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Conn-Syndrom

Verfasst von: Heike Kaltofen, Dierk A. Vagts, Uta Emmig und Peter Biro
Synonyme
Conn-Louis-Sy; primärer Hyperaldosteronismus; „potassium losing nephritis“
Oberbegriffe
Endokrine Dysfunktion.
Organe/Organsysteme
Nebennierenrinde, Niere, endokrines System.
Inzidenz
Bei ca. 5–10 % der Hypertoniker liegt ein primärer Hyperaldosteronismus vor.
Ätiologie
Die vermehrte Produktion von Aldosteron kann durch ein Adenom, eine bilaterale Hyperplasie oder ein Karzinom der Nebenniere verursacht sein. Der Renin-Spiegel im Serum ist vermindert. Im Gegensatz dazu können systemische Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, hepatische Zirrhose oder nephrotisches Syndrom das Renin-Angiotensin-System stimulieren und zum sekundären Hyperaldosteronismus führen.
Bei Herzinsuffizienz führt die intrahepatische Verlangsamung des Blutflusses zu einem verminderten Abbau von Aldosteron und damit zu einem prolongierten Effekt. Bei einer genetisch übertragbaren Form der Nebennierenhyperplasie kommt es aufgrund einer Stimulation mittels ACTH zum Hyperaldosteronismus.

Symptome

Aldosteron bewirkt im distalen Tubulus eine erhöhte Natriumrückresorption und Kaliumsekretion. Infolge der Natrium- und Wasserretention kommt es zur arteriellen Hypertonie, meist begleitet von massiver Hypokaliämie und metabolischer Alkalose. Klinische Manifestationen der Hypokaliämie können Muskelschwäche, Ileus, Muskelkrämpfe und selten eine Rhabdomyolyse sein.
Vergesellschaftet mit
Herzrhythmusstörungen durch vermehrte myozytäre Zellautomatismen und verzögerte Repolarisation unter Hypokaliämie, Koronarinsuffizienz, diffuse Parästhesien, Proteinurie.
Im Kindesalter Wachstumsverzögerung, Entwicklungsrückstand.
Therapie
Primäre operative Beseitigung der Ursache, Volumenersatz und Kaliumsubstitution. Spironolakton als kompetitiver Aldosteronantagonist wirkt erst mit einer Latenz von 2 Wochen. Der idiopathische Hyperaldosteronismus mit bilateraler Nebennierenhyperplasie ist mittels Gabe von Dexamethason supprimierbar und führt zur Regression der Nebennierenhyperplasie.

Anästhesierelevanz

Die anästhesiologische Betreuung des Patienten ist im Rahmen der Adrenalektomie als primäre Therapie des Conn-Sy erforderlich.
Spezielle präoperative Abklärung
EKG, Blutgasanalyse, Elektrolytstatus. Abschätzung des intravaskulären Volumens. Bei Hinweis auf eine aldosteroninduzierte Kardiomyopathie weitergehende kardiologische Diagnostik durchführen.
Wichtiges Monitoring
Arterielle Kanülierung zur invasiven Blutdruckmessung und Kontrolle von Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt. EKG, Relaxometrie, Temperatur, zentraler Venendruck, Blutzucker.
Vorgehen
Das Vollbild des unbehandelten Conn-Sy erfordert die Normalisierung des intravasalen Volumens sowie die langsame Kaliumsubstitution über mehrere Stunden unter Intensivüberwachung. Bei Vorbehandlung mit antihypertensiven Medikamenten muss diese je nach Wirkdauer frühzeitig vor einer elektiven Adrenalektomie abgesetzt werden. Eine Absprache mit dem Operateur über die Lagerung des Patienten und eventuelle intraoperative Umlagerungen sind notwendig.
Die Durchführung einer Allgemeinanästhesie in Kombination mit einer Epiduralanästhesie ist sowohl bei der offenen Laparatomie als auch bei der laparoskopisch durchgeführten Operation sinnvoll.
Bei der Wahl der Anästhetika ist die Interaktion von Inhalationsanästhetika und Muskelrelaxanzien zu bedenken, durch die eine mögliche verlängerte Wirkdauer der neuromuskulären Blocker aufgrund einer bestehenden Hypokaliämie und metabolischen Alkalose zusätzlich verlängert werden kann. Die Applikation von Halothan birgt aufgrund der Sensibilisierung des Myokards gegenüber Katecholaminen und Theophyllin ein zusätzliches Risiko für Herzrhythmusstörungen. Bei Vorliegen einer metabolischen Alkalose ist eine Hyperventilation zu vermeiden, da eine Hypokaliämie aggraviert wird.
Darüber hinaus muss der Interaktion von Anästhetika mit der üblicherweise langwirksamen antihypertensiven Therapie Rechnung getragen werden. Bei der Durchführung einer totalen intravenösen Anästhesie unter Verwendung von Propofol kann eine erhebliche Hypotension eintreten.
Im Rahmen einer Adrenalektomie besteht intraoperativ ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen sowie einer schwierig zu beeinflussenden arteriellen Hypertension. Unbedingt muss eine Normokaliämie angestrebt werden. Bei der Manipulation an der Nebenniere kann es zu einer Ausschüttung von Katecholaminen kommen, die die Gabe von kurzwirksamen Vasodilatatoren erforderlich macht. Auch liegt bei etwa 50 % der Patienten infolge der chronisch bestehenden Hypokaliämie eine gestörte Glukosetoleranz vor, die insbesondere im Rahmen der perioperativen Stressreaktion manifest werden kann. Nach erfolgter kurativer Adrenalektomie bleibt eine arterielle Hypertonie häufig noch etwa ein Jahr bestehen.
Bei bilateraler Adrenalektomie ist der dauerhafte Ersatz von Mineralokortikoiden und Glukokortikoiden (Fludrokortison sowie Hydrokortison) erforderlich, gelegentlich auch zeitweilig bei unilateraler Adrenalektomie, da es zu einem temporären Hypoadrenalismus kommen kann.
Cave:
Störungen im Kaliumhaushalt, hypertone Hyperhydratation, Bradyarrhythmien, Kreislaufinstabilität.
Weiterführende Literatur
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