Ist trotz abwartender Haltung und reifem Vaginalbefund kein Geburtsbeginn zu erkennen, führen häufig traditionelle und komplementäre Methoden zum Erfolg, ehe zur medikamentösen Einleitung gegriffen wird. Hat die Frau Geburtswehen, aber bleiben diese erfolglos oder sind zu schmerzhaft und krampfartig, ist es sinnvoll, mehrere Maßnahmen zu ergreifen. Wenn dies auch unwissenschaftlich ist, hier geht es um den Faktor Zeit. Jedes allopathische Arzneimittel weniger ist ein Erfolg, denn es wird nicht in den neurologischen Kreislauf eingegriffen – wenn dann nur mittels sympathischer Zuwendung und durchblutungsanregender, wie entspannender Massage, was immer oxytocinförderlich ist und mittels Dammmassageöl zur Unverletztheit beiträgt.
Homöopathie
Die routinemäßige, geburtsvorbereitende Gabe 4 Wochen vor der Geburt, von Caulophyllum, Pulsatilla und Cimicifuga und/oder Gelsemium in tiefer Potenzwahl, oft auch als Komplexmittel wird in der Homöopathie sehr kontrovers diskutiert. Insbesondere sollten frühe Gaben unterlassen werden, da dies oftmals zu falschen und uneffektiven Wehen führen kann. Diese Phytohomöopathie kann einige Tage vor dem Geburtstermin oder bei Übertragung eine Maßnahme sein, wenn das Simile, warum auch immer, nicht eingesetzt wird. Jedoch ist immer das Simile zu bevorzugen.
Belladonna – ein homöopathisches Schmerzmittel, ES: Temperamentvoll, verärgert, große angsterfüllte Augen; ruft nach der Mama. LS: Heftige, kräftige Wehen: plötzlich da – plötzlich weg. Muttermund (MM) spastisch, rigide, sehr schmerzempfindlich, blutet auf Berührung hellrot; „gebärdet sich“, bevorzugt Vierfüßlerstand, verbeißt sich im Kissen o. Ä. Modalitäten: V Mitternacht, Berührung, Kälte. B Wärme, Alleinsein. C30, C200
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Caulophyllum, LS: Noch unreifer Muttermund. Modalitäten: V im Freien, durch Kaffee. B Wärme.
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Wehenanregend: D3, D4, D6, C2, C3, viertel- bis halbstündlich
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Wehenregulierend: C6, stündliche Gabe bis zur Veränderung
Chamomilla – das homöopathische „Schmerzmittel“. ES: Ungeduldig, hypochondrisch bis aggressiv und hysterisch; fordert laut um Hilfe, kann und will nichts mehr aushalten; „die Dramaqueen“. LS: Wehen unerträglich, will Periduralanästhesie (PDA); Muttermund rigid und leicht blutend bei Berührung; durstig, auffallend rotes Gesicht. Modalitäten: V 21:00 Uhr. B reichlich Zuwendung. C6, C30, C200
Cimicifuga – das Mittel bei relativem Missverhältnis. ES: gereizt, pessimistisch, HWS-Syndrom in der Anamnese; redet viel, befürchtet Schlimmstes und sieht alles schwarz. LS: Wehen erfolglos, krampfartiger
Schmerz von Hüfte zu Hüfte; evtl. Deflexionshaltung. Modalitäten: V Bewegung. B im Freien, Wärme, Druck.
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Wehenanregend: D3, D 4, D 6, C 2, C 3 viertel- bis halbstündlich
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Wehenregulierend: C 6 stündliche Gabe bis zur Veränderung,
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Wehen sehr schmerzhaft, Geburtsstillstand bei fast vollständigem MM und VGT Beckeneingang: C 200
Coffea – bewährte Arznei bei tiefstehendem Kopf, Dammdehnung. ES: Euphorisch, ideenreich, emotional, nervöse Reizbarkeit bis zur Panik. LS: Frau ist außer sich (orgastisch); Ohnmacht in der Wehenpause. Modalitäten: V Berührung. B Wärme, Liegen. C6, C30
Gelsemium – häufiges Mittel bei Mehrgebärenden, sehr informierten Erstgebärenden. ES: Erregung, Angst vor dem was kommt (erinnert sich an das letzte Mal, fragt: „ist es soweit, was geschrieben steht“. LS: Zittrige Schwäche mit nervöser Erregung, will gehalten werden; erschöpft und müde in der Wehenpause; Wehen haben begonnen – hören wieder auf; Geburtsstillstand bei eröffnetem MM; Modalitäten: V morgens, Zugluft. B Ruhe. C6, C30
Kalium carbonicum, ES: Starke Selbstkontrolle, kann nicht loslassen. LS: Scharfer, heftiger Wehenschmerz im Rücken, zieht ins Gesäß zum Oberschenkel; Hydramnion, Mehrlingsgeburt. Modalitäten: V 2:00–4:00 Uhr. B Druck und Halt im Rücken, Massage.
Platinum, ES: Exzentrisch, extrovertiert, redegewandt, hager; VIP; LS: Hysterisch, melancholisch im
Schmerz; Wunschsectio; Geburt ist für sie erniedrigend, beschämend; will Narkose; empfindliche Vulva und Vagina; schwierig, einen vaginalen Befund zu erheben; sie wirkt übererregt; weint und verkrampft, will Spiegel und Kamera. Modalitäten: V abends, nachts, Hitze, Kaffee. B im Freien, nach Weinen. C30. C200
Pulsatilla – die hilfreiche,
potenzabhängige Arznei zur Geburt! ES: In freudiger Erwartung, braucht Trost und viel Zuwendung; alles ist wechselhaft: Meinung, Stimmung, Körperhaltung, Wehentätigkeit. LS: Übertragungssituation, kann nicht loslassen „es ist so schön, schwanger zu sein“.
Schmerz im Oberbauch; braucht frische Luft, will spazieren gehen; Vorangehender Teil (VGT) ballotiert am Beckeneingang. Modalitäten: V allein; morgens und abends. B frische Luft, Trost.
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Wehenanregend: D3, D4, D6, C3, C6 viertel- bis halbstündlich
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Wehenregulierend: C6, C30 stündliche Gabe bis zur Veränderung
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Wehen schmerzhaft, Geburtsstillstand bei fast vollständigem MM und VGT Beckeneingang: C200
Sepia, ES: Intellektuell, eher emotionslos; will erlöst sein von der Schwangerschaft. Eher vor dem erwarteten Geburtstermin. Wirkt abgespannt, muss noch dringend Geschäftliches erledigen, Anweisungen geben für zu Hause. Hat bewusst diesen Geburtsort gewählt. Beziehungskrisen. LS: Kind drückt auf die Zervix, tief im Becken bereits in der Latenzphase. Will Wasser- oder Hockergeburt. Modalitäten: V morgens, abends, Kälte. B wärme, heißes Bad, Saures, Bewegung, Musik. C6, C30, C200
Beachte: Caulophyllum, Cimicifuga, Pulsatilla können als Phytohomöopathie, ohne Symptomübereinstimmung als einleitende Maßnahmen in viertel- bis halbstündlichem Abstand im Wechsel verabreicht werden.
Weitere mögliche Mittel: Arnica, Bryonia,
Calcium carbonicum, Nux vomica, Lycopodium.
Phytotherapie
Wehenanregende Teezubereitung aus: Ingwerwurzel (Zingiber officinalis) ca. 2 cm, Nelkenknospen (Syzygium aromaticum) 10–12, Ceylonzimtrinde (Cinnamomum ceylanicum) 1 Stange zusammen köcheln. Eisenkraut/Verbene (Verbena officinalis) 1 EL aufgießen und dann mit dem Gewürztee zugeben.
Begleitender Tee aus: Brombeerblätter (Rubus fructus folium), Frauenmantel (Alchemilla vulgaris), Schafgarbe (Achillea millefolium), doppelte Menge Himbeerblätter (Rubus idaeus).
Geburtsvorbereitend: Traditionell werden ab der 34. Schwangerschaftswoche neben Heublumensitzbädern 3–4 Tassen Himbeerblätter und täglich 1 EL geschroteter Leinsamen empfohlen um eine Weichheit des Beckenbodens zu unterstützen (Schilcher
2016).
Wehen einleitend: Rizinusöl (Oleum Ricinus communis). Zur einmaligen Anwendung bei diagnostizierter Übertragung wird der bekannte und wissenschaftlich bestätigte Effekt von Rizinusöl durch die Stimulierung der Prostaglandinsynthese positiv genutzt (Krist 2013). Die Kontraindikation „uterustimulierende Wirkung“ wird nun zur Indikation.
Rezept: 20–30 ml Rizinusöl, 1 Glas Aprikosensaft, 1 TL klarer Schnaps als Emulgator. Alles mischen und idealerweise die wehenbegünstigende Parasympathikuszeit nutzen zum Trinken, also spätabends oder am frühen Morgen.
Wichtig zu wissen: Bei Rizinusöl muss die Abwesenheit des tödlichen Rizins (toxisches Lektin Ricin und Pyridinalkaloid) nachgewiesen werden. Dieses Eiweiß geht bei der Pressung der Samen nicht ins Öl über, dennoch muss aus Sicherheitsgründen die Abwesenheit nachgewiesen werden, so die Vorschrift im Pharmazeutischen Europäischen Arzneibuch. Der oft befürchtete Elektrolytverlust tritt erst bei einer Einnahme von 1–2 Wochen ein (Schilcher
2016).