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Pädiatrische Rheumatologie
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Publiziert am: 20.10.2021

Biologika in der pädiatrischen Rheumatologie

Verfasst von: Tilmann Kallinich und Norbert Wagner
Seit Einführung der Biologika als therapeutische Option bei kinderrheumatologischen Erkrankungen haben diese einen großen Stellenwert bei der Therapie schwerer Krankheitsverläufe erlangt. Im Gegensatz zu konventionellen Medikamenten ist die Struktur dieser Arzneimittel sehr komplex und unterliegt aufgrund der Herstellungsprozedur durch Zellen einer erheblichen Varianz. Da monoklonale Antikörper häufig in Wirtstieren etabliert wurden, besteht eine Immunogenität mit der Gefahr der Ausbildung von Antikörpern gegen das körperfremde Protein. Dies führt zu einem Wirkverlust, einer verminderten Serumkonzentration bzw. zu anaphylaktischen Reaktionen. Dieses Kapitel beschreibt die erstens Entwicklungen bei der Herstellung der Biologika, angefangen bei der Hybridom-Technologie bis hin zum Affinitäts-Screening, zweitens die Möglichkeiten, die Immunogenität der Proteinstruktur durch eine „Humanisierung“ zu vermindern und drittens die Optionen, Effektorfunktionen durch gezielte Änderungen der Proteinsequenz bzw. der Glykosylierung zu modifizieren.
Seit der Zulassung von Etanercept für die Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis im Jahre 2000 wurden zahlreiche weitere Biologika bei Kindern und Jugendlichen mit rheumatologischen und autoinflammatorischen Erkrankungen geprüft und für die Therapie zugelassen. Mit den Biologika stehen nicht nur weitere Medikamente zur Verfügung, wenn konventionelle DMARDs unzureichend wirken. Vielmehr hat die Entwicklung dieser Substanzgruppe auch dazu beigetragen, dass zunehmend differenziertere Therapien bei Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen chronisch-entzündlichen Erkrankung des Bewegungsapparats durchgeführt werden können. Allerdings wurde das Ziel einer personalisierten Therapie noch nicht erreicht. In anderen Kapiteln dieses Buchs (Kap. „Zytokin-Inhibitoren in der pädiatrischen Rheumatologie“ und Kap. „Zellbasierte Therapeutika in der pädiatrischen Rheumatologie“) werden die Wirkweise, die Pharmakokinetik, die Effektivität sowie das Sicherheitsprofil der einzelnen Substanzen detailliert dargestellt. Zudem finden sich in den Kapiteln zu den einzelnen Erkrankungen umfangreiche Darstellungen für die klinische Anwendung der einzelnen Präparate. Darüber hinaus geht das Kap. „Weiterentwicklung in der Therapie rheumatischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“ auf neue Biologika ein, die möglicherweise mittelfristig auch im Kindes- und Jugendalter getestet werden und ggf. eine Zulassung erhalten.
Dieses einleitende Kapitel beschreibt zusammenfassend die Entwicklung der Biologika und die Möglichkeiten ihre Wirkweise zu optimieren, die Grundprinzipien der therapeutischen Wirkung sowie das Problem der eigenen Immunogenität der Biologika.

Definition

Biologika sind Arzneimittel mit einer komplexen Struktur und einem hohen Molekulargewicht, die aus oder mithilfe biologischer Organismen gewonnen werden. Sie können aus Proteinen, Nukleinsäuren, Zuckern oder Kombinationen dieser Substanzen bestehen. Umfassend betrachtet zählen hierzu demgemäß unter anderem rekombinante Proteine (z. B. Erythropoetin und Interferone), Enzyme (Dornase alpha), Hormone (z. B. Insulin, Somatropin), Nukleinsäuren (z. B. das Antisense-Oligomer Eteplirsen) und Impfstoffe (z. B. das Oberflächenantigen HBsAg). In der Rheumatologie bezieht sich der Begriff „Biologika“ insbesondere auf monoklonale Antikörper, Fusionsproteine und Rezeptorantagonisten.

Herstellung von Biologika

Der Einsatz therapeutischer monoklonaler Antikörper ist erst durch die Entwicklung der Hybridomtechnologie in den 1970er-Jahren ermöglicht worden. Hybridome sind Zellen, die durch die Fusion kurzlebiger Antikörper produzierender Zellen mit immortalisierten Myelomzellen entstehen (Kohler und Milstein 1975). Die Erstbeschreiber dieser Technologie erhielten hierfür 1984 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Der Prozess der Etablierung eines Hybridoms beruht auf der Fähigkeit des Wirtstiers, hochspezifische, hochaffine monoklonale Antikörper zu synthetisieren und erfolgt in 5 Schritten:
1.
Entwicklung eines immunogenen Antigens,
 
2.
Immunisierung des Wirtstiers mit nachfolgender B-Zell-Reifung,
 
3.
Isolation von Milzzellen und Fusion mit Myelomzellen,
 
4.
Identifikation der Hybridome, welche die optimalen monoklonalen Antikörper produzieren und
 
5.
Expansion der Hybridome und Aufreinigung der Antikörper (Zaroff und Tan 2019).
 
Da für die Etablierung der Hybridome anfänglich Zellen aus der Maus verwendet wurden, bestand zu diesem Zeitpunkt das Problem der starken Immunogenität der Antikörper, da diese vom Patienten als fremd erkannt wurden und so körpereigene Antikörper gegen das Therapeutikum produziert werden (Humane Anti-Maus-Antikörper [HAMA]). Dies kann zu anaphylaktischen Reaktionen, einer kurzen Halbwertzeit und/oder einem Wirkverlust des Antikörpers führen. Insbesondere Antikörper, die gegen Oberflächenmoleküle gerichtet sind und weniger solche, die lösliche Faktoren binden, weisen eine hohe Immunogenität auf. Dies beruht möglicherweise auf der Internalisierung der Oberflächenmoleküle mitsamt dem gebundenen Antikörper sowie der anschließenden Prozessierung und Antigenpräsentation (Gogolak et al. 2003)
Um dieses Problem zu umgehen, wurden in der Folge viele Anstrengungen unternommen, die Antikörper so zu modifizieren, dass der Anteil tierischer Sequenzen reduziert wird. Durch den Prozess der sogenannten Humanisierung der Antikörper können nun chimäre (nur die variable Domäne sind tierischen Ursprungs), humanisierte (nur die direkten Antigenbindungsstellen sind tierischen Ursprungs) oder vollhumanisierte/humane Antikörper synthetisiert werden (Parray et al. 2020; Zaroff und Tan 2019). Um diese Unterschiede im Namen des Antikörpers kenntlich zu machen, wurden unterschiedliche Suffixe definiert: So enden Antikörper aus der Maus mit -omab, chimäre Antikörper mit -ximab, humanisierte Antikörper mit -zumab und vollhumane rekombinante Antikörper mit -umab.
Bei der Herstellung chimärer Antikörper wurden zunächst antigenspezifische murine Antikörper mit der konstanten Region humaner Antikörper fusioniert. Somit konnten Antikörper mit einem ca. 65 %igen Anteil humaner Sequenzen synthetisiert werden, die somit eine längere Halbwertzeit sowie eine reduzierte Immunogenität aufwiesen (Morrison et al. 1984; Vaisman-Mentesh et al. 2020). Unter anderem wurden hierzu transgene Mäuse etabliert, bei denen große Anteile der humanen Immunglobulin-Loci in das murine Genom integriert wurden (Peterson et al. 1997). Der Xeno- und der HuMAb-Mausstamm sind prominente Vertreter, die in der Mehrzahl humane leichte und schwere Ketten exprimieren (Foltz et al. 2016).
Zur weiteren Optimierung wurden die antigenbindenden Regionen (Complementarity Determining Region [CDR]) der murinen Antikörper an die Gerüstregion (Framework Region [FR]) der humanen schweren und leichten Ketten gekoppelt; die resultierenden humanisierten Antikörper weisen eine 95 %ige Übereinstimmung mit humanen Antikörpern auf (Jones et al. 1986). Mit den hier vorgestellten Verfahren lässt sich insbesondere die Ausbildung anti-isotypischer Antikörper unterbinden.
In der Betrachtung der biologischen Konsequenz der anti-drug antibodies (ADA) spielen darüber hinaus anti-idiotypische, neutralisierende Antikörper eine wesentliche Rolle, die an die variablen Bereiche der Antikörper binden können, da hierdurch die Bindung an das Antigen kompetitiv gehemmt werden kann. Die Methode zur Generierung von humanisierten Antikörpern aus murinen Antikörpern, die sogenannte CDR-Grafting-Humanisierung, hat wesentlich zum heutigen Erfolg von therapeutischen monoklonalen Antikörpern beigetragen, da hierdurch die Bildung der anti-idiotypischen Antikörper reduziert werden kann (Harding et al. 2010). Bei diesem Prozess wird die DNA-Sequenz der variablen Kette des Maus-Antikörpers identifiziert, die einen stark immunogenen Proteinabschnitt darstellt. In einem folgenden Schritt wird diese mit humanen Sequenzen aus großen Datenbanken verglichen. Spezielle Vorhersageprogramme erlauben hierbei die Aussage über vergleichbare Tertiärstrukturen und die Eigenschaften der einzelnen Aminosäure im Bereich der antigenbindenden Domäne (CDR), wie das Erkennen und Binden des Antigens (Specificity-determining residues [SDRs]) bzw. die Stabilisierung der Struktur (Framework residues [FR]) zu benennen. Aus den verschiedenen identifizierten humanen Sequenzen wird diejenige identifiziert, die eine große Homologie zur ursprünglichen Sequenz des Maus-Antikörpers aufweist. Mithilfe molekulargenetischer Techniken kann nun die DNA-Sequenz des Antikörpers modifiziert, das Konstrukt in Zellen exprimiert und deren Affinität erneut in vitro bestimmt werden (Kim und Hong 2012; Williams et al. 2010; Seeliger et al. 2015). Mithilfe dieser Modifikationen konnte die Verträglichkeit der Antikörper wesentlich verbessert werden, wobei dennoch Epitope in der antigenbindenden Domäne in einigen Fälle eine anti-idiotypische Reaktion auslösen können (Pecoraro et al. 2017; Harding et al. 2010).
Die sogenannte Phage-Display-Technologie stellt eine weitere Methode dar, mit deren Hilfe die Evolution der Antikörperentwicklung im Reagenzglas durchgeführt werden kann, ohne dass hierzu der Einsatz von Tieren nötig ist (Winter et al. 1994; Smith 1985). Somit wird hierbei der aufwendige Prozess der Humanisierung umgegangen. In großen Antikörperbibliotheken wurden in zufälliger Weise die Sequenzen einzelnen humaner Antikörperketten kombiniert, die zuvor aus Zellen von Spendern isoliert wurden. Zudem besteht die Möglichkeit, gezielt Veränderungen in die variablen antigenbindenden Domänen einzuführen. Nun werden meist verkürzte Anteile der Antikörper-Sequenzen (antigen binding fragment [Fab] bzw. small chain variable fragment [sc-vf]) in das Genom eines filamentösen Bakteriophagen (M13, fd, f1) integriert, sodass das kodierende Protein in der Folge an der Oberfläche des Phagen präsentiert und von möglichen Bindungspartner erkannt wird. Im Prozess des Affinitäts-Screenings bzw. der -Selektion werden Milliarden unterschiedlicher Phage-Klone eingesetzt, die unterschiedliche zufällige Kombinationen einzelner humaner Antikörperketten (-fragmente) in ihrem Genom integriert haben (Abb. 1). Exprimiert ein Phage einen Antikörper, der auf Platten gebundenes Protein erkennt (z. B. TNF-α), kann dieser nach Waschschritten eluiert werden. Somit können aus der Fülle an unterschiedlichen Phagen-Klonen diejenigen isoliert werden, die eine hohe Spezifität für das Antigen aufweisen.
Durch Amplifikation der Phagen in Bakterien steht dann erneut eine hohe Zahl an Kopien zur Verfügung, sodass durch ein erneutes Affinitäts-Screening deren Spezifität weiter erhöht werden kann. Am Schluss dieser Prozedur liegt die Sequenz eines hochaffinen, humanen monoklonalen Antikörpers vor. Obwohl diese Techniken einen hohen Umsatz mannigfaltiger Klone erlaubt, basiert die Herstellung von 90 % aller zugelassenen Antikörpern weiterhin auf der Technik der Hybridome (Parray et al. 2020).
Für die Etablierung der Phagen-Display-Technologie erhielten die Erstbeschreiber Gregory Winter und Georg Smith 2018 den Nobelpreis für Chemie.
Bestandteile von monoklonalen Antikörpern werden auch zur Stabilisierung therapeutisch eingesetzter Proteine verwandt (Breedveld 2000). So kann die Fc-Region eines IgG kovalent an biologisch aktive lösliche Peptide gebunden werden, sodass diese z. B. kompetitiv oder nichtkompetitiv Zytokine binden können. Etanercept, ein Fusionsprotein bestehend aus dem Fc-Anteil von IgG1 und dem löslichen TNF-Rezeptor, stellt hierzu das bekannteste Beispiel dar. Das CTLA4-Fusionsprotein Abatacept bindet dagegen an Oberflächenrezeptoren antigenpräsentierender Zellen und blockiert so die Aktivierung der T-Zellen. Diese Rezeptorkonstrukte beinhalten lediglich im Bereich der Verbindungsregion körperfremde Proteinsequenzen und exprimieren kein Idiotop (d. h. keine antigenbindende Region der Antikörper). Diese Eigenschaften wirken sich günstig auf die Ausbildung von ADA’s aus.
Fab-Fragmente der Antikörper können durch den Prozess der sogenannten PEGylierung vor dem proteolytischen Abbau sowie der Erkennung durch Antikörper geschützt werden. Im Falle des Certolizumab wurde dies durch eine Konjugation von Polyethylenglycol erreicht, welches Anteile des Fragments umhüllt. Das Fehlen des Fc-Anteils führt dazu, dass keine Effektorfunktionen induziert werden, wie z. B. ein Zelluntergang (s. unten) (Deeks 2016).
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, lösliche körpereigene Substanzen rekombinant herzustellen und diese unkonjugiert zu applizieren. So blockiert der natürlich vorkommende IL1-Rezeptor-Antagonist wie auch die rekombinant hergestellte pharmakologische Verbindung Anakinra die Wirkung von IL-1α und IL-1β durch kompetitive Bindung an den IL-1-Rezeptor. Dies verhindert die Interaktion eines zweiten Zell-Membran-Moleküls, das als IL-1-Rezeptor-Accessory-Protein (IL-1R-AcP) bezeichnet wird und für die Initiierung der Zellstimulation notwendig ist (Arend 2001). Für eine klinisch ausreichende Hemmung der IL-1-induzierten Vorgänge sind Mengen von IL-1Ra erforderlich, die einen großen Überschuss (>1000-fach) der zirkulierenden Mengen von IL-1α oder IL-1β entsprechen (Arend et al. 1990). Da Anakinra nicht an ein stabilisierendes Molekül gekoppelt ist, wird es innerhalb einer kurzen Halbwertzeit renal ausgeschieden.
Große Menge an Antikörpern werden meist unter Verwendung einer immortalisierten Zelllinie klassischerweise aus dem Ovar des chinesischen Hamsters hergestellt (Little 2015). Hierzu wird die DNA-Sequenz des Antikörpers in ein Plasmid kloniert, das anschließend in die Zellen transfiziert wird. Die Herstellung der Biologika in nichthumanen Zellen führt zu einem veränderten Glykosylierungsmuster, was wahrscheinlich die Immunogenität der Proteine verändert. Auf diese Weise lassen sich große Mengen der Antikörper in Fermentern herstellen. Die Richtlinien zur Qualitätssicherung und Produktion werden in Europa durch die European Drug Regulatory Legislation (Eudra-Lex) festgelegt.

Aufbau der Antikörper und Möglichkeiten der pharmakologischen Modifikation

Am Aufbau der Antikörper vom IgG-Typ sind je zwei schwere und je zwei leichte Ketten beteiligt (Abb. 2) (Kap. „B-Zellen in der pädiatrischen Rheumatologie“) (Delves et al. 2017). Jede schwere Kette enthält eine variable (VH) sowie 3 konstante Domänen (CH1, CH2 und CH3); die leichten Ketten sind durch eine variable (VL) und eine konstante Domäne (CL) aufgebaut. Die einzelnen Strukturen werden über kovalente Disulfidbrücken zu einer Y-Figur vernetzt. Entscheidend für die Avidität der Antigenbindung sind die hypervariablen Anteile beider Ketten, welche auch als Complementarity Determining Region (CDR) bezeichnet werden. Diese liegen im sogenannten antigenbindenden Fragment Fab (antigen binding fragment) oberhalb der Gelenksregion (hinge-region). Das kristallisierbare Fragment Fc (crystallisable fragment) beherbergt die CH2- und CH3-Domäne der schweren Ketten und weist Bindungsstellen für verschiedene Fc-Rezeptoren für IgGs (FcγR I-III), das Komplement und den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn) auf. Damit bestimmt der Fc-Anteil im Wesentlichen die folgenden Effektorfunktionen des Antikörpers:
  • Binden die Antigen erkennenden Abschnitte speziell des IgG1 und IgG3 an Antigene auf Zelloberflächen, kann die Interaktion des Fc-Anteils mit den Fcγ-Rezeptoren derselben Zelle eine antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity (ADCC) oder eine antikörperabhängige zelluläre Phagozytose (antibody-dependent cellular phagocytosis [ADCP]) vermitteln.
  • Die Bindung des Komplementfaktors C1q führt zu einer komplementabhängigen Zytotoxizität (complement-dependent cytotoxicity (CDC)).
  • Werden IgGs durch Pinozytose in Endothelzellen aufgenommen, binden diese an neonatale Fc-Rezeptoren, entgehen somit der Degradation und rezirkulieren daraufhin erneut in die Blutbahn. Die Bindung an diese Rezeptoren ist somit für die Halbwertzeit der Antikörper entscheidend.
Die Funktion des Fc-Anteils wird darüber hinaus maßgeblich durch die Art der sehr variablen Glykosylierung der CH2-Domänen des Proteins beeinflusst.
Die oben beschriebenen Mechanismen illustrieren, dass eine pharmakologische Modifikation der Proteinsequenzen und der Glykosylierung die Antigenaffinität und -spezifität sowie die Effektorfunktionen (ADCC, ADCP, CDC) und die Halbwertzeit verändert und damit das Therapeutikum für seinen klinischen Einsatz optimiert werden kann. Ein Beispiel einer möglichen pharmakologischen Modulation des Fc-Anteils ist für Abatacept beschrieben: 5 distinkte Proteinmutationen verbessern nicht nur die Proteinstabilität, sondern reduzieren auch das Potenzial des Fusionsproteins, über eine Bindung an die Fcγ-Rezeptoren eine ADCC oder CDC auszulösen (Presta 2008; Davis et al. 2007). Somit lassen sich möglicherweise Nebenwirkungen verringern. Auf der anderen Seite weisen Varianten von Rituximab mit einer veränderten Proteinsequenz im Fc-Anteil, die die Bindungsstellen der Fcγ-Rezeptoren und des C1q betreffen (Lazar et al. 2006; Idusogie et al. 2000) bzw. mit einer verminderten Fucosylierung (Iida et al. 2006) eine deutliche verstärkte Effektorfunktion auf. Eine derartige Veränderung der Biologikaeigenschaft führt zu einer höheren Effektivität, was möglicherweise gerade im Falle einer geringen Anzahl von CD20-Rezeptoren auf den B-Zellen von Vorteil sein kann.
Diese Beispiele illustrieren, dass das pharmakologische Modellieren der Protein- und Zuckerbestandteile prinzipielle Eigenschaften der Biologika verändern kann und damit die Wirkweise sowie das Sicherheitsprofil optimiert werden.

Mechanismen der eingesetzten Biologika

Die in der Kinderrheumatologie zugelassenen bzw. in klinischen Studien befindlichen Biologika verfolgen im Prinzip 5 verschiedene Wirkmechanismen (Chan und Carter 2010):
  • Monoklonale Antikörper (Adalimumab, Infliximab, Golimumab, Canakinumab, Belimumab, Ixekizumab) und Fusionsproteine (Etanercept) binden an lösliche Liganden und unterbinden somit deren Interaktion mit ihrem Rezeptor.
  • Antikörper (Tocilizumab) binden an Rezeptoren und unterbinden somit deren Interaktion mit ihrem Liganden.
  • Antikörper erkennen rezeptorgebundenes Zytokin und vermitteln über FcγR’s die Apoptose der Zellen (Rituximab, diskutierte Wirkung des Infliximabs auf aktivierte T-Zellen und Makrophagen).
  • Das Fusionsprotein Abatacept Oberflächenstrukturen antigenpräsentierender Zellen und unterbindet somit die Aktivierung der T-Zellen.
  • Der lösliche IL-1-Rezeptor-Anatagonist Anakinra bindet an seinen Rezeptor und unterdrückt dadurch IL-1α- und IL-1β-vermittelte Effekte.
Auch wenn die wesentlichen Wirkmechanismen der einzelnen Biologika bekannt sind, bleibt für viele Substanzen unklar, in welchem Umfang Effektorfunktionen der Antikörper eine klinische Rolle spielen. Ebenso bleibt in vielen Fällen offen, inwiefern die Internalisierung eines Rezeptors nach Anbindung des Antikörpers zu einer verminderten Stimulation der Zelle bzw. zu einer verkürzten Halbwertzeit des Therapeutikums führt.
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