Erschienen in:
01.09.2007 | Medizin aktuell
Normo- und Hypothermie aus anästhesiologischer Sicht
verfasst von:
Prof. Dr. B.H.J. Pannen
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 9/2007
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Zusammenfassung
Über lange Zeit wurde die Bedeutung der perioperativen akzidentellen Hypothermie unterschätzt. Die möglichen unerwünschten Wirkungen einer relativ geringen Reduktion der Körperkerntemperatur um 1,5–2,0°C waren weitgehend unbekannt, und die Behandlungsoptionen waren limitiert. Die ungünstigen klimatischen Bedingungen im OP-Bereich begünstigen Wärmeverluste. Gleichzeitig kommt es sowohl durch eine Allgemeinanästhesie als auch durch rückenmarknahe Regionalanästhesien zu erheblichen Beeinträchtigungen der Temperaturregulation. Es konnte inzwischen in zahlreichen Untersuchungen gezeigt werden, dass der daraus resultierende Abfall der Körpertemperatur negative Auswirkungen auf die Immunfunktion, die Blutgerinnung, das kardiovaskuläre System und auf das Aufwachverhalten haben kann. Wärmeverluste in der perioperativen Phase sollten deshalb durch konsequente Isolation minimiert werden. Dennoch kann eine negative Wärmebilanz häufig nur durch eine zusätzliche aktive Wärmebehandlung der Körperoberfläche vermieden werden, mit der im Idealfall schon in der präoperativen Phase begonnen werden sollte. Müssen größere Volumina infundiert werden, ist die Temperierung der Lösungen eine wichtige ergänzende Maßnahme. Nur so kann das Ziel erreicht werden, einen Abfall der Körperkerntemperatur unter 36°C in der perioperativen Phase und damit auch die möglichen negativen Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf zu vermeiden. Die Inzidenz der perioperativen Hypothermie wird häufig unterschätzt. So kommt es in dieser Phase bei mehr als 50% aller Patienten zu einem Abfall der Körperkerntemperatur um mehr als 2°C, wenn keine besonderen Maßnahmen getroffen werden. Außerdem waren die unerwünschten Wirkungen eines solchen Abfalls der Körpertemperatur kaum bekannt. Darüber hinaus gab es bis vor wenigen Jahren kaum Möglichkeiten, einen solchen Abfall der Körpertemperatur zuverlässig zu verhindern bzw. effektiv zu behandeln. Hier werden deshalb zunächst die Ursachen einer perioperativen Hypothermie beschrieben. Im zweiten Teil werden die möglich negativen Folgen eines Abfalls der Körperkerntemperatur dargestellt, und im letzten Abschnitt werden dann die daraus resultierenden Konsequenzen für die Praxis dargestellt.