Einführung
Die Proktologie als medizinische Fachrichtung umfasst Krankheitsbilder der Perianal-/Analregion
sowie des Enddarms. Zum Enddarm gehören das Rektum und der Analkanal
. Proktologische Krankheitsbilder werden von unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen behandelt, hierzu zählen neben der Allgemeinmedizin, Chirurgie, Gynäkologie und Urologie auch die Dermatologie und
Allergologie. Proktologische Krankheitsbilder sind häufig und nehmen mit steigendem Alter zu. Sie manifestieren sich meistens primär, aber auch sekundär, in der Perianal-/Analregion (Stein
2003).
Trotz der Vielzahl unterschiedlicher proktologischer Erkrankungen existieren lediglich fünf
Kardinalsymptome, die zur Konsultation eines Proktologen führen:
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Juckreiz/Brennen,
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Blutung,
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Schmerz,
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Nässen und
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Fremdkörpergefühl.
Aufgrund dieser Symptome stellen sich Patienten nicht selten zuerst beim Dermatologen vor, was die Proktologie als festen Bestandteil der Dermatologie unterstreicht (Kreuter
2016). Die diagnostische Abklärung ist durch eine ausführliche Anamnese und Inspektion sowie einfache Untersuchungstechniken schnell und in der Regel schmerzlos durchführbar. Aufgrund der Tabuisierung von proktologischen Symptomen erfolgen häufig eigenständig initiierte Vorbehandlungen durch den Patienten mit diversen Hausmitteln und freiverkäuflichen Präparaten. Proktologische Krankheitsbilder werden deshalb vom behandelnden Arzt nicht selten erst in fortgeschrittenem Stadium oder mit veränderter Morphologie gesehen, was Diagnose und Therapie erschweren (Lenhard
2016; Stein
2003).
Proktologische Untersuchung
Klassische proktologische Erkrankungen
Analvenenthrombose
Die
Analvenenthrombose ist ein in der Proktologie sehr häufig vorkommendes, meist perianal lokalisiertes Krankheitsbild. Als auslösende Faktoren werden bei der Analvenenthrombose
Temperaturschwankungen, hormonelle und nutritive Veränderungen sowie erhöhter intraabdomineller Druck durch Pressen bei der Defäkation und lokale Traumata diskutiert.
Marisken
Bei
Marisken handelt es sich um harmlose, in der Regel asymptomatische Bindegewebsläppchen der Perianalregion. Marisken werden von den betroffenen Patienten häufig als
Hämorrhoiden fehlgedeutet. Die Entstehung von Marisken wird durch
Analfissuren, zurückliegende
Analvenenthrombosen, chronische Entzündungen sowie mechanische Reizung begünstigt.
Analfissur
Bei der
Analfissur handelt es sich um ein spindelförmiges Ulkus im Analkanal, das in der Regel im Bereich der hinteren Kommissur bei 6° Steinschnittlage lokalisiert ist. Erhöhter Sphinktertonus und verstärkte Analdehnung werden als zugrunde liegende Faktoren diskutiert. Klinisch zeigt sich die akute Analfissur als glattrandiger, bis zur Muskulatur reichender Einriss. Bei der Defäkation bestehen starke, stechende Schmerzen. Bei länger bestehenden, chronischen Analfissuren besteht wenig bis keine Schmerzsymptomatik. Typisch für die chronische Fissur ist die am kranialen Fissurende lokalisierte hypertrophe Analpapille sowie die am kaudalen Ende gelegene Vorpostenfalte.
Analfistel und Analabszess
Analabszesse und Analfisteln
stellen ein Spektrum proktologischer Erkrankungen dar. In Abhängigkeit von der Aktivität der Entzündung steht entweder der
Abszess als akutes Krankheitsbild oder die Fistel als chronischer Prozess klinisch im Vordergrund. Im Gegensatz zur schlagartig auftretenden Schmerzsymptomatik der akuten
Analfissur kommt es beim
Analabszess zu sich langsam entwickelnden Schmerzen mit Schwellung und Erythem und begleitender Allgemeinsymptomatik wie
Fieber oder Schüttelfrost. Pathogenetisch scheint eine kryptoglanduläre Keimausbreitung mit Ausbreitung in die Perianalräume eine wichtige Rolle zu spielen. In Abhängigkeit von der Lokalisation werden intersphinktäre, ischiorektale und pelvirektale Abszesse unterschieden.
Als Analfisteln bezeichnet man erworbene oder angeborene Gänge, die sich klinisch entweder als komplette (Verbindung von Hautoberfläche zu Analkanal oder Rektum) oder inkomplette Fisteln (nach außen offene Fistel endet blind im Körperinneren) manifestieren können. Je nach Lage zum Schließmuskel werden inter-, trans-, supra- und extrasphinktäre Fisteln unterschieden.
Analprolaps
Unter einem
Analprolaps versteht man ein Prolabieren von anodermalem Gewebe aus dem Analkanal. Ätiologisch kommt eine Beckenbodeninsuffizienz nach gynäkologischen Eingriffen und bei Multiparität oder ein verminderter Sphinktertonus bei intaktem Halteapparat infrage. Typische klinische Zeichen sind Juckreiz, Blutung und Stuhlschmieren. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist ein
Hämorrhoidalprolaps, bei dem neben anodermalem Gewebe auch Schleimhautanteile des Rektums prolabieren.
Proctalgia fugax
Als Proctalgia fugax wird die schmerzhafte, anfallsartig auftretende Verkrampfung der Beckenboden- und Schließmuskulatur bezeichnet. Die Schmerzanfälle treten tagsüber oder nachts, meist in den frühen Morgenstunden, auf und halten von wenigen Sekunden bis zu einer Stunde an. Die Ätiopathogenese ist nicht geklärt. Der Krankheitsgipfel liegt im 5. und 6. Lebensjahrzehnt, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Frequenz, Dauer und Intensität der Anfälle nehmen mit zunehmendem Alter ab. Die Diagnose wird anamnestisch gestellt.