Einleitung
Unter einer
Vaskulitis versteht man eine Entzündung von Blutgefäßen. Dabei erfolgt die Unterteilung primär anhand der Gefäßgröße:
Großgefäßvaskulitiden, Vaskulitis mittelgroßer Gefäße und die Kleingefäßvaskulitis
. Je nach Entität unterscheiden sich die Endorganschäden. So führen Großgefäßvaskulitiden zu Ischämien und Nekrosen, Entzündungen mittelgroßer Gefäße zu Störungen von Organdurchblutungen und die Kleingefäßvaskulitiden zu Blutungen und Entzündungen. Die
Riesenzellarteriitis ist eine häufige Großgefäßvaskulitis und tritt häufig mit proximalen Myalgien und Allgemeinsymptomen auf. Die
Polymyalgia rheumatica ist zwar keine Gefäßentzündung, ihre Klinik ähnelt aber sehr der Großgefäßvaskulitis und ist eine wichtige Differentialdiagnose. Dabei stellt die PMR eine der häufigsten rheumatologischen Erkrankungen dar.
Ist die Arteria temporalis betroffen, muss sofort eine Therapie eingeleitet werden, da sonst eine irreversible Erblindung droht.
Die bekannteste Kleingefäßvaskulitis ist die
Granulomatose mit Polyangiitis (
GPA), früher als Morbus Wegener bezeichnet. Kleingefäßvaskulitiden können nach ihrem ANCA-Antikörperprofil
differenziert werden.
Polymyalgia rheumatica (PMR) und Arteritiden
Eine der häufigsten rheumatologischen Erkrankungen ist die
Polymyalgia rheumatica mit einer Inzidenz von 13–50/100.000 die mit zunehmendem Alter deutlich an Häufigkeit zunimmt. Die genaue Ursache ist nicht geklärt, es zeigen sich Entzündungen der Gelenke und Bursen vornehmlich des Schulter- und Beckengürtels (Kermani und Warrington
2013).
Klinisch präsentieren sich PatientInnen mit starken proximalen Myalgien im Schulter- und Beckengürtel. Haare kämmen, über Kopfarbeiten, Ein- und Aussteigen aus dem Auto werden als plötzlich problematisch geschildert. Allgemeinsymptome und Arthritis der kleinen Gelenke können ebenfalls auftreten. Bei Auftreten einer Arthritis kann die PMR in eine late onset
Rheumatoide Arthritis übergehen.
Entzündungsparameter sind häufig deutlich erhöht, dagegen findet sich die CK im Vergleich zur Myositis normwertig, das Antikörperprofil ist meist unauffällig (Buttgereit et al.
2016; Dejaco et al.
2015).
Die Arthrosonographie kann zur Detektion von Bursitiden und Tenosynovitiden beitragen, bei unklaren Befunden kann auch ein Positronen Emissions Tomographie/CT (PET/CT) weiterhelfen.
Als Leitfaden dienen die EULAR/ACR-Kritierien (Sivakumar et al.
2020).
Charakteristisch für die PMR ist ein rasches (teils innerhalb 24 h) Ansprechen auf eine moderate Glukokortikoiddosis. Wichtig ist ein sehr langsames Ausschleichen im Verlauf. Weiterhin kann
Methotrexat zur Remissionserhaltung eingesetzt werden.
Eine der wichtigsten Differentialdiagnosen der PMR ist die
Riesenzellarteriitis, deren
Prävalenz ebenfalls mit steigendem Alter zunimmt. Die klinischen Symptome ähneln sich häufig, da Myalgien und Muskelschwäche der proximalen Muskulatur auftreten können. Allerdings sind bei der Riesenzellarteriitis Kopfschmerz,
Sehstörungen, Kau-Claudicatio und Auftreten von vegetativen Symptomen charakteristischer, da diese mit der Entzündung von der Aorta und ihren Abgängen zusammenhängt. Eine gefährliche Komplikation ist die Amaurosis fugax, welche einen absoluten Notfall darstellt und sofortiger Behandlung bedarf, da es sonst zur Erblindung kommen kann. Bei Befall der Temporalarterie ist diese oft druckschmerzhaft und teils verhärtet. Es können Blutdruckdifferenzen zwischen linker und rechter Körperhälfte auftreten (Dejaco et al.
2018).
Entzündungszeichen sind meist deutlich erhöht.
Antikörper unauffällig.
Gefäßultraschall ist ein wichtiges Diagnostikum genauso wie die PET-CT (Weinrich et al.
2020). Bei fehlendem bildmorphologischen Nachweis ist eine Biopsie noch bis 2 Wochen nach Therapiebeginn möglich. Die Diagnostik sollte nie einen Therapiebeginn verhindern (Stone et al.
2017). Weiterer Leitfaden zur Diagnostik sind die EULAR/ACR-Klassifikationskriterien.
Therapie der Wahl sind hochdosierte
Glukokortikoide. Zur Remissionserhaltung dienen Interleukin-6-Rezeptor-Inhibitoren, seltener Methorexat.
Vaskulitis kleiner und mittelgroßer Gefäße (PAN, ANCA, MPA, GPA, EGPA)
Die Polyarteriitis nodosa (
PAN) ist eine nekrotisierende
Vaskulitis mittelgroßer Gefäße. Männer sind häufiger betroffen und die Erstmanifestation liegt um das 70. Lebensjahr.
Klinisch treten oft Allgemeinsymptome und Haumanifestationen wie eine Livedo racemosa (gekennzeichnet durch eine verzweigte Struktur livider Verfärbungen mit dem Erscheinungsbild unterbrochener Kreise), knotige Veränderungen oder Ulcerationen auf. Darüberhinaus treten Organischämien wie Darm- oder Nierenischämien auf. Auch Mononeuritiden können vorhanden sein. Bei männlichen Patienten findet sich häufig eine Orchitis. Eine Assoziation mit Hepatitiden ist bekannt (Hernández-Rodríguez et al.
2014).
Entzündungszeichen sind erhöht, weitere Laborparameter je nach Endorganschaden.
Sonographie und Angiographie sind maßgebliche Diagnostika. In der Angiographie zeigen sich charakteristische durch Stenosen verursachte „Perlschnurartige“ Darstellung der betroffenen Arterien.
Remissionsinduktion erfolgt mit Prednisolon, bei schweren Verläufen mit Cyclophosphamid. csDAMRD-Therapie (conventional synthetic disease-modifying anti-rheumatic drug) bei milderen Verläufen.
Das klinische Bild kann, bedingt durch die das ubiquitäre Vorkommen kleiner Gefäße, sehr unterschiedlich sein.
Häufig beginnt die Erkrankung mit Allgemeinsymptomen. HNO-Symptomatik wie chronische Sinusitiden, nasale Knorpeldestruktion („Sattelnase“) oder Otitiden manifestieren sich häufig. Pulmonale und renale Beteiligungen sind prognostisch eher ungünstig.
Bei der MPA ist die Lungenblutung eine schwerwiegende Komplikation.
Weitere Manifestationen umfassen kutane Manifestationen (palpable Purpura), Arthritiden und neurologische Symptome. Patienten mit einer
EGPA können ein
Asthma bronchiale in der Vorgeschichte aufweisen und haben ein hohes Risiko für eine kardiale Beteiligung in Form einer eosinophilen
Myokarditis.
Laborchemisch zeigen sich meist erhöhte Entzündungszeichen, weitere allgemeine Laborpathologien je nach Organbeteiligung. In der Immunserologie finden sich positive pANCA bei der MPA, cANCA bei der
GPA und meist eine hohe Eosionophilie bei der
EGPA. Weiterhin können bei der EGPA ebenfalls pANCA auftreten.
Neben dem Organscreening ist die Biopsie wichtiger Bestendteil der Diagnosefindung.
Therapeutisch werden bei allen drei Formen hochdosierte
Glukokortikoide in der Akutphase genutzt, bei Lungen- oder Nierenbeteiligung wird Cyclophosphamid begonnen, bei MPA und
GPA auch Rituximab. Zur Remissionserhaltung kommen csDMARD zum Einsatz (Mahr et al.
2016).