Erschienen in:
04.04.2022 | MKG-Chirurgie | Nestoren der MKG-Chirurgie
Christian Bruhn (1868–1942) – ein unpromovierter Zahnarzt als Gründer der ersten deutschen Kieferklinik
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß
Erschienen in:
Die MKG-Chirurgie
|
Ausgabe 2/2022
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Christian Bruhn begründete die erste Kieferklinik auf deutschem Boden. Zudem erreichte er in Düsseldorf die erste ordentliche Professur in diesem Fach – dabei war er weder approbierter Arzt noch promoviert oder habilitiert. Wie aber erklärt sich diese auffällige Diskrepanz zwischen der formalen Qualifikation und dem faktischen Karriereverlauf? Inwieweit kann Bruhn trotz seiner rein zahnärztlichen Ausbildung als Nestor des Fachs MKG-Chirurgie gelten? Und wie verhielt er sich politisch im „Dritten Reich“? Der vorliegende Beitrag liefert Antworten auf diese Fragen. Zentrale Quellengrundlage sind hierbei zeitgenössische Archivalien und Druckschriften. Die Analyse zeigt, dass Bruhn als Vollwaise eine unstete und schwierige Jugend durchlebte. Er entwickelte sich zu einem sozial unangepassten, aber eminent durchsetzungsstarken Verfechter seiner Überzeugungen und Interessen. Wissenschaftlich trat er dabei v. a. mit Beiträgen zur „chirurgischen“ Kiefer- und Gesichtsorthopädie und Prothetik hervor. Noch bedeutsamer war indessen seine fachpolitische Wirkung: Trotz fortgesetzter Widerstände erreichte er die Anbindung seiner Klinik an die Medizinische Akademie Düsseldorf. Zudem führte er August Lindemann in Deutschland zur spezifischen Habilitation in MKG-Chirurgie. Vor dem Hintergrund dieser Leistungen und Errungenschaften ist Bruhn als Wegbereiter der heutigen MKG-Chirurgie anzusprechen – unbeschadet seiner formal begrenzten Qualifikation. In politischer Hinsicht gehörte Bruhn zu denjenigen Fachvertretern, die sich vom Nationalsozialismus fernhielten. Für ihn sind keinerlei Mitgliedschaften in NS-Gliederungen oder politische Aktivitäten dokumentiert.