Erschienen in:
05.04.2017 | Psychoanalyse | Originalarbeit
Risse in Beziehungen
Psychoanalytische Psychotherapie mit Migranten der zweiten Generation
verfasst von:
Alexander Frohn
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 2/2017
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Zusammenfassung
Anders als ihre Eltern verbanden die Migranten der zweiten Generation kein bewusstes Ziel mit ihrer Migration. Sie waren abhängig von ihren Eltern und konnten sich nicht anders entscheiden. Wenn sie, wie die Generation „Kofferkinder“, in einer transnationalen Kindheit aufgewachsen sind, haben sie vielfache Verluste erlitten und keine Möglichkeit erhalten, diese Verluste zu betrauern. Bei den Eltern bleiben Schuldgefühle ebenso abgewehrt wie Trauergefühle in Bezug auf den Übergang von einem Land in das andere. Eine spezielle Etikette der Elternverehrung verhindert, dass die Trauer- und Schmerzgefühle der Kinder anerkannt werden. Viele dieser Kinder leiden an Bindungs- und Beziehungsstörungen, ohne dass ihnen ausreichend bewusst ist, wie diese mit ihrem vielfachen Herausgerissenwerden zusammenhängen. Verbitterung kann dabei ebenso eine Folge sein wie Rückzug in Beziehungen oder vielfacher Abbruch von Beziehungen. Trauerarbeit zu leisten und die Erfahrung, Abhängigkeitsbedürfnisse haben zu dürfen, können in einer psychoanalytischen Langzeittherapie ebenso ermöglicht werden wie die Bewältigung des Identitätskonflikts zwischen zwei Kulturen.