Erschienen in:
05.02.2020 | Akupunktur | Review
Das fasziale Bindegewebe – ein Medium für die Akupunktur?
verfasst von:
Dr. Hans-Udo Richarz, PD Dr. Uwe Schütz, Prof. Dr. Werner Klingler
Erschienen in:
Deutsche Zeitschrift für Akupunktur
|
Ausgabe 1/2020
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Die ubiquitäre Präsenz des faszialen Bindegewebes kann bereits grundsätzlich als Erklärungsansatz für einen Erfolg versprechenden Einsatz multimodaler Behandlungskonzepte, wie z. B. der Akupunktur, dienen. Wegen der spezifischen, biomechanischen Eigenschaften des faszialen Bindegewebes kann es in concreto durch mechanische Reizsetzungen (Mechanotransduktion) zu einer Deformierung der Extrazellularmatrix (ECM) kommen mit der Folge, dass die die ECM in diesem Bereich umgebenden Fibroblasten biochemische Signalmoleküle in die ECM entlassen. Hierdurch ausgelöste, weitreichende und nachhaltige Effekte könnten durch eine Akupunkturbehandlung erreicht werden. Hierfür sprechen aus systemischer Sicht auch Beobachtungen, wonach eine weitreichende Kongruenz topografisch paralleler Verläufe von Faszienstrukturen einerseits und von Akupunkturpunkten- und -meridianen andererseits gegeben ist. Als neurophysiologisches Erklärungsmodell für die schmerzlindernde Wirkung einer Nadelakupunktur insbesondere auf chronische Schmerzen im unteren Rücken könnte die belegte Freisetzung faszialer Neuropeptide dienen, die den schmerzassoziierten Neuropeptiden Substanz P und CGRP entgegenwirken. Infolge der engen Verknüpfung des Faszientonus mit dem vegetativen Nervensystem könnte möglicherweise zudem eine stressinduzierte Sympathikusaktivierung mit einer hiermit einhergehenden Gewebesteifigkeit durch eine Akupunkturbehandlung gedämpft werden. Im Ergebnis ist das Behandlungskonzept der Akupunktur daher möglicherweise geeignet, sowohl die biomechanischen Eigenschaften und den Metabolismus von faszialen Strukturen nachhaltig zu verändern als auch die Vasomotorik und Sensorik (einschließlich Propriozeption und Interozeption) sowie die Sympathikustonizität positiv zu beeinflussen.