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Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde: Hygienische Maßnahmen

Verfasst von: Tim Götting und Winfried Ebner
Die Zahl nosokomialer Infektionen in HNO-Heilkunde ist im Vergleich zu anderen Fächern eher gering. Dennoch sind in der Patientenversorgung Infektionsgefahren zu beachten, denen mit adäquaten Hygienemaßnahmen begegnet werden muss. Gerade die Konzentration auf sinnvolle Hygienemaßnahmen und das Weglassen sinnloser Hygienerituale stellen einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen und ökologischen Qualitätssicherung in Krankenhaus und Praxis dar.
Die Zahl nosokomialer Infektionen in HNO-Heilkunde ist im Vergleich zu anderen Fächern eher gering. Dennoch sind in der Patientenversorgung Infektionsgefahren zu beachten, denen mit adäquaten Hygienemaßnahmen begegnet werden muss. Gerade die Konzentration auf sinnvolle Hygienemaßnahmen und das Weglassen sinnloser Hygienerituale stellen einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen und ökologischen Qualitätssicherung in Krankenhaus und Praxis dar.

Allgemeines

Die Rate nosokomialer Infektionen in einer HNO-Klinik wird in einer Studie von Daschner (1981) mit 0,5 % angegeben (bei einer durchschnittlichen Infektionsrate von 4,4 % für das gesamte Klinikum). In einer weiteren prospektiven Studie von Vossing et al. (1996) liegt die Rate mit 15,4 % deutlich höher. Allerdings wurden in dieser Studie nosokomiale Infektionen lediglich in einer operativen HNO-Abteilung erfasst, und nahezu zwei Drittel aller Infektionen waren Wundinfektionen. Darüber hinaus ist bezogen auf einzelne Eingriffsarten eine erhebliche Schwankungsbreite zu beobachten: Für die Septorhinoplastik wird eine postoperative Wundinfektionsrate mit weniger als 2 % beschrieben (Abuzeid et al. 2012), bei ausgedehnter Tumorchirurgie liegt sie mit 50 % deutlich höher (Penel et al. 2004).
Daten zu postoperativen Wundinfektionen liegen aus dem Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) des NRZ für Surveillance von nosokomialen Infektionen für die Indikator-OP „Neck dissection“ vor (www.nrz-hygiene.de). Für den Erfassungszeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2015 liegt der Mittelwert bei 0,78 %. Allerdings sind diese Daten noch mit Vorsicht zu behandeln, da letztlich lediglich 5 Infektionen bei 640 Eingriffen aus 5 teilnehmenden Einrichtungen berichtet sind. Aufgrund dieser geringen Datenmengen werden keine weiteren Angaben zu 25 %- bzw. 75 %-Quantile oder zum Median gemacht.
Von verschieden Ausbruchsberichten lassen sich Infektionsquellen ableiten, die für die HNO-Heilkunde von besonderer Bedeutung sind. Lowry et al. (1988) berichten über eine Häufung von Patienten mit Otitis media, bei denen als Folge mangelhafter Aufbereitung HNO-ärztlichen Instrumentariums Mycobacterium chelonae nachgewiesen wurde. Mycobacterium chelonae war auch die Ursache eines Ausbruchs postoperativer Infektionen durch inadäquat aufbereitetes OP-Instrumentarium für Rhinoplastiken (Soto et al. 1991). Kontaminierte Spritzen für die Ohrspülung wurden als Ursache für eine endemisch hohe Rate von Infektionen des äußeren Gehörgangs mit Pseudomonas aeruginosa in mehreren HNO-Praxen in den Niederlanden gefunden (Bruins et al. 2013). Vor allem Otoskope und Rhinoskope werden durch mangelhafte Aufbereitung zu potenziellen Vektoren von Krankheitserregern (Cohen et al. 1998; Kutter et al. 2000; Lowry und Jarvis 1991; Matalon et al. 1997; Powell et al. 2003). Zudem führte die Einführung neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren vor allem im Bereich der Endoskopie zu einem Anstieg des Übertragungsrisikos für nosokomiale Infektionen (Geiss und Hörmann 1998). Vayisoğlu et al. (2014) konnten in ihrer Untersuchung zum Einfluss einer HNO-endoskopischen Untersuchung auf die Besiedlung des Rachens und die Entwicklung einer Bakteriämie zwar keine gesteigerte Bakteriämierate nachweisen, machen aber darauf aufmerksam, dass eine „nosokomiale Besiedlung“ des Rachens infolge der Endoskopie durchaus ein erhöhtes Infektionsrisiko vor allem für onkologische Patienten darstellen kann.
Bezüglich der Präventionsmaßnahmen für die fächerübergreifend wichtigsten nosokomialen Infektionen sei auf die entsprechenden Kapitel verwiesen (Pneumonie Kap. Nosokomiale Pneumonie, Venenkatheterinfektion Kap. Infektionen und Sepsis durch intravaskuläre Katheter, Wundinfektion Kap. Postoperative Wundinfektionen: Epidemiologie und Prävention). Allgemeingültige Standardhygienemaßnahmen sind in Kap. Basishygienemaßnahmen im Krankenhaus beschrieben.

Spezielle Hygienemaßnahmen

HNO-Behandlungseinheit und Ohrspülungen

HNO-Behandlungseinheiten verschiedener Hersteller können sich in ihrem Aufbau deutlich unterscheiden. Im Folgenden werden deshalb Grundzüge des hygienischen Umgangs mit diesen Einheiten benannt. Für Detailfragen, vor allem was die routinemäßige Reinigung der wasserführenden Teile angeht, müssen immer auch Herstellerangaben berücksichtigt werden.
Die Verkeimung des Wassers in HNO-Behandlungseinheiten, die in aller Regel mit dem Leitungssystem der jeweiligen Klinik bzw. Praxis verbunden sind, kann ein hygienisches Problem darstellen. In dem unter Umständen weit verzweigten Wasserleitungssystem einer Klinik entsteht ein Biofilm aus vorwiegend organischen Substanzen. Dieser ist ein Nährboden für Mikroorganismen, der auch das in einwandfreiem Zustand angelieferte Leitungswasser mikrobiell kontaminiert. Im Falle von Spülungen kann so eine potenzielle Infektionsgefahr vor allem für immunsupprimierte und multimorbide Patienten entstehen. In Krankenhäusern und Arztpraxen wurden in Untersuchungen an medizinisch-technischen Geräten Wasserkeime (vor allem Pseudomonaden, Stenotrophomonas maltophilia, Sphingomonas spp., Acinetobacter spp. u. a.) in Keimzahlen von 104–108/ml gefunden, die als opportunistisch pathogen gelten (Ziegler et al. 1997). Solche Untersuchungen wurden in der Vergangenheit vor allem an Dentaleinheiten vorgenommen (Pankhurst und Coulter 2007). Die Ergebnisse sind aber durchaus auch auf HNO-Behandlungseinheiten übertragbar.
Pseudomonas aeruginosa wird in über 90 % der Fälle von Entzündungen des äußeren Gehörgangs gefunden. Vor allem Diabetiker und immunsupprimierte Patienten sind gefährdet, das Krankheitsbild einer Otitis externa maligna mit fatalen Folgeschäden zu entwickeln (Rubin Grandis et al. 2004). Deshalb sollte man bei diesen Patientengruppen auf Ohrspülungen generell verzichten, da diese schon als Ursache für eine Otitis externa maligna beschrieben wurden (Zikk et al. 1991). Auch bei perforiertem Trommelfell sollten Ohrspülungen im Hinblick auf das Risiko einer Otitis media unterlassen werden. Besteht die HNO-ärztliche Indikation einer Spülung des äußeren Gehörgangs bei nicht intaktem Trommelfell (Gross et al. 2000), sollte dafür ausschließlich ein separates Aggregat verwendet werden, das die Verwendung von beispielsweise steriler isotoner Kochsalzlösung erlaubt.
Tipp
Zur Reduktion der Keimbelastung der Spüleinheit empfiehlt es sich, nach längerer Standzeit (z. B. über das Wochenende) das Wasser vor der ersten Benutzung ca. 10 Minuten vorlaufen zu lassen. Nach kurzer Standzeit ist ein Vorlauf von 2–3 Minuten ausreichend, um die Keimzahl deutlich zu reduzieren.
Der Einsatz eines Keimfilters in der HNO-Behandlungseinheit ist ebenfalls möglich. Jedoch bedarf diese Maßnahme verschiedener technischer Lösungen; zum Beispiel gibt es Behandlungseinheiten, die für den Einsatz eines Filters technisch nachgerüstet werden können. In jedem Fall ist der Einsatz eines Filters mit relativem Aufwand verbunden (regelmäßiger Wechsel bzw. Wartung) (Amin-Sharifi et al. 2000).
Wird in einer Klinik oder Praxis in der Regel auf Ohrspülungen verzichtet, dann sollte auch nicht in Ausnahmefällen gespült werden, da bei weitgehender Nichtbenutzung der Spüleinheit die Verkeimung der wasserführenden Systeme besonders hoch ist.
Die Oberflächen der Behandlungseinheit werden in einem sinnvollen Intervall (mindestens jedoch einmal pro Woche) gereinigt. Im gleichen Intervall sollten auch die Instrumentenschalen ausgeräumt und gereinigt werden, ebenso das Mikroskop. Bei Kontamination mit (potenziell) infektiösem Material erfolgt eine sofortige Wischdesinfektion mit einem Flächendesinfektionsmittel oder mit 60–70 %igem Alkohol.
Im Rahmen besonders kontaminationsträchtiger Arbeiten (z. B. Absaugen über ein Tracheostoma) empfiehlt es sich, zum Schutz des HNO-ärztlichen Instrumentariums die Behandlungseinheit für die Dauer der Untersuchung/Behandlung zu verschließen. Das benötigte Instrumentarium muss entsprechend vorgerichtet werden.

Medikamentenzerstäuber

Vor dem Befüllen werden die Medikamentenzerstäuber sterilisiert. Anschließend werden sie mit dem Medikamentennamen und dem Verfallsdatum des Medikaments versehen. Der Sprühansatz wird nach jedem Patienten gewechselt und – falls kein Einwegprodukt – nach einem standardisierten Verfahren aufbereitet (Abschn. 2.4).

Absaugsystem

Nach jeder Benutzung am Patienten wird der Sauger entfernt und der Absaugschlauch mit Wasser durchspült (Anschluss an der Behandlungseinheit). Es empfiehlt sich, das System nach Herstellerangaben durchzuspülen, um der Biofilmbildung vorzubeugen.
Der Sekretauffangbehälter sollte in sinnvollen Intervallen (z. B. alle 2 Tage) geleert und vorzugsweise thermisch in einem Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG) aufbereitet werden. Bei Behältern, aus denen das Sekret direkt in den Abfluss gesaugt wird, kann das Intervall für die Aufbereitung entsprechend verlängert werden (z. B. einmal pro Woche).
Der Sekretfilter kann unter fließendem Wasser gereinigt werden. Ideal ist aber auch hier die thermische Aufbereitung in einem RDG.
Eine Alternative stellen Einwegsysteme dar, bei denen das Sekret in Gel-gefüllten Beuteln gesammelt und gebunden wird. Die Gelbeutel werden, wenn sie voll sind, im Hausmüll entsorgt.
Wird zwischen Sauger und Absaugschlauch noch ein Saugeransatz zwischengeschaltet, sollte dieser einmal täglich bzw. direkt nach sichtbarer Kontamination der Außenfläche ausgewechselt und vorzugsweise thermisch in einem RDG aufbereitet werden.

Instrumentenaufbereitung

HNO-ärztliches Instrumentarium muss in der Regel desinfiziert, nicht sterilisiert werden, da es, bei Einsatz an der Schleimhaut, als semikritisches Medizinprodukt eingestuft werden kann (Kap. Medizinprodukte: Sichere und umweltschonende Aufbereitung; s. auch die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts 2012). Die maschinelle ist der manuellen Aufbereitung dabei grundsätzlich vorzuziehen.
Dabei gilt es zu beachten, dass bei Instrumenten mit Lumina (enge Ohrtrichter, Nasensauger, Zerstäuberaufsätze etc.) eine manuelle Vorreinigung stattfinden muss, wenn das RDG nicht den Anschluss jedes Instrumentenlumens an eine eigene Spüldüse erlaubt (was in der Regel der Fall ist). Die manuelle Vorreinigung geschieht am besten mit Wasser aus der Druckpistole, bei hartnäckigen Verunreinigungen kann ein vorheriges Einlegen in einer Reinigungslösung notwendig sein. Instrumente, die feucht aus dem RDG kommen, müssen nachgetrocknet werden (Lumina mithilfe von Druckluft).
Tipp
Für viele HNO-Arztpraxen, für die sich die Anschaffung eines RDG nicht lohnt, ist die manuelle Reinigung, Trocknung und anschließende Dampfsterilisation (Instrumente in offenen Siebschalen) die adäquate Aufbereitungsmethode, wenn es sich um Medizinprodukte handelt, die desinfiziert zum Einsatz kommen.
Bei verschiedenen Tätigkeiten (vor allem Stillen von Nasenbluten) muss mit dem Verspritzen von (potenziell) infektiösem Material gerechnet werden. Um eine unnötige Kontamination der Instrumente auf der Behandlungseinheit zu vermeiden, empfiehlt es sich, nur das benötigte Instrumentarium vorzurichten und die übrigen Instrumente abzudecken.

Flexible und starre Endoskope

Endoskope ohne Lumina
Die flexiblen und starren Endoskope ohne Lumina (reine Optiken) sollten vorzugsweise (chemo-)thermisch in einem RDG aufbereitet werden. Eine manuelle Vorreinigung empfiehlt sich bei starker Verschmutzung mit zähem Sekret bzw. wenn die Optik nicht sofort in das RDG gegeben werden kann (Abschn. 5.1, Kap. Endoskopie: Hygienische Maßnahmen).
Endoskope mit Lumina
Endoskope mit Lumina sollten nach manueller Vorreinigung (Durchbürsten der Kanäle) grundsätzlich nur noch chemothermisch in einem Endoskop-RDG aufbereitet werden (manuelle Aufbereitung Kap. Endoskopie: Hygienische Maßnahmen). Auch Lupenlaryngoskope mit Luftinsufflationskanal werden wie Endoskope mit Kanälen behandelt, da auch der Insufflationskanal – analog den Biopsie-, Saug- und Spülkanälen anderer Endoskope – nach jeder Anwendung am Patienten desinfiziert werden muss (Geiss und Hörmann 1998).
Vor- und Nachteile von manueller und maschineller Aufbereitung sind in der Literatur vielfach beschrieben (vgl. Cavaliere und Iemma 2012; s. auch Kap. Endoskopie: Hygienische Maßnahmen).

Tracheostomapflege und Wechsel der Trachealkanüle

Es gibt eine Fülle verschiedener Trachealkanülen aus unterschiedlichsten Materialien. Bei der Aufbereitung von Trachealkanülen müssen deshalb immer auch Herstellerangaben zur Verträglichkeit des Materials gegenüber Desinfektionsmitteln beachtet werden. Als Grundregel für die Aufbereitung kann gelten: Trachealkanülen, die bei frisch tracheotomierten Patienten eingesetzt werden, müssen steril sein, weil die Wunde in diesem Stadium wie eine frische Operationswunde an einer anderen Körperstelle zu betrachten ist. Deshalb müssen auch alle Manipulationen am Tracheostoma unter aseptischen Bedingungen durchgeführt werden. Ist die Tracheostomawunde verheilt, genügt es, die Trachealkanüle gründlich zu reinigen, vorausgesetzt, sie wird wieder beim selben Patienten eingesetzt.
Eine Arbeitsanweisung zur Kanülenaufbereitung bei Patientenwechsel bzw. zur Aufbereitung patientenbezogener Kanülen findet sich am Ende dieses Kapitels (Abschn. 5.2).
Vorgehen beim Wechsel der Trachealkanüle beim frisch tracheotomierten Patienten
  • Händedesinfektion
  • Verband mit Einmalhandschuhen entfernen
  • Wenn erforderlich, zunächst endotracheal absaugen
  • Trachealkanüle entfernen und in Nierenschale ablegen
  • Bei Bedarf Wundränder mit Metallsaugrohr absaugen
  • Einmalhandschuhe ausziehen, anschließend Händedesinfektion
  • Sterile Handschuhe anziehen
  • Tracheostomarand mit steriler Kompresse oder sterilem Stieltupfer und Haut-/Schleimhautdesinfektionsmittel reinigen und desinfizieren
  • Killian-Spekulum und Trachealkanüle (evtl. mit Führungsstab) unter aseptischen Bedingungen anreichen lassen
  • Sterile Kanüle vorsichtig einsetzen
  • Sterile Schlitzkompresse unterlegen
  • Kanüle mit Band fixieren

Nasen- und Ohrentropfen

Beim Umgang mit Nasen- und Ohrentropfen und Antibeschlaglösungen muss die Kontamination der Flasche und damit des Flascheninhalts vermieden werden. Da eine akzidentielle Kontamination nicht immer auszuschließen ist, sind kleinere Abfüllungen von Nasen- und Ohrentropfen großen Gebinden vorzuziehen. Dies ist zwar teurer, aus Gründen des Patientenschutzes aber zu empfehlen (Ebner et al. 2000).

Hygiene im Operationssaal und Antibiotikaprophylaxe

Es gelten die Regeln der OP-Saal-Hygiene (Kap. Operative Medizin: Hygienische Maßnahmen). In einem weiteren Sinne gehört auch die Antibiotikaprophylaxe – sowohl innerhalb als auch außerhalb des OP-Bereichs – zu den infektionsverhütenden Maßnahmen.

Perioperative Antibiotikaprophylaxe

Die einzige gesicherte Indikation für eine perioperative Antibiotikaprophylaxe im HNO-Bereich ist die Karzinomchirurgie, wenn hierbei der obere Respirationstrakt eröffnet wird. Hier konnte gezeigt werden, dass eine Antibiotikaprophylaxe, vorzugsweise mit einem Breitspektrum-Penicillin in Kombination mit einem Betalaktamase-Inhibitor, das Risiko einer postoperativen Infektion signifikant reduzieren kann (Wacha et al. 2010; Shapiro 1991; Velanovich 1991).
Es gibt Hinweise, dass eine Prophylaxe bei kontaminierten Eingriffe im Bereich der tympano-mastoidalen Chirurgie einen Vorteil hat. Es fehlen aber Daten aus hochwertigen randomisierten und kontrollierten Studien (Antonelli 2015).

Antibiotikaprophylaxe bei Schädelbasisfrakturen

Obwohl oftmals praktiziert, ist die antibiotische Prophylaxe bei Schädelbasisfrakturen mit oder ohne Liquorrhö in ihrer Wirksamkeit nicht belegt (Ratilal et al. 2015; Daschner 1998; Infection in Neurosurgery Working Party of the British Society for Antimicrobial Chemotherapy 1994).

Antibiotikaprophylaxe bei Nasentamponaden

Die bei liegenden Nasentamponaden (Epistaxis, Septumchirurgie) häufig zwar nicht mehr praktizierte, in vielen HNO-Lehrbüchern aber noch geforderte Antibiotikaprophylaxe ist in ihrer Wirksamkeit durch Studien nicht belegt (Biswas und Mal 2009; Biggs et al. 2013; Pepper et al. 2012).

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in der HNO-Heilkunde

Im Rahmen des Auftretens der mit der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) assoziierten neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) stellen sich für die HNO-Heilkunde ganz besondere Probleme. Von den Prionen der vCJK ist bekannt, dass sie sich schon vor einer zerebralen Manifestation lymphatisch, also auch in den Tonsillen, exprimieren. Die Verbreitung von vCJK unter anderem durch die sehr häufig durchgeführten Tonsillektomien und Adenotomien kann also nicht ausgeschlossen werden. Dies führte in Großbritannien zu der Empfehlung, für diese chirurgischen Eingriffe nur noch Einmalinstrumentarium zu verwenden. Aufgrund der viel häufigeren postoperativen Komplikationen wurde diese Empfehlung jedoch wieder zurückgenommen (Maheshwar et al. 2003; Nix 2003). Mauz et al. (2003) berichten dagegen von nicht erhöhten Komplikationsraten bei Verwendung von Kunststoffeinmalinstrumenten aus Hochleistungspolymer. Allerdings beobachteten sie lediglich 96 Eingriffe (Tonsillektomien und Adenotomien).
In Deutschland besteht zurzeit keine Empfehlung zur Verwendung von Einmalinstrumenten bei HNO-chirurgischen Eingriffen im Hinblick auf vCJK. Es gelten daher die allgemeinen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (Kap. Medizinprodukte: Sichere und umweltschonende Aufbereitung).

Beispiele für Arbeitsanweisungen

Maschinelle bzw. manuelle Reinigung und Desinfektion von starren und flexiblen Optiken

Wichtig
  • Immer mit Einmalhandschuhen arbeiten!
  • Nach dem Ausziehen von Einmalhandschuhen: Händedesinfektion!
Allgemeines
  • Die maschinelle Aufbereitung von flexiblen und starren Endoskopen ohne Lumen in der HNO-Klinik in einem E-RDG (Endoskop-Reinigungs- und Desinfektionsgerät) ist der manuellen Aufbereitung vorzuziehen.
  • Bei einer manuellen bzw. maschinellen Reinigung und Desinfektion sind VAH-gelistete Produkte anzuwenden. Bei Endoskopen ohne abschließende Sterilisation ist insbesondere zu beachten, dass voll viruzide Instrumentendesinfektionsmittel für die manuelle Aufbereitung zum Einsatz kommen.
  • Eine Wirksamkeit der Desinfektion ist nur gewährleistet, wenn die Reinigung davor gründlich und sachgemäß erfolgte.
  • Der Zeitpunkt der Aufbereitung (Datum), das verwendete E-RDG und der Name der aufbereitenden Person müssen jeweils nachvollziehbar sein.
Vorreinigung
  • Direkt nach der Untersuchung (noch am Untersuchungsort): Den Außenmantel mit einem flusenfreien Tuch von grober Verunreinigung befreien.
  • Im Aufbereitungsraum: Den Außenmantel mit einem mit Instrumentenreiniger getränkten Tuch (Bürste) von grober Verunreinigung befreien. Anschließend die Reinigungslösung unter Leitungswasser abspülen.
Reinigung und Desinfektion im E-RDG
  • Endoskop im Gerätekorb platzieren.
  • Validiertes Reinigungs- und Desinfektionsprogramm starten.
  • Alle eventuell verunreinigten Arbeitsflächen reinigen und desinfizieren, damit nach Programmende eine saubere Entnahme möglich ist.
  • Nach Programmende das Endoskop mit desinfizierten Händen entnehmen und auf der reinen Seite ablegen, dabei das Endoskop auf Sauberkeit prüfen.
  • Bei eventuell unvollständiger Trocknung durch das E-RDG alle Flächen sorgfältig mit einem frischen flusenfreien Tuch abtrocknen.
Aufbewahrung/Bereitstellung
  • Desinfizierte Endoskope nur mit frisch desinfizierten Händen anfassen.
  • Endoskope sind staubfrei und trocken, vorzugsweise im Schrank (hängend) aufzubewahren, alternativ in speziellen Plexiglasröhren (unten offen). Hierbei ist ebenfalls auf staubfreie Lagerbedingungen zu achten (Tuchabdeckung). Die maximale Lagerzeit sollte 14 Tage nicht überschreiten. Danach sollte eine erneute Aufbereitung erfolgen.
  • Bei Kontamination des Schrankes oder des Behältnisses: Wischdesinfektion mit 60–70 %igem Alkohol.
Wichtig
Der Transportkoffer mit Schaumstoff-Inlay ist kein geeignetes Behältnis für die Aufbewahrung. Er darf speziell in der HNO nur zu Konsilzwecken als Transportmittel verwendet werden. Hierbei ist zu beachten, dass das Endoskop in ein sauberes, flusenfreies Tuch eingeschlagen ist und somit keinen Kontakt zum Schaumstoffinlay hat.
Manuelle Aufbereitung
  • Vorreinigung wie oben beschrieben.
  • Endoskop in ein vollviruzides Instrumentendesinfektionsmittel vollständig einlegen; Herstellerangaben zu Konzentration und Einwirkzeit beachten.
  • Gründlich mit Leitungswasser aus einem Wasserhahn mit Sterilfilter abspülen (oder mit Aqua dest.).
  • Mit einem sauberen flusenfreien Tuch abtrocknen.
  • Wird das Endoskop mit Leitungswasser ohne Sterilfilter abgespült, sollte es nochmals mit 60–70 %igem Alkohol abgewischt werden (auch hier Angaben des Endoskopherstellers beachten!)

Aufbereitung von patientenbezogenen Trachealkanülen

Allgemeines
  • Trachealkanülen dürfen grundsätzlich nur patientenbezogen verwendet werden.
  • Bei neu angelegtem und noch nicht abgeheiltem Tracheostoma (Diagnose durch behandelnden Arzt) immer neue sterile Trachealkanüle verwenden.
Aufbereitung der Kanüle
  • Bei der Aufbereitung immer Schutzbrille, Mundschutz und ausreichend lange unsterile Handschuhe tragen.
  • Vor der Aufbereitung einer weiteren Kanüle grundsätzlich die Handschuhe wechseln.
  • Grobe Verschmutzung mit Wasser abspülen.
  • Trachealkanüle in Einzelteile zerlegen, sorgfältig auf Materialschäden prüfen. Bei Trachealkanülen mit Cuff muss dieser auf Funktion und Dichtheit überprüft werden. Bei Verdacht auf Materialschäden Trachealkanüle verwerfen.
  • Mindestens 10 Minuten in Instrumentenreinigungslösung (falls vorhanden im Ultraschallbad) einlegen.
  • Alle Teile der Kanüle mit Bürste reinigen. Gefäß ausreichend groß wählen, sodass die Kanüle komplett unter Wasser gereinigt werden kann.
  • Mit steril filtriertem Wasser oder sterilem Aqua dest. gründlich abspülen.
  • Mit sauberer Kompresse oder weichem Tuch trocknen.
  • Nach Trocknung ist die Kanüle wieder einsetzbar bzw. staubfrei und trocken aufzubewahren.
Wichtig
Wird die Kanüle mit Leitungswasser aus einem Wasserhahn ohne Sterilfilter abgespült, so muss sie nach dem Trocknen vollständig für 10 Minuten in 60–70 %igem Alkohol eingelegt werden. Für jede Kanüle frisch abgefüllten Alkohol nehmen.
Bereitet der Patient die Kanüle im Patientenzimmer auf, soll er darauf hingewiesen werden, dass er das Leitungswasser (aus einem Wasserhahn ohne Sterilfilter) zunächstmindestens 2 Minuten vorlaufen lässt.
Aufbereitung der Reinigungsbürste
  • Für jede Kanüle eine neue Reinigungsbürste nehmen.
  • Bürsten täglich aufbereiten oder Einmalbürsten verwenden.
  • Aufbereitung vorzugsweise im RDG. Alternativ Bürsten in Instrumentendesinfektionsmittel unter Beachtung der Herstellerangaben zu Konzentration und Einwirkzeit einlegen, danach gründlich mit Leitungswasser aus einem Wasserhahn mit Sterilfilter spülen und trocknen.
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