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AE-Manual der Endoprothetik
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Publiziert am: 22.03.2024

Komplikationen der Hüftendoprothetik: Therapie der Infektion

Verfasst von: Michael Müller und Nora Renz
Periprothetische Infektionen des Hüftgelenkes sind eine der schwerwiegendsten Komplikationen in der Endoprothetik. Ihre Inzidenz liegt zwischen 0,5 und 2 %. Man unterscheidet akute und chronische Infektionen. Akute Infektionen sind meist klinisch eindeutig und treten in den ersten 4 postoperativen Wochen oder im Rahmen einer hämatogenen Infektion im späteren Verlauf auf. Chronische Infektionen sind klinisch meist unspezifischer (Low-grade-Infektionen). Das Ziel der Therapie ist in den meisten Fällen die vollständige Infekteradikation durch ein adäquates chirurgisches und antimikrobielles Therapiekonzept. Die Therapieentscheidung wird durch die erregerspezifische Reifung eines Biofilms auf der Prothese bestimmt. Innerhalb der ersten 3–4 Wochen ist dieser noch nicht vollständig ausgereift. Es kann eine Revision unter Prothesenerhalt vorgenommen werden. Später ist zur Infektsanierung ein ein- oder zweizeitiger septischer Wechsel notwendig.

Einteilung und Ursachen periprothetischer Infektionen

Periprothetische Infektionen des Hüftgelenkes treten in der Primärendoprothetik mit einer Häufigkeit von 0,5 bis 2 % auf (Kapadia et al. 2016). Die Infektionen entwickeln sich sowohl akut als auch nach einem chronischen Verlauf (Coughlan und Taylor 2020). Akute Infektionen treten in der frühen postoperativen Phase (bis 3 bzw. 4 Wochen nach der Operation) oder spät als Folge einer hämatogenen Streuung (bis 3 bzw. 4 Wochen nach Symptombeginn) auf. Ursache ist meist eine hämatogene Ausbreitung z. B. l durch eine Bakteriämie im Rahmen eines Harnwegsinfekts oder einer intravaskulären Infektion (z. B. infizierter Herzschrittmacher). Chronische Infektionen sind überwiegend sich spät manifestierende, postoperative Infektionen nach der 4. Woche nach der OP auf (Parvizi et al. 2013). Häufige treten die chronischen Protheseninfektionen klinisch relativ inapparent auf, weshalb diese auch als Low-grade-Infektionen bezeichnet werden. Selten können periprothetische Infektionen auch per continuitatem, wie z. B. durch einen Psoasabszess verursacht werden (Izakovicova et al. 2019).
Periprothetische Infektionen können entweder akut, innerhalb von 3–4 Wochen nach Primärimplantation oder nach hämatogener Streuung auftreten. Tritt die Infektion zu einem späteren Zeitpunkt auf, so spricht man von einer chronischen Infektion. Der Definition einer akuten oder chronischen Infektion liegt die Ausbildung eines reifen Biofilms zugrunde.
Heute geht man davon aus, dass sich nach der 4. Woche der Biofilm irreversibel ausgebildet hat (Oliveira et al. 2018). Entsprechend ist dann eine Sanierung der Infektion unter Prothesenerhalt nicht mehr möglich, da die Bakterien im Biofilm geschützt sind und dem Implantat irreversibel fest anhaften.
Die Ausbildung eines reifen Biofilms erfolgt innerhalb von 3–4 Wochen und bestimmt das Therapiekonzept mit Erhalt oder Entfernung der Prothese.

Therapiealgorithmus

Bei einer akuten Infektion ist ein Prothesenerhalt mittels DAIR-Prozedere (DAIR, engl.: debridement, antibiotics, irrigation and retention of components) mit Wechsel der mobilen Teile noch möglich, da die der Prothese anhaftenden Bakterien bei noch unvollständigem Biofilm chirurgisch und antimikrobiell eradiziert werden können (Herndon und Fehring 2021). Im Falle einer chronischen Infektion ist es zur Infektsanierung notwendig, die infizierte Prothese komplett zu entfernen. Dies erfolgt überwiegend über ein zweizeitiges Vorgehen mit einem prothesenfreien Intervall, mit oder ohne Platzhalter (sog. Spacer) (Chalmers et al. 2018; Wichern et al. 2020). Alternativ kann dies aber auch mittels einzeitigem Wechsel erfolgen, wobei die Entfernung der Prothese und die Reimplantation in einer Operation durchgeführt werden (Zahar und Gehrke 2016). Ein zweizeitiges Vorgehen sollte vorgenommen werden, wenn der Erreger vor der Revision noch nicht bekannt ist, ein Difficult-to-treat-Erreger bzw. multiple Erreger vorliegen oder vermutet werden (wie z. B. nach vorausgegangenen septischen Revisionen), eine ausgeprägte Weichteilinfektion und/oder eine Fistel zusätzlich mit vorliegen, die OP-Zeit aufgrund von Komorbiditäten des Patienten auf ein Minimum reduziert werden sollte oder keine Erfahrung und operatives Setting für ein einzeitiges Vorgehen vorhanden sind (Zahar und Gehrke 2016) (Abb. 1). Unter Problemerregern versteht man Mikroorganismen, für welche keine biofilmaktive Therapie zur Verfügung steht (Rifampicin-resistente Staphylokokken, Chinolon-resistente gramnegative Bakterien oder Pilze).
Die Vorteile des zweizeitigen Wechsels liegen darin, dass zunächst ein prothesenfreies Intervall besteht, in welchem eine Antibiotikatherapie (systemisch und gegebenenfalls auch lokal) verabreicht werden kann und so das Risiko einer erneuten Infektion der neu implantierten Prothese deutlich reduziert wird. Ebenso können zunächst alle mikrobiologischen Ergebnisse (Gewebeproben und Sonikat der Prothese), einschließlich Empfindlichkeitstestung, abgewartet und die Therapie angepasst werden. Zudem kann bei Infektpersistenz ein mehrzeitiges Vorgehen (nochmaliges Debridement und evtl. Spacerwechsel und somit eine Optimierung der lokalen Therapie) vorgenommenen werden. Der Vorteil des einzeitigen Wechsels besteht in der umgehenden Mobilisationsfähigkeit des Patienten nach durchgeführter Revision, da Explantation und unmittelbare Reimplantation einer neuen Prothese in einer Revisionsoperation durchgeführt werden.

Wahl des operativen Zugangs für eine septische Revision

Der operative Zugang muss ein vollständiges Debridement und einen sicheren Ausbau bzw. Wechsel der Prothesenteile ermöglichen, wobei dennoch das Weichteiltrauma geringgehalten werden sollte. Dies gilt insbesondere, wenn fest verankerte Implantate zu entfernen sind. Besonders sind der laterale (transgluteale) und der dorsale Zugang geeignet. Bei Revision eines festsitzenden Schaftes ist der dorsale Zugang zu bevorzugen, da dieser Zugangserweiterungen durch Osteotomien (transfemorale Osteotomie oder erweiterte Trochanterosteotomie) ermöglicht. Nachteil des lateralen (transglutealen) Zugangs ist zudem, dass hier ein direktes Trauma durch Einschneiden und Ablösen der Glutealmuskulatur/-sehne von Mm. glutaeus medius et minimus erfolgt, was die spätere Funktion des Gelenkes beeinträchtigt, insbesondere bei multiplen Revisionsoperationen (von Roth et al. 2014).
Für die Präparation des infizierten Pfannenlagers und für einliegende infizierte Kurzschäfte oder lockere Standardschäfte kann auch ein minderinvasiver Zugang, wie der anterolaterale oder anteriore Zugang verwendet werden (Palan et al. 2009). Insbesondere über einen anterolateralen Zugang können zementierte oder zementfreie Revisionspfannen mit und ohne Verschraubung, Augmente, Rekonstruktionsringe mit und ohne Sitzbeinlasche oder auch Cup-Cage-Konstrukte bei vollständigem Erhalt der Glutealmuskulatur sicher revidiert werden.
Es ist darauf hinzuweisen, dass im kranialen Bereich der N. gluteus superior von dorsal nach ventral in den M. tensor fasciae latae zieht und dort bei weit kranialer Präparation verletzt werden kann. Dies kann zu einer Schädigung der Glutealmuskulatur und des M. tensor fasciae latae führen (Ince et al. 2007).

Chirurgische Therapie

Erhalt der Prothese

Die Indikationen zum Prothesenerhalt sind oben dargestellt. Das operative Vorgehen umfasst das Spülen, das Debridement und den Wechsel der mobilen Teile (DAIR-Prozedere) (Herndon und Fehring 2021). Das gesamte Gelenk sollte vollständig dargestellt, debridiert und die mobilen Teile gewechselt werden. Hintergrund des Wechsels der mobilen Teile sind die Reduktion der bakteriellen Oberflächenbesiedlung und die Möglichkeit für ein radikaleres Debridement. Möglicherweise wird Polyethylen auch aufgrund seiner Oberflächenstruktur am frühesten bakteriell besiedelt (Barth et al. 1989). Das Ziel des DAIR-Prozederes ist die maximale operative Reduktion der Erregerlast und die Infektsanierung durch die anschließende Antibiotikatherapie. Je eher ein DAIR-Prozedere nach der Primärinfektion durchgeführt wird, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Infekteradikation (Abb. 2) (Tsang et al. 2017).
Der Zeitpunkt der Durchführung eines DAIR-Prozederes hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Infekteradikation. Je eher, desto besser sind die Chancen einer vollständigen Infektsanierung.
Für das DAIR-Prozedere sollte beim akut frühpostoperativen Infekt meist der vorgegebene primäre Zugang verwendet werden, um ein vollständiges und adäquates Debridement einschließlich des Zugangsweges zu gewährleisten. Dabei muss zwischen einem gründlichen Debridement und einem gewebeschonenden Umgang abgewogen werden, um eine gute postoperative Funktion weiter beizubehalten (Grammatopoulos et al. 2017).
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Luxationsrate nach isoliertem Inlay-Wechsel gegenüber der Primärimplantation erhöht ist (Dammerer et al. 2020), insbesondere bei Verwendung eines dorsalen Zugangs (Kwon et al. 2006). Insgesamt liegen die Erfolgsraten des DAIR-Prozedere bei frühzeitiger Durchführung innerhalb der ersten 3 Wochen nach Infektion bei über 80 % (Barros et al. 2019), sinken dann aber deutlich ab. Die Erfolgsraten der Infektsanierung sind für die akute postoperative Frühinfektion wesentlich höher als für die akute hämatogene Spätinfektion, bei welcher die Eradikationsraten bei nur 60 % liegen (Iza et al. 2019).
Es gibt aktuell keinen Hinweis, dass die mehrfache Durchführung eines DAIR erfolgversprechend ist. Kommt es zu einem Fehlschlagen sollte nur unter ganz besonderen Bedingungen nach ausführlicher Diskussion mit dem Patienten noch einmal ein gelenkerhaltendes Verfahren angewandt werden. Standard ist dann der septische einzeitige oder zweizeitige Wechsel.

Ein- oder zweizeitiges Vorgehen

Bei chronischen Infektionen ist der vollständige Austausch der einliegenden Prothese über einen ein-, zwei- oder mehrzeitiger Wechsel notwendig. Das Ziel des ein- oder zweizeitigen Wechsels ist die komplette Entfernung der infizierten Prothese und aller Fremdmaterialien, das anschließende ausgiebige Debridement und die Spülung des Gelenkes sowie die Reimplantation einer neuen Prothese, entweder direkt in der gleichen Operation oder im Versatz von einigen Wochen.
Für eine erfolgreiche Infekteradikation ist ein vollständiges Entfernen der infizierten Prothese und einliegender Fremdmaterialien notwendig.
Ziele des einzeitigen Vorgehens sind die Infektsanierung und der Erhalt der Gelenkfunktion mit nur einer Operation. Dabei erfolgt die Reduzierung der Erregerbelastung durch ein extensives Debridement und durch die Entfernung der biofilmhaltigen infizierten Prothese. Durch die unmittelbare Reimplantation einer neuen Prothese wird direkt postoperativ die Gelenkfunktion wieder hergestellt (Ilchmann et al. 2016; Palmer et al. 2020; Zahar und Gehrke 2016).
Für die Durchführung eines einzeitigen septischen Wechsels sind folgende Voraussetzungen notwendig (Zahar und Gehrke 2016):
  • Erreger und Resistogramm sollten vor der Revision bekannt sein.
  • Kein schwerer Weichteilschaden/keine Abszesse/keine Fistel.
  • Zementierte Reimplantation mit zusätzlicher Beimischung von Antibiotika entsprechend dem Resistogramm.
  • Keine Difficult-to-treat-Erreger (Abschn. 2).
  • Separate(r) OP-Tisch/Instrumente für Ausbau und Reimplantation.
Da auch bei einem einzeitigen Wechsel keine „sterile Situation“ nach dem Ausbau und dem Debridement erreicht wird, wird überwiegend eine zementierte Reimplantation mit spezifisch, erregerabhängig zugemischten Antibiotika empfohlen, um durch die lokale Antibiotikafreisetzung eine erneute bakterielle Besiedlung des Implantats zu verhindern (Zahar und Gehrke 2016; Steinbrink und Frommelt 1995).
Neuere Studien belegen den Erfolg eines einzeitigen Wechsels auch unter Verwendung von zementfreien Prothesen (Ilchmann et al. 2016). Wesentlicher Erfolgsfaktor ist dann die begleitende Antibiokatherapie. Art, Dosierung und Länge der Therapie sollten durch einen erfahrenen Mikrobiologen oder Infektiologen festgelegt werden. Der Vorteil zementfreier Prothesen liegt in der dokumentierten längeren Standzeit der femoralen Komponente und der Möglichkeit des Einsatzes auch bei großen azetabulären Defekten. (Wechter et al. 2013).
Der zweitzeitige septische Prothesenwechsel ist weltweit das am häufigsten durchgeführte Verfahren bei Vorliegen einer periprothetischen Infektion (Chalmers et al. 2018; Karczewski et al. 2019; Li et al. 2018). Die Vorteile wurden oben genannt (Abschn. 2, Abb. 3).
Für die Reimplantation erscheint die Verwendung von nichtzementierten Prothesen sinnvoll möglich, wodurch vor allem bei Vorhandsein von Knochendefekten ein größeres Sortiment von Revisionsendoprothesen zur Verfügung steht
Der zweizeitige Wechsel ist aktuell das weltweit am häufigsten durchgeführte Standardverfahren bei Vorliegen einer chronischen periprothetischen Infektion.
Nachteile des zweizeitigen Wechsels sind die eingeschränkte Mobilisation nach dem Prothesenausbau, das Risiko von Kontrakturen der Weichteile (mit erhöhten Schwierigkeiten bei der Reimplantation) und die Notwendigkeit einer zweiten Operation. Der Zeitpunkt der Reimplantation ist vom klinischen und laborchemischen Verlauf abhängig und liegt meist zwischen 3 und 12 Wochen (Karczewski et al. 2019). Grundsätzlich sollte bei gut zu behandelnden Erregern das Intervall so kurz wie möglich gehalten werden, um die Dauer der eingeschränkten Mobilisation zu minimieren.
Zum Zeitpunkt der Reimplantation sollten alle mikrobiologischen Ergebnisse vorliegen und klinisch und laboranalytisch kein Hinweis mehr auf eine aktive Infektion bestehen, wobei ein normwertiges C-reaktives Protein (CRP) vor Reimplantation nicht notwendig ist.
Aktuell ist der kontinuierliche Rückgang des CRP-Wertes der wichtigste Anhalt für die Infektsanierung und somit den Zeitpunkt der Reimplantation.
Bei steigenden Infektparametern und/oder auffälligem Lokalbefund sollte keine Reimplantation, sondern eine nochmalige Revision vorgenommen werden. Ein Absetzen der Antibiotikatherapie vor Reimplantation und die Durchführung einer diagnostischen Punktion der Girdlestonehüfte/Spacers ist nicht notwendig und bringt keine diagnostischen Zusatzinformationen (Preininger et al. 2017).
Sowohl beim ein- wie auch beim zweizeitigen Vorgehen ist auf eine äußerst knochen- und weichteilschonende Explantation der infizierten Prothese zu achten. Spezielle Explantationssiebe mit verschiedenen knochenschonenden Meißeln, Küretten und Extraktionsinstrumenten sind unbedingt erforderlich. Ebenfalls müssen für eine erfolgreiche Infektsanierung alle einliegenden Fremdkörper entfernt werden. Dazu zählen auch Schrauben, Schraubenreste, Cerclagen, Fadenanker, Septopalketten und Zementreste. Gerade distal liegende Zementreste oder -köcher können im Femur leicht übersehen werden und sind dann die Ursache für eine Infektpersistenz. Beim Aufbohrungen des Femurs bzw. eines einliegenden Zementköchers ist unbedingt die natürliche Antekurvation des Femurs zu beachten. Hier besteht sonst die Gefahr der ventralen Perforation des Femurs. Die zusätzliche Verwendung eines Bildwandlers ist hilfreich. Bei sehr weit distal reichenden Zementköchern oder bei äußerst festsitzenden Schäften bzw. von Zement, ist ein transfemoraler Zugang zu empfehlen. Wurden beim Ausbau Cerclagen angelegt, z. B. aufgrund einer Osteotomie, so sollten diese beim zweizeitigen Vorgehen bei der Reimplantation entfernt oder gewechselt werden, da diese auch bakteriell besiedelt werden können (Janz et al. 2018).
Die Erfolgsraten beider Verfahren liegen bei ca. 85–90 %, wobei die komplexeren Fälle bzw. Fälle mit resistenten Erregern meist über ein zweizeitiges Verfahren revidiert werden und somit ein Selektionsbias besteht (Palmer et al. 2020). Eine geringgradig höhere Rate an periprothetischen Frakturen wird für den zweizeitigen Wechsel bei der Reimplantation beschrieben. Gründe könnten die Schwächung des Knochens durch die Immobilisation sowie die Schwierigkeiten beim operativen Zugang in Folge der vorliegenden Kontrakturen sein. Daher ist auf ein gutes Release der Vernarbungen und Verkürzungen zu achten. Die Sehnenansätze, insbesondere die der Glutealmuskulatur am proximalen Femur, müssen bei der Exposition unbedingt geschont werden (Laffosse et al. 2006). Eine Übersicht über die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Verfahren gibt Abb. 4.

Verwendung von Spacern beim zweizeitigen Wechsel im Intervall

Die Verwendung eines Spacers im prothesenfreien Intervall hat den Vorteil einer zusätzlichen lokalen Antibiotikatherapie und ermöglicht den Erhalt einer adäquaten Weichteilspannung bzw. vermeidet das Entstehen von Kontrakturen. Bei der Verwendung eines Spacers müssen jedoch grundlegende Prinzipien beachtet sowie das zusätzliche Risiko für das Auftreten von Komplikationen berücksichtigt werden.
Bezüglich der Spacer unterscheidet man industriell vorgefertigte Spacer und sog. Custom-made-Spacer, wobei im Operationssaal der Zement von Hand angemischt und dann in Formen verschiedener Größe appliziert wird. Des Weiteren können Spacer in sog. Low-dose- (< 2 g [5 %] Antibiotikum auf 40 g Zement) und High-dose-Spacer (> 2 g [5 %] Antibiotikum auf 40 g Zement) unterteilt werden.
Industriell angefertigte Spacer beinhalten ein spezifisches Antibiotikum in einer bestimmten Antibiotikakonzentration und sind meist Low-dose-Spacer. Custom-made-Spacer haben den Vorteil, dass sowohl die Art als auch die Konzentration der beigemischten Antibiotika selbst gewählt werden können. Für die dauerhafte Fixierung von Implantaten sollten jedoch maximal 10 % des Gewichts des Knochenzementpulvers Antibiotika sein (entspricht 4 g Antibiotika auf 40 Zement), da ansonsten die dauerhafte Stabilität des Zementes nicht mehr gewährleistet ist. Einzelne Studien berichten über bis zu 20 % Antibiotikabeimischung (Hsieh et al. 2004). Eine Antibiotikamischung aus Vancomycin/Clindamycin mit Gentamicin wirkt gegen ein breites Spektrum an Bakterien. Je nach Resistogramm kann aber ein erregerspezifisches Antibiotikum zugemischt werden. Zu beachten ist jedoch, dass die Hitzestabilität und Wasserlöslichkeit des Antibiotikums gegeben sein muss. So sind z. B. Rifampicin, Flucloxacillin oder Tetracycline nicht geeignet für Zumischungen. Bei Verwendung von High-dose-Spacern werden anfänglich sehr hohe lokale Antibiotikakonzentration (> 700 μg/ml bei 4 g Vancomycin auf 40 g Zement) erreicht, aber auch hier fällt nach 2–3 Wochen die Konzentration und die Wirkgrenze (Hsu et al. 2017).
Unter einer Antibiotikakonzentration von ungefähr 10 % (4 g Antibiotikum auf 40 g PMMA) gibt der Spacer ca. 2–3 Wochen lokal das Antibiotikum in ausreichender Konzentration frei.
Es ist daher davon auszugehen, dass nach 4–8 Wochen der Spacer wieder wie ein normaler Fremdkörper reagiert, d. h. dass dieser bakteriell besiedelt werden kann. Die gleichzeitige systemische Antibiotikatherapie dient somit neben der Infektbehandlung auch dazu, eine sekundäre bakterielle Besiedlung des Spacers zu verhindern. Eine Antibiotikapause („drug holiday“) zur Durchführung einer Gelenkpunktion vor Reimplantation, ist nicht sinnvoll (Preininger et al. 2017).
Komplikationen des Einsatzes von Spacern sind die Spacerluxation, der Spacerbruch, der zusätzliche azetabuläre Knochenverlust bei Migration und die femorale Fraktur (Bori et al. 2014; Faschingbauer et al. 2016). Diese Risiken treten umso häufiger auf, je größer der primäre Knochendefekt von Femur und Azetabulum ist, da hierdurch eine stabile Spacerlage nicht mehr gegeben ist. Wir verwenden daher Spacer bei Knochendefekten ≥ Paprosky 2b nur selten (Hipfl et al. 2021a).
Die Komplikationsrate unter Verwendung eines Spacers steigt mit dem Grad des azetabulären und femoralen Knochendefekts.
Die Alternative zum Spacer ist die Girdlestonehüfte oder Resektionsarthroplastik ohne Spacer. Es gibt bisher noch keine Evidenz, dass die Infekteradikation durch Spacer besser ist als ohne (Hipfl et al. 2023; Disch et al. 2007). Wird das prothesenfreie Intervall ohne Spacer auf maximal 12 Wochen beschränkt, treten auch kaum Weichteilkontrakturen auf.

Antibiotikatherapie

Voraussetzung für den Therapieerfolg in der Behandlung der Protheseninfektion ist neben der mechanischen Keimzahlreduktion eine auf die chirurgische Strategie abgestimmte antimikrobielle Behandlung (Sendi und Zimmerli 2012). Außerdem müssen für eine optimale Behandlung patientenspezifische Faktoren wie Komorbiditäten/-medikation, Alter, Gewicht, Allergien und Nierenfunktionsstörungen, der verursachende Erreger und seine Empfindlichkeit sowie die Präsenz eines Fremdkörpers berücksichtigt werden. Während beim DAIR-Prozedere und beim einzeitigen Wechsel nach der Revision baldmöglichst eine biofilmaktive Therapie eingeleitet wird, erfolgt beim zweizeitigen Wechsel zunächst eine Osteomyelitisbehandlung ohne Biofilmaktivität im Intervall (unabhängig von der Verwendung eines Spacers). Empfohlene Substanzen für die Intervalltherapie sind in Tab. 1 aufgelistet (Renz und Trampuz 2019). Erst nach Reimplantation der Prothese wird zur Eradikation von potenziell verbliebenen Bakterien im Knochen, welche das neue Implantat besiedeln können, eine biofilmaktive Therapie eingeleitet.
Tab. 1
Therapie im Intervall bzw. Suppressionstherapie
Mikroorganismus
Antibiotikum
Staphylococcus spp.
Cotrimoxazol oder Doxycyclin oder Clindamycin
Streptococcus spp.
Amoxicillin oder Doxycyclin oder Levofloxacin
Enterococcus spp.
Amoxicillin oder Doxycyclin (oder Linezolid)
Anaerobier (grampositiv)
Amoxicillin oder Clindamycin
Anaerobier (gramnegativ)
Metronidazol oder Clindamycin
Gramnegative Bakterien
Pilze (z. B. Candida spp.)
Ciprofloxacin oder Cotrimoxazol
Fluconazol (oder Voriconazol, falls Fluconazol resistent)
Eine biofilmaktive Therapie sollte erst nach vollständig vorhandenen intraoperativ entnommenen Proben initiiert werden. Beim zweizeitigen Wechsel erfolgt die Gabe des biofilmaktiven Antibiotikums erst nach Reimplantation.

Pharmakologische Eigenschaften

Für die Behandlung von Protheseninfektionen sollte die Wahl auf gut knochengängige und bei oraler Antibiotikatherapie gut oral bioverfügbare Substanzen fallen, um ausreichende Konzentrationen im Knochen zu erreichen. Um die schlechte Knochenpenetration zu umgehen, muss bei den meisten Substanzen eine höhere Dosis als für andere Indikationen gewählt werden. Aufgrund der deutlich höheren täglichen Maximaldosis von Betalaktamen bei intravenöser Gabe verglichen mit der oralen Verabreichung (z. B. Amoxicillin/Clavulansäure: 8,8 g i.v. versus 3 g p.o.) sowie der mäßigen oralen Bioverfügbarkeit, eignet sich diese Substanzklasse primär für die initiale intravenöse Behandlung, jedoch grundsätzlich nicht für die orale Folgetherapie (Feihl et al. 2017). Der Wechsel von einer initial intravenösen Antibiotikatherapie auf eine orale Folgetherapie nach wenigen Tagen ist empfohlen. So konnte in einer randomisiert-kontrollierten Studie neben der Nicht-Unterlegenheit der oralen Therapie verglichen mit der mehrwöchigen intravenösen Therapie eine Reduktion der katheterassoziierten Komplikationen sowie der Hospitalisationsdauer gezeigt werden (Li et al. 2019). Bakteriostatische Substanzen wie Clindamycin, Doxycyclin und Linezolid sollten nur eingesetzt werden, wenn aufgrund der Empfindlichkeit des Erregers oder Allergien des Patienten keine andere bzw. bakterizide Substanz eingesetzt werden kann.

Empirische und gezielte Antibiotikatherapie

Als initiale empirische Therapie eignen sich intravenös verabreichte Betalaktame mit einem breiten Spektrum, wie beispielsweise Ampicillin/Sulbactam oder Amoxicillin/Clavulansäure, womit die häufigsten Erreger von akuten Protheseninfektionen (methicillinsensibler Staphylococcus aureus, Streptokokken, Enterokokken, eine Vielzahl von gramnegativen Erregern) erfasst werden. Handelt es sich jedoch um eine chronische Low-grade-Infektion oder wurden bereits multiple Voroperationen am gleichen Gelenk vorgenommen, sollte empirisch Vancomycin oder Daptomycin dazugegeben werden. Damit sind auch methicillinresistente (meist koagulasenegative) Staphylokokken mit abgedeckt. Dasselbe gilt bei bekannter Besiedlung des Patienten mit methicillinresistenten Staphylokokken (MRSA). Auch wenn in der präoperativen Punktion ein Erregernachweis gelingt, sollte zunächst eine breitere empirische Therapie eingeleitet werden. Die Übereinstimmung der Kulturen von präoperativen und intraoperativen Proben lag in einer kürzlich publizierten Analyse bei 52 % (Schulz et al. 2021).
Sobald die Resultate der intraoperativen Proben (periprothetisches Gewebe, Synovialflüssigkeit, Sonikation der entfernten Implantate) vorliegen, soll die Behandlung an den Erregernachweis angepasst werden. Tab. 2 gibt eine Übersicht über die gezielte antimikrobielle Therapie (Renz und Trampuz 2019).
Tab. 2
Gezielte Antibiotikatherapie
Mikroorganismus
(fett: Problemerreger)
Antibiotikuma
(Empfindlichkeit überprüfen)
Dosisb (fett: Nierenadaption notwendig)
Gabe
Staphylococcus spp.
   
- Oxacillin-/methicillinempfindlich
Cefazolinc
+/− Fosfomycind
3x 2 g
3x 5 g
i.v.
i.v.
für 2 Wochen, dann (je nach Antibiogramm):
 
Rifampicine + 2x 450 mg
p.o.
 
- Levofloxacin oder
- Cotrimoxazol oder
- Doxycyclin oder
- Fusidinsäure
2x 500 mg
3x 960 mg
2x 100 mg
3x 500 mg
p.o.
p.o.
p.o.
p.o.
- Oxacillin-/methicillinresistent
Daptomycin oder
+/− Fosfomycin
1x 8 mg/kg
2x 1 g
3x 5 g
i.v.
i.v.
i.v.
 
für 2 Wochen, dann Rifampicinkombination wie oben
- Rifampicinresistent
Intravenöse Therapie für 2 Wochen (wie oben), dann:
Langzeitsuppression für ≥1 Jahr, abhängig von Empfindlichkeit
Streptococcus spp.
Penicillin Gc oder
Ceftriaxon
4x 5 Mio. U
1x 2 g
i.v.
i.v.
 
für 2–4 Wochen, dann:
 
Amoxicillin oder
Doxycyclin
(ggf. Suppression für ≥ 1 Jahr)
3x 1 g
2x 100 mg
p.o.
p.o.
Enterococcus spp.
- Penicillinempfindlich
Ampicillin +
+/− Fosfomycind
4x 2 g
1x 120 mg
3x 5 g
i.v.
i.v.
i.v.
 
für 2–3 Wochen, dann:
 
Amoxicillin oder
Doxycyclin
3x 1 g
2x 100 mg
p.o.
p.o.
- Penicillinresistent
Vancomycinf oder
Daptomycin
+/− Fosfomycind
2x 1 g
1x 10 mg/kg
3x 5 g
i.v.
i.v.
i.v.
 
für 2–4 Wochen, dann:
 
Linezolid (max. 4 Wochen)
2x 600 mg
p.o.
- Vancomycinresistent (VRE)
Individuell; Entfernung des Implantates oder lebenslängliche Suppression notwendig, z. B. mit Doxycyclin (falls empfindlich).
Mikroorganismus
(fett: Problemerreger)
Antibiotikaa
(Empfindlichkeit überprüfen)
Dosisb (fett: Nierenadaption notwendig)
Gabe
Gramnegative Erreger
   
- Enterobacteriaceae (E. coli, Proteus etc.)
Ciprofloxacinh
2x 750 mg
p.o.
(Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter spp.)
Piperacillin/Tazobactam oder
Meropenem oder
Ceftazidim (oder Cefepim)
(oder + Gentamicin)
4x 4,5 g
3x 2 g
3x 2 g
1x 300 mg
1x 240 mg
i.v.
i.v.
i.v.
i.v.
i.v.
 
für 2–3 Wochen, dann:
 
Ciprofloxacin
2x 750 mg
p.o.
- Ciprofloxacinresistent
Je nach Antibiogramm: Kombination von Meropenem i.v. 3x 2 g, Colistin 3x 3 Mio E i.v. u./o. Fosfomycind 3x 5 g i.v., ggf. Suppression.
Anaerobieri
- Grampositiv (Cutibacterium, Peptostreptococcus, Finegoldia magna)
Penicillin Gc oder
Ceftriaxon
4x 5 Millionen E
1x 2 g
i.v.
i.v.
für 2 Wochen, dann:
Rifampicine +
2x 450 mg
p.o.
- Levofloxacin oder
- Amoxicillin oder
- Doxycyclin
2x 500 mg
3x 1 g
2x 100 mg
p.o.
p.o.
p.o.
- Gramnegativ (Bacteroides spp., Fusobacterium spp.)
Ampicillin/Sulbactamc
für 2 Wochen, dann:
3x 3 g
i.v.
Metronidazol
3x 400 mg oder 500 mg
p.o.
Candida spp.
- Fluconazolempfindlich
Caspofunginj oder
Anidulafungin
für 1–2 Wochen, dann:
Fluconazol
(Suppression ≥ 1 Jahr)
1x 70 mg
1x 100 mg (1.Tag 200 mg)
1x 400 mg
i.v.
i.v.
p.o.
- Fluconazolresistent
Individuell (z. B. mit Voriconazol 2x 200 mg p.o.); Entfernung des Implantates oder ggf. lebenslange Suppression.
Kulturnegativ
Ampicillin/Sulbactamc
3x 3 g
i.v.
 
+/− Vancomycin
2x 1 g
i.v.
 
für 2 Wochen, dann:
  
 
Rifampicine +
2x 450 mg
p.o.
 
Levofloxacin
2x 500 mg
p.o.
a Gesamtdauer der Therapie: 12 Wochen, ca. 2 Wochen intravenös (i.v.), dann oral (p.o.)
b Laborkontrolle 2x/Woche: Leukozyten, CRP, Kreatinin/eGFR, Leberenzyme (AST/GOT u. ALT/GPT). Dosisanpassung nach Nierenfunktion und Körpergewicht (< 40 kg/> 100 kg)
c Penicillinallergie vom Typ 1 (Quincke-Ödem, Bronchospasmus, anaphylaktischer Schock) oder Cephalosporinallergie: Vancomycin (2x 1 g i.v.) oder Daptomycin (1x 8 mg/kg i.v.). Ampicillin/Sulbactam ist äquivalent zu Amoxicillin/Clavulansäure (3x 1,2 g oder 3x 2,2 g)
d Fosfomycin i.v. nicht überall verfügbar. Tagesdosis 12–24 g i.v., aufgeteilt in 2–3 Einzeldosen
e Rifampicin erst nach Prothesenwiederaufbau einsetzen. Zur i.v.-Therapie dazugeben, sobald Wundverhältnisse trocken bzw. Drainagen gezogen. Dosisreduktion auf 2x 300 mg bei Alter > 75 J
f Bestimmung des Vancomycin-Talspiegels (Blutentnahme unmittelbar vor nächster Gabe) mindestens 1x/Woche. Zielwert: 15–20 μg/ml
g Gentamicin nur anwenden, wenn Gentamicin high-level (HL) empfindlich getestet wird. Alternative für Gentamicin bei E. faecalis: Ceftriaxon (2 2 g i.v.)
h Zusätzlich in den ersten Tagen bis Wundtrockenheit: Piperacillin/Tazobactam 3x 4,5 g oder Ceftriaxon 1x 2 g oder Meropenem 3x 1 g oder Fosfomycind 3x 5 g i.v.
i Rifampicin vor allem bei Cutibakterien empfohlen, für andere Anaerobier ist es optional (wenig Daten)
j Nach einer Ladedosis von 70 mg am 1. Tag soll bei Patienten < 80 kg ab dem 2. Tag die Dosis auf 1x 50 mg reduziert werden

Biofilmaktive Therapie

Antibiotika mit Aktivität gegen im Biofilm eingeschlossene Bakterien stellen bei periprothetischen Infektionen den Grundpfeiler der antimikrobiellen Therapie dar. Sie sind notwendig, um eine Infektion bei verbliebenem oder neu eingebrachtem Fremdmaterial zu eradizieren und ermöglichen somit den Erhalt sowie einen einzeitigen Wechsel der Prothese unter bestimmten Voraussetzungen (Abschn. 2). Bisher konnte in In-vitro- und Tiermodellstudien nur eine Biofilmaktivität für Rifampicin bei Staphylokokken und Cutibakterien sowie Ciprofloxacin bei gramnegativen Erregern gezeigt werden (Furustrand Tafin et al. 2012; Zimmerli et al. 1998; Widmer et al. 1991).
Bisher konnte eine Biofilmaktivität für Rifampicin bei Staphylokokken und Cutibakterien sowie für Ciprofloxacin bei gramnegativen Erregern in In-vitro- und Tiermodellstudien belegt werden.
Zahlreiche klinische Beobachtungsstudien bestätigten ein besseres Outcome bei Anwendung von biofilmaktiven Substanzen in der Behandlung von Protheseninfektionen (El Helou et al. 2010; Martinez-Pastor et al. 2009; Gellert et al. 2020; Rodriguez-Pardo et al. 2014). Die bisher einzige randomisiert-kontrollierte Studie (Karlsen et al. 2020) konnte den positiven Effekt von Rifampicin bei Staphylokokkenprotheseninfektionen nicht bestätigen, die Studie weist jedoch zahlreiche Schwächen auf und ist somit wenig aussagekräftig (Renz et al. 2021). Um eine Resistenzentwicklung unter Rifampicin zu vermeiden, sollte es erst nach vorgängiger Keimzahlreduktion mittels Chirurgie und intravenöser Therapie und bei trockener Wunde verabreicht werden (Sendi und Zimmerli 2012). Zudem sollte es immer mit einer empfindlich getesteten und gut oral bioverfügbaren Substanz kombiniert werden. Im prothesenfreien Intervall sollte auf die Gabe von Rifampicin verzichtet werden, um eine Resistenzentwicklung zu vermeiden.
Zur Vermeidung von einer Resistenzbildung sollte Rifampicin stets mit einem gut oral bioverfügbaren Antibiotikum kombiniert werden. Ebenso sollte im prothesenfreien Intervall auf die Gabe von Rifampicin verzichtet werden.
Rifampicinresistente Staphylokokken, chinolonresistente gramnegative Erreger sowie Pilze gelten als Problemerreger und dadurch verursachte Infektionen gelten als schwierig zu eradizieren, da keine biofilmaktive Substanz zur Verfügung steht. Eine zwei- bzw. mehrzeitige Wechselstrategie ist in diesen Situationen zwingend zur erfolgreichen Behandlung. Alternativ kann eine prolongierte Suppressionstherapie zum Einsatz kommen. Die Dauer der suppressiven Antibiotikatherapie muss individuell festgelegt werden und kann sich über Monate bis Jahre erstrecken.

Dauer der Behandlung

Traditionellerweise werden Protheseninfektionen für 12 Wochen behandelt, wobei diese Behandlungsdauer bis vor kurzem auf Expertenmeinungen basierte (Zimmerli et al. 2004). In einer kürzlich publizierten, randomisiert-kontrollierten Studie wurde eine höhere Versagensrate für Episoden mit 6-wöchiger verglichen mit 12-wöchiger Behandlung gezeigt, wobei der Unterschied am eindeutigsten bei Episoden, welche mit Prothesenerhalt behandelt wurden, war (Bernard et al. 2021).

Monitoring unter Antibiotikatherapie

Da sich die Antibiotikatherapie in der Regel über mehrere Monate erstreckt, können Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten auftreten. Die Patienten sollten postoperativ für mindestens den Zeitraum der antimikrobiellen Therapie engmaschig nachkontrolliert werden, um allfällige unerwünschte Wirkungen frühzeitig zu erkennen. Während der stationären Behandlung sollten 1- bis 2-mal/Woche das Blutbild, die Nierenfunktion sowie die Tansaminasen kontrolliert werden. Während Fluorochinolone, Rifampicin, Linezolid und Cotrimoxazol zu einer Myelosuppression führen können, kann es unter Rifampicin zu einer toxischen Hepatitis kommen. In der Regel wird ein Transaminasenansteig um das Vierfache der Norm toleriert, höhere Werte sollten zur kritischen Reevaluation dieser Therapie führen. Bei Verabreichung von Vancomycin sollte zudem der Talspiegel engmaschig bestimmt werden, um subtherapeutische Spiegel (< 15 mg/l) bzw. eine Überdosierung (> 20 mg/l bei intermittierender Gabe und > 25 mg/l bei kontinuierlicher Gabe) und eine daraus resultierende akute Niereninsuffizienz zu vermeiden.

Fazit für die Praxis

Periprothetische Infektionen sind eine der schwerwiegendsten Komplikationen in der Endoprothetik des Hüftgelenkes. Ihre Therapie erfordert einen klaren Algorithmus. Therapieentscheidend ist der Zeitpunkt der Therapie. Die Reife des Biofilms entscheidet über das Vorgehen, d. h. den Prothesenerhalt oder den Wechsel durch eine entweder ein- oder zweizeitige Revision.
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