Erschienen in:
01.02.2015 | Schwerpunkt
Opioide bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen – sind sie Nichtopioidanalgetika überlegen?
Systematische Übersicht und Metaanalyse der Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit in randomisierten Direktvergleichen von Opioiden und Nichtopioidanalgetika über mindestens 4 Wochen
verfasst von:
P. Welsch, C. Sommer, M. Schiltenwolf, PD Dr. W. Häuser
Erschienen in:
Der Schmerz
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Ausgabe 1/2015
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Zusammenfassung
Hintergrund
Manche Meinungsbildner in der deutschen Schmerzmedizin vertreten die These, dass es chronische nicht-tumorbedingte opioidpflichtige Schmerzen (CNTS) gibt. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob Opioide Nichtopioidanalgetika beim Management von CNTS in Studien über mindestens 4 Wochen überlegen sind.
Methoden
Bis Oktober 2013 wurden MEDLINE, Scopus und das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL) wie auch die Literaturverzeichnisse von Originalarbeiten und systematischen Übersichtsbeiträgen zu randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) mit Opioiden bei CNTS durchsucht. Wir schlossen doppelblinde RCT ein, die Opioide über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen mit Nichtopioidanalgetika verglichen. Mithilfe eines Random-effects-Modells wurde für kategoriale Daten die relative Risikoreduktion (RD) und für kontinuierliche Variablen die standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) berechnet.
Ergebnisse
Insgesamt 10 RCT mit 3046 Teilnehmern wurden eingeschlossen. Die Studiendauer betrug im Median 6 Wochen (Spannweite: 4–12 Wochen). Tramadol wurde in 5 Studien mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bei Arthroseschmerz verglichen, in einer Studie mit Flupirtin bei Kreuzschmerz. Morphin wurde bei verschiedenen neuropathischen Schmerzsyndromen mit Antidepressiva (2 Studien), mit einem Antikonvulsivum (eine Studie) und einem Antiarrhythmikum (eine Studie) verglichen. Bezüglich der Schmerzreduktion bestand kein signifikanter Unterschied zwischen Opioiden und Nichtopioidanalgetika: SMD: 0,03 [95 %-Konfidenzintervall (KI): −0,18 – 0,24]; p = 0,76. Nichtopioidanalgetika waren Opioiden in der Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit überlegen: SMD: 0,17 (95 %-KI: 0,02 – 0,32); p = 0,03. Unter Opioiden waren Behandlungsabbrüche aufgrund von unerwünschten Ereignissen häufiger als unter Nichtopioidanalgetika: RD: 0,09 (95 %-KI: 0,06 – 0,13); p < 0,0001. Hinsichtlich schwerer unerwünschter Ereignisse oder der Abbruchrate wegen fehlender Wirksamkeit fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen Opioiden und Nichtopioidanalgetika.
Schlussfolgerungen
In der Kurzzeittherapie (4–12 Wochen) von neuropathischem Schmerz, Kreuz- und Arthroseschmerz sind Nichtopioidanalgetika Opioiden in Bezug auf die Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit und hinsichtlich der Verträglichkeit überlegen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sprechen nicht für das Konzept eines „opioidpflichtigen“ CNTS.