Erschienen in:
01.09.2004 | Aktuelles
Selbstbestimmung am Lebensende
Die Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz zur Sterbehilfe und Sterbebegleitung
verfasst von:
Prof. Dr. Hartmut Kreß
Erschienen in:
Ethik in der Medizin
|
Ausgabe 3/2004
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Auszug
Im Rahmen der Debatten, die in Europa—abgesehen von den Niederlanden, Belgien und der Schweiz, z. B. in Ungarn [
4] oder im Europaparlament—stattfinden, verstärkt sich auch in der Bundesrepublik Deutschland das öffentliche und rechtspolitische Interesse am Umgang mit dem Ende des menschlichen Lebens. In den Voten, die von der Bundesärztekammer, den Kirchen, der Bioethik-Kommission Rheinland-Pfalz oder sonstigen Gremien stammen, besteht Konsens, dass die Schmerztherapie noch stärker genutzt und die palliative Medizin flächendeckend ausgebaut werden sollte. Darüber hinaus gelangen derzeit Probleme im Umkreis der aktiven Sterbehilfe in den Blick. Ein erhebliches Dilemma erwächst daraus, dass sich aktive, indirekte und passive Sterbehilfe zum Teil überschneiden und begriffliche sowie faktische Abgrenzungen zwischen diesen Handlungsarten in bestimmten Fällen kaum noch benennbar sind. In Deutschland haben im Jahr 2004 Institutionen, von denen aktive Sterbehilfe per se abgelehnt wird, namentlich die Kirchen, die Initiative ergriffen und diesem Thema öffentliche Aufmerksamkeit verschafft [
2,
3]. Andererseits hat die Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften in ihren Richtlinien und Empfehlungen über „Behandlung und Betreuung von älteren, pflegebedürftigen Menschen“ („Definitive Version“, 2004, II.5.2 und III.5) oder über die „Betreuung von Patienten am Lebensende“ (05.02.2004, II.4.1) Kriterien dargelegt, aufgrund derer es vorstellbar sei, der Bitte eines Patienten um medizinisch assistierten Suizid nachzukommen [
10]. Am 30.04.2004 stellte der Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz, Herbert Mertin, nun den Bericht „Sterbehilfe und Sterbebegleitung. Ethische, rechtliche und medizinische Bewertung des Spannungsverhältnisses zwischen ärztlicher Lebenserhaltungspflicht und Selbstbestimmung des Patienten“ vor, den die unter seinem Vorsitz tagende, von der Landesregierung Rheinland-Pfalz eingerichtete Bioethik-Kommission am 23.04.2004 beschlossen hatte.
1 Der Kommission gehören Juristen, Mediziner, Philosophen, Theologen (unter ihnen der Verfasser dieses Beitrags), Vertreter des öffentlichen Lebens und mehrerer Ministerien an. Der Kommissionsbericht ist ungeachtet seines erheblichen Umfangs an manchen Stellen noch präzisierbar. Durch seine Thesenstruktur ist er revisionsfähig angelegt, sofern begründete Einwände erhoben werden. …