Erschienen in:
13.09.2023 | Tinnitus | Leitthema
Chronischer Tinnitus im Wechselspiel somatischer und psychischer Faktoren
verfasst von:
Dr. phil. Benjamin Boecking, Dr. phil. Petra Brueggemann, Prof. Dr. med. Matthias Rose, Prof. Dr. med. Birgit Mazurek
Erschienen in:
HNO
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Ausgabe 11/2023
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Zusammenfassung
Chronischer Tinnitus ist ein häufiges, mitunter stark belastendes Phänomen, das durch ein Wechselspiel körperlicher und psychologischer Faktoren ausgelöst und aufrechterhalten werden kann. Moderne HNO-Heilkunde integriert mit der klinischen Psychologie und psychosomatischen Medizin als Partnern sowohl medizinische (z. B. Hörverlust) als auch psychologische Einflüsse. Letztere umfassen z. B. Wechselwirkungen zwischen biographischen Erfahrungen, Persönlichkeitseigenschaften, der subjektiven Bewertung intrapsychischer und zwischenmenschlicher Reize, Gefühlszuständen, und intrapsychischen oder zwischenmenschlichen Emotionsregulationsstrategien. Beide Variablengruppen können die Intensität und den Verlauf einer chronischen Tinnitussymptomatik direkt und indirekt beeinflussen – wobei die Qualität und relativen Ausprägungsgrade psychologischer und körperlicher Anteile am Selbsterleben einer Person fluktuieren können. Vor diesem Hintergrund unterscheidet der vorliegende Artikel zwischen chronischer Tinnitussymptomatik mit oder ohne Hörverlust – und plädiert nachdrücklich für ein integriertes Verständnis des chronischen Tinnitus innerhalb eines ganzheitlichen psychologischen Bezugsrahmens. Nach einer kurzen Einführung in die Prinzipien psychosomatischer Medizin und Psychotherapie erörtert der Artikel die psychotherapeutische Fallkonzeptualisierung am Beispiel eines Vulnerabilitäts-Stress-Coping(VSC)-Modells, skizziert klinische Aspekte und Diagnostik einer chronischen Tinnitussymptomatik und schließt mit der Konzeptualisierung chronischen Tinnitusdistresserlebens als Funktion personenzentrierter VSC-Wechselwirkungen.