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Viszeral- und Allgemeinchirurgie
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Publiziert am: 19.08.2022

Hämorrhoiden

Verfasst von: Caroline Kemper und Alois Fürst
Hämorrhoiden entstehen durch eine Vergrößerung des Corpus cavernosum recti und werden je nach Ausprägung in 4 Grade eingeteilt. Das Hämorrhoidalleiden ist gekennzeichnet durch das Auftreten von Beschwerden in Zusammenhang mit Hämorrhoiden und stellt ein sehr häufiges proktologisches Krankheitsbild dar. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, die Therapieoptionen der unterschiedlichen Stadien sowie mögliche Differenzialdiagnosen zu kennen. Als Basistherapie des Hämorrhoidalleidens dient die Stuhlregulation und ggf. Umstellung der Stuhlgewohnheiten. Bei Hämorrhoiden Grad I kommt die Sklerosierungstherapie, bei Hämorrhoiden Grad II die Gummibandligatur zum Einsatz. Singuläre Hämorrhoidalknoten Grad III werden mit segmentalen Resektionsverfahren wie der Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan operiert. Bei zirkulären Befunden kommt die Hämorrhoidopexie nach Longo zur Anwendung. Thrombosierte oder inkarzerierte Hämorrhoiden Grad IV sollten zunächst konservativ therapiert werden und ggf. im Verlauf einer operativen Therapie zugeführt werden. Die Wahl des operativen Verfahrens hängt somit maßgeblich vom Hämorrhoidalstadium ab.

Grundlagen

Chirurgisch relevante Anatomie

Hämorrhoiden entstehen durch eine Vergrößerung des Corpus cavernosum recti (Abb. 1). Das Corpus cavernosum recti ist ein zirkulärer arteriovenöser Schwellköper oberhalb der Linea dentata, welcher der Feinkontinenz dient (Stelzner et al. 1962). Es wird überwiegend aus Endästen der Arteria rectalis superior (aus Arteria mesenterica inferior) und deren Abfluss in die Vena rectalis superior (in Vena iliaca interna) gebildet. Die Hauptäste des arteriellen Zuflusses befinden sich bei 3, 7 und 11 Uhr in Steinschnittlage. Aus diesem Grund sind dies die Prädilektionsstellen für Hämorrhoiden. Durch die Kontraktion des Musculus sphincter ani internus bleibt das Corpus cavernosum recti gefüllt. Dies dient der Feinkontinenz für flüssigen und gasförmigen Darminhalt. Durch Relaxation der Sphinktermuskulatur bei der Defäkation erfolgt der venöse Abfluss und das damit einhergehende Abschwellen des Corpus cavernosum recti.

Epidemiologie

In Deutschland liegt die Prävalenzrate bei etwa 4 % bei nahezu ausgeglichener Geschlechterverteilung (Johanson und Sonnenberg 1990). Am häufigsten treten Hämorrhoidalbeschwerden im Alter von 45–65 Jahren auf. Allerdings gibt es hierzu wenig aktuelle valide Daten und es ist davon auszugehen, dass es eine große Dunkelziffer an Patienten gibt, welche aus Schamgefühl keinen Arzt aufsuchen (Riss et al. 2012).

Ätiologie und Pathogenese

Hämorrhoiden entstehen durch eine Vergrößerung des Corpus cavernosum recti. Durch die Relaxation des M. sphincter ani internus bei der Stuhlentleerung kommt es zu einem Abstrom des venösen Blutes aus dem Corpus cavernosum recti und einem Abschwellen desselben. Wie es zur Entstehung von Hämorrhoiden kommt, ist bisher nicht endgültig geklärt. Man geht davon aus, dass es bei einer Störung dieser autonomen Regulation des M. sphincter ani internus mit konsekutiv gestörtem Abfluss aus dem Corpus cavernosum recti zu einer Hyperplasie und damit zur Entstehung von Hämorrhoiden kommt.
Risikofaktoren für das Auftreten eines Hämorrhoidalleidens sind chronische Obstipation und Diarrhö, sowie Adipositas und Schwangerschaft.

Klassifikation

Die gebräuchlichste Einteilung ist die Einteilung nach Goligher Grad I–IV (Abb. 2), sie bezieht sich auf die Größe der Hämorrhoiden und deren Repositionsfähigkeit zurück in den Analkanal (Tab. 1).
Tab. 1
Gradeinteilung der Hämorrhoiden nach Goligher
Klassifikation der Hämorrhoiden
Grad I
Proktoskopisch sichtbar vergrößerte Hämorrhoiden
Grad II
Hämorrhoiden prolabieren beim Pressen, spontane Reposition
Grad III
Hämorrhoiden prolabieren beim Pressen, Reposition manuell
Grad IV
Permanenter Hämorrhoidalprolaps, Reposition nicht möglich
Hämorrhoiden Grad I bezeichnet eine proktoskopisch sichtbare Vergrößerung des Corpus cavenosum recti. Von außen sind diese nicht sichtbar.
Hämorrhoiden Grad II prolabieren beim Pressen von intraanal nach außen, reponieren sich jedoch spontan wieder.
Hämorrhoiden Grad III prolabieren beim Pressen nach außen, reponieren sich jedoch nicht spontan wieder, sondern müssen manuell nach intraanal geschoben werden.
Hämorrhoiden Grad VI sind außen fixiert und nicht mehr reponibel.

Klinische Symptomatologie

Ein Hämorrhoidalleiden bezeichnet das Auftreten von Beschwerden im Zusammenhang mit Hämorrhoiden. Die Beschwerden sind oft unspezifisch und kommen auch bei anderen proktologischen Erkrankungen vor. Patienten mit Hämorrhoidalbeschwerden berichten unter anderem von analen Blutabgängen, welche häufig als hellrote Blutauflagerungen auf dem Stuhl sichtbar sind. Die Blutungen können aber auch stärker sein und zeigen sich häufig nach der Defäkation. Weitere Beschwerden sind Juckreiz, Nässen und Stuhlschmieren, bis hin zu Fremdkörper- oder Prolapsgefühl. Die Symptome kommen zum einen durch den Hämorrhoidalprolaps selbst, zum anderen aber auch durch die zumeist gestörte Feinkontinenz und die daraus resultierende erschwerte Analhygiene und damit verbundene irritative dermale Umgebungsreaktion.
Hämorrhoidalbeschwerden:
  • Juckreiz
  • Anale Blutung
  • Nässen
  • Brennen
  • Stuhlschmieren
  • Fremdkörpergefühl

Diagnostik und Differenzialdiagnosen

Die proktologische Diagnostik beginnt zunächst mit einer Anamnese, welche neben der Beschwerdesymptomatik auch die Erhebung der Stuhlqualität und der Stuhlgewohnheiten umfasst. Zudem sollten relevante Vorerkrankungen wie maligne Erkrankungen in der Eigen- oder Familienanamnese oder immunsupprimierende Erkrankungen erfragt werden.
Die proktologische Untersuchung beginnt zunächst mit der äußeren Inspektion des Anus in Ruhe und beim Pressen. Dies ermöglicht die Differenzierung und stadiengerechte Einteilung der Hämorrhoiden. Anschließend erfolgt die rektal-digitale Untersuchung in Linksseitenlage, Knie-Ellenbogen-Lage oder Steinschnittlage auf dem proktologischen Untersuchungsstuhl. Hier ist es wichtig, den Sphinktertonus in Ruhe und als Kneifdruck zu eruieren sowie mögliche tastbare Resistenzen. Abschließend wird eine Proktoskopie, ggf. Rektoskopie zur intraanalen Untersuchung durchgeführt.
Viele mögliche Differenzialdiagnosen können hierdurch bei der Anamnese und Untersuchung bereits ausgeschlossen werden.
Bei der Analvenenthrombose zeigt sich anamnestisch zumeist ein plötzlicher Beschwerde- und Schmerzbeginn. Patienten stellen sich deswegen häufig in der Notaufnahme vor. Klinisch imponiert eine bläuliche und druckdolente perianale Schwellung. Die im englischen Sprachgebrauch übliche Bezeichnung der äußeren Hämorrhoiden ist irreführend, da es sich hierbei um eine lokalisierte Thrombose des perianalen Venenplexus, nicht um eine Vergrößerung des Corpus cavernosum recti handelt.
Die Analfissur zeigt im Gegensatz zu Hämorrhoiden meist einen brennenden Schmerzcharakter mit Schmerzmaximum während des Stuhlgangs. Hierdurch kommt es häufig konsekutiv zu einem erhöhten Sphinktertonus. Die akute Analfissur zeigt sich als Einriss der Schleimhaut, welche sich in etwa 80 % der Fälle bei 6 Uhr in Steinschnittlage befindet. Bei der chronischen Analfissur zeigen sich zudem sekundäre Veränderungen wie eine Vorpostenfalte und eine hypertrophe Analpapille.
Marisken werden gelegentlich von Patienten als Hämorrhoiden fehlgedeutet. Hierbei handelt es sich um reizlose perianale Hautläppchen, welche keine Schmerzen, aber gelegentlich Schwierigkeiten bei der Analhygiene bereiten.
Des Weiteren zu unterscheiden sind der Anal- und Rektumprolaps. Beide stellen sich als zirkulärer Prolaps dar. Hierbei besteht beim Analprolaps eine radiäre, beim Rektumprolaps eine zirkuläre Faltung der prolabierten Schleimhaut.
Die wichtigste Differenzialdiagnose stellt sicherlich das Anal- und Rektumkarzinom dar (siehe Kap. „Anal- und Rektumkarzinom“).

Verfahrenswahl und Indikationsstellung

Unabhängig vom Hämorrhoidalstadium sollte allen Patienten eine konservative Basistherapie mittels Stuhlregulation und ggf. Änderung der Stuhlgewohnheiten empfohlen werden.
Dies beinhaltet, eine weiche, aber geformte Stuhlkonsistenz anzustreben. Zu vermeiden sind harter Stuhlgang mit konsekutiv starkem Pressen sowie zu weicher oder flüssiger Stuhlgang. Um dies zu erreichen, wird eine ausgewogene, ballaststoffreiche Kost und eine ausreichende Trinkmenge von mind. 2 l Flüssigkeit pro Tag sowie regelmäßige Bewegung empfohlen. Falls hierunter die gewünschte Stuhlkonsistenz noch nicht erreicht wird, stehen verschiedene Quellstoffe (z. B. Flohsamenschalen, Leinsamen) oder isoosmotisch wirkende Laxantien wie Macrogol, welche unterstützend eingenommen werden können, zur Verfügung. Wichtig ist hierbei, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.
Bei den Stuhlgewohnheiten sind starkes Pressen und unnötig lange Sitzungen (z. B. kein Lesen auf der Toilette) zu vermeiden. Zudem sollte eine hockende Haltung eingenommen werden, da hierdurch eine Entspannung der Puborectalisschlinge erreicht wird. Dadurch muss bei der Defäkation nicht gegen diese angepresst werden. Die hockende Haltung kann durch die Verwendung eines Hockers, welcher vor der Toilette positioniert wird und die Beine erhöht, nachgeahmt werden.
Die weitere Therapie richtet sich nach dem Stadium des Hämorrhoidalleidens (Tab. 2). Hämorrhoiden Grad I–II werden zusätzlich zur konservativen Therapie mit interventionellen Therapieverfahren behandelt. Die beiden am meisten angewandten Therapieverfahren hierzu sind die Sklerosierung nach Blond für Hämorrhoiden Grad I und die Gummibandligatur nach Barron für Hämorrhoiden Grad II. Für Hämorrhoiden Grad III und IV sowie zirkuläre Befunde kommen operative Verfahren zum Einsatz. Einzelne Hämorrhoidalknoten können mittels segmentaler Hämorrhoidektomie, wie zum Beispiel der OP nach Milligan-Morgan, Parks oder Ferguson, reseziert werden. Bei zirkularem Prolaps eignet sich insbesondere die Hämorrhoidopexie nach Longo oder ggf. auch andere anodermsparende Techniken wie die OP nach Fansler-Arnold.
Tab. 2
Verfahrenswahl
Stadiengerechte Therapie nach Grad des Hämorrhoidalleidens
Grad I
Sklerosierung
Grad II
Gummibandligatur
Grad III
Hämorrhoidektomie: segmental (isolierter Knoten) oder zirkulär (zirkulärer Prolaps)
Grad IV
Bei Inkarzeration/Thrombosierung konservativ, dann ggf. operativ
Inkarzerierte oder thrombosierte Hämrroiden Grad IV sollten zunächst konservativ abschwellend mit Antiphlogistika, körperlicher Schonung, Kühlung und ggf. Cortisonsalbe bei ausgeprägtem Ödem behandelt werden. Im Anschluss sollte nach Befund das weitere Prozedere und ggf. eine Operation geplant werden.

Therapiealternativen

Ohne Therapie ist das Hämorrhoidalleiden meist progredient mit einer Zunahme der Beschwerden. Lokale Behandlungen mit Salben oder Suppositorien stellen keine kausale Behandlung der Grunderkrankung dar und lindern zumeist nur Symptome wie Entzündungen, Ödem oder perianale Hautreaktionen.
Eine konservative Therapie sollte in allen Stadien empfohlen werden, um ein erneutes Auftreten nach erfolgter Intervention oder einer Verschlechterung bestehender Beschwerden entgegenzuwirken.

Operationstechniken

Nicht resezierende Verfahren

Sklerosierung nach Blond

Die Sklerosierungstherapie ist geeignet für Hämorrhoiden Grad I (bis II) (Abb. 3). Es stellt hier die Therapie der Wahl bei Patienten mit Antikoagulation dar, da diese nicht pausiert werden muss.
Unter proktoskopischer Sicht werden kleine Mengen Sklerosierungslösung submukös auf Höhe des Hämorrhoidalknotens eingespritzt. Empfohlen wird aufgrund des geringen Nebenwirkungspotenzials Polidocanol in alkoholischer Lösung. Dies führt zu einer Entzündungsreaktion und bindegewebigen Fixierung.
Es ist auf eine Anwendung oberhalb der Linea dentata zu achtet, da es sonst zu Schmerzen kommen kann. Die Sklerosierung kann wiederholt angewendet werden. Der Abstand sollte hierbei mindestens 2–3 Wochen betragen.

Gummibandligatur nach Barron

Die Gummibandligatur nach Barron ist bei Hämorrhoiden Grad II die Therapie der Wahl (Abb. 4). Hierbei wird unter proktoskopischer Sicht eine kleine Gummibandligatur über die Hämorrhoide gestülpt. Dadurch kommt es aufgrund der unterbrochenen Durchblutung zur Nekrose der Hämorrhoide und zum Abfallen nach 7–14 Tagen. Hierdurch kann es zu Nachblutungen in diesem Zeitraum kommen. Das Blutungsrisiko liegt bei 1–5 % in den ersten 3 Wochen. Deshalb sollte die Gummibandligatur, außer bei Einnahme von ASS 100 mg, nicht unter Antikoagulation durchgeführt werden. Schmerzen entstehen insbesondere bei einer zu tief gesetzten Ligatur unterhalb der Linea dentata, welche dann im Bereich des sensibel versorgten Anoderms zu liegen kommt. Um konfluierende Nekrosezonen und hierdurch Stenosierung zu vermeiden, sollten nicht mehr als 1–2 Gummibandligaturen pro Sitzung erfolgen.
Alternativ zur chirurgischen Therapie kann sie auch bei Hämorrhoiden Grad III angewandt werden. Hierbei zeigen sich weniger Schmerzen und Komplikationen im Kurzzeitverlauf bei jedoch schlechteren Langzeitergebnissen (Shanmugam et al. 2005).

Dopplergesteuerte Hämorrhoidenarterienligatur und Recto anal repair (HAL-RAR)

Diese OP-Technik kommt bei segmentalen Hämorrhoiden zum Einsatz. Aufgrund erhöhter Rezidivraten gegenüber konventionellen OP-Verfahren besteht aktuell keine Empfehlung für Hämorrhoiden Grad III–IV (Joos und Jongen 2021).
Operationstechnik:
1.)
HAL: Einbringen eines Spezialproktoskops mit integriertem Doppler, hierdurch erfolgt die Detektion des arteriellen Hauptzuflusses zum Hämorrhoidalknoten, Dieser wird ligiert; hierdurch soll es zur Schrumpfung des Hämorrhoidalknotens kommen.
 
2.)
RAR: Anschließend erfolgt eine Z-förmige Naht von innen nach außen zur Raffung des Hämorrhoidalgewebes.
 
In Studien hat sich gezeigt, dass eine Ligation under vision (LUV) gleichwertig mit der Verwendung einer Spezialproktoskops ist (Bornstein et al. 2008). Außerdem wurde gezeigt, dass der Effekt der Schrumpfung des Hämorrhoidalknotens bei unverändertem supraanalem Gefäßzufluss eher auf die Raffung des Hämorrhoidalgewebes als auf die Arterienligatur zurückzuführen ist (Aigner et al. 2016).

Segmentale resezierende Verfahren

Die Indikation besteht für segmentale Hämorrhoiden Grad III–IV oder bei Therapieversagen der interventionellen Methoden.

Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan

Die Hämorrhoide wird unter Schonung des Musculus sphinkter ani internus nach Ligatur des zuführenden Gefäßes reseziert und die Wunde offen belassen (Abb. 5).
Operationstechnik:
1)
Einbringen des Analsperrers und Anklemmen der zu resezierenden Hämorrhoiden;
 
2)
Umschneiden des Hämorrhoidalknotens von anodermal und Ablösen desselben nach intraanal unter Schonung der Internusmuskulatur;
 
3)
zentrale Umstechung des Gefäßes und Resektion des Hämorrhoidalknotens, ggf. Blutstillung; die Wunde wird offen belassen und heilt sekundär; die anodermale Wunde dient dem Sekretabfluss.
 
Cave
Es ist darauf zu achten, dass nach der Resektion ausreichend Anoderm zwischen den Wundflächen verbleibt, um eine Stenosierung zu vermeiden.
Intra- und postoperative Komplikationen
Am häufigsten treten Nachblutungen und Harnverhalt postoperativ auf. Meist sistieren kleinere Nachblutungen von selbst. Bei interventionsbedürftigen Nachblutungen sollte die Revision im OP erfolgen.
Der Schließmuskel muss intraoperativ geschont werden, um eine postoperative Inkontinenz zu vermeiden. Auftretende partielle Inkontinenz ist meist komplett rückläufig (Patti et al. 2007).
Rezidive treten insgesamt selten auf. Eine erneute Hämorrhoidenoperation benötigen nur 2 % der Fälle.

Geschlossene Hämorrhoidektomie nach Ferguson

Äquivalente Durchführung zur OP nach Milligan-Morgan mit anschließendem, komplettem Anodermverschluss mittels T-förmiger Naht. Mittlerweile wird auch hier zumeist ein äußeres anodermales Drainagedreieck belassen.
Im postoperativen Verlauf kann es neben den o. g. Komplikationen zu einer Nahtdehiszenz (bis zu 19 %) kommen. Im Vergleich zur Operation nach Milligan-Morgan bestehen geringfügig weniger postoperative Schmerzen bei etwas längeren Operationszeiten.

Subanodermale Hämorrhoidektomie nach Parks

Durch die subanodermale OP-Technik mit anschließendem Verschluss der Wunde kommt es kaum zu Anodermverlust. Allerdings ist die Präparation aufwendiger und die Operationszeit dadurch länger.
Operationstechnik:
1)
Y-förmiges Eröffnen des Anoderms über dem zu resezierenden Hämorrhoidalknoten,
 
2)
vorsichtiges Ablösen des Anoderms und der Mukosa von dem darunterliegenden Hämorrhoidalknotens,
 
3)
Türflügelartiges Aufklappen des Anoderms und der Mukosa und vorsichtiges ablösen des Hämorrhoidalkonvolutes vom Schließmuskel,
 
4)
zentrale Umstechungsligatur der Gefäße,
 
5)
Verschluss mittels Naht über dem entstandenen Defekt unter Belassen einer äußeren Drainageöffnung.
 

Hämorrhoidektomie mittels Diathermiegeräte (z. B. LigaSure, BiClamp)

Operationstechnik
Anklemmen des Hämorrhoidalknotens und Herauslösen des Hämorrhoidalknotens mittels Diathermiegerät unter Schonung des Schließmuskels. Analoges Vorgehen wie bei der Operation nach Milligan-Morgan. Eine zentrale Ligatur ist hierbei zumeist nicht erforderlich.
Intra- und postoperative Komplikationen
Durch die Versiegelung der Wunde kommt es zu weniger Schmerzen und Blutungen als bei der Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan. Demgegenüber entstehen höhere Kosten.

Zirkuläre resezierende Verfahren

Hämorrhoidopexie nach Longo

Die Hämorrhoidopexie nach Longo ist insbesondere für zirkuläre Befunde bei Hämorrhoiden Grad II–III geeignet. Da es hier durch die zirkuläre Resektion des Hämorroidalpolsters zu einem Lifting-Effekt kommt, stellen Hämorrhoiden Grad IV eine Kontraindikation für diesen Eingriff dar.
Operationstechnik (Abb. 6):
1)
Einbringen des Analdilatators zur Sphinkterdehnung, korrektes Positionieren und Annaht des durchsichtigen Anodermschutzes; dabei ist darauf zu achten, dass eventuell nach intraanal geschobene Haut wieder nach außen gezogen wird;
 
2)
nach Einbringen des Halbschalenanoskops erfolgt die zirkuläre Naht der Schleimhaut mind. 3 cm oberhalb der Linea dentata, damit die Resektionsebene und spätere Klammernahtreihe später sicher oberhalb des sensibel versorgten Analkanals zu liegen kommt;
 
3)
nun einbringen des Zirkularstaplers und Ligatur der zuvor vorgelegten zirkulären Naht um den Staplerdorn, Durchführen der beiden Fäden durch die dafür vorgesehenen Ösen im Stapler und Knoten einer Schlinge;
 
4)
unter gegenhalten der Fadenschlinge vorsichtiges Verschließen des Staplers; hierdurch bewegt sich dieser nach intraanal und die Klammernaht sollte bei mind. 4 cm ab ano (Markierung Stapler) zu liegen kommen; bei Frauen ist darauf zu achten, dass die Vaginalhinterwand nicht in die Klammernaht gezogen wird, da dies zu rektovaginalen Fisteln führen kann;
 
5)
nach Öffnen und Entfernen des Staplers werden die resezierten Schleimhautringe auf zirkuläre Vollständigkeit geprüft;
 
6)
Kontrolle der Klammernaht auf Bluttrockenheit, ggf. Umstechung. Entfernung des Anodermschutzes.
 
Cave
Um ausgeprägte postoperative Schmerzen zu vermeiden, muss die Klammernaht unbedingt oberhalb des sensibel versorgten Analkanals zu liegen kommen.
Intra- und postoperative Komplikationen
Intraoperative Blutungen aus der Klammernahtreihe sollten mittels resorbierbarer Naht umstochen werden.
Postoperativ sind die meisten Patienten relativ schmerzarm. Starke Schmerzen können Ursache einer zu tief gesetzten Klammernaht im Bereich des sensiblen Anoderms, eines intramuralen Hämatoms oder Abszesses sein. Therapiebedürftige Nachblutungen sollten am besten unter Sicht im OP umstochen werden.

Plastisch-rekonstruktive Hämorrhoidektomie nach Fansler-Arnold

Da dieses Verfahren technisch sehr anspruchsvoll und dadurch zeitaufwändig ist, wird es seit der Hämorrhoidopexie nach Longo deutlich weniger eingesetzt und findet seine Anwendung insbesondere bei Hämorrhoiden Grad IV mit semizirkulären oder zirkulären Befunden.
Operationstechnik:
1.)
Die U- förmige Präparation des Anoderms erfolgt von innen nach außen, dabei erfolgt die semizirkuläre Inzision oberhalb der Linea dentata; Ablösen vom darunterliegenden Hämorrhoidalgewebe und Aufklappen nach außen;
 
2.)
nun Präparation des Hämorrhoidalgewebes von außen nach innen unter Schonung des Schließmuskels mit zentraler Ligatur;
 
3.)
Zurückklappen des Lappens und zentrale Naht unter Belassen lateraler, parianaler Drainageöffnungen.
 
Intra- und postoperative Komplikationen
Diese Operation stellt ein plastisch-rekonstruktives Verfahren dar, welches technisch sehr anspruchsvoll ist und einen erfahrenen Operateur erfordert. Es besteht die Gefahr einer postoperativen Anodermnekrose. Durch die Anodermreposition mit Verschluss der Wunde ist dieses Verfahren relativ schmerzarm.
Cave
Es besteht die Gefahr einer Nekrose des reponierten Anoderms. Dies kann zu einem Perzeptionsverlust und einer Analkanalstenose führen.

Postoperatives Management

Auf weichen und geformten Stuhlgang sollte unabhängig vom OP-Verfahren geachtet und gegebenenfalls frühzeitig mit einer unterstützenden stuhlregulierenden Therapie begonnen werden. Kleinere Abgänge von Blut sind insbesondere nach den ersten Stuhlgängen noch normal. Bei Verfahren mit sekundärer Wundheilung sollte die Wunde mehrmals täglich, insbesondere nach jedem Stuhlgang mit Wasser ausgeduscht werden. Die Wundheilung dauert hier in der Regel 4–8 Wochen, je nach Ausdehnung des entstandenen Defekts. In dieser Zeit ist durch die Sekretion der Wunde das Tragen einer Vorlage sinnvoll.
Zur Schmerzreduktion ist neben der üblichen postoperativen Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema bereits eine intraoperative Infiltration mit Lokalanästhetika, vorzugsweise als Pudendusblock, sinnvoll. Zudem hat sich eine topische Therapie mit Glyceroltrinitrat oder Diltiazem als wirkungsvoll erwiesen. Eine Sphinkterotomie sollte aufgrund erhöhter Inkontinenzraten nicht durchgeführt werden. Ebenso gibt es keine generelle Empfehlung für die topische oder systemische Therapie mit Metronidazol zur Schmerzreduktion.

Lebensqualität

Die Lebensqualität ist meist nur passager durch Schmerzen beeinträchtigt.
Insgesamt wird die Lebensqualität nach Hämorrhoidektomie gleichwertig oder besser angegeben als vor der Operation (Watson et al. 2016).
Literatur
Aigner F, Kronberger I, Oberwalder M et al (2016) Doppler-guided haemorrhoidal artery ligation with suture mucopexy compared with suture mucopexy alone for the treatment of Grade III haemorrhoids: a prospective randomized controlled trial. Colorectal Dis 18(7):710–716CrossRef
Bornstein M, Issa N, Gutman M et al (2008) Ligation under vision of haemorrhoidal cushions for therapy of bleeding haemorrhoids. Tech Coloproctocol 12:119–122CrossRef
Johanson JF, Sonnenberg A (1990) The prevalence of hemorrhoids and chronic constipation. An epidemiologic study. Gastroenterology 98:380–386CrossRef
Joos A, Herold A (2018) Hämorrhoidalleiden und Analvenenthrombose. Allgemein- und Viszeralchirurgie, up2date. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart
Joos AK, Jongen J (2021) S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden. Kurzfassung Coloproctol 43:381–404
Mölle et al (2018) Chirurgische Proktologie, 3. Aufl. Springer, BerlinCrossRef
Patti R, Almasio PL, Arcara M et al (2007) Long-term manometric study of anal sphincter function after hemorrhoidectomy. Int J Colorectal Dis 22(3):253–257CrossRef
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Shanmugam V, Thaha MA, Rabindranath KS, Campbell KL, Steele RJC, Loudon MA (2005) Systematic review of randomized trials comparing rubber band ligation with excisional haemorrhoidectomy. Br J Surg 92(12):1481–1487CrossRef
Stelzner F, Staubesand J, Machleidt H (1962) The corpus cavernosum recti – basis of internal hemorrhoids. Langenbecks Arch Klin Chir Ver Dtsch Z Chir 299:302–312PubMed
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