Erschienen in:
01.01.2012 | Originalien
Epidemiologie und Psychopathologie des Amoklaufes
Erste Ergebnisse einer Analyse der Strafakten von 27 Amokläufern
verfasst von:
E. Peter, Dipl. Psych., B. Bogerts
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 1/2012
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Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund jüngster Presseberichte über aufsehenerregende Amokläufe und zur Aufklärung des Bedingungsgefüges solcher massivster Gewalttaten setzte sich die vorliegende Studie zum Ziel, die Epidemiologie sowie „Täterprofile“ von Amokläufern anhand der Originalakten der jeweiligen Gerichtsprozesse zu analysieren. Hierzu wurden Urteile und forensisch-psychiatrische Gutachten von 27 Amokläufern auf der Grundlage eines eigens für diese Täterschaft erstellten Erhebungsbogens untersucht.
Die Analyse zeigte, dass es in den letzten 20 Jahren keine Zunahme von Amokläufen in Deutschland gab, allerdings eine Zunahme von sog. „school shootings“. 74% der Täter hatten in ihrer Vergangenheit bereits eine psychiatrische Vorerkrankung, wobei es sich hauptsächlich um affektive Störungen, Angsterkrankungen und Psychosen handelte. Laut Sachverständigengutachten waren 44% der Täter vermindert schuldfähig und 26% schuldunfähig. Häufigste Diagnose der Schuldunfähigkeit war „paranoide Schizophrenie“.
Nach der vorliegenden Analyse lassen sich 3 Prototypen von Tätern unterteilen: (1) jugendliche Täter mit jahrelangem Misserfolg in Schule oder Ausbildung verbunden mit empfundener Ausgrenzungen und Suizidgedanken, (2) Täter, die an einer paranoiden Psychose litten, (3) erwachsene Täter mit disponierender Persönlichkeitsstörung, bei denen stabilisierende soziale Faktoren (Partnerschaft, Arbeitsplatz etc.) weggebrochen waren. Die Analyse zeigt zudem, dass bei einer vorbestehenden Disposition in Form einer Psychose, affektiven Störung oder Sucht-/Missbrauchserkrankung bestimmte soziale Risikokonstellationen weitere Teilkomponenten des Bedingungsgefüges sind. Was jedoch letztendlich den Ausbruch dieser massivsten Form von Gewaltanwendung verursacht, bleibt unklar.