Das metabolische Syndrom
fasst einige miteinander assoziierte klinische Merkmale und Eigenschaften zusammen, die mit einem erhöhten Risiko für Herzkreislauferkrankungen assoziiert sind. Über die Jahre haben sich mehrere Definitionen unterschiedlicher Expertengremien herausgebildet, die unterschiedliche Merkmale und Eigenschaften für diese Definition benützen. Sie sind in Tab.
1 zusammengefasst. Historisch betrachtet sind schon vor Jahrzehnten die Zusammenhänge zwischen Bluthochdruck, Glukose- und Lipidstoffwechsel und
Arteriosklerose zu einem Syndrom zusammengefasst worden. In Deutschland wurde in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts durch Dresdner Ärzte der Begriff metabolisches Syndrom geprägt (Hanefeld et al.
2007). 1988 wurde durch G. Reaven die Insulinresistenz als pathogenetische Klammer postuliert und der Name Syndrom X
geprägt (Reaven
1988). Nebenbei sind auch Namen wie „Reaven Syndrome“
, „Insulin Resistance Syndrome“
, „Pluri-“
oder „Dysmetabolic Syndrome“
, „Cardiometabolic Syndrome“
oder „Deadly Quartet“
gebräuchlich. Dies alleine zeigt schon, dass hier eine erhebliche Unschärfe in der Definition vorliegt. Die in Tab.
1 aufgeführte Definition nach World Health Organisation (
1999) orientiert sich an der Glukosestoffwechsellage und der Insulinresistenz, ganz in der Tradition von Reaven. Die Definition des
National Cholesterol Education Program Adult Treatment Panel III (NCEP ATP III) (Expert Panel on Detection, Evaluation, und Treatment of High Blood Cholesterol in Adults
2001) wertet alle Kriterien gleich, während die Definition der International
Diabetes Federation (IDF) (Alberti et al.
2005) nun die abdominale
Adipositas als zentrales definierendes Element im Vordergrund stellt. Diese abdominale Adipositas wird aber heute weit differenzierter gesehen und in benigne und maligne Adipositas eingeteilt. Letztere geht vor allem mit einer Fettleber einher (Stefan et al.
2008), welche somit zur erweiterten Definition gehören würde. Die Definition des metabolischen Syndroms ist also weiter im Fluss, weitere Harmonisierungsbemühungen werden immer noch unternommen (Alberti et al.
2009).
Tab. 1
Definitionen des metabolischen Syndroms nach verschiedenen Organisationen (World Health Organization
1999; Expert Panel on Detection, Evaluation, und Treatment of High Blood Cholesterol in Adults
2001; Alberti et al.
2005)
Kriterien | A und ≥2 Kriterien B bis F | ≥3 Kriterien A bis E | B und ≥2 Kriterien A, C, D, E |
A: Glukosestoffwechsel | IFG, IGT oder Diabetes oder Insulinresistenz1 (bei NGT) | Nüchternblutzucker >6,1 mmol/l (>110 mg/dl) | Nüchternblutzucker >6,1 mmol/l (>110 mg/dl) |
B: Abdominale Adipositas | BMI >30 kg/m2 und/oder Taillen-Hüft-Quotient >0,90 (Männer) bzw. >0,85 (Frauen) | Taillenumfang >102 cm (Männer) bzw. >88 cm (Frauen) | Taillenumfang, spezifisch für Ethnien |
| ≥140/90 mmHg | ≥130/85 mmHg oder mit Therapie | ≥130/85 mmHg oder mit Therapie |
D: Triglyceride | ≥1,7 mmol/l 150 mg/dl) und/oder Männer: <0,9 mmol/l (<35 mg/dl) Frauen: <1 mmol/l (<39 mg/dl) | ≥1,7 mmol/l (150 mg/dl) | ≥1,7 mmol/l (150 mg/dl) |
E: HDL-Cholesterin | Männer: <1,03 mmol/l (<40 mg/dl) Frauen: <1,29 mmol/l (<50 mg/dl) | Männer: <1,0 mmol/l (<40 mg/dl) Frauen: <1,3 mmol/l (<50 mg/dl) |
F: Mikroalbuminurie | ≥20 μg/min | | |
Das metabolische Syndrom sollte eher als ein didaktisches Konzept angesehen werden, um Zusammenhänge zwischen miteinander assoziierten klinischen Merkmalen/Symptomen und Folgeerkrankungen des Herzkreislaufsystems zu beschreiben. Eine Diagnose, die im
Arztbrief Niederschlag findet, sollte das metabolische Syndrom nicht sein. Eine Subsummierung von Krankheiten wie beispielsweise die des
Diabetes mellitus Typ 2 in ein Syndrom einzig vom Blickwinkel der kardiovaskulären Folgen blendet alle anderen Aspekte dieser Erkrankung aus und „degradiert“ diese Erkrankung zu einem bloßen Risikofaktor. In der klinischen Praxis hat die Benennung der einzelnen Erkrankung Vorzug vor der Subsummierung unter ein Syndrom.