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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 10.03.2022

Seltene maligne Lungentumoren

Verfasst von: Bernward Passlick und Uyen-Thao Le
Zu den seltenen malignen Tumoren der Lunge gehören Sarkome, Lymphome, Karzinosarkome und neuroendokrine Tumoren der Lunge. Weichgewebssarkome der Lunge entstehen aus den mesenchymalen Zellen des Bindegewebes. Häufig ist die Unterscheidung zwischen primärem Lungensarkom und Lungenmetastasen bei extrapulmonalen Primärtumoren auch histologisch nicht einfach. Eine chirurgische Therapie ist bei den meisten primären Sarkomen der Lunge primär indiziert soweit möglich. Angiosarkome der Lunge sind eher selten und haben eine äußerst ungünstige Prognose. Im Gegensatz dazu können Hämangioendotheliome eine bessere Prognose aufweisen, insbesondere wenn sie vollständig respektabel sind. Lymphome der Lunge präsentieren sich in der Regel als BALT Lymphome. Die Aufgabe des Chirurgen besteht darin diese nachzuweisen, sei es durch Biopsie oder im Falle einer lokalisierten Erkrankung auch durch die vollständige Resektion. Dies ist bei Patienten mit MALT Lymphomen in etwa 40 % der Fälle möglich. Neuroendokrine Tumoren der Lunge präsentieren sich im Wesentlichen als typische und atypische Karzinoide. Während typische Karzinoide insgesamt hochdifferenzierte Tumoren in einer günstigen Prognose darstellen, verhalten sich atypische Karzinoide eher wie nichtkleinzellige Lungenkarzinome. Nach kompletter Resektion zeigen atypische Karzinoide 5-Jahresüberlebensraten von mehr als 80 %, bei den atypischen Karzinoiden mit Lymphknotenmetastasen liegen diese lediglich bei 60 %.

Primäre Sarkome der Lunge

Weichgewebesarkome der Lunge entstehen aus den mesenchymalen Zellen des Bindegewebes der Lunge bzw. der Bronchial- und Gefäßwände. Im Gegensatz zum Lungenkarzinom sind alle Altersgruppen gleichermaßen beteiligt ohne geschlechtsspezifische Unterschiede und ohne Seitenpräferenz (Suster 1995). Unter Ausschluss der neuroendokrinen Tumoren (NET) machen sie etwa 20 % der seltenen Lungentumoren aus (Miller und Allen 1993). Die meisten Patienten sind asymptomatisch.
Die Unterscheidung zwischen primärem Lungensarkom und Lungenmetastase bei extrapulmonalem Primärtumor ist durch die histologische Diagnose allein nicht möglich. Daher kommt der extrapulmonalen Primärtumorsuche bzw. dem Metastasenausschluss besondere Bedeutung zu. Die Diagnostik bei radiologisch gewöhnlich glatt begrenzter, intrapulmonaler Raumforderung unterscheidet sich nicht vom Lungenkarzinom (Kap. „Lungenkarzinom“; Shields und Robinson 2009). Sie hat das Ziel, die lokale Tumorausdehnung möglichst genau zu evaluieren und eine Fernmetastasierung auszuschließen. Bei Verdacht auf eine extrapulmonale Ausdehnung kann insbesondere zur Beurteilung der Respektabilität eine MRT-Untersuchung hilfreich sein. Da in der Regel Sarkome die Bronchialschleimhaut nicht durchbrechen, lässt sich weder aus Sputum noch Bronchiallavage eine zytologische bzw. aus der Bronchoskopie eine bioptische Diagnose sichern. Beim funktionell inoperablen Patienten ist dagegen die transthorakale bzw. transbronchiale Feinnadelpunktion erfolgversprechend. Bei zentralem Sitz kann ebenso ein völliger Bronchusverschluss – unter Umständen mit Atelektase eines ganzen Lungenflügels – resultieren, wie auch ein kompletter Gefäßverschluss mit entsprechendem Ausfall in der Perfusionsszintigrafie. Da gewöhnlich die Diagnose präoperativ nicht vorliegt, wird mit der explorativen Thorakotomie, Probeexzision und Schnellschnittuntersuchung begonnen. Da Bestrahlung und Chemotherapie keine Heilungschance bieten, besteht beim allgemein operablen Patienten immer die Indikation zur makroskopisch kurativen Resektion. Im Gegensatz zum Lungenkarzinom sind bei DiagnosesteIlung noch 50–75 % der Patienten operabel (Shields und Robinson 2009). Das Resektionsverfahren richtet sich nach Tumorsitz und -ausdehnung. Da eine lymphogene Metastasierung viel seltener ist als die hämatogene, kann eine makroskopisch im Gesunden erfolgte Segmentresektion bzw. atypische Resektion ausreichend sein. Bei zentralem Tumorsitz im Bronchus ist unter Umständen eine Manschettenresektion ohne Parenchymresektion möglich. Ebenso kann aber auch eine intraperikardiale Pneumonektomie erforderlich sein, wenn der Hauptstamm der Pulmonalarterie betroffen und das umgebende Gewebe miterfasst ist. Die Ergebnisse sind – auch bei makroskopisch kurativer Resektion – schlecht, da die meisten Patienten innerhalb von 3 Jahren der hämatogenen Metastasierung erliegen (Shields und Robinson 2009). Mit einer 5-Jahresüberlebensrate von 50 % scheinen nur die Ergebnisse beim adäquat resezierten Leiomyosarkom wesentlich besser (Muscolino et al. 2000). Die histologische Klassifizierung ist daher von erheblicher prognostischer Bedeutung.
Angiosarkome der Lunge sind extrem selten. Sie haben in der Regel eine äußerst ungünstige Prognose und sind zumeist inoperabel (Ren et al. 2016). Epitheloid-Hämangioendotheliome sind langsam wachsende sklerosierende Angiosarkome, die sowohl in der Lunge, als auch in der Leber und anderen Organen vorkommen. Bei entsprechender Tumorausdehnung kann die primäre Resektion angestrebt werden, wenngleich Rezidive häufig sind (Rosenberg und Agulnik 2018).

Primäre Lymphome der Lunge

Eine grobe Klassifizierung der primären Lymphome der Lunge ist in Tab. 1 ersichtlich. Sie machen etwa 0,5 % der Lungentumoren aus und repräsentieren 40 % der seltenen Lungengeschwülste (Miller und Allen 1993). Als Ausgangmatrix kommen grundsätzlich alle peribronchialen Lymphbahnen und intrapulmonalen Lymphknoten in Frage. Eine disseminierte Erkrankung mit Einbeziehung der Lunge ist ebenso möglich, bei einigen Formen sogar die Regel (z. B. Hodgkin-Lymphom). Lymphome treten bevorzugt im 5. und 6. Lebensjahrzehnt auf. Sie wachsen oft langsam und völlig symptomlos, da sie kaum jemals ein Bronchus- oder Gefäßlumen verschließen. Außer den Mukosa-assoziierten Lymphomen (MALT- bzw. BALT-Lymphome) infiltrieren Lymphome nicht die Bronchialschleimhaut und sind daher allenfalls durch direkte Punktion (transthorakal, transbronchial) erreichbar. Radiologisch zeigen sich oft glatt begrenzte Herde, die ohne begleitende Segment- oder Lappenatelektase beträchtliche Größe erreichen können (Yang et al. 2017). Für das primäre Staging unerlässlich ist die computertomografische Suche nach vergrößerten Lymphknoten im Abdomen sowie nach Leber- und Milzvergrößerungen. Nur wenn die CT des Thorax Lymphknoten im prä- bzw. paratrachealen oder tracheobronchialen Bereich anzeigt, kann die Diagnose mediastinoskopisch oder mittels EBUS gelingen. Bei isoliertem thorakalem Befall und Ausbildung eines Solitärtumors sind oft immunhistochemische Spezialuntersuchungen erforderlich, um Lymphome von anaplastischen Karzinomen zu unterscheiden. Die Schnellschnittdiagnose ist daher selten verlässlich.
Tab. 1
Seltene maligne Tumore der Lunge
Sarkome
Parenchymale Sarkome
Fibrosarkom
  
  
Rhabdomyosarkom
  
Malignes fibröses Histiozytom
  
Synovialzellsarkom
 
Sarkome der großen Gefäße
 
 
Sarkome der kleinen Gefäße
Angiosarkom
  
Epitheliodes Hämangioendotheliom
  
Lymphome
BALT- Lymphome
  
Plasmazell-Lymphome
 
Hodgkin-Lymphome der Lunge
 
Karzinosarkom
  
Neuroendokrine Tumoren der Lunge
Typisches Karzinoid
 
 
Atypisches Karzinoid
 
Eine operative Therapie kommt nur bei unklarer präoperativer Situation und klar respektablem Befund in Frage. Bei Patienten mit MALT-Lymphomen kann dies bei bis zu 40 % der Fälle möglich sein (Ferraro et al. 2000; Yang et al. 2017). Ansonsten beschränkt sich die Rolle der Chirurgie vor allem auf diagnostische Eingriffe (Yang et al. 2017).

Karzinosarkome

Karzinosarkome sind seltene Tumoren, die histologisch sowohl durch maligne epitheliale, als auch durch maligne mesenchymale Elemente gekennzeichnet sind (Pelosi et al. 2010). In der Regel handelt es sich zunächst um langsam wachsende Tumoren, die im Wesentlichen endobronchial sichtbar werden und so zu Obstruktionen führen können. Metastasen sowohl in den regionalen Lymphknoten, als auch Fernmetastasen sind häufig. Vor allem kommen Hirnmetastasen vor. Wegen des endobronchialen Wachstums sind klinische Zeichen im Sinne von Husten und Hämoptysen kennzeichnend.
In Anlehnung an das primäre Lungenkarzinom sollte eine chirurgische Resektion angestrebt werden, wenn dies technisch möglich ist (Yang et al. 2017). Dennoch ist die Prognose insgesamt schlecht mit einem 5-Jahresüberleben von unter 20 %.

Pulmonale neuroendokrine Lungentumoren (Karziniodtumoren)

Neuroendokrine Tumoren (NET) der Lunge entstehen aus Zellen, die von der embryonalen Neuralleiste in die Organe eingewandert sind (Pelosi et al. 2014). Aufgrund des unterschiedlichen klinischen Erscheinungsbildes wurden NET 1972 in hochdifferenzierte typische (TC) sowie intermediär differenzierte atypische Karzinoide (AC) unterteilt. Diese Klassifikation wurde 2004 und 2015 von der WHO übernommen (Travis et al. 2015). Zu den neuroendokrinen Tumoren der Lunge zählen auch das kleinzellige Lungenkarzinom (engl. small cell lung cancer; SCLC) und das großzellige neuroendokrine Lungenkarzinom (engl. large cell neuroendocrine cancer; LCNEC). Die einzige Gemeinsamkeit mit den Karzinoidtumoren besteht in der Expression von neuroendokrinen Markern. Es gibt keinen Übergang zwischen den Entitäten.
Nach dem gastrointestinalen Trakt ist die Lunge die zweithäufigste Lokalisation der NET (10 %). Unter 1 % aller Lungentumoren sind Karzinoide. In Deutschland gibt es keine flächendeckenden Analysen, wobei die Karzinoidinzidenz in westlichen Ländern bei 0,5/100.000 liegt (de Jong et al. 2008). Demnach ist in Deutschland von circa 400–500 neuen Fällen von bronchopulmonalen Karzinoiden pro Jahr auszugehen. Die Prävalenz kann auf über 3000 Fälle geschätzt werden (Yao et al. 2008). Interessanterweise wurde beobachtet, dass die Inzidenz der bronchopulmonalen NET zunimmt (de Jong et al. 2008). Nikotinkonsum und bekannte Karzinogene scheinen bei der Genese keine Bedeutung zu haben. Weniger als 10 % der Tumoren haben eine genetische Ursache (Duh et al. 1987). Das Durchschnittsalter bei Diagnose eines TC ist bei gleicher Geschlechtsverteilung 45 Jahre, während Patienten mit einem AC meist 10 Jahre älter sind und deutlich häufiger Lymphknotenmetastasen (circa 50 %) beziehungsweise distante Metastasen (circa 20 %) aufweisen (Steuer et al. 2015).

Klinisches Erscheinungsbild

Drei Viertel der bronchopulmonalen Karzinoide sind in den zentralen Atemwegen lokalisiert. Atemwegsobstruktion oder Blutungen aus diesen charakteristischerweise hypervaskularisierten Tumoren zählen zu den Symptomen (Skuladottir et al. 2002). Die verbleibenden 25 %, vor allem die AC, sind periphere, zumeist inzidentell detektierte solitäre Lungenrundherde (Kaifi et al. 2015). Auch bei Symptomatik ist die Diagnosestellung oft verzögert. Circa 40 % der Patienten haben eine bronchiale Obstruktion mit rezidivierenden Lungenentzündungen, 35 % Husten und 25 % Hämoptysen. 30 % der Patienten sind asymptomatisch. Karzinoidpatienten benötigen außer der CT und Bronchoskopie keine weiteren speziellen Untersuchungen vor der Resektion (Kaifi et al. 2015). Im Gegensatz zu gastroenteropankreatischen NET (GEP-NET, 10 %) ist ein Karzinoid-Syndrom bei bronchopulmonalen Karzinoiden sehr selten (<1 %), wobei anders als bei GEP-NET das Karzinoid-Syndrom auch ohne Vorhandensein von Lebermetastasen auftreten kann (Gustafsson et al. 2008).

Risikofaktoren

Während die meisten Karzinoidtumoren sporadisch entstehen, entwickeln je nach Studie 1,4–9,5 % der MEN-1-Patienten (multiple endokrine Neoplasie) bronchopulmonale Karzinoide, die in der Regel indolent verlaufen. Unabhängig vom MEN-Syndrom wurden auch familiäre Karzinoide beschrieben (Oliveira et al. 2001). Die diffuse idiopathische pulmonale neuroendokrine Zellhyperplasie (DIPNECH), die auf generalisierter Proliferation neuroendokriner Zellen beruht, ist ein seltener prädisponierender Faktor. Zellproliferate, die durch die Basalmembran brechen, werden als Tumorlets bezeichnet. Eine chirurgische Resektion der größten Läsionen wird empfohlen. Wenn die Krankheit fortschreitet, kann eine Therapie mit Somatostatin-Analoga erwogen werden. Ist der Zustand stabil, sollte eine Nachsorge erfolgen (Gorshtein et al. 2012).

Bildgebende Diagnostik und Stadieneinteilung

Die kontrastmittelgestützte CT ist das beste Verfahren, um bei zentralen Tumoren extrabronchiale Anteile und mediastinale Lymphknotenvergrößerungen zu identifizieren. Karzinoide sind aufgrund ihrer Hypervaskularisation kontrastmittelaufnehmend und treten häufig als gut definierte, einengende Tumoren auf. Bis zu 20 % der TC gehen mit einer hilären oder mediastinalen Lymphadenopathie einher, die jedoch meist auf einer reaktiven inflammatorischen Reaktion beruht (Granberg et al. 2003). Die meisten Karzinoide sind einer bronchoskopischen Biopsie zugänglich (Abb. 1). Die Hälfte der AC weisen Lymphknotenmetastasen auf. Die TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung orientiert sich an der für Lungenkarzinome. TC werden meist im Stadium I, AC meist im Stadium II (N1) oder Stadium III (N2) diagnostiziert. Analog zu GEP-NET wird die funktionelle Somatostatinrezeptor-Bildgebung (SSTR-Bildgebung) mittels konventioneller Somatostatinrezeptor-Szintigrafie (SRS) in der Diagnostik angewendet. Dabei werden z. B. 111Indium-DTPA-Octreotide (111In-DTPA-Octreotide) oder die Positronenemissionstomografie (PET) beziehungsweise PET/CT unter Verwendung von 68Gadolinium-markierten Somatostatinrezeptorliganden, wie beispielsweise 68Ga-DOTATATE (DOTATATE-PET/CT) oder 68Ga-DOTATOC (DOTATOC-PET/CT) genutzt. Die immunhistochemische SSTR-Expression korrelierte in 70 % der bronchopulmonalen Karzinoide mit der SRS (Righi et al. 2010). Ein großer Vorteil der Rezeptorbildgebung liegt in der Ganzkörperdarstellung, die vor allem bei AC die Detektion extrapulmonaler Metastasen erlaubt. Die PET-Diagnostik hat bei höherer räumlicher Auflösung und stärkerer SSTR-Affinität der PET-Tracer gegenüber der konventionellen Szintigrafie Vorteile. Wiederum in Analogie zu den GEP-NET spielt die PET-Diagnostik mit dem Stoffwechseltracer 18Fluordeoxyglucose (18F-FDG) bei den gut differenzierten bronchopulmonalen NET eine untergeordnete Rolle, wobei die Sensitivität mit zunehmendem histologischen Entdifferenzierungsgrad (TC zu AC) zunimmt (Lococo et al. 2014).

Gewebegewinnung

Die Bronchoskopie zeigt bei zentraler Lage nahezu pathognomonisch einen stark vaskularisierten, meist von bronchialem Epithel bedeckten Tumor (Abb. 1). Dieser ist meist breitbasig und wächst sowohl nach intra- als auch extraluminal, sog. Eisbergphänomen. Um die Diagnose zu sichern, sollte eine Bürstenzytologie oder Biopsie erfolgen. Allerdings kann nur mithilfe eines resezierten Gewebepräparats zwischen einem TC und AC differenziert werden. Trotz Vaskularisation sind ernsthafte Blutungskomplikationen während der Biopsie selten (<1 %). Bei Sorge sollte die Indikation zur starren Bronchoskopie großzügig gestellt werden. Bei peripherer Lokalisation sollte bei Verdacht auf ein Karzinoid eine umgehende, möglichst thorakoskopische Resektion erfolgen.

Histologie

Der histologische Differenzierungsgrad richtet sich nach der WHO/IASLC-Klassifikation (Travis et al. 2015):
  • TC (<2 Mitosen/2 mm2 und keine Nekrosen),
  • AC (2–10 Mitosen/2 mm2 und/oder Nachweis von Nekrosen).
Beide sollten vom großzellig-neuroendokrinen und kleinzelligen Lungenkarzinom abgegrenzt werden, obwohl bei den letztgenannten und den TC sowie AC übereinstimmend eine neuroendokrine Differenzierung vorliegt. Als Nachweis werden entweder die Expression von NCAM/CD56, CgA beziehungsweise Synaptophysin immunhistochemisch oder die neuroendokrinen Granula elektronenmikroskopisch bestimmt. Typischerweise sind Wachstumsmuster in Form von Rosetten oder Trabekeln in Karzinoiden histologisch gut erkennbar.

Resektionsverfahren

Die chirurgischen Therapieempfehlungen basieren auf retrospektiven Fallserien und Datenbankanalysen (Kaifi et al. 2015). Die Chirurgie ist der einzig kurative Ansatz und unter Berücksichtigung der fehlenden prospektiven Studien als Therapie der Wahl in sämtlichen Empfehlungen anerkannt (Gosain et al. 2018). Der mikroskopisch tumorfreie Resektionsrand (R0) ist das wichtigste Ziel und mit einer guten Prognose assoziiert (Schmid et al. 2016). Durch die European Society of Thoracic Surgeon Neuroendocrine Tumours Working Group konnte an 1.109 Patienten mit TC gezeigt werden, dass die Resektion mit einem 5-Jahresüberleben von 94 % assoziiert ist (Filosso et al. 2015; Raz et al. 2015). Eine Datenbankanalyse aus den USA mit 441 AC-Patienten ergab, dass durch chirurgische Resektion ein 3-Jahres-Überleben von 67 % erzielt wird (Steuer et al. 2015). Eine systematische mediastinale Lymphknotendissektion ist auch bei TC indiziert, da Lymphknotenmetastasen vorliegen können (Steuer et al. 2015). Dabei sollte der Erhalt von gesundem Lungenparenchym angestrebt werden, sodass bei peripherer Lokalisation eine Keilresektion ausreichend erscheint (Yendamuri et al. 2011). Bei Lokalisation in den zentralen Atemwegen sind häufig komplexe Resektionen mit Angio-/Bronchoplastiken notwendig (Kaifi et al. 2015). Auch diese können mit niedriger Morbidität und Letalität durchgeführt werden, wie auch an dem hohen Anteil (35 %) der am Universitätsklinikum Freiburg mit erweiterten Resektionen erfolgreich behandelten Patienten erkennbar (Kaifi et al. 2015). Bei endobronchialem Tumorwachstum führen wir in der Regel eine präoperative bronchoskopische Rekanalisation durch, um dann nach Reevaluation 3–4 Wochen später eine parenchymsparende, bronchoplastische Resektion vorzunehmen (Abb. 2; Pikin et al. 2017). Patienten mit AC sollte chirurgisch wie nichtkleinzellige Lungenkarzinome behandelt werden. Inoperable palliative Fälle können bronchoskopisch rekanalisiert werden, um Symptome wie eine Retentionspneumonie zu lindern. Auch beim seltenen endobronchialen Wachstum ohne Ausdehnung durch den Knorpel sollte keine bronchoskopische Resektion durchgeführt werden, obwohl Beschreibungen über diese limitierte Resektionsform vorliegen (Brokx et al. 2015).

Langzeitüberleben und Nachsorge

Beobachtungen nach kompletter Resektion bronchopulmonaler Karzinoide zeigten konsistent 5-Jahresüberlebensraten von über 80 % (Raz et al. 2015). Dabei ist die Prognose signifikant mit dem Differenzierungsgrad und der Lymphknotenmetastasierung assoziiert. TC haben mit einem 10-Jahresüberleben von über 80 % die beste Prognose (Kaifi et al. 2015). Bei AC ohne Lymphknotenmetastasen ist ein 5-Jahresüberleben von circa 80 % und für AC mit Lymphknotenmetastasen von circa 60 % beschrieben. Da Rezidive und Fernmetastasen auch bei TC noch Jahre nach der Resektion des Primärtumors auftreten können, ist eine mindestens 10-jährige Nachsorge sinnvoll (Warren und Gould 1990).

Chemotherapie und Strahlenbehandlung

Aufgrund des erhöhten Rezidivrisikos von Karzinoidpatienten mit Lymphknotenmetastasen ist eine adjuvante Chemotherapie wünschenswert. Verschiedene Medikamente wurden mit enttäuschenden Resultaten angewendet (Gosain et al. 2018). Eine prospektiv randomisierte Untersuchung an Patienten mit fortgeschrittenen Karzinoiden, denen unter anderem 5-Fluorouracil mit Streptozocin appliziert wurde, zeigte ein geringgradig verlängertes medianes Überleben von 16 auf 24 Monate (Bushnell et al. 2010). Somatostatinrezeptor-Analoga (SSA), z. B. Octreotid oder Lanreotid, sind primär zur Symptomkontrolle bei Karzinoid-Syndromen indiziert. Allerdings konnte in einer prospektiv randomisierten, placebokontrollierten Studie durch Lanreotid bei GEP-NET das progressionsfreie Überleben verlängert werden. Im Vergleich zur Kombination aus Octreotid und einem Placebo verbesserte sich bei metastasierten Karzinoiden das progressionsfreie Überleben von 11,3 auf 16,4 Monate, wenn Octreotid durch den mTOR-Inhibitor Everolismus ergänzt wurde (RADIANT-2-Studie; Pavel et al. 2011). Everolimus konnte eine Wirksamkeit auch in der prospektiv, doppelblind randomisierten Multicenterstudie (Phase III) zur Behandlung von metastasierten NET zeigen (RADIANT-4). Ein weiterer Therapieansatz ist die Peptidrezeptor-Radionuklid- Therapie (PRRT) mit radioaktiv markierten 90Yttrium- oder 177Lutetium-SSA (Y-SSA, Lu-SSA).
Die Rolle der perkutanen Bestrahlung wird bei Karzinoiden kontrovers diskutiert, weil sie meist strahlenresistent sind. Da resezierte AC jedoch ein signifikant höheres Risiko eines Lokalrezidivs besitzen, kann bei Lymphknotenbefall eine adjuvante mediastinale Radiatio erwogen werden. Ferner kann eine lokale Bestrahlung gegebenenfalls auch als Radiochemotherapie bei Inoperabilität durchgeführt werden, um die Symptome zu lindern (Gosain et al. 2018; Gustafsson et al. 2008).
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