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Die Geburtshilfe
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Publiziert am: 14.06.2023

perinatale Mortalität

Verfasst von: Günther Heller
Die perinatale Mortalität oder perinatale Sterblichkeit gilt seit jeher als eine zentrale Maßzahl für die Qualität bzw. das Niveau der geburtshilflichen und frühen Versorgung. Dies lässt sich dadurch begründen, dass sich, seit der neonatologischen Verfügbarkeit entsprechender Statistiken, starke Bezüge zu sozialen und allgemeinen Lebensbedingungen aber auch zur medizinischen Versorgung der untersuchten Populationen aufzeigen lassen.
Die perinatale Mortalität oder perinatale Sterblichkeit gilt seit jeher als eine zentrale Maßzahl für die Qualität bzw. das Niveau der geburtshilflichen und frühen Versorgung. Dabei lassen sich, seit der neonatologischen Verfügbarkeit entsprechender Statistiken, starke Bezüge zu sozialen und allgemeinen Lebensbedingungen, aber auch zur medizinischen Versorgung der untersuchten Populationen aufzeigen. Aus diesem Grund gilt die perinatale Mortalität als ein zentraler Indikator der Gesundheitsversorgung von Regionen oder Populationen.
Die perinatale Mortalität setzt sich zusammen aus der Sterblichkeit vor der Geburt (Totgeburtlichkeit) und der Sterblichkeit innerhalb der ersten 7 Lebenstage (frühe neonatale Sterblichkeit). Um diese Mortalitätsmaße für unterschiedlich große Populationen vergleichen zu können, ist es üblich, diese als Raten, typischerweise auf 1000 Geburten und pro Jahr anzugeben (im Folgenden mit ‰ bezeichnet).
In internationalen Vergleichen zeigen sich nach wie vor deutliche Unterschiede der perinatalen Sterblichkeiten. So betrug nach aktuellen Angaben der OECD die perinatale Sterblichkeit für das Jahr 2018 in der Türkei 11,0 ‰, bzw. in Mexiko 10,9 ‰, während die Angaben aus Island lediglich 2,1 ‰ aufwiesen.
Gleichzeitig lässt sich die Entwicklung der perinatalen Sterblichkeit über die Zeit beschreiben. Auf Basis der gleichen Daten (OECD 2021) ergeben sich zwischen 2005 und 2018 für Länder wie die Türkei, Mexiko oder Kolumbien deutliche Rückgänge der perinatalen Sterblichkeiten. Im Vergleich dazu sind in der Schweiz, Österreich oder Deutschland allenfalls moderate Veränderungen zu erkennen.
Allerdings ist zu beachten, dass die exakten operationalen Definitionen für Tot- und Lebendgeborene, mit Blick auf die Untergrenzen von Gestationsalter bzw. Geburtsgewicht auch innerhalb Europas nicht identisch sind. Für international vergleichende Analysen ist daher eine Harmonisierung dieser Kriterien unabdingbar.
Werden längere Zeiträume innerhalb eines Landes beobachtet, lassen sich auch für entwickelte Staaten deutlich Rückgange feststellen. So betrug die perinatale Mortalität in Deutschland 1955 über 40 ‰ im Jahr, fiel anschließend stark ab und weist derzeit eine perinatale Mortalitätsrate von 5–6 ‰ auf. Bei dieser Trendanalyse ist allerdings zu beachten, dass sich die Definitionen für Lebend- und Totgeburten und damit die Definitionen für die perinatale Mortalität für Deutschland in diesem Zeitraum mehrfach geändert haben.
Allerdings ist festzustellen, dass in neueren Publikationen Angaben zur perinatalen Sterblichkeit in dieser Form zunehmend seltener zu finden sind. Stattdessen werden immer häufiger die zugrunde liegenden Mortalitätsraten wie Totgeburtenraten, (frühe) neonatale Sterblichkeiten, aber auch Säuglingssterblichkeiten (Sterblichkeit von Lebendgeborenen innerhalb des 1. Lebensjahres ausgewiesen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Tatsache sinnvoll, als mutmaßlich recht unterschiedliche Ursachen mit den beobachteten Sterblichkeiten in den unterschiedlichen Zeiträumen in Verbindung gebracht werden können.
So zeigt eine aktuelle Trendanalyse für Deutschland in den vergangenen 13 Jahren überraschend einen Anstieg der perinatalen Mortalität, die sich wiederum auf eine Zunahme der Totgeburtlichkeit zurückzuführen lässt.
In der Vergangenheit wurde die perinatale Mortalität auch als Qualitätsindikator oder Kennzahl für einzelne geburtshilfliche Einheiten genutzt. Angesichts der nunmehr niedrigen perinatalen Sterblichkeiten in entwickelten Staaten, hat diese Art der Verwendung der perinatalen Mortalität stark an Bedeutung verloren. So wird aktuell in Deutschland nicht die perinatale Mortalität, sondern ein risikoadjustierter „Qualitätsindex zum kritischen Outcome“ genutzt, um die Qualität der Geburtskliniken zu vergleichen. Dieser beinhaltet neben Angaben zur Sterblichkeit, den APGAR-Score, wie auch Blutgaswerte der Nabelschnurarterie und bezieht sich auf reife Feten/reifgeborene Kinder, die bei Aufnahme ins Krankenhaus noch lebten.
Angesichts der deutlich geringeren perinatalen Sterblichkeiten in Europa im Vergleich zu weniger entwickelten Ländern könnte vermutet werden, dass nennenswerte Verbesserungen in diesem Bereich für Europa nicht mehr zu erwarten sind.
Dem ist entgegen zu halten, dass aufgrund der Studien der Euro-Peristat Gruppe in den Jahren 2004 und 2010 erhöhte perinatale Sterblichkeiten in den Niederlanden im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten auffielen, was dort zu zahlreichen Initiativen und mittlerweile zu merklichen Verringerungen der perinatalen Sterblichkeiten führte. Aktuelle Berichte aus Großbritannien berichten darüber hinaus über rückläufige Sterblichkeiten in der Perinatalperiode im Zusammenhang mit dortigen Public-Health-Initiativen.
Vor diesem Hintergrund, wie auch angesichts der in Deutschland beschriebenen aktuellen Trends, scheint auch in Europa eine anhaltend hohe oder vermehrte Aufmerksamkeit, Surveillance und Aufarbeitung von perinatalen Todesfällen ebenso zielführend wie wünschenswert.

Zur Definition der perinatalen Mortalität und von Sterblichkeiten während Schwangerschaft, Geburt, Neugeborenen- und Säuglingsperiode

Dabei beschreibt der Begriff perinatale Mortalität, gemäß der Wortbedeutung, die Sterblichkeit um die Geburt herum, genauer handelt es sich im die Sterblichkeit in der Perinatalperiode.
Die WHO definiert die Perinatalperiode als den Zeitraum der mit 22 abgeschlossenen Schwangerschaftswochen (154 Tagen) beginnt und 7 Tage nach der Geburt endet (WHO 2021a).
Zur Berechnung wird die Anzahl der vor der Geburt verstorbenen (Totgeborene; english: „stillbirths, fetal deaths“) und der innerhalb der ersten 7 Lebenstage (früh neonatal; english: „early neontal“) verstorbenen Kinder gebildet und auf alle Geborenen in definierten räumlichen und zeitlichen Einheiten bezogen.
Allerdings stellt die perinatale Mortalität nicht die einzige Maßzahl der Sterblichkeit im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenperiode dar.
Dabei orientieren sich diese Sterblichkeiten oder Mortalitäten an den jeweiligen Perioden in der Schwangerschafts-, Geburts-, Neonatal- (Neugeborenen-) und Säuglingsperiode.
Einen Überblick der gebräuchlichen Maßzahlen der Mortalität im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenperiode, sind in Abb. 1 aufgelistet.
Demnach stellt die perinatale Mortalität ein Maß dar, welches sich aus mehreren Sterblichkeiten, also den Totgeburten und der frühen neonatalen Mortalität zusammensetzt.
Zusätzlich lässt sich die Totgeburtlichkeit auch nach dem Todeszeitpunkt in eine Sterblichkeit vor der Geburt (ante partum), unter der Geburt (sub partu bzw. intra partum) weiter differenzieren. Ein Blick auf die Qualitätssicherungsdaten von stationären Geburten in Deutschland weist darauf hin, dass der überwiegende Teil der Totgeburten vor der Geburt bzw. vor der Aufnahme ins Krankenhaus stattfindet (Tab. 1).
Tab. 1
Sterbefälle in der Pränatalperiode von stationären Geburtena nach dem Zeitpunkt der Sterblichkeit in Deutschland 2017 (IQTIG 2018)
 
Anzahl
Anteil
Ante partum
1717
61,0 %
Sub partu
164
5,8 %
Unbekannt
990
35,1 %
Vor Klinikaufnahme
2192
77,8 %
Total
2817
100,0 %
aIn Deutschland fanden 2017 ca. 98 % aller Geburten stationär, also in Krankenhäusern statt (QUAG 2021)
Die neonatale Mortalität entspricht im Deutschen dem Begriff der Neugeborenensterblichkeit. Sie lässt sich in eine frühe neonatale Sterblichkeit (1.–7. Lebenstag) und eine späte neonatale Sterblichkeit (8. –28. Lebenstag) unterteilen (vgl. Abb. 1).
Die Sterblichkeit von Lebendgeborenen im ersten Lebensjahr wird dagegen als Säuglingssterblichkeit, im Englischen „infant mortality,“ bezeichnet. Die Sterblichkeit nach dem 1. Lebensmonat, also die Sterblichkeit nach der neonatalen Sterblichkeit, wird postneonatale Sterblichkeit genannt.
Dabei sinkt die Sterblichkeit nach der Geburt im 1. Lebensjahr deutlich. Von allen verstorbenen Kindern im 1. Lebensjahr versterben in Deutschland etwa 55 % in der 1. Lebenswoche (frühe neonatale Todesfälle), etwa 15 % in der 2.–4. Lebenswoche (späte neonatale Todesfälle) und knapp 30 % nach der 4. Lebenswoche (postneonatale Todesfälle) (Tab. 2).
Tab. 2
Gestorbene Säuglinge nach dem Zeitpunkt der Sterblichkeit, Deutschland 2016–2020a
Jahr
2020
%
2019
%
2018
%
2017
%
2016
%
Im 1. Lebensjahr Gestorbene
2373
100
2485
100
2505
100
2566
100
2698
100
Davon
          
in den ersten 7 Tagen
1359
57
1437
58
1410
56
1406
55
1516
56
nach dem 7. bis einschließlich 28. Tag
345
15
354
14
378
15
380
15
402
15
nach dem 28. Tag bis einschließlich 12. Lebensmonat
669
28
694
28
717
29
780
30
780
29
aDaten Statistisches Bundesamt (eigene Berechnungen) (DESTATIS 2021a)
Um diese Mortalitätsmaße für unterschiedlich große Populationen vergleichen zu können, ist es üblich, diese als Raten, typischerweise auf 1000 Geburten und pro Jahr anzugeben (im Folgenden mit ‰ bezeichnet). Dabei werden die Sterberaten im Zeitraum nach der Geburt, wie die neonatale Mortalitätsrate oder die Rate der Säuglingssterblichkeit, ausschließlich auf Lebendgeburten bezogen. Totgeburtenraten wie auch die perinatale Mortalitätsrate werden dagegen auf alle Geburten bezogen.
In dieser Aufzählung ist die mütterliche Sterblichkeit nicht genannt. Diese umfasst die Anzahl von Todesfällen bei Frauen während der Schwangerschaft bis 42 Tage nach Schwangerschaftsende, unabhängig von der Dauer der Schwangerschaft oder dem Ort des Todesfalls (vgl. Kap. „Müttersterblichkeit“).

Wozu wird die Maßzahl „perinatale Mortalität“ genutzt?

Die perinatale Mortalität, bzw. die oben genannten Sterblichkeitsmaße stellen relevante Maßzahlen für die Qualität bzw. das Niveau der geburtshilflichen und frühen kindlichen Versorgung, aber auch für die allgemeinen sozialen und Lebensbedingungen dar. Daher werden diese Maßzahlen genutzt, um verschiedene Staaten, Regionen oder Teile der Bevölkerung innerhalb eines Landes zu vergleichen. In gleicher Weise können Sterblichkeitsraten unterschiedlicher medizinsicher oder sozialer Versorgungssysteme oder auch unterschiedliche medizinische Versorgungseinheiten analysiert werden. Daneben werden Trendanalysen zu zeitlichen Veränderungen innerhalb definierter geografischer Regionen oder Populationen durchgeführt.
In der Vergangenheit wurde die perinatale Mortalität auch als Qualitätsindikator oder Kennzahl für einzelne geburtshilfliche Einheiten genutzt. Angesichts der nunmehr niedrigen perinatalen Sterblichkeiten in entwickelten Staaten, hat diese Art der Verwendung der perinatalen Mortalität stark an Bedeutung verloren.
Hinzu kommt, dass die medizinische Betreuung vor der Geburt in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland ganz überwiegend im ambulanten Sektor angesiedelt ist, während die Geburten zu ca. 98 % im Krankenhaus betreut werden (QUAG 2021; Statistik Austria 2021a). In gleicher Weise ist davon auszugehen, dass lebensbedrohliche Erkrankungen von Neugeborenen ebenfalls im stationären Sektor behandelt werden.

Aktuelle Nutzung von Sterblichkeitsinformationen zum Qualitätsvergleich von Geburtskliniken

Aus diesem Grund wird aktuell in Deutschland nicht die perinatale Mortalität, sondern ein risikoadjustierter „Qualitätsindex zum kritischen Outcome“ genutzt, um die Qualität der Geburtskliniken zu vergleichen. Dieser beinhaltet neben Angaben zur Sterblichkeit, den APGAR-Score, wie auch Blutgaswerte der Nabelschurarterie und bezieht sich auf reife Feten/reifgeborene Kinder, die bei Aufnahme ins Krankenhaus noch lebten.
Insgesamt wurden 2018 in Deutschland 5153 der oben genannten qualitätsrelevanten Ereignisse (Tod, 5-Minuten-APGAR <5, Base-Excess <−16, Azidose mit pH <7,00) beobachtet (O). Dagegen wurden auf Basis eines mit Daten des Vorjahres ermittelten Risikoadjustierungsmodells lediglich 4915 Ereignisse erwartet (E). Dies spricht für eine Verschlechterung des Bundesergebnisses gegenüber dem Vorjahr um 5 % (O/E = 5153/4915 = 1,05). Werden die risikoadjustierten Ergebnisse für alle 666 Kliniken mit mindestens 20 Fällen in 2019 errechnet, ergibt sich folgende Verteilung (Abb. 2, Abb. 3 ) (IQTIG 2019):So berichteten etwa 5 % der Krankenhäuser keine kritischen Ereignisse (O/E = 0), 25 % der Krankenhäuser beobachteten weniger als halb so viele Ereignisse als erwartet (O/E = 0,47). Der höchste O/E-Wert betrug 6,16. Fünf Prozent der Krankenhäuser wiesen einen O/E-Wert von 2,27 oder darüber auf. In diesen Häusern wurde eine mindestens 2,27-mal höhere Anzahl an kritischen Ereignissen beobachtet (O), als auf Basis der Risikoadjustierung (E) zu erwarten war. Krankenhäuser mit derart auffälligen Ergebnissen finden sich in der Abbildung links oberhalb der gelben Fläche (IQTIG 2019). Sie wurden mit dem Ziel einer Qualitätsverbesserung kontaktiert, um Stellungnahmen gebeten, ggf. kollegiale Gespräche geführt und Zielvereinbarungen getroffen, die in der Folge überprüft wurden. Im Rahmen dieser Aufarbeitung zeigte sich, dass ein Drittel dieser Krankenhäuser letztlich als qualitativ auffällig eingestuft wurden (IQTIG 2020).

Internationale Vergleiche der perinatalen Mortalität

International werden vergleichende Angaben zu Sterblichkeiten in der Perinatal- und Neugeborenenperiode unter anderem von Organisationen wie der WHO (2021b), der OECD (2021), der Weltbank (2021) oder der UNICEF (2021) zusammengestellt und veröffentlicht. Dazu werden zumeist Daten der nationalen statistischen Ämter oder von nationalen Geburtsregistern genutzt. Darüber hinaus haben die vereinten Nationen unlängst eine behördenübergreifende Gruppe, die „UN Inter-agency Group for Child Mortality Estimation“ ins Leben gerufen, die aktuelle Daten und Berichte zur Sterblichkeiten von Kindern auf der Webseite https://childmortality.org veröffentlicht.
In Europa werden seit 1999 Daten von der Euro-Peristat-Gruppe gesammelt, zusammengestellt, Indikatoren definiert und darauf aufbauend zahlreiche Publikationen erstellt (https://www.europeristat.com).
In internationalen Vergleichen zeigen sich nach wie vor deutliche Unterschiede der perinatalen Sterblichkeiten. So betrug nach aktuellen Angaben der OECD die perinatale Sterblichkeit für das Jahr 2018 in der Türkei 11,0 ‰ bzw. in Mexiko 10,9 ‰, während die Angaben aus Island lediglich 2,1 ‰ aufwiesen. Für Österreich wurde dagegen eine perinatale Mortalität von 4,8 ‰, für Deutschland von 5,6 ‰ und für die Schweiz von 6,6 ‰ von den statistischen Ämtern berichtet und von der OECD publiziert (OECD 2021). Ein solcher Vergleich auf der Basis von national mitunter recht unterschiedlichen Einschusskriterien sollte allerdings mit Zurückhaltung interpretiert werden (vgl. unten) (Abb. 4).
Gleichzeitig lässt sich die Entwicklung der perinatalen Sterblichkeit über die Zeit beschreiben. Auf Basis der gleichen Daten (OECD 2021) ergeben sich zwischen 2005 und 2018 für Länder wie die Türkei, Mexiko oder Kolumbien deutliche Rückgänge der perinatalen Sterblichkeiten. Demgegenüber sind in der Schweiz, Österreich oder Deutschland allenfalls moderate Rückgänge oder keine eindeutigen Trends nachvollziehbar, während sich, aufgrund der geringeren Anzahl an Geburten, für Island erheblich höhere Schwankungen der perinatalen Sterblichkeit darstellen, wenngleich über den gesamten Zeitraum die perinatale Sterblichkeit in diesem Zeitraum am niedrigsten ist (Abb. 5).

Kleinräumige Analysen der perinatalen Mortalität

Neben internationalen Vergleich, wird die perinatale Mortalität auch in kleineren geografischen Einheiten ausgewiesen und dargestellt. So sind in Tab. 3 die perinatalen Mortalitätsraten von 2011–2013 in 12 Berliner Stadtbezirken dargestellt (Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Berlin 2013). Auch hier sind Assoziationen zumindest in dem Maße erkennbar, als der Bezirk mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen und dem höchsten Anteil an niedriger Bildung (Neukölln) auch die höchste perinatale Mortalität aufweist (Bezirksamt Mitte von Berlin 2018).
Tab. 3
Perinatale Mortalitätsraten auf 1000 Geburten in Berliner Stadtbezirken, Berlin gesamt und für die Bundesrepublik Deutschland, 2011–2013
Bezirk/Region
2011–2013
Mitte
6,5
Friedrichshain-Kreuzberg
5,7
Pankow
6,1
Charlottenburg-Wilmersdorf
5,9
Spandau
5,8
Steglitz-Zehlendorf
5,6
Tempelhof-Schöneberg
4,9
Neukölln
9,0
Treptow-Köpenick
7,1
Marzahn-Hellersdorf
5,0
Lichtenberg
5,6
Reinickendorf
5,3
Berlin
6,2
Bundesrepublik Deutschland
5,4

Abkehr von der perinatalen Mortalität

Allerdings ist festzustellen, dass in den neueren Publikationen Angaben zur perinatalen Sterblichkeit in dieser Form zunehmend seltener zu finden sind. Stattdessen werden immer häufiger die zugrunde liegenden Mortalitätsraten wie Totgeburtenraten, (frühe) neonatale Sterblichkeiten, aber auch Säuglingssterblichkeiten ausgewiesen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Tatsache sinnvoll, als mutmaßlich recht unterschiedliche Ursachen der beobachteten Sterblichkeiten mit den unterschiedlichen Zeiträumen der Perinatalperiode in Verbindung gebracht werden können. Dies wurde oben bereits mit Blick auf die (überwiegende) Verortung der medizinischen Betreuung der Schwangerschaft und der Geburt in unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitswesens dargestellt und lässt sich in gleicher Weise auch auf weitere, beispielsweise biologische und soziale, Risikofaktoren anwenden. In der Konsequenz können von getrennten Darstellungen der Totgeburtlichkeit (ggf. weiter unterteilt in präpartal und subpartal) und der (frühen wie späten) neonatalen Sterblichkeit tiefer greifende Analysen und Rückschlüsse erwartet werden. Dies erscheint auch deswegen sinnvoll, als der empirische Zusammenhang zwischen Totgeburtlichkeit und früher neonataler Sterblichkeit oft eher gering ausgeprägt ist (vgl. Abb. 6).
Ungeachtet dessen werden auch für die einzelnen Sterblichkeiten in der Perinatalperiode deutliche Zusammenhänge mit sozialen Faktoren beschrieben. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass die Staaten mit den höchsten Sterblichkeiten außerhalb der OECD zu finden sind.
So betrug Totgeburtenrate im Jahr 2019 in West und Zentralafrika 22,8 ‰, in Europa dagegen 2,3 ‰. Dabei zeigte sich innerhalb der verglichenen Länder ein deutlicher Zusammenhang zwischen Einkommensgruppen und Totgeburtlichkeit, mit niedrigeren Sterblichkeiten für höhere Einkommensgruppen (Hug et al. 2021).
Darüber hinaus konnte in den Jahren von 2000–2019 ein globaler Rückgang der Totgeburtenrate um 2,3 % pro Jahr ermittelt werden, der allerdings geringer ausfiel als der Rückgang der neonatalen Sterblichkeit im gleichen Zeitraum (Hug et al. 2021).
In dieser Perspektive zeigt die globale nationale Verteilung von neonatalen Mortalitätsraten ein ähnliches Bild wie die der Totgeburtenraten. Sie betrug 2019 in den am wenigsten entwickelten Staaten 26 pro ‰, in Europa dagegen 3 pro ‰ (UN IGME 2020).

Trendanalysen der perinatalen Mortalität und ihrer Komponenten

Entwicklung der perinatalen Mortalität im Zeitverlauf in Deutschland

Der Verlauf der perinatalen Mortalitätsrate in Deutschland (Abb. 7) zeigt eine perinatale Mortalität von über 40 ‰ im Jahr 1955, danach einen steilen Abfall bis etwa 1990 und zuletzt eine perinatale Mortalitätsrate von 5–6 ‰. Zusätzlich sind in den frühen 1970er-Jahren niedrigere perinatale Mortalitäten in Ostdeutschland im Vergleich zu Westdeutschland angegeben, die sich allerdings ab 1977 bis zum Jahr 1994 umkehrten. Schließlich ist im Jahr 1994 ein Anstieg der perinatalen Mortalität zu erkennen, der allerdings auf eine Änderung des Personenstandsgesetztes zurückzuführen ist, indem seinerzeit die Untergrenze der Definition von Totgeburten von 1000 g Geburtsgewicht auf 500 g Geburtsgewicht abgesenkt wurde. Die weiter unten thematisierte erneute Änderung des Personenstandsgesetztes in Deutschland, Ende 2018, scheint dem gegenüber für diese Abbildung keinen gravierenden Einfluss auf die berichtete perinatale Mortalität in Deutschland ausgeübt zu haben (BiB 2021; DESTATIS 2021a, b) (Abb. 7).
Mit Blick auf die Teilkomponenten der perinatalen Mortalität scheint dabei erwähnenswert, dass die frühe neonatalen Sterblichkeit in Deutschland, den oben beschriebenen internationalen Trends folgend, wie in Abb. 8 für Baden-Württemberg dargestellt, in den vergangenen 70 Jahren stärker abfiel als die Totgeburtlichkeit. Seit dem ist die Totgeburtlichkeit in Deutschland, wie auch für Österreich und die Schweiz, höher als die frühe neonatale Sterblichkeit (Bundesamt für Statistik – Schweizerische Eidgenossenschaft 2021; Statistik Austria 2021b; DESTATIS 2021a, b, c).

Analyse der perinatalen Mortalität und deren der Teilkomponenten in den vergangenen zwei Jahrzenten in Deutschland

Betrachtet man die Entwicklung der perinatalen Sterblichkeit in Deutschland ab dem Jahr 2000 genauer, fällt auf, dass die perinatale Sterblichkeit im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zunächst von 6,1 ‰ (2000) unter 5,4 ‰ abfiel (2008–2010), anschließend wieder anstieg und in den 5 Jahren von 2015–2020 bei 5,6 ‰ und darüber lag. Die in Abb. 9 ebenfalls ausgewiesenen 95 %igen Konfidenzintervalle lassen vermuten, dass es sich dabei nicht um zufällige Schwankungen handelt (Abb. 9).
Mit Blick auf die einzelnen Sterblichkeitskomponenten (Totgeburtlichkeit und frühe Neugeborenensterblichkeit) zeigt sich anschließend, dass dieser Anstieg im Wesentlichen durch einen Zuwachs der Totgeburtlichkeit im diesem Zeitraum bedingt ist (Abb. 10), während sich für die frühe neonatale Mortalität eine Seitwärtsbewegung ohne eindeutigen Trend in den vergangenen 10 Jahren erkennen lässt (Abb. 11).
Ähnliche Ergebnisse zeigen sich, wenn die Daten der Qualitätssicherung von stationären Geburten in Deutschland analysiert werden (Heller 2019).
Zwar geht die Steigung der Totgeburtlichkeit ab 2008 merklich zurück, wenn diese Statistik um die im Deutschen IVR-Register dokumentierten Totgeburten bereinigt werden (DIR 2021). Dennoch scheint weiter eine tendenzielle Zunahme der Totgeburtlichkeit in Deutschland ab 2007 erkennbar (Abb. 12).
Ohne eine Kausalität zu unterstellen, scheint es erwähnenswert, dass im gleichen Zeitraum ein Geburtenrückgang von 2000–2011, um etwa 105.000 Geburten, anschließend aber innerhalb von 4 Jahren ein steiler Anstieg um ca. 130.000 Geburten in Deutschland stattfand, während die Anzahl der geborenen Kinder seit 2017 wieder leicht rückläufig ist (Abb. 13).
Zusätzlich scheint bemerkenswert, dass gleichzeitig die Kindersterblichkeit in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren von 4,4 ‰ (2000) auf knapp 3,1 ‰ (2020) um etwa 30 % abgenommen hat (Abb. 14).

Vergleichende Analysen für Österreich, die Schweiz und Deutschland

Werden die zusammengefassten perinatalen Sterblichkeiten der 3 Länder für die Jahre 2000–2020 verglichen, fallen zunächst große Schwankungen der perinatalen Mortalität in der Schweiz und Österreich auf. Für Deutschland sind die Schwankungen von Jahr zu Jahr dagegen, aufgrund der höheren Anzahl an Geburten, geringer ausgeprägt (Abb. 15).
Darüber hinaus könnten im Beobachtungszeitraum zunächst höhere Sterblichkeiten in der Schweiz im Vergleich zu Österreich und Deutschland vermutet werden. Dies mag einerseits aufgrund der breiteren Definition der Totgeburtlichkeit in der Schweiz begründet sein (vgl. Tab. 4), aber auch die frühen Neugeborenensterblichkeiten scheinen in der Schweiz im Vergleich zu Österreich und Deutschland leicht erhöht (Ergebnisse nicht dargestellt) (Bundesamt für Statistik – Schweizerische Eidgenossenschaft 2021; Statistik Austria 2021b; DESTATIS 2021a, b, c).
Tab. 4
Unterschiedliche nationale Definitionen der Meldung von Totgeburten, die Fähigkeit Schwangerschaftsabbrüche aufszuschließen und Euro-Peristat-Einschlusskriterien für das Jahr 2015 (Euro-Peristat Project 2018)
Einschlusskriterien
Ohne Schwangerschaftsabbrücheb
Inklusive Schwangerschaftsabbrüche
Euro-Peristat-Kriteriena:
>22 abgeschlossene Schwangerschaftswochen oder >500 g Geburtsgewicht
Dänemark, Estland, Frankreich, Kroatien; Litauen, Lettland, Luxemburg, Griechenland, Rumänien, Malta, Portugal, Slowakei, Finnland, Schweden, Norwegen, Island, Schweiz, Italien, UK(Schottland)
Niederlande, Zypern
Verwendung anderer Kriterien:
  
>500 g Geburtsgewicht
Österreich, Tschechoslowakei, Deutschland, Polen, Slowenien
Belgien
>24 abgeschlossene Schwangerschaftswochen
Irland, Ungarn, UK (England, Wales, Nordirland)
 
>180 Schwangerschaftstage
Spanien
 
>26 abgeschlossene Schwangerschaftswochen und/oder >800 g Geburtsgewicht
Bulgarien
 
aDie Regelungen unterschieden sich in dieser Gruppe, jedoch können Totgeburten ab 22 Schwangerschaftswochen angegeben werden
bOder Schwangerschaftsabbrüche oberhalb der Kriterien sind selten, sodass eine Beeinflussung der Totgeburtenstatistik unwahrscheinlich ist
Cave: Vor derartigen Vergleichen ist allerdings zu warnen! Ein Vergleich von Angaben der statistischen Ämter (oder von anderen Datenquellen), ohne Rücksicht auf landespezifisch unterschiedliche Definitionen kann leicht zu Fehlschlüssen führen. Werden vereinheitlichte Definitionen genutzt, finden sich für Totgeburtlichkeit wie auch die frühe neonatale Sterblichkeit in der Schweiz, Österreich und Deutschland Ergebnisse, die maximal um 0,1 ‰ voneinander abweichen (vgl. im Folgenden).

Probleme bei vergleichenden Analysen von perinatalen Mortalitätsraten

Es gilt zu beachten, dass die exakten operationalen Definitionen der perinatalen Mortalität bzw. deren Bestandteile international nicht immer einheitlich sind und vor vergleichenden Analysen so weit wie möglich harmonisiert werden sollten.
So sind die Definitionen, ab wann Totgeburten als solche zu zählen sind, bereits in verschiedenen europäischen Staaten mitunter recht unterschiedlich geregelt. In gleicher Weise ist zu beachten, ob entsprechende verfügbare Datenquellen Schwangerschaftsabbrüche ausschließen können oder nicht. Einen Überblick der unterschiedlichen Definitionen/Datengrundlagen in Europa für das Jahr 2015 gibt die folgende Tab. 4.
In ähnlicher Weise existieren Unterschiede, ab wann eine Geburt als Lebendgeburt gezählt wird. So berichtet die Euro-Peristat-Gruppe, dass in fast allen europäischen Ländern keine Untergrenze für die Zählung von Lebendgeburten, sondern lediglich Lebenszeichen des Neugeborenen als Grundlage zur Definition und Zählung von Lebendgeburten herangezogen werden. Dennoch gibt es Länder, wie z. B. Frankreich, wo eine Untergrenze von 22 SSW oder 500 g existiert. Vor diesem Hintergrund sind Bestrebungen, einheitliche Definitionen zu definieren und zu etablieren, zu begrüßen (Smith et al. 2020; Euro-Peristat Project 2018).
In Abb. 16 ist die Anzahl der Lebendgeburten in 2015 im Verhältnis zur frühen neonatalen Mortalitätsrate in 32 europäischen Staaten, nach einer Vereinheitlichung der Definitionen der Euro-Peristat-Gruppe, in einem Funnel-Plot abgebildet.
Dabei zeigen sich für die Schweiz, Österreich und Deutschland frühe neonatalen Mortalitätsraten nahe dem europäischen Durchschnitt, für die nordischen Staaten aber insgesamt niedrigere Raten.

Aktuelle Definitionen nach dem Personenstandsgesetz in Deutschland

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass für Deutschland Ende 2018 die gesetzliche Definition für Lebend-, Tot- und Fehlgeburten im Personenstandsgesetz erneut angepasst wurde (Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes, Personenstandsverordnung – PStV, vom 24.10.2018) (Bundesamt für Justiz 2021).
Eine Lebendgeburt liegt demnach vor, wenn bei einem Kind nach der Scheidung vom Mutterleib entweder das Herz geschlagen oder die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat.
Wenn sich keines der oben genannten Lebenszeichen gezeigt hat und das Gewicht des Kindes mindestens 500 g beträgt oder die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde, liegt eine Totgeburt vor.
Wenn diese Kriterien nicht zutreffen, liegt eine Fehlgeburt vor, die nicht im Personenstandsregister beurkundet wird.
Im Falle von Mehrlingsgeburten gelten Kinder unter 500 g Geburtsgewicht und vor Erreichen der 24. Schwangerschaftswoche ebenfalls als Totgeburt, wenn ein anderes Kind dieser Mehrlingsgeburt, die oben genannten Kriterien einer Totgeburt erfüllt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass hier mit 24. Schwangerschaftswochen nicht abgeschlossene Schwangerschaftswochen adressiert sind, also ab einem Gestationsalter von 162 Tagen post menstruationem eine Totgeburt zu dokumentieren ist (Bundesamt für Justiz 2021).

Todesursachen und deren Klassifikationen in der Perinatalperiode

Die Klassifikation der Todesursachen in der Perinatalperiode beziehen sich auf medizinisch erkennbare Gründe und nutzen klinische Diagnosen, also Erkrankungsbilder. Klassische Einteilungen nach Baird et al. (1954) oder nach Wigglesworth (1980) werden auf der Basis von klinischen Audits oder Obduktionsergebnisse erstellt und wurden mehrfach modifiziert. In Deutschland wurden im Rahmen der Perinatalerhebungen der Länder vorübergehend (1980–1998) eigene 2-stellige Kodes, genutzt, um die Morbidität und Todesursachen von Neugeborenen zu klassifizieren. Die häufigsten Ursachen waren „Unreife/Mangelgeburt“, „Anomalien“, „Asphyxie, Hypoxie und andere Atemstörungen“ (Lack 2016).
Aufgrund zahlreicher weiterer entstandener und angewandter Klassifikationen wurde von der WHO zwischenzeitlich ein Vorschlag einer einheitlichen Klassifikation der Todesursachen in der Perinatalperiode erarbeitet und veröffentlicht, der eine Anleitung einer einheitlichen Klassifikation von Todesfällen in der Perinatalperiode auf der Basis der ICD 10 bereitstellt (WHO 2016).

Risikofaktoren der perinatalen Mortalität

Neben diesen eher auf klinischer Betrachtung ermittelten Ursachen der Sterblichkeit existieren zahlreiche Arbeiten, die sich aus epidemiologischer Perspektive, also auf der Basis größerer bevölkerungsbezogener Statistiken, Risikofaktoren von Sterblichkeiten in der Perinatalperiode analysieren. So sind in der Vergangenheit, unter anderem auf der Basis der Perinatal- und Neonatalerhebungen, zahlreiche Analysen auf individuellem Aggregationsniveau zu Assoziationen mit der perinatalen Sterblichkeit durchgeführt worden.
Ein allgemein bekanntes erhöhtes Sterberisiko für männliche Kinder lässt sich ebenso regelmäßig beschreiben wie ein deutlicher Zusammenhang des Sterberisikos mit dem Geburtsgewicht, mit dem Gestationsalter oder mit Wachstumsretardierungen. An dieser Stelle sollte allerdings eingewandt werden, dass ein geringes Geburtsgewicht, vermindertes Gestationsalter oder eine Wachstumsreduktion wohl nicht die eigentlichen Gründe für erhöhte Sterblichkeiten darstellen dürften. Vielmehr ist zu vermuten, dass davorliegende Gründe, wie etwa eine Plazentainsuffizienz, die zu einer Mangelversorgung des Kindes im Mutterleib führen, zu unreifer Geburt, zu Wachstumsretardierungen bzw. erniedrigtem Geburtsgewicht Anlass geben und so letztlich zu erhöhten Sterberisiken führen.
Daneben werden unter anderem Mehrlingsgeburten, Primärgraviditäten, Plazentainsuffizienz, Placenta praevia, Mehrlinge, Parität und höheres Alter der Mutter als Risikofaktoren für perinatale Mortalität genannt. Vorherige Tot-/Früh-/Mangelgeburt(en) gelten, neben Sterilitätsbehandlungen, ebenfalls als Risikofaktor.
Daneben werden weitere „maternale Risikofaktoren“ wie Alter der Mutter, Hypertonus, Adipositas, Diabetes mellitus, aber auch verhaltensbedingte Risikofaktoren wie Rauchen oder Drogenkonsum, regelmäßig beschrieben.
Der Einfluss der sozialen Lage auf die perinatale Mortalität wurde bereits erwähnt und ließ sich in zahlreichen Studien an Hand verschiedener Merkmale (z. B. Herkunftsland der Mutter bzw. ethnische Zugehörigkeit, sozioökonomischer Status ) zeigen.
Mit Blick auf die medizinische Versorgung wurden das Fehlen von Schwangerenvorsorge wie auch eine geringe Anzahl von Vorsorgeuntersuchungen mit erhöhten Sterblichkeiten assoziiert. Daneben wurden erhöhte neonatale Sterblichkeiten von nachts oder am Wochenende geborenen Kindern beschrieben (Pasupathy et al. 2010; Gould et al. 2003).
Zudem wurden für Neugeborene mit sehr niedrigem Geburtsgewicht (VLBW) inverse Assoziationen zwischen dem Sterberisiko und der Anzahl der behandelten VLBW-Kinder von Perinatalzentren gezeigt (G-BA 2020a). Vor diesem Hintergrund wurde in Deutschland vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Mindestmenge von 14 Neugeborenen für die Behandlung von VLBW-Kindern mit einem Geburtsgewicht <1250 g (Übergangsregelung bis einschließlich 2022) beschlossen, die 2023 auf 20 und 2024 auf 25 erhöht werden soll (G-BA 2020b).

Aktuelle Beeinflussbarkeit der perinatalen Mortalität in Europa

Angesichts der deutlich geringeren perinatalen Sterblichkeiten in Europa im Vergleich zu weniger entwickelten Ländern könnte vermutet werden, dass nennenswerte Verbesserungen in diesem Bereich für Europa nicht mehr zu erwarten sind.
Dem ist entgegenzuhalten, dass aufgrund der Studien der Euro-Peristat Gruppe in den Jahren 2004 und 2010 erhöhte perinatale Sterblichkeiten in den Niederlanden im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten beschrieben wurden (Zeitlin et al. 2016). Dies führte in den Niederlanden zu zahlreichen Initiativen, die merkliche Verringerungen der dortigen perinatalen Sterblichkeiten nach sich zogen (Ravelli et al. 2020).
Insbesondere in Großbritannien bestehen seit Langem Bemühungen, über vertrauliche Untersuchungen und Surveillance-Studien, die Sterblichkeit nicht nur von mütterlichen Todesfällen (vgl. Kap. „Müttersterblichkeit“), sondern auch die Sterblichkeit in der Perinatalperiode zu senken. Zuletzt konnten im aktuellen Bericht der dortigen MBRACE-UK-Initiative (Mothers and Babies: Reducing Risks through Audits and Confidential Enquiries across the UK) (Draper et al. 2020) rückläufige Sterblichkeiten beschrieben werden, die in der Summe mit einer Reduktion von etwa 670 Todesfällen im Jahr 2018 gegenüber 2013 beziffert wurden. Dabei der Rückgang der Sterblichkeiten wird mit verschiedenen nationalen Initiativen zur Reduktion der perinatalen Mortalität in Verbindung gebracht.
Vor diesem Hintergrund, wie auch angesichts der in Deutschland beschriebenen aktuellen Trends, scheint auch in Europa eine anhaltend hohe oder vermehrte Aufmerksamkeit, Surveillance und Aufarbeitung von perinatalen Todesfällen ebenso zielführend wie wünschenswert (Dudenhausen et al. 2016; Flenady et al. 2016; Euro-Peristat Project 2018).
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