Epidemiologie
Derzeit nimmt die
Prävalenz des
Diabetes mellitus weltweit weiter zu. Die DR ist eine der Hauptursachen für Sehverlust bei Erwachsenen auch in vielen Ländern mit hoch entwickeltem Gesundheitssystem. Aus einer großen globalen Datenanalyse geht hervor, dass bei etwa 35 % der Menschen mit Diabetes mellitus jeglicher Form eine DR vorliegt, davon haben etwa 7 % eine PDR und 7 % ein DME. Bei etwa 10 % der betroffenen Patienten*innen liegt ein fortgeschrittenes Stadium mit Visusbedrohung vor (Yau et al.
2012). Dennoch bestehen auch geografische Unterschiede. Eine Studie aus dem ländlichen China zeigte, dass DR weit verbreitet ist, mit einer Prävalenz von 43 % für alle Formen der DR und 3,5 % für das DME (Wang et al.
2009). Diese Schätzungen sind höher als diejenigen aus einer Studie mit überwiegend städtischen chinesischen Einwohnern (37 % für DR und 2,6 % für DME) (Xie et al.
2008). Aus einer großen Populations-basierten Studie aus Deutschland geht hervor, dass die Prävalenz der DR in Deutschland bei Patienten*innen mit einem Typ-1-Diabetes (T1D) bei etwa 24–27 % liegt. Bei Patienten*innen mit einem Typ-2-Diabetes (T2D) ist die Prävalenz etwas niedriger und liegt bei etwa 9–16 %. In Deutschland sind weniger als 1 % der Menschen mit einer DR erblindet (0,2–0,5 %) (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015). Dennoch kann eine DR auch bereits bei Diagnosestellung des Diabetes mellitus vorliegen.
Symptome
Bei Erwachsenen mit einem
Diabetes mellitus sollte bereits bei Diagnosestellung sowie einmal jährlich eine augenärztliche Kontrolle erfolgen. In den frühen Stadien verläuft die DR meist symptomlos. Zudem treten relevante morphologische Veränderungen oftmals vor einer funktionellen Visusverschlechterung auf, was auch für die jeweilige Therapieentscheidung wichtig ist.
Insbesondere zu Beginn einer Diabeteserkrankung oder bei entgleister Stoffwechsellage können
Sehstörungen auftreten, meist im Sinne eines „Verschwommen-Sehen“. Dies ist häufig nicht auf eine DR oder ein DME zurückzuführen, sondern entsteht u. a. durch Schwankungen der Linsenbrechkraft durch osmotische Effekte bei erhöhten Glukosespiegeln. Dies tritt u. a. auch bei schneller Blutglukosesenkung auf, z. B. bei Beginn einer intensivierten Insulintherapie. Patienten*innen sollten daher bei Diagnosestellung eines
Diabetes oder bei Neueinstellung einer antidiabetischen Therapie zunächst eine stabile Stoffwechsellage abwarten, bevor eine Sehkorrektur wie Brille oder Kontaktlinsen angepasst werden.
Sollte die Verschlechterung der Sehschärfe im Verlauf bestehen bleiben und auch durch eine Sehhilfe nicht verbessert werden können, spricht dies für ein Warnzeichen einer möglichen Netzhautkomplikation. Weitere Warnsignale für Netzhautkomplikationen stellen
Farbsinnstörungen, ein verzerrtes Sehen (Metamorphopsie) und „Rußregen“ (Glaskörperblutungen) dar. Meist verlaufen diese Symptome ohne
Schmerzen (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015).
In einer großen
Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass Patienten*innen mit T2D und einer PDR oder DME ein insgesamt erhöhtes kardiovaskuläres Risiko haben, sodass diese Patienten*innen engmaschig kontrolliert werden sollten, um kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern (Xie et al.
2017).
Risikofaktoren
Die Dauer der Diabeteserkrankung ist eine der relevantesten Risikofaktoren für die Entwicklung und Progression einer DR. In der „Wisconsin Epidemiologic Study of Diabetic Retinopathy“ hat sich gezeigt, dass die
Prävalenz einer DR mit steigender Diabetesdauer deutlich zunimmt: die Prävalenz jeglicher Retinopathie betrug 8 % nach 3 Jahren Diabetesdauer, 25 % nach 5 Jahren, 60 % nach 10 Jahren und 80 % nach 15 Jahren (Fong et al.
2004; Klein et al.
1984).
Aus einer großen Studie, der „Diabetes Control and Complications Trial“ (DCCT) geht hervor, dass die Wirkung der Hyperglykämie eine entscheidende Rolle für die Entwicklung einer DR spielt. In dieser Studie wurden insgesamt 1441 Patienten*innen untersucht, die zu Studienbeginn entweder keine Retinopathie (Primärpräventionskohorte) oder eine minimale bis mittelschwere NPDR (Kohorte mit sekundärer Progression) aufwiesen. Sie erhielten entweder eine konventionelle Behandlung (mit ein- oder zwei-mal täglichen Insulininjektionen) oder sie wurden mit einer intensiven Diabetestherapie mit drei oder mehr täglichen Insulininjektionen behandelt oder erhielten eine kontinuierliche subkutane Insulininfusion. In der Primärpräventionskohorte war die kumulative Inzidenz des Fortschreitens der Retinopathie über die ersten 36 Monate zwischen den beiden Gruppen ähnlich. Anschließend gab es einen anhaltenden Rückgang in der Intensivgruppe. Die intensivierte Therapie reduzierte das mittlere Risiko einer Retinopathie um 76 % (95 % KI 62–85). In der sekundären Interventionskohorte hatte die Intensivgruppe eine höhere kumulative Inzidenz einer anhaltenden Progression während des ersten Jahres. Nach 36 Monaten hatte die Intensivgruppe jedoch ein geringeres Progressionsrisiko. Langfristig hat daher eine gute Blutzuckereinstellung einen protektiven Effekt auf die Entwicklung einer DR. Dies konnte auch die „U.K. Prospective
Diabetes Study“ (UKPDS) zeigen. In dieser Studie konnte die Gesamtrate mikrovaskulärer Komplikationen bei Patienten*innen, die eine Intensivtherapie zur Blutzuckereinstellung erhielten, um 25 % im Vergleich zu einer konventionellen Therapie verringert werden. Die epidemiologische Analyse der UKPDS-Daten zeigte eine kontinuierliche Beziehung zwischen dem Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen und Glykämie, sodass für jeden Prozentpunkt der Abnahme des HbA1c-Wertes das Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen insgesamt um 35 % reduziert werden konnte (Fong et al.
2004).
In der UKPD-Studie war auch eine strengere Blutdruckeinstellung (<150/85 mmHg) unter Verwendung eines
ACE-Hemmers und/oder eines β-Blockers mit einer um 34 % reduzierten Progression der DR sowie um ein 47 % reduzierteres Risiko einer Verschlechterung der Sehschärfe assoziiert bei einer medianen Beobachtungszeit von 8,4 Jahren. In der ABCD-Studie (Approdate Blood Pressure Control in Diabetes) wurden insgesamt 470 Patienten*innen mit
arterieller Hypertonie mit einer intensiven Blutdruckkontrolle (diastolischer Zielblutdruck von 75 mmHg) gegenüber einer moderaten Blutdruckkontrolle (diastolischer Zielblutdruck von 80–89 mmHg) untersucht. Obwohl die Intensivtherapie eine geringere Inzidenz von Todesfällen zeigte (5,5 vs. 10,7 %, P = 0,037), gab es keinen Unterschied zwischen der intensiven und der moderaten Gruppe hinsichtlich des Fortschreitens der DR (Estacio et al.
2000; Fong et al.
2004). Einige epidemiologische Studien identifizieren den Bluthochdruck eindeutig als unabhängigen Risikofaktor für die DR (Agardh et al.
1997; Suzuma et al.
2001; Wan Nazaimoon et al.
1999).
Pathophysiologisch gibt es ebenfalls Hinweise auf eine starke Korrelation von Bluthochdruck und der DR. Netzhautperizyten, von denen angenommen wird, dass sie den Gefäßtonus und die Durchblutung der Netzhaut regulieren, gehen in den frühen Stadien der DR verloren. Darüber hinaus ist die Autoregulation des retinalen Blutflusses bei
Diabetes beeinträchtigt und es kommt zu einem Verlust der Vasoreaktivität. Solche Veränderungen könnten das Ausmaß der mechanischen Dehnung beeinflussen, die das Endothel erfährt (Suzuma et al.
2001).
Höhere Gesamtcholesterinspiegel im
Serum sind mit einer höheren
Prävalenz von DR assoziiert (Wong et al.
2008; Yau et al.
2012). Einige Studien deuten darauf hin, dass Fenofibrat die Entwicklung und das Fortschreiten von DR verlangsamen kann (Keech et al.
2007). Fenofibrat wirkt jedoch hauptsächlich auf
Triglyzeride und seine Wirkungen auf die DR waren in diesen Studien unabhängig von den erreichten Lipidspiegeln. Die „Fenofibrate Intervention and Event Lowering in Diabetes“ (FIELD)-Studie hat von einer protektiven Wirkung von Fenofibraten bei der
Laserbehandlung bei der proliferativen DR berichtet. Es gab jedoch keinen Hinweis auf eine gleichzeitige Abnahme der Serum-Triglyzeridspiegel (Sacks
2008). In der „ACCORD Eye“ Studie war die protektive Wirkung von Fenofibrat unabhängig von dem Blutzuckerspiegel. Ob diese protektive Wirkung von Fenofibrat in der „ACCORD-Eye“-Studie auch durch eine Interaktion mit der Wirkung von Statinen zur LDL-Senkung zustande gekommen ist, bleibt aktuell unbekannt. Statine hatten jedoch in den wenigen Studien, in denen dies untersucht wurde, keinen Einfluss auf den DR-Schweregrad, wenn auch nicht als primärer Endpunkt (Colhoun et al.
2004; Yau et al.
2012).
Insgesamt können erhöhte LDL-Spiegel zu einem Anstieg der nicht enzymatischen Oxidation in der diabetischen Netzhaut führen. Es wurde gezeigt, dass oxidiertes und glykiertes LDL, das bei Patienten*innen mit
Diabetes in der Netzhaut identifiziert wurde, einen Verlust der Netzhautperizyten bewirkt und zudem oxidierte LDL-Immunkomplexe induziert, was eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer DR spielt (Fu et al.
2014). In einer großen klinischen Studie hat sich zudem gezeigt, dass ein signifikant geringeres Progressionsrisiko für die DR vorliegt, wenn das Gesamtcholesterin, die
Triglyzeride und das LDL-Cholesterin über einen längeren Zeitraum von etwa 5 Jahren reduziert wird.
Eine Assoziation zwischen dem Vorliegen einer Mikroalbuminurie,
Nephropathie und sowohl einem T1D als auch einem T2D ist bekannt (Lövestam-Adrian et al.
1999; Marshall and Alberti
1989; Rani et al.
2011). Die Mikroalbuminurie wird auch als Marker einer endothelialen Dysfunktion beschrieben.
Enzyme, die am Metabolismus anionischer Komponenten der extrazellulären Matrix beteiligt sind (z. B. Heparansulfat-Proteoglykan), sind anfällig für eine hyperglykäme Stoffwechsellage. Sie scheinen die Hauptursache für die Mikroalbuminurie und die damit verbundenen Komplikationen zu sein (Deckert et al.
1989; Rani et al.
2011). Ein erhöhter Blutdruck, aber auch ein erhöhter BMI sind zudem ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Mikroalbuminurie. Die EURODIAB-Studie bei T1D zeigte, dass die Korrelation zwischen steigendem Blutdruck und der Albuminausscheidungsrate nur bei Patienten*innen bestätigt wurde, die auch eine DR hatten, unabhängig von der glykämischen Kontrolle oder Diabetesdauer, was darauf hindeutet, dass die DR mit einer Mikroalbuminurie in Verbindung steht (Rani et al.
2011; Stephenson et al.
1995).
Während der Schwangerschaft besteht, aufgrund der hormonellen, metabolischen, hämodynamischen und immunologischen Veränderungen ein erhöhtes Risiko für das Fortschreiten einer DR. Die Progression der DR tritt bei schwangeren Frauen etwa doppelt so häufig auf wie bei nicht schwangeren Frauen (Kitzmiller et al.
2008). Eine Reihe von Fall-Kontroll- und Kohortenstudien haben gezeigt, dass die DR bei T1D-Schwangerschaften während des ersten und zweiten Trimesters fortschreitet, am Ende des zweiten Trimesters wahrscheinlich am höchsten ist und sich während des dritten Trimesters eher zurückbildet. Es wurde zudem festgestellt, dass die Schwangerschaft selbst ein unabhängiger Risikofaktor für eine Verschlechterung von DR ist. Andere Risikofaktoren für das Fortschreiten von DR während der Schwangerschaft ähneln denen für die allgemeine diabetische Bevölkerung (d. h. schlechte Blutzuckereinstellung, Dauer der Diabeteserkrankung, Bluthochdruck usw.) (Diabetes Control and Complications Trial Research Group
2000; Morrison et al.
2016; Temple et al.
2001).
Vorsorge- und Behandlungsstrategien
Patienten*innen mit
Diabetes mellitus sollten bei Diagnosestellung und während der Diabetesschulung über die Risiken von Netzhautkomplikationen bei Vorliegen eines Diabetes aufgeklärt werden. Weiterhin sollte die Bedeutung der regelmäßigen augenärztlichen Untersuchung auch bei Beschwerdefreiheit erläutert werden.
Die regelmäßige augenärztliche Untersuchung bei Patienten*innen mit
Diabetes beinhaltet die Bestimmung der Sehschärfe, die Untersuchung der vorderen Augenabschnitte sowie die binokulare Untersuchung der Netzhaut in Mydriasis. Bei der Netzhautuntersuchung wird überprüft, welches Stadium der Netzhautveränderung vorliegt. Die Mydriasis ist dabei erforderlich, um auch die peripheren Netzhautanteile optimal beurteilen zu können. Nach dem Dilatieren der Pupille sollten die Patienten*innen zwei bis vier Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, aufgrund der vorübergehenden verzerrten Sehschärfe. Bei Vorliegen einer Retinopathie wird differenziert, ob ein DME ohne oder mit Beteiligung der Fovea vorliegt und ob periphere Netzhautveränderungen bestehen (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015).
Bei fortgeschrittenem Stadium der DR sollte immer eine Augeninnendruckmessung durchgeführt werden, da die Gefäßneubildung in den vorderen Augenabschnitten den Augeninnendruck erhöhen können. Weiterhin ist oftmals eine Fluoreszenzangiografie erforderlich, mit der die Perfusion der Netzhaut beurteilt werden kann. Bei Verdacht auf ein Makulaödem oder zur Diagnostik der Differenzialdiagnosen bei Vorliegen einer DR sollte eine optische Kohärenztomografie (OCT) erfolgen. Mit der OCT-Untersuchung können nichtinvasiv Änderungen der Netzhautdicke von weniger als 10 % differenziert werden. Bei Vorliegen eines Makulaödem ist die OCT auch zur Verlaufskontrolle während einer Therapie wichtig (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015).
Kontrollintervalle
Frühzeitige und regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind entscheidend, um irreversible Netzhautveränderungen mit einer Visusbeeinträchtigung zu verhindern (Tab.
1).
Tab. 1
Übersicht der Kontrollintervalle. (Adaptiert nach Erb und Schlote
2017)
Keine oder sehr milde NPRD | 12 |
Milde oder mäßige NPRD | 6 |
Schwere NPRD | 3–4 |
PDR | 2–3 |
Klinisch nicht signifikantes Makulaödem | 4 |
Klinisch signifikantes Makulaödem | 3–4 |
Cystoide Makulopathie | 2–3 |
Eine augenärztliche Kontrolle sollte bei Patienten*innen mit einem T2D bei Diagnosestellung erfolgen und bei Patienten*innen mit T1D ab dem elften Lebensjahr oder nach einer Diabeteserkrankungsdauer von fünf Jahren. Anschließend wird empfohlen einmal jährlich an einer augenärztlichen Kontrolle teilzunehmen. Bei Vorliegen einer DR ist eine Verkürzung der Untersuchungsintervalle entsprechend des Stadiums empfohlen:
Bei Auftreten von Symptomen wie Sehverschlechterung, verzerrtes Sehen, Verschwommen-Sehen oder „Rußregen“ vor den Augen sollte immer zeitnah eine augenärztliche Kontrolle durchgeführt werden (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015).
Spezielle Behandlungsstrategien
Die aktuell vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten einer DR können generell keine irreversiblen Schädigungen der Netzhaut heilen. Sie dienen lediglich dazu, weitere irreversible Schädigungen der Retina zu verhindern. Daher sind frühzeitige Vorsorgekontrollen entscheidend. Zudem sollte die Indikation zur Behandlung rechtzeitig erfolgen.
Die milde und mäßige NPDR bedürfen noch keiner ophthalmologischen Therapie. Die regelmäßigen Kontrollen sollten aber unbedingt eingehalten werden. Bei der schweren NPDR kann bei Patienten*innen mit erhöhtem Risiko (z. B. Hyperglykämie mit HbA1c >8,5 %, Bluthochdruck, Schwangerschaft, eingeschränkte Adhärenz für Kontrolluntersuchungen) eine flächenhafte
Laserbehandlung durchgeführt werden. Alternativ kann auch eine intravitreale Medikamentengabe (IVOM) mit vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren (VEGF)-Inhibitoren erfolgen. Der VEGF-Inhibitor Ranibizumab (Lucentis) ist beispielsweise in Deutschland für die Behandlung der PDR zugelassen. Da die panretinale Laserkoagulation auch Nebenwirkungen hat wie eine Einschränkung des Gesichtsfeldes sowie Störungen des Sehens in Dunkelheit und die Entstehung eines Makulaödems, sollte die Indikation einer Laserkoagulation gut überprüft werden (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) et al.
2015).
Die PDR und das DME werden jeweils mit unterschiedlichen Methoden behandelt. Bei der PDR sollte eine panretinale Laserkoagulation durchgeführt werden. Wenn bei Vorliegen einer PDR kombiniert auch ein DME ohne Foveabeteiligung vorliegt und eine fokale und eine panretinale Laserkoagulation indiziert ist, sollte zunächst gezielt das DME behandelt und anschließend die PDR flächenhaft gelasert werden. Ein umgekehrtes Vorgehen würde das Risiko für einen moderaten Sehverlust deutlich erhöhen (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015; „Early photocoagulation for diabetic retinopathy. ETDRS report number 9. Early Treatment Diabetic Retinopathy Study Research Group,“
1991). Alternativ kann bei PDR bei bestimmten Patienten*innen eine IVOM-Therapie mit VEGF-Inhibitoren erfolgen. Diese Patienten*innen sollten unbedingt eine konsequente Nachkontrolle wahrnehmen, da die IVOM-Therapie eine dauerhafte Wiederbehandlung erfordert, denn bei Absetzen der IVOM-Therapie kommt es häufig zu einer erneuten Verschlechterung der PDR. Ein weiteres Risiko einer IVOM-Therapie stellt eine Endophthalmitis dar. Zudem ist trotz der meist vorübergehenden stabilisierenden Wirkung durch die Anti-VEGF-Medikation eine spätere Laserkoagulation bei entsprechender Ischämie häufig notwendig (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft [DOG] et al.
2020).
Bei schweren Komplikationen der PDR wie der nicht selbstständig resorbierenden Glaskörperblutung oder einer drohenden oder beginnenden Netzhautablösung, sollte eine Glaskörperentfernung (Vitrektomie) erfolgen. Hierdurch kann die Sehschärfe wieder verbessert werden, sofern noch keine irreversiblen Ischämien des Sehnervens oder der zentralen Netzhaut vorliegen, bringt jedoch das Risiko der Entwicklung eines Kataraktes mit sich. Dies kann durch eine Katarakt-Operation aber auch korrigiert werden (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015).
Zur Behandlung des DME ist es entscheidend, ob eine Beteiligung der Fovea vorliegt. Bei Vorliegen eines klinisch signifikanten diabetischen Makulaödems ohne Foveabeteiligung kann eine fokale Laserkoagulation erfolgen. Sollte die Fovea mit beteiligt sein, stellt die IVOM-Therapie mit VEGF-Inhibitoren eine geeignete Behandlungsoption dar, sofern eine Verbesserung der Sehfähigkeit noch möglich erscheint (Arzneimittelkommission Der Deutschen Ärzteschaft [AkdÄ] et al.
2015). Eine mögliche alternative Therapie oder bei fehlendem Ansprechen auf die IVOM-Behandlung stellt sie intravitreale Injektion von Steroiden dar. Alternativ zur IVOM-Behandlung kann bei diabetischem Makulaödem mit Foveabeteiligung, trotz des geringeren Nutzens, auch eine Lasertherapie durchgeführt werden, sofern die Leckagestellen für eine Laserkoagulation zugänglich sind.