakterien- und Pilzinfektionen charakterisiert ist. Die Infektanfälligkeit beruht auf einer defekten oxidativen Mikrobizidie bei intakter Phagozytose.
Ätiologie und Pathogenese
Molekulare Defekte sind in 5 Untereinheiten der NADPH-Oxidase bekannt. Zwei betreffen das membrangebundene Zytochrom B558 (der X-chromosomal vererbte Mangel an gp91-Phagozytenoxidase [phox] und der autosomal-rezessiv vererbte Mangel an p22phox). Drei weitere Defekte betreffen Zytosolaktivierungsfaktoren (der autosomal-rezessiv vererbte Mangel an P40phox, an P47phox und derjenige an P67phox).
Klinische Symptome
Die Patienten fallen bereits in den ersten Lebensmonaten durch Pyodermie, Lymphadenitis und Hepatosplenomegalie auf. In der Folgezeit manifestieren sich die rezidivierenden Bakterien- und Pilzinfektionen an den Eintrittspforten (Haut, Schleimhäuten, Lungen) und im mononukleären Phagozytensystem (Lymphknoten, Leber, Milz). Die Abszesse perforieren spontan nach außen, wobei die Wundheilung durch Fistelbildung kompliziert wird. Nachdem eine aggressive Antibiotikaprophylaxe die Häufigkeit von Bakterieninfektionen reduziert hat, stehen Pilzinfektionen im Vordergrund. Aspergillen können von der Lunge ausgehend das Perikard, das Zwerchfell, den knöchernen Thorax und die Wirbelkörper infiltrieren, sogar in den Rückenmarkkanal einbrechen und eine Querschnittslähmung verursachen. Im Gefolge ungenügender Elimination und Persistenz mikrobieller Antigene kommt es zu Hyperinflammation mit Granulombildung, Fibrose und sekundärer Organdysfunktion. Die massive Inhalation von Aspergillussporen (Gartenarbeit!) kann zu einer miliaren granulomatösen Pneumonie mit lebensbedrohlicher Hypoxie führen. Granulomatöse Entzündungen in Hohlorganen bedingen eine Stenosesymptomatik, z. B. eine Antrumstenose mit rezidivierendem Erbrechen oder eine Ureterstenose mit Hydronephrose. Die häufigsten inflammatorischen Manifestationen sind jedoch dem Morbus Crohn ähnliche Erkrankungen des Darms. Die aus Infektherden isolierten Erreger sind in erster Linie Staphylokokken, Enterobakterien und Aspergillen. Gelegentlich werden Actinomyceten, Nocardien, Burkholderia cepacia, sowie in Endemiegebieten Burkholderia pseudomallei und Mycobacterium tuberculosis kultiviert. Wenn auch heute nicht mehr allgemein empfohlen, kann es nach BCG-Impfung (Bacille Calmette-Guérin) zu regionaler Lymphadenitis, seltener zu BCG-Sepsis kommen. Überträgerinnen einer X-chromosomal vererbten CGD (Chronic Granulomatous Disease) sind bei ungünstiger Inaktivierung (<10 %) des gesunden X-Chromosoms (Lyonisierung) ebenfalls klinisch auffällig mit rezidivierender Stomatitis, diskoidem Lupus erythematodes und Infektanfälligkeit.
Diagnose
Jedes Kind mit rezidivierender Abszessbildung, Aspergilluspneumonie oder unklarer granulomatöser Entzündung (u. a. der Lunge und des Darms) ist verdächtig auf das Vorliegen einer septischen Granulomatose, die durch Messung der Sauerstoffradikalbildung abgeklärt werden sollte. Der zytochemische Nitroblautetrazoliumtest (NBT-Test) ist als Screeningtest weniger geeignet, da partielle Krankheitsformen verpasst werden können. Bei entsprechendem klinischem Verdacht sollte immer eine quantitative Bestimmung der O2- oder H2O2-Produktion durchgeführt werden, z. B. in Form eines durchflusszytometrischen Dehydrorhodamin-Funktionstestes. Bei nachgewiesenem Defekt der Sauerstoffradikalbildung sollte die Differenzierung in einen der 5 molekularen Defekte erfolgen, sowie beim X-chromosomalen Erbgang eine Identifizierung der Überträgerinnen in der mütterlichen Familie. Eine pränatale Diagnose ist bei allen betroffenen Familien mittels fetaler Blutentnahme in der 22. Schwangerschaftswoche durchführbar (so spät wegen der physiologischen Neutropenie). Bei aufgeklärten Familien ist eine pränatale Diagnose mittels Chorionzottenbiopsie und molekularbiologischer Analyse gekoppelter polymorpher Marker oder durch direkte Mutationsanalyse bereits ab der 9. Schwangerschaftswoche möglich.
Therapie
Eine orale Dauerprophylaxe mit einem zellgängigen Antibiotikum (Cotrimoxazol, 30+6 mg/kg KG/Tag) und einem Antimykotikum (Itraconazol, 10 mg/kg KG/Tag) kann die Zahl der Infekte deutlich reduzieren. Bei Infektdurchbrüchen werden Breitspektrum- Antibiotika parenteral eingesetzt, initial oft in Kombination. Rekombinantes humanes γ-Interferon 50 μg/m2 KOF s.c. 3-mal/Woche wird bei Versagen der oralen Antibiotikaprophylaxe teilweise (USA) zusätzlich in der Infektprophylaxe angewandt. Es aktiviert vermutlich nichtoxidative kompensatorische Abtötungsmechanismen.
Bei einem therapeutischen Engpass können Granulozytentransfusionen die Wende bringen, werden jedoch oft nach 1–2 Wochen wegen immunologischer Sensibilisierung und Antikörperbildung unwirksam. Vorteilhaft ist die Stimulation der Granulozytenspender durch G-CSF (eine s.c.-Injektion von 300 μg am Vorabend der Stammzellgewinnung), was zu maximaler Freisetzung reifer und funktionstüchtiger Phagozyten mit verlängerter Überlebenszeit aus dem Knochenmark führt.
Die akute miliare Inhalationspneumonie durch Pilzsporen ist ein medizinischer Notfall und wird kombiniert mit Voriconazol und Methylprednisolon therapiert. Bei multiplen Leberabszessen ersetzt die mehrmonatige Kombination eines gegen Staphylokokken wirksamen Antibiotikums mit Steroiden inzwischen die chirurgische Intervention. Bei einer Stenosesymptomatik infolge einer Granulombildung ist die Gabe von Steroiden (1 mg/kg KG/Tag während 14 Tagen, unter Antibiotikaschutz) hilfreich. Wenn eine obstruktionsbedingte Hydronephrose unter Steroidtherapie nicht reversibel ist, ist die zystoskopische Einlage eines Pig-tail-Katheters zu erwägen, um den Ureter durch interne Schienung offenzuhalten.
Die granulomatöse Kolitis wird unter Antibiotikaschutz immunsuppressiv, ähnlich wie beim Morbus Crohn, behandelt. Bei andauernder Steroidabhängigkeit wird Azathioprin eingesetzt, auch eine SZT (Stammzelltransplantation) ist zu diskutieren.
Angesichts der ungünstigen Langzeitprognose bei konventioneller Therapie (medianes Überleben bei X-CGD 35 Jahre) sollte eine HLA-idente SZT mit intensitätsreduzierter Konditionierung so früh wie möglich erwogen werden, insbesondere wenn ein entsprechender Spender vorhanden ist (Erfolgschance von ca. 90 %). Inzwischen konnten Patienten mit refraktärer Aspergillose, mit steroidabhängiger Kolitis oder mit schwerer pulmonaler Restriktion durch eine SZT geheilt werden. Bei vitaler Indikation und Fehlen eines passenden Spenders ist inzwischen bei X-CGD eine experimentelle Gentherapie defekter autologer Stammzellen mit einem lentiviralen Vektor möglich geworden. Erste HLA-haploidente allogene SZTs mit Elternspendern waren ebenfalls erfolgreich.

Leukozytenmykobakterizidie-Defekte

Definition
Diese Gruppe von autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant vererbten Krankheiten ist durch schwer verlaufende atypische Mykobakterien- und Salmonellen-Infektionen charakterisiert. Die selektive Infektanfälligkeit beruht auf einer defekten Aktivierbarkeit der Makrophagen durch Interferon-γ.
Ätiologie und Pathogenese
Dem Phagozytendefekt liegt eine komplette oder partielle Störung der ligandenbindenden oder signalleitenden Kette des Interferon-γ-Rezeptors oder eines intrazellulären Signalproteins (STAT-1) zugrunde. Normalerweise bewirkt Interferon-γ über seinen Rezeptor eine Phosphorylierung von STAT-1, das im Zellkern Interferon-responsive Gene anschaltet und so die Elimination von Mykobakterien fördert.
Klinische Symptome
Charakteristische Symptome sind disseminierte Infektionen mit sonst kaum pathogenen atypischen Mykobakterien, sowie chronische Infektionen mit niedrig-virulenten Salmonellen. Früher wurden die Patienten auch durch disseminierte Infektionen nach BCG-Impfung erkannt. Typisch sind Fieberschübe, Gewichtsverlust, Adenopathien, Hepatosplenomegalien, Pneumonien und osteolytische Läsionen. Bioptisch findet man Makrophagen mit säurefesten Stäbchen, während Riesenzellen und typische Granulome bei den kompletten Defekten fehlen. Der Mantoux-Hauttest ist positiv, da die T-Zell-Immunität intakt ist. Abgesehen vom seltenen kompletten STAT-1-Mangel, sind die Patienten gegenüber Virusinfekten nicht anfällig.
Diagnose
Sie erfolgt funktionell im Elisa-Test (defekte Stimulation der LPS-induzierten TNF-α-Produktion von Monozyten durch Interferon-γ) und immunologisch in der Durchflusszytometrie (defekte Expression einer Komponente des Interferon-γ-Rezeptor-Systems). Eine pränatale Diagnose ist mittels fetaler Blutentnahme bzw. bei bekannter Mutation mittels Chorionzottenbiopsie prinzipiell möglich. Differenzialdiagnostisch sind ein IL-12- bzw. ein IL-12-Rezeptor-Defekt abzugrenzen, welche sekundär zu verminderter γ-Interferon-Produktion führen.
Therapie
Eine tuberkulostatische Therapie kann den letalen Verlauf der Mykobakterieninfektion bei den kompletten Defekten kaum beeinflussen. Auch die potenziell kurative Stammzelltransplantation hat sich infolge hoher Plasma-γ-Interferonspiegel/Abstoßung als schwierig erwiesen. Im Gegensatz dazu verlaufen die Mykobakterieninfektionen bei den partiellen Defekten und beim IL-12- bzw. IL-12-Rezeptor-Defekt günstiger und sprechen auf die Substitution von γ-Interferon an (Beginn mit 50 μg/m2 KOF s.c. 3-mal pro Woche, Steigerung bis auf 500 μg/m2 KOF).
Weiterführende Literatur
Bousfiha A, Jeddane L, Picard C et al (2018) The 2017 IUIS phenotypic classification for primary immunodeficiencies. J Clin Immunol 38:129–143CrossRef
Bustamente J, Boisson-Dupuis S, Abel L, Casanova JL (2014) Mendelian susceptibility to mycobacterial disease. Semin Immunol 26:454–470CrossRef
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Hanna S, Etzioni A (2012) Leukocyte adhesion deficiencies. Ann N Y Acad Sci 1250:50–55CrossRef
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