Erschienen in:
06.06.2016 | Zöliakie | Leitthema
Zöliakie
Pathogenese, Klinik, Epidemiologie, Diagnostik, Therapie
verfasst von:
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Detlef Schuppan
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 7/2016
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Zusammenfassung
Die Zöliakie wird durch den Verzehr glutenhaltiger Getreide (Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste) hervorgerufen. Mit einer Prävalenz um 1 % ist sie die häufigste nichtinfektiöse chronisch-entzündliche Erkrankung des Darmes weltweit. Sie kann sich in jedem Alter manifestieren: klassisch mit Bauchschmerzen, Diarrhoe, Gedeihstörungen oder Gewichtsverlust, überwiegend jedoch mit indirekten Auswirkungen einer Malabsorption (Anämie, Osteoporose) oder mit assoziierten Autoimmunerkrankungen, z. B. der Bauchspeicheldrüse (Typ-1-Diabetes), der Schilddrüse oder der Haut (Dermatitis herpetiformis). Die Pathogenese der Zöliakie ist gut untersucht. So wird das Speicherprotein Gluten nur unvollständig verdaut und aktiviert in der Dünndarmschleimhaut der Patienten entzündliche T‑Zellen, die zu einer Atrophie der resorptiven Villi führen. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer genetischen Prädisposition (die Moleküle HLA-DQ2 [HLA – human lymphocyte antigen] oder HLA-DQ8 auf antigenpräsentierenden Immunzellen). Ferner verstärkt das im Darm freigesetzte Enzym Gewebetransglutaminase (TG2) durch Deamidierung die Immunogenität des Glutens. Der Antikörpertest gegen das Autoantigen TG2 ist einer der besten diagnostischen Tests in der Medizin und sichert, gemeinsam mit endoskopisch gewonnenen Dünndarmbiopsien, die Diagnose der Zöliakie. Trotzdem ist die Erkrankung bei 80–90 % der Betroffenen immer noch unerkannt. Die unbehandelte Zöliakie kann zu schweren Komplikationen führen. Hierzu gehören die Folgen der Malabsorption, Malignome (u. a. das intestinale T‑Zell-Lymphom) und wahrscheinlich auch die Bahnung von Autoimmunerkrankungen. Die Therapie, eine strikt glutenfreie Diät (GFD), ist schwierig und nicht immer wirksam. Alternative, unterstützende pharmakologische Therapien werden dringend benötigt und sind derzeit in Entwicklung.