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Geriatrische Onkologie
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Publiziert am: 19.09.2017

Hepatozelluläres Karzinom beim alten und geriatrischen Patienten

Verfasst von: Jörg Trojan und Oliver Waidmann
Eine häufige Komplikation von Patienten mit Leberzirrhose ist die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC), weltweit einer der häufigsten Tumorerkrankungen mit steigender Inzidenz. Sowohl die Tumortherapie als auch die Behandlung der zugrunde liegenden Lebererkrankung bzw. der Erhalt der Leberfunktion sind bei der Betreuung von Patienten mit HCC entscheidend. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 70–72 Jahren. Die Therapie erfolgt stadienabhängig und wird an sich nicht durch das Alter eingeschränkt. Viel entscheidender sind Komorbiditäten, die insbesondere operative Therapieverfahren wie Resektion und Transplantation einschränken. Da die allermeisten Patienten im intermediären Tumorstadium diagnostiziert werden, ist die transarterielle Chemoembolisation das Standardtherapieverfahren. Bei Patienten mit frühen Tumorstadien kommen alternativ zu operativen Verfahren lokal-ablative Verfahren zum Einsatz. Die Standardbehandlung im fortgeschrittenen Stadium ist derzeit die Therapie mit dem Multikinase-Inhibitor Sorafenib. Nach Versagen einer Sorafenib-Therapie werden derzeit MET-, Angiogenese- und Immun-Checkpoint-Inhibitoren in klinischen Prüfungen auf ihre Wirksamkeit untersucht.

Einleitung

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist der häufigste primäre, maligne Lebertumor mit einer weltweiten Inzidenz von mehr als 600.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Bei den meisten Patienten in westlichen Ländern entwickelt sich dieser Tumor auf dem Boden einer Leberzirrhose, meist durch eine chronische Hepatitis C-Virusinfektion (HCV) oder Alkohol bedingt. Im letzten Jahrzehnt hat jedoch die Fettleberhepatitis mit fortgeschrittener Fibrose bzw. Zirrhose als weiterer wichtiger Risikofaktor deutlich zugenommen (Bruix et al. 2016). Da das Auftreten der Grunderkrankung in das mittlere Erwachsenenalter fällt und bis zur Entwicklung einer Leberzirrhose weitere Jahre bis auch Jahrzehnte vergehen, erfolgt die Erstdiagnose meist jenseits des 60. Lebensjahres bei Männern bzw. jenseits des 65. Lebensjahres bei Frauen. Im Gegensatz hierzu ist die chronische Hepatitis B-Virusinfektion (HBV) – häufig schon perinatal erworben – in Zentralafrika und südostasiatischen Ländern der wichtigste Risikofaktor. Bei vielen dieser Patienten liegt noch keine Leberzirrhose vor und das mittlere Alter bei Diagnosestellung ist entsprechend niedriger. In westlichen Ländern wird kein flächendeckendes HCC-Screening angeboten, sodass hierzulande die Diagnose bei der Mehrzahl der Patienten mit HCC erst in einem nicht mehr kurativ behandelbaren Tumorstadium gestellt wird. In der vorliegenden Übersicht werden die derzeitigen Standards der Diagnostik und stadienabhängigen Therapie unter Berücksichtigung des Alters dargestellt. Wie bei vielen anderen Tumorerkrankungen ist Alter an sich keine Einschränkung für die Wahl einer Therapie. Viel entscheidender sind Komorbiditäten. Bei betagten Patienten hat sich darüber hinaus eine standardisierte, geriatrische Beurteilung, z. B. mittels des Geriatric-8 (G-8) oder des Vulnerable Elders Survey 13 (VES-13) Bewertungssystems, als hilfreich erwiesen.

Meist liegt bei HCC eine Leberzirrhose vor

Die Inzidenz des HCC hat sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Im Jahre 2013 erkrankten über 8000 Menschen in Deutschland jährlich an einem Leberkrebs, 75 % der Betroffenen sind Männer (Abb. 1). Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 70 Jahren und bei Frauen bei 72 Jahren (Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016, Robert-Koch-Institut). In den letzten Jahren zeigte sich, dass zunehmend auch Patienten in einem höheren (>80 Jahre) mit einem HCC diagnostiziert werden (Dohmen et al. 2004). Meist entwickelt sich ein HCC als Komplikation einer Leberzirrhose und selten einer chronischen Lebererkrankung ohne Zirrhose. Die häufigsten Ursachen für eine Leberzirrhose sind eine chronische HCV-Infektion, eine chronische HBV-Infektion (meist Migranten aus endemischen Gebieten, z. B. Südostasien, Zentralafrika, aber auch Mittelmeerländer), Alkohol und in den letzten Jahren deutlich zunehmend eine nichtalkoholische Steatohepatitis (Fettleberhepatitis, NASH). Seltenere Ursachen sind eine Hämochromatose oder andere chronische Lebererkrankungen. Im letzten Jahrzehnt ist die Inzidenz eines HCC auf dem Boden metabolischer Lebererkrankungen und insbesondere der NASH, meist als Folge von Diabetes oder Adipositas, deutlich angestiegen. Für die nächsten Jahre wird eine weitere Zunahme prognostiziert. Insbesondere durch die insgesamt deutlich gestiegene Lebenserwartung in der Allgemeinbevölkerung führen Risikofaktoren wie chronische HCV-Infektion und NASH erst zu Manifestation einer Leberzirrhose und als Folge zu einem HCC. Insbesondere die Latenzzeit des Risikofaktors NASH ist derzeit noch unklar. Fakt ist jedoch, dass Patienten mit einem HCC auf dem Boden einer NASH-Zirrhose meist älter sind als Patienten mit anderen Risikofaktoren. Durch die Verschiebung der Risikofaktoren ist deshalb zu erwarten, dass immer mehr Patienten mit HCC in den nächsten Jahren im Alter von >75 Jahren diagnostiziert werden.

Diagnostik des HCC

Typischerweise zeigt sich in der initialen Diagnostik sonographisch eine Leberraumforderung. Auslöser für die Diagnostik ist meist eine unspezifische Leberwerterhöhung und seltener eine tumorbedingte Symptomatik. Eine weiterführende Diagnostik sollte nur erfolgen wenn sich hieraus auch therapeutische Konsequenzen ergeben (Greten et al. 2013). Beim multimorbiden Patienten ist unabhängig vom Alter keine weitere Abklärung sinnvoll. Als Standard der Differenzierung von anderen Lebertumoren ist die Durchführung einer kontrastverstärkten, idealerweise triphasischen (arterielle, portalvenöse und parenchymatöse Phase) Schnittbildgebung mit Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich (Greten et al. 2013). Das HCC-typische Perfusionsverhalten mit Nachweis einer arteriellen Hypervaskularisation (Abb. 2) gefolgt von einem progressiven Kontrastmittelauswaschen bis hin zur Kontrastumkehr im Tumor ist diagnostisch beweisend. Nach den aktuellen Leitlinien kann bei Vorliegen einer Leberzirrhose die Diagnose eines HCC auch ohne histologische Sicherung gestellt werden, wenn die Raumforderung >2 cm groß ist und das typische Kontrastverhalten aufweist. Im Alltag hat sich jedoch eine histologische Sicherung insbesondere zur Differenzierung eines intrahepatischen Cholangiokarzinoms bewährt. In Zweifelsfällen und ohne sichere Zirrhosezeichen sollte eine Biopsie empfohlen. Unklare kleine Herde (<1 cm) sollten nach 3 Monaten kontrolliert werden. Die Charakterisierung eines Leberherdes mittels kontrastverstärktem Ultraschall ist zwar prinzipiell auch möglich, jedoch ist das Ergebnis stark untersucherabhängig.
Die MRT erlaubt häufig eine bessere Gewebecharakterisierung aufgrund des guten Weichteilkontrastes. In der nativen Untersuchung stellt sich hierbei ein suspekter Befund in den T2-gewichteten Sequenzen hyperintens und in den T1-gewichteten Sequenzen hypointens dar. Nach Kontrastmittelapplikation zeigt sich ein ähnliches Kontrastmittelverhalten wie in der CT mit Hypervaskularisation und wash-out Phänomen. Für die intrahepatische Ausbreitungsdiagnostik sollte vorzugsweise die MRT eingesetzt werden. Hierdurch kann das Tumorausmaß (solitärer Knoten vs. Multifokalität) und ein möglicher Gefäßeinbruch am besten eingeschätzt werden. Zeigt sich eine Multifokalität bzw. ein Gefäßeinbruch, so sollte eine extrahepatische Ausbreitungsdiagnostik mit einem Thorax-CT erfolgen.
Nuklearmedizinische Untersuchungstechniken spielen bei der Diagnostik des HCC primär keine Rolle.
Die Prognose und die Therapieoptionen bei Patienten mit HCC werden neben dem Tumorstadium entscheidend durch die Leberfunktion bestimmt. Die Berücksichtigung dieser Faktoren fließt in die Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC)-Einteilung ein (Bruix et al. 2016) und stellt unter Berücksichtigung lokaler Standards den derzeit weiter am häufigsten verwendeten Therapiealgorithmus dar (Abb. 3). Eine genauere Einschätzung der Prognose ist durch die Bestimmung des ALBI-Scores und des MELD-Scores möglich.

Operative Therapieverfahren beim älteren Patienten mit HCC

Potenziell kurative Therapieoptionen bestehen in den Stadien BCLC 0 und A durch operative oder ablative Verfahren. Grundsätzlich sollte heutzutage die Therapieentscheidung bei Patienten mit HCC in einer interdisziplinären Tumorkonferenz gestellt werden. Die Resektabilität sollte immer durch einen hepatobiliären Chirurgen eingeschätzt werden. Neben der Resektion sind die Transplantation aber auch die Ablation weitere potentielle Therapieverfahren.
Bei Fehlen einer fortgeschrittenen Leberfibrose können auch große Tumoren häufig ohne relevanten Verlust an funktionellem Lebergewebe atypisch entfernt werden. Bei Patienten mit HCC ohne Zirrhose ist deshalb falls technisch möglich die Resektion das bevorzugte Therapieverfahren. Bei Vorliegen einer Leberzirrhose ist eine Resektion allenfalls bei Child-Pugh A-Stadium ohne portale Hypertension möglich. Hierbei ist auf Ko-Faktoren wie die allgemeine Operabilität und funktionelle Leberfunktionsreserve zu achten. Fitten, älteren Patienten sollte nicht die Möglichkeit einer operativen Sanierung vorenthalten werden. Die laparoskopische Leberteilresektion ist auch beim älteren Patienten mit HCC ein alternativer operativer Zugangsweg. In einer retrospektiven italienischen Arbeit zeigte sich für Patienten ≥75 Jahre eine deutlich niedrigere perioperative Morbidität und Krankhausverweildauer verglichen mit der offenen Resektion (Amato et al. 2016). Hilfreich im Rahmen der Indikationsstellung einer operativen Therapie beim hochbetagten, geriatrischen Patienten sind standardisierte, geriatrische Bewertungssysteme (G-8 und VCS-13) (Brunot et al. 2016). Patienten mit Zirrhose, die innerhalb der sogenannten Mailand-Kriterien liegen (singulärer Tumor <5 cm oder maximal drei Tumoren, von denen jeder einzelne <3 cm ist), kommen für eine Transplantation in Frage. Es gibt mittlerweile gute Hinweise dafür, dass auch Patienten mit größeren Tumoren (up to seven-Kriterien) mit gutem krankheitsfreiem Überleben und Gesamtüberleben transplantiert werden können. Hierbei sind in Deutschland allerdings die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten (Richtlinien zur Organtransplantation gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG, 2013. Dtsch Arztebl 110:A-241/B-225/C-225). Extrahepatische Tumorausbreitung und makroskopische Gefäßinvasion stellen Kontraindikationen für eine Transplantation dar. Die 3-Jahresüberlebensraten nach Resektion und Transplantation liegen dabei bei ca. 66 %, nach 5 Jahren weisen Transplantatempfänger ein besseres Überleben im Vergleich zu resezierten Patienten auf (61 % vs. 50 %). Die zunehmende Anzahl von Patienten mit HCC auf den Transplantationswartelisten und die limitierte Anzahl von Spenderorganen führt derzeit zu einer Wartezeit von bis zu 18 Monaten trotz Standardexception-(SE)-Punkten. Die Indikationsstellung für eine Lebertransplantation erfolgt zunächst unabhängig vom Alter, meist bestehen jedoch bei älteren bzw. hoch-betagten Patienten aufgrund häufig vorhandener Komorbiditäten Kontraindikationen für eine Lebertransplantation.

Standardtherapie im frühen und intermediären Stadium

Lokal interventionelle Therapieverfahren sind die Standardtherapie für die allermeisten Patienten mit HCC. Bei Vorliegen eines frühen Stadiums (<3 cm), kann als potentiell kuratives Therapieverfahren eine lokale thermische Radiofrequenzablation (RFA) oder eine Mikrowellenablation (MWA) durchgeführt werden (Bruix et al. 2016). Bezüglich der lokalen Anwendbarkeit und des Risikos eines HCC-Rezidivs an anderer Stelle liegen ähnliche Einschränkungen wie bei der Resektion vor. In den meisten Zentren erfolgt eine Ablation bei bis zu drei HCC-Herden und bei einem maximalen Durchmesser von 3 cm der einzelnen Läsionen. Bei Tumoren mit einer Größe von 3–5 cm kann durch eine transarterielle Chemoembolisation (TACE) mit dem Ziel einer Devaskularisation/Schrumpfung durchgeführt werden und im Anschluss dann eine Ablation erfolgen. Bei der TACE erfolgt die Kombination einer intraarteriellen Infusion von Chemotherapeutika (meist Doxorubicin oder Mitomycin C) mit der Embolisation der vaskulären Versorgung der Tumoren, wodurch eine Wirkungsverstärkung gegenüber der alleinigen Anwendung beider Verfahren erzielt werden kann.
Im intermediären Stadium (BCLC Stadium B) ist die TACE die Standardtherapie (Forner et al. 2014). In Studien wurde hierbei im Vergleich zur supportiven Behandlung eine Verlängerung des medianen Überlebens von 16 auf 19 Monate berichtet (Llovet und Bruix 2003). Bei entsprechend strikter Patientenselektion können sogar erheblich längere Überlebenszeiten von teilweise bis zu 4 Jahren erzielt werden (Burrel et al. 2012).
Die selektive interne Radiotherapie (SIRT) stellt ein weiteres intraarterielles Therapieverfahren dar. Hierbei erfolgt eine selektive arterielle Applikation von radioaktiv (Yttrium 90) beladenen Sphären in die tumorversorgenden Gefäße. Prospektiv-randomisierte Daten zur SIRT fehlen jedoch noch. Deshalb sollte das Verfahren zunächst nur für Einzelfälle Anwendung finden, z. B. hepatischer Progress nach TACE und schlechter Verträglichkeit von Sorafenib.

Standardtherapie im fortgeschrittenen Stadium

Sorafenib ist die Standardtherapie im fortgeschrittenen Stadium, jedoch nicht für alle Patienten geeignet. Bei Patienten mit einem gemäß Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC)-Einteilung fortgeschrittenem Tumorstadium (Stadium C) ist die systemische Behandlung mit dem oralen VEGF-R/BRAF-Tyrosinkinase-Inhibitor Sorafenib (800 mg/Tag) der Therapie-Standard. Die SHARP-Studie, eine multizentrische, Placebo-kontrollierte Phase III-Studie mit Einschluss von westlichen Patienten mit erhaltener Leberfunktion, zeigte erstmals für diese Populationen einen signifikanten Überlebensvorteil dieser zielgerichteten Therapie. Das Gesamtüberleben verlängerte sich durch Sorafenib, verglichen mit einer supportiven Behandlung, von 7,9 auf 10,7 Monate (Llovet et al. 2008). In der vergleichbaren Phase III-Studie, die in Süd-Ost-Asien durchgeführt wurde, der Asia-Pacific-Studie, wurde das Gesamtüberleben unter Sorafenib verglichen mit Placebo ebenfalls signifikant von 4,2 Monate auf 6,5 Monate verlängert (Cheng et al. 2009). Die Datenlage zum Einsatz von Sorafenib bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC ist konsistent und wurde ebenfalls im klinischen Alltag bestätigt. Bei den Zulassungsstudien wurden jedoch nur Patienten mit erhaltener Leberfunktion (Child-Pugh A) eingeschlossen. Patienten mit einem Child-Pugh B-Stadium sollten aufgrund fehlender Daten eines Nutzens nicht oder nur in Einzelfällen mit Sorafenib behandelt werden. Die Hauptnebenwirkungen von Sorafenib sind Durchfall, Hauttoxizität, Fatigue und Hypertonus, weshalb ein konsequentes Nebenwirkungsmanagement essentiell ist. Am häufigsten betreffen kutane Nebenwirkungen die Handflächen und Fußsohlen (Hand-Fuß-Hautreaktion, HFSR) (21 %), meistens als Erythem oder Hyperkeratose mit Par- oder Dysästhesie beginnend und im weiteren Verlauf mit Desquamation oder Fissuren einhergehend. Die Therapie mit Sorafenib wird nicht selten aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig beendet. Die Verträglichkeit und Effektivität einer Therapie mit Sorafenib ist unabhängig vom Alter (Ziogas et al. 2017). Außerhalb von klinischen Studien wird Sorafenib beim älteren Patienten häufig zunächst in halber Dosierung (400 mg/Tag) begonnen und nur bei guter Verträglichkeit gesteigert. Die Behandlung mit Sorafenib ist nicht sinnvoll im Sinne einer adjuvanten Therapie nach Ablation oder Resektion.
Weitere Substanzen zur Behandlung des HCC sind derzeit leider aufgrund mangelnder Effektivität oder Toxizität nicht zugelassen. Kürzlich erfolge die Zulassung von Regorafenib als Zweitlinientherapie nach dokumentiertem Progress und Verträglichkeit einer Vortherapie mit Sorafenib (Bruix et al. 2017). Basierend auf den Selektionskriterien der Zulassungsstudie, z. B. Sorafenib-Verträglichkeit und Child-Pugh Stadium A, wird Regorafenib jedoch nur für etwa ein Viertel aller mit Sorafenib vorbehandelten Patienten eine realistische, weitere Therapieoption darstellen. Phase III-Daten zum Zweitlinieneinsatz des MET-, RET- und VEGF-Rezeptor-Inhibitors Cabozantinib. Kürzlich erstmalig veröffentlichte Daten zeigten eine ähnliche Aktivität des VEGF-Rezeptor-TKIs Lenvatinib wie Sorafenib in der Erstlinientherapie sowie zum Erstlinieneinsatz des VEGF-TKIs Lenvatinib werden für Anfang 2017 erwartet. Ein Durchbruch in der Therapie des fortgeschrittenen HCC könnte die Behandlung mit dem programed cell death 1 (PD-1)-Immuncheckpoint-Inhibitor Nivolumab sein, eine vorläufige Zulassung wird ebenfalls für 2017 erwartet (Trojan und Waidmann 2016).

Supportive Maßnahmen

Die supportive Behandlung von Patienten mit HCC ist altersunabhängig und beinhaltet die Therapie der Grunderkrankung, falls dies möglich ist (z. B. Therapie einer chronischen HBV mit Nukleosid/Nukleotidanaloga, Alkoholkarenz, u. a.). Eine spezielle Leberdiät existiert nicht. Insbesondere eine strikte Eiweißrestriktion kann über eine Verstärkung der Katabolie zu einer klinischen Verschlechterung beitragen und sollte vermieden werden. Bei stark eingeschränkter Leberfunktion und bei Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie kann ein vorübergehender Verzicht auf Eiweiß und eine Umstellung auf verzweigtkettige Aminosäuren sinnvoll sein. Bei Ausbildung von Aszites erfolgt zunächst eine diuretische Therapie, falls symptomatisch und refraktär auch eine Behandlung durch Parazentese. Komplementärmedizinische Verfahren werden zwar von den meisten Patienten angefragt, deren Nutzen ist aber nicht hinreichend untersucht.
Fazit für die Praxis
Das hepatozelluläre Karzinom ist eine schwerwiegende und häufige Komplikation der Leberzirrhose. Die Einteilung des HCC erfolgt nach der BCLC-Klassifikation in 5 Stadien. Für jedes Stadium ist ein Standardtherapieverfahren etabliert. Lokalablative Therapieverfahren, die Resektion und die Lebertransplantation sind potentiell kurative Therapieverfahren. Die Standardtherapie im intermediären Stadium ist die transarterielle Chemoembolisation, im fortgeschrittenen Stadium die orale Therapie mit Sorafenib. Die Wahl der Therapie ist prinzipiell nicht altersabhängig. Insbesondere für operative Therapien müssen jedoch Komorbiditäten berücksichtigt werden. Bei betagten Patienten hat sich eine standardisierte, geriatrische Beurteilung als hilfreich erwiesen. Liegt eine schwere Leberfunktionsstörung vor, stehen supportive Therapiemaßnahmen im Vordergrund.
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