Erschienen in:
17.10.2018 | Psychotherapie | Schwerpunkt: Von der Ausbildung zur Approbation – Originalien
Erwartungen psychologischer Psychotherapeuten zu Beginn ihrer Ausbildung
Qualitative Interviewstudie mit Vergleich von Verhaltens- und tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie
verfasst von:
Prof. (apl.) Dr. med. Christoph Nikendei, MME, Hinrich Bents, Ulrike Dinger, Julia Huber, Carolin Schmid, Inka Montan, Johannes C. Ehrenthal, Wolfgang Herzog, Henning Schauenburg, Annette Safi
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 6/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Der Person des Therapeuten kommt eine entscheidende Bedeutung innerhalb des psychotherapeutischen Behandlungsprozesses zu. Somit rückt auch die Psychotherapieausbildung, als wichtiger Teil der Entwicklung einer therapeutischen Persönlichkeit und Kompetenz, zunehmend in den Fokus der Psychotherapieforschung. Bisher ist jedoch wenig bekannt, welche persönlichen und inhaltlichen Erwartungen und Wünsche Psychologen zu Beginn ihrer Therapieausbildung an dieselbe haben. Bisherige Untersuchungen beschränkten sich maßgeblich auf quantitative Fragebogenerhebungen, was der Vielschichtigkeit der persönlichen Erwartungen häufig nicht gerecht werden kann.
Material und Methoden
Es wurden 24 Psychologen zu Beginn ihrer Ausbildung an einem Institut für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TfP, n = 12) und an einem Institut für Verhaltenstherapie (VT, n = 12) in einem halbstandardisierten Einzelinterview zu ihren Erwartungen an die gerade begonnene Ausbildung befragt. Die wörtlich transkribierten Interviews wurden über eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring als deduktive Erhebung mithilfe der Software MaxQDA ausgewertet.
Ergebnisse
Eine zentrale Erwartung an die Ausbildung war die Durchführung praktischer therapeutischer Übungen in einem geschützten Rahmen mit Fokus auf die Behandlungstechnik bei VT-Kandidaten und auf die Patient-Therapeut-Beziehung bei TfP-Kandidaten. Bezüglich der Vermittlung theoretischer Inhalte strebten TfP-Kandidaten Theoriearbeit an, berichteten aber Sorgen vor der Umsetzung in die Praxis, wohingegen VT-Kandidaten eine direkte Vermittlung störungs- und behandlungsrelevanten Wissens erwarteten. Die Kandidaten schätzten die Zugehörigkeit zu einem Ausbildungsjahrgang, wobei in der VT-Gruppe Befürchtungen von Erwartungsdruck und Konkurrenz ausgeprägter erschienen. Gemeinsam waren beiden Gruppen die Betonung der zeitlichen und der finanziellen Belastungen, insbesondere in der Praktikumszeit, sowie die Bedeutung von Supervision, Selbsterfahrung und persönlicher Weiterentwicklung im Rahmen der Ausbildung.
Schlussfolgerung
Die Erwartungen und Wünsche bezüglich der Ausbildung werden vor dem Hintergrund einer curriculären Bestandsaufnahme beleuchtet und mögliche Konsequenzen für die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Psychotherapieausbildung abgeleitet.