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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 24.04.2015

Großgefäßvaskulitiden

Verfasst von: Michael Czihal und Ulrich Hoffmann
Die primären Großgefäßvaskulitiden umfassen die Takayasu-Arteriitis und die Riesenzellarteriitis. Diese entzündlichen Gefäßerkrankungen betreffen vorrangig die großen Arterien (Aorta und ihre Äste), in variablem Ausmaß aber auch mittlere und kleine Arterien. Während die Takayasu-Arteriitis sich vor dem 50. Lebensjahr manifestiert, tritt die Riesenzellarteriitis nach dem 50. Lebensjahr auf. Die kraniale Manifestationsform mit Beteiligung der Temporalarterien ist charakteristisch für die Riesenzellarteriitis. Histopathologisch sind Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis nicht voneinander zu unterscheiden. Die klinische Symptomatik ist variabel und abhängig von den befallenen Gefäßterritorien, dem Schweregrad der Durchblutungsbeeinträchtigung sowie vom Ausmaß der systemischen Inflammation. Die Farbduplexsonographie gilt als Methode der ersten Wahl unter den bildgebenden Verfahren in der Diagnostik der Großgefäßvaskulitiden. Von den primären Großgefäßvaskulitiden abzugrenzen sind entzündliche Prozesse der Aorta und ihrer Äste im Rahmen einer Vielzahl von rheumatischen und seltener von infektiösen Erkrankungen. Die Therapiestrategien bei Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis beinhalten auch heute noch Glukokortikoide als zentralen Baustein.

Einleitung

Die primären Großgefäßvaskulitiden (GV) umfassen gemäß der 2012 revidierten Chapel-Hill-Nomenklatur die Takayasu-Arteriitis (TA) und die Riesenzellarteriitis (RZA) (Jennette et al. 2013). Diese entzündlichen Gefäßerkrankungen betreffen vorrangig die großen Arterien (Aorta und ihre Äste), in variablem Ausmaß aber auch mittlere und kleine Arterien.
Während die Takayasu-Arteriitis sich vor dem 50. Lebensjahr manifestiert, tritt die Riesenzellarteriitis nach dem 50. Lebensjahr auf. Die kraniale Manifestationsform mit Beteiligung der Temporalarterien (früher Arteriitis temporalis) ist charakteristisch für die Riesenzellarteriitis. Hingegen überschneiden sich beide Krankheitsbilder im Hinblick auf die Beteiligung der extrakranialen Arterien, sodass sie möglicherweise altersabhängige Ausprägungen derselben Krankheitsentität darstellen könnten.

Pathophysiologie

Auch histopathologisch sind Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis nicht voneinander zu unterscheiden. Es handelt sich um granulomatöse Panarteriitiden mit einem teils segmental ausgeprägten Entzündungszellinfiltrat aus Lymphozyten und Makrophagen. Häufig, aber nicht immer sind mehrkernige Riesenzellen am Übergang von Media zu Intima zu finden (Abb. 1). Charakteristisch ist die Destruktion der Lamina elastica interna.
Man geht von einer multifaktoriellen Genese basierend auf genetischen und Umweltfaktoren aus. Die Hypothese eines Infektionserregers als möglichem Trigger der Erkrankung konnte bisher nicht überzeugend belegt werden. Ein neuer Kandidat ist eine Burkholderia-pseudomallei-ähnliche Spezies, deren genetisches Material in Temporalisbiopsaten und Blut von Patienten mit Riesenzellarteriitis, nicht aber bei gesunden Kontrollen identifiziert werden konnte.
Über die Aktivierung dendritischer Zellen in der Adventitia, vermittelt über sog. „Toll-like“-Rezeptoren, kommt es zur Initiierung eines T-Zell-vermittelten Entzündungsprozesses mit klonaler Expansion CD4-positiver T-Lymphozyten. In der akuten Phase der Erkrankung sind zwei Subpopulationen von CD4-Zellen in der Gefäßwand nachzuweisen. Während jedoch die TH17-Zellen (Sekretion von Interleukin-17) unter Steroideinfluss nicht mehr nachweisbar sind, persistieren die TH1-Zellen (Produktion von Interferon-γ) und könnten so ursächlich für eine persistierende subklinische Inflammation unter Therapie sein.
Vermittelt durch Interferon-γ werden Makrophagen angelockt und aktiviert. Diese differenzieren zum Teil zu mehrkernigen Riesenzellen und bewirken sowohl die systemische Entzündungsreaktion (Sekretion von Interleukin-1β und -6) als auch die lokale Gefäßwanddestruktion (Fragmentation der Lamina elastica interna, z. B. durch Matrixmetalloproteinasen). Über die Sekretion von Wachstumsfaktoren wie „platelet derived growth factor“ resultiert eine Proliferation von Myofibroblasten. Die resultierende myointimale Hyperplasie ist das morphologische Korrelat der entzündlichen Gefäßstenosen.

Epidemiologie

Die Riesenzellarteriitis als Erkrankung der über 50-Jährigen ist die in Europa häufigste Form der primär systemischen Vaskulitiden, wobei ein Nord-Süd-Gefälle mit der höchsten Inzidenz in skandinavischen Ländern besteht (Inzidenz bis 17/100.000 Einwohner/Jahr). Die Takayasu-Arteriitis als Erkrankung der unter 50-Jährigen ist hingegen bei Menschen kaukasischer Abstammung selten (Inzidenz um 1–2/1.000.000 Einwohner/Jahr). Wesentlich häufiger tritt sie in Japan und Südostasien auf. Beide Erkrankungen zeigen eine Prädominanz des weiblichen Geschlechts mit einem Verhältnis von Frauen zu Männern von 2–3:1 bei der Riesenzellarteriitis und von bis zu 9:1 bei der Takayasu-Arteriitis.
Die Riesenzellarteriitis weist einen engen klinisch-epidemiologischen Zusammenhang zur Polymyalgia rheumatica (Kap. Polymyalgia rheumatica) auf. Bei bis zu 20 % der Patienten mit zunächst isolierter Polymyalgia rheumatica wird in der Folge eine Riesenzellarteriitis diagnostiziert.

Klinik und Befallsmuster

Das klassische Befallsmuster der Riesenzellarteriitis betrifft die kranialen Arterien (v.a. Temporalarterien sowie Äste der Arteria ophthalmica). In einem kleinen Teil der Fälle ist der Entzündungsprozess nur auf die Vasa vasorum der Temporalarterien bzw. periadventitiellen Arteriolen begrenzt. Nach den Ergebnissen bildgebender Studien sind in mehr als 50 % der Fälle auch extrakraniale Arterien (insbesondere Aorta und supraaortale Äste, femoropopliteale Arterien) betroffen (Tatò und Hoffmann 2008). Die klinische Symptomatik ist dementsprechend variabel und abhängig von den befallenen Gefäßterritorien, dem Schweregrad der Durchblutungsbeeinträchtigung sowie vom Ausmaß der systemischen Inflammation. Je höher das Alter bei Diagnose, desto häufiger dominiert die kraniale Manifestationsform. Je jünger der Patient, desto mehr verschiebt sich das Befallsmuster hin zu den extrakranialen Arterien, mit einer deutlichen Überlappung beider Befallsmuster.
Die kraniale Riesenzellarteriitis ist gekennzeichnet durch akut einsetzende, oft temporal betonte Kopfschmerzen (etwa zwei Drittel der Fälle). Die in 50 % der Fälle auftretende Kieferclaudicatio ist ein charakteristisches klinisches Zeichen der kranialen Riesenzellarteriitis. Permanente Visusstörungen betreffen bis zu jeden fünften Patienten und beruhen überwiegend auf einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie. Nicht selten gehen transiente Diplopien bzw. Visusausfälle (Amaurosis fugax) voraus. Etwa 40 % der Patienten weisen Beschwerden einer Polymyalgia rheumatica auf. Systemische Symptome (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) lassen sich bei etwa jedem zweiten Patienten erfragen. In diesem Zusammenhang stellt die Riesenzellarteriitis, insbesondere mit extrakranialer Beteiligung, eine wesentliche Ursache des Fiebers unklarer Genese bei älteren Patienten dar. Weitere Symptome der extrakranialen Riesenzellarteriitis sind die symptomatische Ischämie der oberen (Armclaudicatio) und unteren Extremitäten (Wadenclaudicatio bis hin zum ischämischen Ruheschmerz). Selten wird eine Beteiligung der Vertebralarterien mit Zeichen des Hirnstamminfarkts manifest.
Das Befallsmuster der Takayasu-Arteriitis ähnelt dem der extrakranialen Riesenzellarteriitis. Die Aorta, die Aa. carotides communes und die Aa. subclaviae (häufiger linksseitig) sind in über 70 % der Fälle beteiligt. Häufiger als bei der Riesenzellarteriitis sind zudem die Koronararterien und auch die renoviszeralen Arterien von Stenosen und Verschlüssen betroffen. In der ersten Phase der Erkrankung dominieren häufig unspezifische Allgemeinsymptome („prepulseless phase“), die Erkrankung kann in diesem Stadium der Erkrankung selbstlimitierend verlaufen. Bei entzündlicher Beteiligung der Karotiden kann eine Karotidodynie als Erstsymptom in Erscheinung treten. Die symptomatische Ischämie („pulseless phase“) manifestiert sich meist im Bereich der oberen Extremitäten (Armclaudicatio, Pulsverlust und Blutdruckseitendifferenz), gelegentlich auch mit Zeichen der zerebralen (Schlaganfall), myokardialen (Angina pectoris, Myokardinfarkt) und renalen Ischämie (renovaskuläre Hypertonie, Niereninsuffizienz).

Diagnostik

Die klinische Untersuchung kann in einem Teil der Fälle wegweisende Befunde liefern, etwa die druckschmerzhafte Induration und Verdickung der Temporalarterien bei kranialer Riesenzellarteriitis oder Pulsverlust und Strömungsgeräusche der Extremitätenarterien bei extrakranialer Riesenzellarteriitis und Takayasu-Arteriitis. Bei Patienten mit nicht stenosierender Verlaufsform kann die vaskuläre Untersuchung jedoch auch komplett unauffällig sein.
Sowohl Takayasu-Arteriitis als auch Riesenzellarteriitis gehen in aller Regel mit einer humoralen Entzündungskonstellation (unterschiedlich ausgeprägte Erhöhung von C-reaktivem Protein, beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit) einher. Häufiger als eine Leukozytose findet man bei aktiver Großgefäßvaskulitis eine Thrombozytose, ferner im Rahmen der chronischen Entzündung nicht selten eine normochrome, normozytäre Anämie. Spezifische Biomarker für die Diagnose der Großgefäßvaskulitis wurden bisher nicht etabliert.
Bildgebende Verfahren haben mittlerweile einen zentralen Stellenwert in der Diagnostik der primären Großgefäßvaskulitiden, mit der Farbduplexsonographie als Methode der ersten Wahl (Schmidt 2013). Der charakteristische sonomorphologische Befund ist die echoarme konzentrische Wandverdickung, die bei der Riesenzellarteriitis insbesondere im Bereich von Temporalarterien (hier als Halo bezeichnet, Abb. 2), Aa. subclaviae/axillares und Aa. femorales superficiales (Abb. 3) nachzuweisen ist. Bei der Takayasu-Arteriitis sind vor allem die Aa. subclaviae und Aa. carotides communes (hier als Maccaroni-Zeichen benannt) betroffen. Für die Diagnose der kranialen Riesenzellarteriitis liegen Sensitivität und Spezifität der FDS nach den Ergebnissen einer Metanalyse bei 68 % und 91 %. Insbesondere das bilaterale Halo-Zeichen ist hochspezifisch. Die Sensitivität der Farbduplexsonographie der Temporalarterien nimmt bereits in den ersten Tagen der Kortikosteroidtherapie rasch ab, während die Wandverdickungen der extrakranialen Arterien in der Regel länger nach Therapiebeginn darstellbar sind.
In Fällen von isolierter Vaskulitis der Vasa vasorum bzw. der periadventitiellen Arteriolen ist die Sensitivität der Farbduplexsonographie der Temporalarterien unzureichend (20 %). Daher bleibt die Temporalisbiopsie weiterhin der Referenzstandard in der Diagnostik der kranialen Riesenzellarteriitis. Auf der anderen Seite bleibt zu berücksichtigen, dass die Temporalisbiopsie in etwa 50 % der Fälle mit extrakranialer Riesenzellarteriitis negativ bleibt.
Heute wird die Temporalisbiopsie vielerorts nur noch in Fällen mit klinischem Verdacht auf kraniale Riesenzellarteriitis und negativer Farbduplexsonographie der Aa. temporales und Aa. subclaviae/axillares durchgeführt. Die sonographiegesteuerte präoperative Markierung betroffener Arteriensegmente verbessert die diagnostische Ausbeute der Biopsie nicht. Eine geplante Temporalisbiopsie darf die Einleitung einer Glukokortikoidtherapie nicht verzögern, die diagnostische Güte der Temporalisbiopsie bleibt bis zu 14 Tage nach Therapiebeginn erhalten. Aufgrund des segmentalen Befallsmusters muss das Biopsat eine Länge von mindestens 1 cm umfassen.
Der Stellenwert schnittbildgebender Verfahren, also der Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT), liegt vor allem in der Darstellung der thorakalen Aorta. Auch bei diesen Modalitäten ist die konzentrische Wandverdickung der Aorta und ihrer Äste charakteristisch (Abb. 4). In der kontrastmittelverstärkten Computertomographie und Magnetresonanzangiographie können mit hoher diagnostischer Genauigkeit Aneurysmen der thorakalen Aorta sowie Stenosen und Verschlüsse der supraaortalen Arterien dargestellt werden. Die Magnetresonanzangiographie weist zudem eine im Vergleich zur Farbduplexsonographie vergleichbare Sensitivität und Spezifität für die Detektion der kranialen Riesenzellarteriitis auf, ist jedoch ungleich teurer und logistisch aufwendiger. Als Goldstandard der bildgebenden Diagnostik der extrakranialen Großgefäßvaskulitiden kann heute die Positronenemissionstomographie mit radioaktiv markierter Glukose (18-FDG-PET), in der Regel kombiniert mit einer CT-Untersuchung (18-FDG-PET/CT), angesehen werden (Abb. 4 und 5). Hier kann der entzündliche Prozess in der Gefäßwand direkt visualisiert werden, zum Teil bevor strukturelle Veränderungen nachweisbar sind. Sensitivität und Spezifität für die Diagnose der (therapienaiven) Großgefäßvaskulitiden liegen bei bis zu 92 % bzw. 100 %, wobei bisher keine einheitlichen Vorgaben bezüglich der anzuwendenden diagnostischen Kriterien existieren. Insbesondere in der Indikation „Fieber unklarer Genese“ kann mittels 18-FDG-PET/CT neben anderen inflammatorischen sowie neoplastischen Prozessen auch die Großgefäßvaskulitis als eine Ursache diagnostiziert werden. CT und 18-FDG-PET/CT beinhalten die Exposition zu erheblichen Dosen an Röntgenstrahlung; insbesondere bei den jungen Patient(inn)en mit Takayasu-Arteriitis muss dies bei der Indikationsstellung kritisch berücksichtigt werden.
Es ist anzumerken, dass die Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology von 1990 für Riesenzellarteriitis und Takayasu-Arteriitis nicht für diagnostische Zwecke im klinischen Alltag entwickelt und validiert wurden. Überdies tragen diese Kriterien dem heutigen Stellenwert moderner bildgebender Verfahren nicht gebührend Rechnung und werden daher hier nicht aufgeführt.

Differenzialdiagnostik

Von den primären Großgefäßvaskulitiden abzugrenzen sind entzündliche Prozesse der Aorta und ihrer Äste im Rahmen einer Vielzahl von rheumatischen und seltener von infektiösen Erkrankungen (Tab. 1). Die kraniale Riesenzellarteriitis kann vereinzelt durch andere Vaskulitiden (z. B. Polyarteriitis nodosa) oder Systemerkrankungen (z. B. Amyloidose) mimikriert werden. Daneben kommt für die verschiedenen klinischen Symptomkomplexe wie Kopfschmerz, Extremitätenclaudicatio oder „Fieber unklarer Genese“ eine breite Palette an Differenzialdiagnosen infrage.
Tab. 1
Ätiologisches Spektrum entzündlicher Erkrankungen der großen Gefäße am Beispiel der Aortitis
Autoimmun
Infektiös
Primäre Großgefäßvaskulitiden
- Riesenzellarteriitis
Isolierte Aortitis
- Isolierte idiopathische Aortitis der thorakalen Aorta
- - Isolierte idiopathische Periaortitis der abdominellen Aorta
- - Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma
- IgG4-assoziierte Aortitis
Aortitis im Rahmen rheumatischer Erkrankungen
- Spondylitis ankylosans
- Cogan-Syndrom
- Reiter-Syndrom
Grampositive Bakterien
- Staphylococcus species
- Enterococcus species
- Streptococcus pneumoniae
Gramnegative Bakterien
- Salmonella species
Sonstige bakterielle Erreger
- Mycobacterium tuberculosis
- Treponema pallidum
Pilze
- Aspergillus species

Therapie

Die Therapiestrategien bei Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis beinhalten auch heute noch Glukokortikoide als zentralen Baustein (Mukhtyar et al. 2009). Eine initiale Dosis von 1 mg/kg Körpergewicht (max. 60 mg/Tag) muss nach Normalisierung der Entzündungszeichen schrittweise reduziert werden. Über die Geschwindigkeit der Reduktion besteht kein genereller Konsens, ein mögliches Reduktionsschema ist in Tab. 2 angegeben. Bei der Riesenzellarteriitis wird im Falle einer kranialen ischämischen Komplikation, insbesondere also der anterioren ischämischen Optikusneuropathie, eine intravenöse Induktionstherapie mit hochdosierten Glukokortikoiden (Methylprednisolon 500–1000 mg/Tag über 3 Tage) empfohlen.
Tab. 2
Mögliches Schema zur Prednisolonreduktion bei Riesenzellarteriitis
Prednisolondosis/Reduktionsschritt
Zeitraum
1 mg/kg Körpergewicht, max. 60 mg/Tag*
Für 2–4 Wochen
Reduktion in 10 mg-Schritten bis 20 mg/Tag
Zweiwöchentlich
Reduktion in 2,5 mg-Schritten bis 10 mg/Tag
Zweiwöchentlich
Reduktion in 1 mg-Schritten
Vierwöchentlich
* Bei kranialen ischämischen Komplikationen initial intravenöse Pulstherapie mit 500–1000 mg Methylprednisolon/Tag für 3 Tage
Die Dauer der Steroidtherapie ist mit mindestens ein bis zwei Jahren zu veranschlagen. Mehr als 50 % der Patienten erleiden jedoch unter Steroidtherapie Rezidive, und Nebenwirkungen der Steroidtherapie sind im Langzeitverlauf bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten zu verzeichnen. Im Falle eines Rezidivs wird die Erhöhung der Prednisolondosis um 5–10 mg/Tag empfohlen, im Falle vaskulitisassoziierter ischämischer Komplikationen unter Therapie hingegen eine erneute Remissionsinduktion mit Prednisolon 1 mg/kg Körpergewicht/Tag (max. 60 mg/Tag). Die Therapiekontrolle erfolgt anhand des klinischen Verlaufs sowie der humoralen Entzündungszeichen (CRP, BKS). Der Stellenwert bildgebender Verfahren wie der 18-FDG-PET/CT in der Beurteilung der Vaskulitisaktivität unter Therapie ist nicht abschließend geklärt.
Zur Steroidersparnis wird bei der Riesenzellarteriitis nach dem Ergebnis einer Metaanalyse primär Methotrexat (10–15 mg/Woche) eingesetzt, mit einem jedoch nur moderaten Effekt auf die Reduktion der Rezidivrate und der kumulativen Glukokortikoidmenge. Randomisierte Studien für die Takayasu-Arteriitis liegen nicht vor, aus kleineren Kohortenstudien wurden jedoch positive Ergebnisse im Hinblick auf die Remissionsinduktion für Methotrexat (15–25 mg/Woche) und Azathioprin (2 mg/kg Körpergewicht/Tag) berichtet. Sowohl für die therapierefraktäre Riesenzellarteriitis als auch für die Takayasu-Arteriitis wurden hohe Remissionsraten in Fallserien für Cyclophosphamid berichtet, hier limitiert jedoch die Toxizität der Therapie den Einsatz auf schwerwiegende, lebensbedrohliche Erkrankungsverläufe. Leflunomid (20 mg/Tag) könnte nach den Ergebnissen von Fallserien ebenfalls eine Therapiealternative bei refraktärer Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis darstellen.
Die TNF-α-Inhibitoren Infliximab und Adalimumab konnten, adjunktiv zu Glukokortikoiden bei Patienten mit therapienaiver Riesenzellarteriitis eingesetzt, Rezidivrate und Steroiddosis nicht günstig beeinflussen. Bei Patienten mit therapierefraktärer Großgefäßvaskulitis konnte in Fallberichten und Fallserien jedoch ein positiver Effekt der TNF-α-Inhibitoren beobachtet werden. Vielversprechende Ergebnisse sowohl für Patienten mit therapierefraktärer Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis sind für den Interleukin-6-Rezeptorantagonisten Tocilizumab berichtet worden. Ergebnisse einer derzeit laufenden randomisierten Studie mit dieser Substanz an Patienten mit Riesenzellarteriitis bleiben abzuwarten.
Neben der immunsuppressiven Therapie wird für die Riesenzellarteriitis bei Fehlen von Kontraindikationen die Gabe eines Thrombozytenaggregationshemmers empfohlen. Aufgrund der gleichzeitigen Glukokortikoidgabe muss dabei eine Magenulkusprophylaxe mit Protonenpumpenhemmern erwogen werden. Die allgemeinen Maßnahmen zur Prophylaxe von Komplikationen der Glukokortikoidtherapie sind zu berücksichtigen.
Kritische Durchblutungsstörungen bei extrakranialer Riesenzellarteriitis (insbesondere Beinischämie) und Takayasu-Arteriitis (z. B. renale und myokardiale Ischämie, zerebrovaskuläre Insuffizienz) können den Einsatz revaskularisierender Verfahren erfordern. Angesichts der erheblichen Komplikationsraten von bis zu 44 % nach fünf Jahren (insbesondere Restenosen) sollte die Indikation sehr streng gestellt werden. Wenn immer möglich sollte vor einem vaskulären Eingriff eine Remission der entzündlichen Aktivität erzielt werden. In retrospektiven Studien waren die Langzeitoffenheitsraten nach Bypasschirurgie höher als nach endovaskulären Eingriffen (perkutane transluminale Angioplastie mit oder ohne Stenting).

Verlauf und Prognose

Die Frühkomplikationen der Großgefäßvaskulitiden sind in erster Linie ischämischer Genese. Der meist durch eine anteriore ischämische Optikusneuropathie bedingte Visusverlust bei Riesenzellarteriitis ist in der Regel auch unter Therapie irreversibel. Während Stenosen der Aa. subclaviae/axillares bei Takayasu-Arteriitis und Riesenzellarteriitis durch Kollateralisation in der Regel gut kompensiert werden, kann bei Beteiligung der Beinarterien durch den oft ausgedehnten Befall eine kritische Ischämie mit Gefährdung der betroffenen Extremitäten resultieren. Ernste, zum Teil lebensbedrohliche Frühkomplikationen können bei der Riesenzellarteriitis vor allem aus einer Hirnstammischämie bei Beteiligung der Vertebralarterien resultieren, bei der Takayasu-Arteriitis aus Myokardinfarkten und schwerer arterieller Hypertonie bei Einbezug der Koronar- oder Nierenarterien. Daneben weisen Patienten mit Riesenzellarteriitis im ersten halben Jahr der immunsuppressiven Therapie eine erhöhte Rate akuter, zum Teil opportunistischer Infektionserkrankungen auf.
Bei beiden Erkrankungen stellen Aneurysmen und Dissektionen insbesondere der thorakalen Aorta gefürchtete Langzeitkomplikationen dar. So haben Patienten mit Riesenzellarteriitis ein bis zu 17-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines (typischerweise in der Aorta ascendens lokalisierten) thorakalen Aortenaneurysmas bzw. einer Aortendissektion oder -ruptur (Abb. 6). Das Risiko steigt dabei etwa fünf Jahre nach Erstdiagnose der Erkrankung signifikant an. Wenngleich keine evidenzbasierten Screeningstrategien existieren, wird aktuell empfohlen, Patienten mit Riesenzellarteriitis regelmäßig (z. B. alle 2 Jahre) einer transthorakalen Echokardiographie und einer Röntgen-Thoraxuntersuchung zu unterziehen. Auch bis zu 25 % der Patienten mit Takayasu-Arteriitis entwickeln im Verlauf aneurysmatische Komplikationen, die neben der Aorta ascendens auch aortale Äste, beispielsweise die Koronararterien, betreffen können.
Die Mortalität ist bei der Gesamtheit der Patienten mit Riesenzellarteriitis im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung nicht erhöht. Nach den Ergebnissen populationsbasierter Analysen haben jedoch Riesenzellarteriitispatienten mit einer aortalen Komplikation wie auch allgemein die Patienten mit Takayasu-Arteriitis eine ungefähr dreifach erhöhte Mortalitätsrate gegenüber der Allgemeinbevölkerung.
Literatur
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Schmidt WA (2013) Imaging in vasculitis. Best Pract Res Clin Rheumatol 27(1):107–118CrossRefPubMed
Tatò F, Hoffmann U (2008) Giant cell arteritis: a systemic vascular disease. Vasc Med 13(2):127–140CrossRefPubMed