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Erschienen in: Der Anaesthesist 5/2019

21.03.2019 | Kardiopulmonale Reanimation | Originalien

Implementierungsgrad der strukturierten Notrufabfrage in deutschen Leitstellen und Auswirkungen ihrer Einführung

verfasst von: PD Dr. med. T. Luiz, H. Marung, G. Pollach, A. Hackstein

Erschienen in: Die Anaesthesiologie | Ausgabe 5/2019

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Zusammenfassung

Hintergrund

Die Notrufabfrage ist elementar für die Disposition geeigneter Rettungsmittel und die Anleitung von Anrufern in Erste-Hilfe-Maßnahmen. Dadurch hat sie unmittelbaren Einfluss auf die Prozess- und Ergebnisqualität der Notfallrettung. Wichtige Verbände wie der European Resuscitation Council fordern daher die flächendeckende Einführung der strukturierten Notrufabfrage. Diese ist Voraussetzung für qualifizierte Erste-Hilfe-Hinweise durch Disponenten, u. a. als sog. Telefonreanimation (T-CPR). Aktuelle Daten hinsichtlich der Umsetzung in deutschen Leitstellen fehlen.

Methodik

In einer Online-Umfrage unter Mitgliedern des Fachverbands Leitstellen e. V. wurden Strukturdaten, Angaben zur Umsetzung eines Notrufabfragesystems und dessen Effekte auf ausgewählte Qualitätsindikatoren wie die Abfragequalität, die Häufigkeit der Anleitung zur T‑CPR und die Mitarbeiterzufriedenheit erfragt.

Ergebnisse

Von den Teilnehmern wandten 49 ein strukturiertes Abfragesystem an. Die anderen 51 Teilnehmer nutzten kein Abfragesystem, wobei jedoch knapp die Hälfte dieser Gruppe eine Beschaffung konkret plante. Haupteinsatzbereiche waren die Notfallrettung (98 % der Leitstellen mit einem Abfragesystem) und die Feuerwehr (83,7 % der Leitstellen mit einem Abfragesystem). In 85,7 % derjenigen Leitstellen, welche ein strukturiertes Abfragesystem verwendeten, war dessen Einsatz in der Notfallrettung obligat, wurde aber nur in 64,3 % dieser Leitstellen durchgehend eingehalten. Der Vorher-nachher-Vergleich ergab fast ausnahmslos eine verbesserte Abfragequalität. Bei 94,3 % der Leitstellen, die ein strukturiertes Abfragesystem nutzten und die Häufigkeit der T‑CPR erfassten, kam es nach Einführung des Abfragesystems zu einem Anstieg dieser Fälle. Von den Leitstellen mit strukturierter Notrufabfrage gaben 79,5 % eine gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit in ihrer Leitstelle an.

Schlussfolgerungen

Die strukturierte Notrufabfrage ist in Deutschland noch nicht flächendeckend implementiert. Wo sie konsequent eingesetzt wird, verbessern sich wichtige Parameter der Prozess- und Ergebnisqualität. Weitere Untersuchungen sollten gezielt Erfolgsfaktoren und weitere Qualitätsparameter adressieren.
Anhänge
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Fußnoten
1
Als „Disponenten“ werden in der vorliegenden Arbeit alle diejenigen Mitarbeiter in der Leitstelle bezeichnet, welche aktiv in die Notrufabfrage und/oder Einsatzmitteldisposition eingebunden sind, unabhängig vom Organisationsmodell (Modell A: strikte Trennung zwischen Anrufbearbeitung („call taker“) und Einsatzmitteldisposition („dispatcher“); Modell B: Abwicklung beider Tätigkeiten durch dieselben Mitarbeiter; Modell C: Mischmodell).
 
2
Der Begriff „strukturierte Notrufabfrage“ wird hierzulande nicht einheitlich genutzt. Der Begriff umfasst in der vorliegenden Arbeit alle Arten von Systemen, die mit festgelegten Algorithmen arbeiten. Er beinhaltet damit sowohl „strukturierte“ als auch „standardisierte“ Abfragesysteme, unabhängig von der Art der technischen Umsetzung.
 
3
Summarische Notrufabfragequalität, summarische Dispositionsqualität, Notrufannahmezeit, Notrufbearbeitungszeit, telefonische EH-Hinweise, T‑CPR, Notarztquote, Nachalarmierungsquote, Mitarbeiterzufriedenheit auf der Leitstelle, Mitarbeiterzufriedenheit auf den Rettungsmitteln.
 
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Metadaten
Titel
Implementierungsgrad der strukturierten Notrufabfrage in deutschen Leitstellen und Auswirkungen ihrer Einführung
verfasst von
PD Dr. med. T. Luiz
H. Marung
G. Pollach
A. Hackstein
Publikationsdatum
21.03.2019
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Anaesthesiologie / Ausgabe 5/2019
Print ISSN: 2731-6858
Elektronische ISSN: 2731-6866
DOI
https://doi.org/10.1007/s00101-019-0570-6

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