Erschienen in:
30.03.2016 | Stichverletzung | Originalien
Silikonabformungen am Knorpel als werkzeugspurenkundlicher „Fingerabdruck“
verfasst von:
Dr. med. J. Froch-Cortis, B. Skarupke, M. Weber, M. A. Rothschild
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 3/2016
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Zusammenfassung
Nicht selten werden Suizide oder Tötungsdelikte mittels eines scharfen oder halbscharfen Werkzeugs begangen. Solche Werkzeuge weisen durch Fertigung und Gebrauch individuelle Merkmale auf, die v. a. beim Durchdringen von Knorpelgewebe individualspezifische Spuren hinterlassen können, sodass eine zweifelsfreie Zuordnung „Verletzung-Werkzeug“ erfolgen kann.
In Kooperation mit dem Dezernat für Werkzeug- und sonstige Formspuren des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) werden seit April 2012 Werkzeugspuren in Knorpel nach Stich- oder Schnittverletzungen mittels AccuTrans®-Abformmasse (Fa. Coltène Whaledent, Altstätten, Schweiz) im Institut für Rechtsmedizin Köln sichergestellt. Gemeinsam mit den in Rede stehenden Tatwerkzeugen werden diese zur vergleichenden, werkzeugspurenkundlichen Untersuchung an das LKA NRW übersandt.
In dem laufenden Projekt sind bislang 10 Todesfälle eingeschlossen und abschließend bearbeitet. Bisher konnte in etwa ein Drittel der Fälle ein Tatwerkzeug eindeutig als Verletzungsverursacher identifiziert werden. Die übrigen Untersuchungen lieferten keine eindeutigen Ergebnisse. Falsche Werkzeugzuordnungen traten nicht auf.
Die Abformung der Spuren an Knorpel und ggf. Knochen, z. B. mittels AccuTrans® Abformmasse, und dessen werkzeugspurenkundliche Auswertung stellt ein einfach zu handhabendes Verfahren zum Ausschluss bzw. Nachweis von potenziellen Tatwerkzeugen als Spurenverursacher dar. Bei fehlendem mutmaßlichem Tatwerkzeug können durch die Analysen nicht zuletzt Aussagen zum verwendeten Werkzeug getroffen werden. Die Kooperation zwischen der Rechtsmedizin und dem LKA NRW ermöglicht die Vermeidung des Transports von Leichengewebe, da die Abformungen am verletzten Leichenknorpel noch auf dem Obduktionstisch erfolgen. Die werkzeugspurenkundlichen Vergleichsuntersuchungen werden dann im LKA durchgeführt und gutachterlich bewertet.