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Sotos-Syndrom

Verfasst von: Heike Kaltofen, Dierk A. Vagts, Uta Emmig und Peter Biro
Soto-Syndrom.
Synonyme
zerebraler Gigantismus
Oberbegriffe
Malformations-Ss; Gigantismus-Ss
Organe/Organsysteme
Skelettsystem, Bewegungsapparat, Nervensystem.
Inzidenz
Prävalenz ca. 1:14.000. Tendenziell häufiger bei Arabern und Japanern.
Ätiologie
Kongenital und hereditär. Mutation des NSD1-Gens, welches ein Protein zur Wachstumssteuerung und Entwicklung eines Individuums kodiert. Sowohl autosomal-dominant als auch autosomal-rezessiv vererbte Fälle sind dokumentiert worden.
Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Wiedemann-Beckwith-Combs-Sy, Weaver-Sy, Perlman-Sy, Simpson-Golabi-Behmel-Sy, Fragile-X-Sy, Bannayan-Zonana-Sy, Trisomie 15q26-qter, Nevo-Sy, Neurofibromatose Typ I, Marshall-Sy, Marfan-Sy, Homozystinurie, Akromegalie.

Symptome

Überproportionales Größenwachstum in den ersten 5 Jahren, Makrozephalie (Dolikozephalie, Prognatismus, Hypertelorismus, hoher gotischer Gaumen), vorangeschrittenes Knochenalter, früher Zahndurchbruch, Schwerhörigkeit, verzögerte Sprachentwicklung, muskuläre Hypotonie, mentale Retardierung, oft kombiniert mit Verhaltensauffälligkeiten (Autismus, Aggressivität, Phobien).
Vergesellschaftet mit
Hernien, Krampfneigung, kongenitale kardiale Erkrankungen (8–41 %), Neugeborenenikterus und -hypoglykämie, Skoliose, urogenitale Anomalien, Trinkschwierigkeiten, gastroösophagealer Reflux, Laryngomalazie, Neoplasien.
Therapie
Keine. Häufig sind Herniotomien erforderlich.

Anästhesierelevanz

Von Bedeutung sind v. a. die assoziierten Malformationen, die ein individuell zugeschnittenes, organspezifisch angepasstes Vorgehen erfordern. Tendenziell nimmt in somatischer Hinsicht die Abweichung von der Norm nach der Pubertät ab.
Spezielle präoperative Abklärung
Echokardiografie zum Nachweis oder Ausschluss von kardialen Missbildungen.
Wichtiges Monitoring
Relaxometrie, Pulsoxymetrie, Kapnometrie.
Vorgehen
Bei kardialen Malformationen Endokarditisprophylaxe durchführen.
Die kranialen Malformationen waren nach den bisherigen Berichten kein Grund für schwierige Atemwegsverhältnisse; in einem Fall war die nasale Intubation wegen Adenoiden nicht möglich, der orale Weg aber problemlos. Nach diesen Angaben war der Trachealdurchmesser normal, so dass die üblichen Berechnungsformeln für die Tubusgröße anwendbar waren. Aufgrund der Größenverhältnisse des Kopfes kann allerdings die erforderliche Eindringtiefe des Tubus höher sein als bei normalen Kindern. Daher sollte die Tubuslage vor Fixierung sorgfältig überprüft werden. Bei der Lagerung des Kopfes ist allerdings darauf zu achten, dass aufgrund des großen Okzipitalschädelbereichs eine stärkere Reklination bei der Laryngoskopie erforderlich sein kann. Für diesen Fall kann der Schultergürtel mit einem flachen Kissen unterlagert werden.
Aufgrund der ausgeprägten muskulären Hypotonie hat die Verwendung von Muskelrelaxanzien angepasst zu erfolgen. Es wird berichtet, dass bei Inhalationsanästhesie eine zusätzliche Muskelrelaxation gar nicht notwendig war. Andere Autoren haben Muskelrelaxanzien beider Kategorien problemlos anwenden können. Auf jeden Fall ist eine effektorientierte Dosierung unter relaxometrischer Kontrolle angezeigt.
Regionalanästhesieverfahren sind (bei Ausschluss von Kontraindikationen wie Spina bifida oder anderen Wirbelsäulenmalformationen) erfolgreich angewendet worden; allerdings können Patienten aggressiv und unkooperativ sein, was den Einsatz dieser Methode erschwert. Eine gangbare Alternative, insbesondere bei den häufigen Herniotomien, ist bei Kleinkindern der Kaudalblock als Zusatz zur Allgemeinanästhesie (nach Narkoseeinleitung) und zur postoperativen Analgesie.
Mehrfach wurde darüber berichtet, dass die Anwesenheit von Bezugspersonen (Eltern) bei der Einleitung sehr hilfreich gewesen sei.
Weiterführende Literatur
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