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2018 | Buch | 1. Auflage

Fehlzeiten-Report 2018

Sinn erleben – Arbeit und Gesundheit

herausgegeben von: Prof. Dr. Bernhard Badura, Prof. Dr. Antje Ducki, Helmut Schröder, Joachim Klose, Markus Meyer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft

Der Fehlzeiten-Report, der jährlich als Buch erscheint, informiert umfassend über die Struktur und Entwicklung des Krankenstandes der Beschäftigten in der deutschen Wirtschaft und beleuchtet dabei detailliert einzelne Branchen. Der vorliegende Fehlzeiten-Report vertieft das Thema „Sinn erleben – Arbeit und Gesundheit“ aus gesellschaftlicher, betrieblicher und individueller Perspektive. Welche Rolle das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) für die Förderung des Sinnerlebens spielen kann, erörtern 28 Fachbeiträge u. a. mit folgenden Fragen:

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Erleben von sinnhafter Erwerbsarbeit und der Gesundheit der Beschäftigten?

Wie erleben Beschäftigte den „Sinn ihrer Arbeit“ und wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter unterstützen, ihre Arbeit als sinnerfüllte Tätigkeiten zu erleben?

Wie können Führungskräfte und das Unternehmensklima das Sinnerleben positiv beeinflussen?

Welche Konzepte und Angebote gibt es im Rahmen des BGM, um zur Prävention von Sinnkrisen beizutragen?

Darüber hinaus ist der Report durch umfassende Daten und Analysen ein wertvoller Ratgeber für alle, die Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz in Unternehmen tragen.

Aus dem Inhalt

Aktuelle Statistiken zum Krankenstand der Arbeitnehmer in allen Branchen

Die wichtigsten für Arbeitsunfähigkeit verantwortlichen KrankheitsartenAnzahl und Ausmaß der Arbeitsunfälle, Langzeitarbeitsunfähigkeiten oder Inanspruchnahme von Kinderpflegekrankengeld

Vergleichende Analysen nach Bundesländern, Betriebsgrößen und BerufsgruppenAnschauliche Darstellung der Daten durch zahlreiche Abbildungen und Tabellen

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Über sinnstiftende Arbeit
Editorial
Zusammenfassung
Deutschland ist eine Arbeitsgesellschaft, weil sich Menschen über ihren Beruf definieren und der Arbeitsalltag Denken, Fühlen und Verhalten prägt. Die persönlich dabei erlebte Sinnhaftigkeit hat – wie die Beiträge des diesjährigen Fehlzeiten-Reports demonstrieren – erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden und auf Qualität und Umfang der erbrachten Leistung. Belohnt werden heute weniger Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Der kulturell fragmentierten Wissensgesellschaft droht, so scheint es, der Gemeinsinn verloren zu gehen. Es ist die Qualität des sozialen Systems einer Organisation, die maßgeblich die erfahrene Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit beeinflusst und damit auch Motivation und Wohlbefinden. Organisationen, die Sinnvermittlung und persönliche Verbundenheit hoch bewerten, sind erfolgreicher als Organisationen, die zur Leistungssteuerung nur auf Hierarchie und finanzielle Anreize setzen.
Bernhard Badura

Einführung

Frontmatter
2. Von Lebenssinn und Sinn in der Arbeit
Warum es sich bei beruflicher Sinnerfüllung nicht um ein nettes Extra handelt
Zusammenfassung
Die Einschätzung der Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens ist ein Kernmerkmal des menschlichen Selbst- und Weltbildes. Sie kann generell sowie in Bezug auf spezifische Lebensbereiche, wie das Berufsleben, eruiert werden. Generelle und berufliche Sinnerfüllung stehen in Zusammenhang miteinander. Sie können sich gegenseitig befruchten, einschränken oder auch kompensieren. Berufliche Sinnerfüllung ist von Sinnstiftung durch den Beruf abzugrenzen. Während ersteres den Normalzustand einer Berufstätigkeit darstellen sollte, handelt es sich bei Sinnstiftung durch den Beruf um einen zusätzlichen Faktor, der nur in solchen Berufen zu erlangen ist, wo persönlich bedeutsame Ziele verfolgt werden können. Berufliche Sinnerfüllung ist vorhanden, wenn ein Mensch den Nutzen der eigenen Tätigkeit für andere wahrnimmt; wenn er oder sie sich als zugehörig zu Kollegen, Team oder Organisation erfährt und keine Widersprüche erlebt zwischen eigenen Fähigkeiten, Interessen und Werten und dem, was am Arbeitsplatz verlangt wird. Zudem trägt eine authentische und verantwortungsvolle Unternehmensführung zum Sinnerleben der Angestellten bei. Berufliche Sinnerfüllung geht mit hohem Engagement, intrinsischer Motivation und Verantwortungsübernahme einher, kann aber auch zu Selbstausbeutung führen und von Arbeitgebern missbraucht werden.
Tatjana Schnell
3. Sinnerleben bei der Arbeit und der Einfluss auf die Gesundheit
Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter Erwerbstätigen
Zusammenfassung
Sinnerleben bei der Arbeit wird als ein Aspekt intrinsischer Motivation gesehen, der Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, Unternehmensbindung und Gesundheit von Mitarbeitern hat. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass Erwerbstätige einen hohen Anspruch an das Sinnerleben im Unternehmen haben, das tatsächliche Erleben sinnhafter Aspekte aber weit dahinter zurückbleibt. Wie wichtig eine Übereinstimmung von subjektiver Wichtigkeit und Erleben von Sinnaspekten ist, zeigt sich an den gesundheitlichen Parametern, die hier untersucht wurden: Wenn Anspruch und Wirklichkeit vergleichsweise besser passen, geht das mit signifikant weniger Fehlzeiten, weniger arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden und eher mit einem achtsamen Verhalten im Krankheitsfalle einher. Besonders bedeutsam sind den Befragten Aspekte der Kooperation im Unternehmen und der Wertschätzung der Arbeit. Hierbei zeigt sich die größte Diskrepanz zwischen Bedeutung und Erleben, was auf großen Handlungsbedarf in den Unternehmen hinweist. Ein Gedankenspiel zur Bindung an das Erwerbsleben bzw. an die ausgeübte Tätigkeit lässt erkennen, dass sich die Erwerbstätigen in ihren Bedürfnissen bezüglich des Sinnerlebens unterscheiden und Strategien zur Verbesserung des Sinnerlebens spezifisch ausgerichtet sein müssen. Der Führungskraft kommt dabei eine besondere Rolle zu: Ein gutes Verhältnis zum Vorgesetzten geht mit besserer Übereinstimmung beim Sinnerleben einher.
Andrea Waltersbacher, Klaus Zok, Sarah Jane Böttger, Joachim Klose
4. Sinnquellen in der Arbeitswelt und ihre Bedeutung für die Gesundheit
Zusammenfassung
„Mit dem Gewinn ist es wie mit der Gesundheit. Man braucht sie… aber dafür ist man doch nicht da auf der Welt“ (Aussage eines leitenden Angestellten, in: Peters und Waterman 2003, S. 131). Menschen sind in erster Linie auf Sinnerfahrungen durch die Bindung an Menschen und Werte angewiesen; diese These Victor Frankls liegt dem folgenden Beitrag zugrunde. Sinn hat, was als wichtig erscheint und deshalb Aufmerksamkeit und Energieeinsatz anregt. Unterschieden werden im Folgenden einerseits ein von der soziologischen Klassik identifiziertes kollektives und andererseits das individuelle Sinnverständnis. In Organisationen – so die in diesem Beitrag auf Basis von Mitarbeiterbefragungen (n = 1.980) untersuchte Hypothese – nehmen insbesondere Kultur und die horizontalen und vertikalen Beziehungen Einfluss auf das persönliche Sinnerleben, mit Konsequenzen für die Gesundheit und das Betriebsergebnis.
Cona Ehresmann, Bernhard Badura

Wovon hängt Sinnerleben ab?

Frontmatter
5. Was bedeutet uns Arbeiten?
Gesundheitliche Herausforderungen im Hinblick auf den individuellen und sozialen Sinn der Arbeit
Zusammenfassung
Flexibilisierung, Intensivierung der Arbeit und Work-Life-Balance sind häufige Themen in aktuellen öffentlichen Diskursen. Auch in der Forschung mehren sich Diagnosen der Entgrenzung von Arbeit und Nicht-Arbeit, die von den Chancen für die individuelle Arbeitsgestaltung bis zu den gesundheitlichen Risiken reichen. Dieser Beitrag betrachtet das menschliche Sinnerleben von Arbeit und verweist auf salutogene und pathogene Dimensionen der aktuellen Arbeitswelt. Um gegenwärtige Entwicklungen zu verstehen und zukünftige Diskurse gestalten zu können, wird aus einer historischen Perspektive das Muße-Ideal entwickelt und dem heutigen Arbeitserleben entgegengesetzt, insbesondere dem Aufschwung von Selbstverwirklichung und Sinnfindung in der Arbeit. Der Blick in die Vergangenheit zeigt: Die individuellen und sozialen Sinngebungen sind historisch gewachsen und veränderbar. Ferner fragt der Beitrag, ob sich diese Sinnzuschreibungen nach Berufen unterscheiden: Erachten Müllwerker beispielsweise ihre Arbeit als ebenso sinnvoll wie Steinmetze oder Ärzte? Abschließend werden Chancen und Risiken einer als sinnvoll erachteten Arbeit diskutiert.
Carolin Freier
6. Die Sinnsuche der Generation Y
Zum Wandel von Ansprüchen an den Sinn (in) der Arbeit
Zusammenfassung
Die Generation Y gilt als Sinnsucher-Generation. Ihr werden neue Ansprüche an die Arbeit nachgesagt, doch bisweilen ist uneindeutig, welche Ansprüche und Wünsche an den Sinn der Arbeit bzw. den Sinn in der Arbeit in dieser Generation vorherrschen. Im Beitrag wird gezeigt, dass die Unterschiede zwischen der Generation Y und anderen Generationen geringer ausfallen, als viele Medienberichte nahelegen. Ihre Ansprüche an den Sinn in der Arbeit, also an bereichernde Arbeitsinhalte und Altruismus, sind nicht ausgeprägter als die anderer Generationen. Mit nachrückenden Generationen teilen sie, dass die Arbeit als Lebensbereich für sie an Wichtigkeit eingebüßt hat und sie somit die Bedeutung von Arbeit im Leben anders bewerten. Zudem zeigt sich, dass sich innerhalb der Generation Y ganz unterschiedliche Wertetypen finden lassen, was die Rede von einer Generation mit ähnlichen Werten problematisch macht. Für die Betriebliche Gesundheitsförderung implizieren die Befunde eine Berücksichtigung unterschiedlicher Wertetypen unabhängig von ihrer Generationszugehörigkeit und eine Arbeitsgestaltung, die dem Leitbild guter und gesundheitsfördernder Arbeit entspricht
Friedericke Hardering
7. Sinnerleben von Arbeit und Gesundheit bei Frauen und Männern: Implikationen für die Betriebe und das Betriebliche Gesundheitsmanagement
Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert auf der Basis gesundheitswissenschaftlicher Theorien und Erkenntnisse die Wechselwirkungen zwischen Arbeit, Geschlecht, Sinnerleben und Gesundheit und versucht auf dieser Basis, die praktische Bedeutung für das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) aufzuzeigen. Sinnfragen zeigen sich in der Arbeit für die Beschäftigten in vielfacher Hinsicht und sie haben Auswirkungen sowohl auf die Entstehung von Krankheiten als auch auf die Aufrechterhaltung von Gesundheit, sie sind daher eng mit gesundheitlichen Risiken und Ressourcen verbunden. Arbeit hat für Frauen und Männer unterschiedliche Bedeutung, daher müssen die Zusammenhänge zwischen Arbeit und Gesundheit auch aus einer geschlechtsspezifischen Perspektive betrachtet werden, die wesentlich durch Sinnfragen bestimmt wird. Belastungen in der Arbeit, ihre Zusammenhänge mit Gesundheit und die im Lebenslauf erkannte Notwendigkeit eigenen Handelns zur Gesunderhaltung werden von Frauen und Männer unterschiedlich wahrgenommen und tragen mit zu psychischen Gefährdungen wie z. B. den Burnout-Prozessen bei. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich spezifische Ansatzpunkte für die Betriebe in der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und in der betrieblichen Fort- und Weiterbildung für unterschiedliche Zielgruppen erkennen.
Toni Faltermaier

Was stellt den Sinn von Arbeit infrage/erschüttert ihn?

Frontmatter
8. Die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf das Sinnerleben und die psychische Gesundheit
„Man lebt von Tag zu Tag dahin und weiß nicht, warum“
Zusammenfassung
Beeinträchtigt Erwerbslosigkeit das Sinnempfinden der Betroffenen? Welche Auswirkungen hat dies auf die psychische Gesundheit? Welche alternativen Sinnquellen können Arbeitslose für sich finden? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, werden im vorliegenden Kapitel zunächst zwei theoretische Ansätze zum Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Sinnempfinden vorgestellt, nämlich das Konzept der Arbeitslosigkeitsneurose von Viktor Frankl und die Deprivationstheorie von Marie Jahoda. Anschließend werden Forschungsergebnisse referiert, die belegen, dass Arbeitslosigkeit in der Tat das Sinnempfinden der Betroffenen unterwandert. Längsschnittdaten zeigen zudem, dass es sich um einen kausalen Effekt der Arbeitslosigkeit selbst handelt, nicht nur um einen korrelativen Zusammenhang. Das eingeschränkte Sinnempfinden Arbeitsloser führt dann zu einer Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit, die sich insbesondere in Depressionssymptomen äußert. Forschungsbefunde zeigen auch, dass eine aktive und konstruktive Zeitverwendung Arbeitslosen helfen kann, ein existentielles Vakuum mit Gefühlen tiefer Sinnlosigkeit und Leere zu vermeiden. Abschließend werden Implikationen für eine mögliche zukünftige Gesellschaft diskutiert, in der breite Bevölkerungsschichten unter Umständen keiner Erwerbsarbeit mehr nachgehen werden.
Karsten Paul, Andrea Zechmann
9. Bewältigungsstrategien von Mitarbeitern in Zeiten von Restrukturierungen – eine qualitative Längsschnittstudie über den Umgang mit Stress und den Verlust von Identifikation mit dem Arbeitgeber
Zusammenfassung
Restrukturierungen stellen mittlerweile eine Daueraufgabe für fast alle Unternehmen dar. In diesem Beitrag wird auf Basis einer qualitativen Längsschnittstudie gezeigt, wie Mitarbeiter Restrukturierungen als einen hohen Stressfaktor wahrnehmen, welche Bewältigungsstrategien sie verfolgen und wie sich diese Strategien über die Zeit verändern. Die Ergebnisse zeigen, dass nach der Bekanntgabe der Restrukturierung diese als Stressfaktor wahrgenommen wird. Im Laufe der Zeit wird ein konstanter Stress durch die latente Gefahr von zukünftigen Entlassungen als ein „neuer Normalzustand“ erlebt; gleichzeitig sinkt die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber und verstetigt sich auf einem niedrigen Level. Überraschenderweise trifft eine sinkende Identifikation vornehmlich auf die „Survivor“ und nicht auf die „Victims“ der Entlassung zu. Durch die Entlassungen und den anhaltenden Stress verringert sich gleichzeitig die wahrgenommene Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit. Es zeigen sich verschiedene Bewältigungsstrategien, um mit der Restrukturierung umzugehen, welche mit der Zuordnung zu vier Clustern („die Pflichtbewussten“, „die Engagierten“, „die Frustrierten“, „die Widerständler“) verdeutlicht werden. Als Handlungsempfehlung sollten Organisationen sich den dysfunktionalen Langzeitauswirkungen von Restrukturierungen bewusst sein, präventiv fairen und transparenten Prozessen bei der Umsetzung folgen sowie insgesamt gesünder restrukturieren.
Thomas Afflerbach, Katharina Gläsener
10. Die Bedeutung von Führungskräften für Gesundheit und Sinnerleben in Veränderungsprozessen – Vorstellung eines forschungsbasierten betrieblichen Weiterbildungsmoduls
Zusammenfassung
Das Ziel dieses Beitrags ist die Vorstellung eines forschungsbasierten betrieblichen Weiterbildungstools für Führungskräfte (FK) in Veränderungsprozessen. Dieses auf zwei Tage ausgelegte Konzept soll die Zielgruppe insbesondere auf die spezifischen Anforderungen zur Erfüllung ihrer Rolle als „Change Agents“ unter Berücksichtigung von Aspekten von Wohlbefinden und Gesundheit vorbereiten. Es handelt sich dabei um eine Initialmaßnahme, die einen längerfristigen Prozess eines „Change“-fokussierten Führungskräftekonzepts einleiten soll. Dieses Kapitel stellt die inhaltliche Verbindung zwischen Sinnerleben, Wohlbefinden und Gesundheit in organisationalen Veränderungsprozessen dar, beschreibt das Weiterbildungskonzept und geht insbesondere auf die umfängliche Begleitevaluation ein. Diese ergab auf der Basis längsschnittlicher Daten, dass das Konzept in der Lage ist, positiv auf Wohlbefinden zu wirken und damit mittelbar auch Sinnerleben in Veränderungsprozessen positiv beeinflussen zu können.
Birgit Thomson, Johannes Rank
11. Kann das Sinnerleben der Arbeit durch illegitime Aufgaben erschüttert werden?
Zusammenfassung
Für die berufliche Identität und das Selbstkonzept einer Person ist es wichtig, die eigene Arbeitstätigkeit und die damit verbundenen Aufgaben als sinnvoll zu erleben. Nun beinhalten Tätigkeiten viele verschiedene Aufgaben; manche von ihnen charakterisieren den Kern der Tätigkeit, hinzu kommen Nebentätigkeiten. Zum Sinnerleben tragen vor allem die Kerntätigkeiten bei; sie gut zu erfüllen, stärkt unseren Selbstwert. Aufgaben hingegen, die nicht zu unserer beruflichen Rolle gehören, die vielmehr andere ausführen sollten, und Tätigkeiten, die wir als unnötig erleben, die vermeidbar gewesen wären, stützen unsere berufliche Identität nicht nur nicht – sie stellen einen Angriff auf das Selbst dar und hindern uns an der Ausführung unserer Kernaufgaben. Wir bezeichnen solche Aufgaben als illegitime Aufgaben, mit zwei Unterkategorien: Unnötige Aufgaben („ist das wirklich nötig?“) und unzumutbare Aufgaben („das ist nun wirklich nicht meine Aufgabe“). Nach dem Konzept des Stress-as-Offense-to Self (SOS), das seit 2003 an der Universität Bern entwickelt wurde, stellen illegitime Aufgaben einen Stressfaktor dar – nicht, weil sie eine Person über- oder unterfordern oder ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Belohnungen darstellen, sondern weil sie den Selbstwert bedrohen. Der Beitrag erläutert das Konzept der illegitimen Aufgaben im Kontext der SOS-Theorie und er schildert empirische Forschungen zum Zusammenhang von illegitimen Aufgaben und Stress-Symptomen. Der Beitrag schließt mit Schlussfolgerungen für Theorie und Praxis.
Nicola Jacobshagen, Norbert K. Semmer
12. Selbstwertschätzung im Beruf – ein Weg zur Balance?
Zusammenfassung
Depressive Störungen stellen eine der größten Herausforderungen für die betriebliche Gesundheitsförderung, Prävention und berufsorientierte Psychotherapie dar. Das Modell beruflicher Gratifikationskrisen hilft, den Einfluss der Arbeit auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Depressionen genauer zu verstehen. Ausgehend von Befunden, die die Bedeutung von Anerkennung und Wertschätzung durch Vorgesetzte und Kollegen unterstreichen, wird in diesem Beitrag mit der beruflichen Selbstwertschätzung eine Erweiterung des Modells vorgestellt. Berufstätige wurden zunächst dazu interviewt, auf welche Art und Weise diese die Ergebnisse ihrer Arbeit würdigen. In einer ersten Studie konnten fünf Strategien der beruflichen Selbstwertschätzung identifiziert und ein Messinstrument entwickelt werden. In einer zweiten Studie zeigte sich, dass die berufliche Selbstwertschätzung im Rahmen des Modells der Gratifikationskrisen einen eigenständigen Beitrag zur Vorhersage depressiver Beschwerden und Störungen leistet. Die Strategien der beruflichen Selbstwertschätzung sind als erlernbare Fähigkeiten konzipiert, so dass sie in Präventions- und Therapieprogrammen gezielt trainiert werden können.
Dirk Lehr, Andreas Hillert
13. Indirekte Steuerung, interessierte Selbstgefährdung und Sinnerleben
Zusammenfassung
Empirische Ergebnisse zum Zusammenhang von indirekter Steuerung und der Gesundheit von Mitarbeitenden weisen darauf hin, dass es von der Art der Umsetzung indirekter Steuerung abhängt, ob sich positive oder kritische Effekte auf das Bewältigungsverhalten und die Gesundheit von Beschäftigten zeigen. In diesem Beitrag argumentieren wir, dass indirekte Steuerung auch mit Blick auf das Sinnerleben von Beschäftigten ambivalente Voraussetzungen schafft. Mithilfe von Ergebnissen aus einer schriftlichen Befragung (Grobanalyse, N = 6.852) in einem Dienstleistungsunternehmen, in dem wir eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchgeführt haben, zeigen wir, dass kritische Umsetzungsformen indirekter Steuerung durch die Dominanz arbeitsbezogener Ziele zulasten privater Ziele selbstgefährdendes Verhalten und in der Folge Erschöpfung begünstigen. Wir ziehen daraus Schlüsse für vergleichbare Wirkungen auf das Sinnerleben von Beschäftigten und illustrieren unsere Überlegungen mithilfe von Beispielen aus 54 Gruppendiskussionen mit 542 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zur Feinanalyse in diesem Unternehmen durchgeführt wurden. Abschließend leiten wir Ansatzpunkte für Maßnahmen ab, die auf eine positive Umsetzung indirekter Steuerung abzielen, um in der Folge das Sinnerleben der Beschäftigten positiv beeinflussen zu können.
Sophie Baeriswyl, Cosima Dorsemagen, Andreas Krause, Maida Mustafić
14. Konzeptionelle Überlegungen zu Sinnerleben und Präsentismus: Beeinflusst Sinnerleben im Arbeitskontext das Anwesenheitsverhalten kranker Mitarbeiter?
Zusammenfassung
Während die Erforschung der Ursachen und Entstehung von Sinnerleben bei der Arbeit vielseitige Aufmerksamkeit in Forschung und Praxis erfährt, sind die Folgen von Sinnerleben bisher nur rudimentär betrachtet worden. Außerdem stehen bei diesen Betrachtungen die positiven Folgen eines Sinnerlebens während der Arbeit im Vordergrund. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, mögliche negative Auswirkungen eines ausgeprägten Sinnerlebens am Beispiel des Präsentismus aufzuzeigen. Dazu wird zunächst der unmittelbare Zusammenhang zwischen Sinnerleben und Präsentismus, definiert als Anwesenheit am Arbeitsplatz trotz Krankheit, beleuchtet. Im Anschluss werden mögliche mittelbare Zusammenhänge über Arbeitszufriedenheit, Arbeitsengagement und Gesundheit aufgezeigt. Nach einer kurzen Darstellung der möglichen Auswirkungen des Sinnerlebens auf die Folge von Präsentismus wird ein konzeptionelles Modell zum Zusammenhang zwischen Sinnerleben und Präsentismus hergeleitet und der Beitrag mit einem kurzen Fazit beendet.
Sascha Alexander Ruhle, Stefan Süß
15. Stellt Digitalisierung eine Gefahr oder eine Chance für das Sinnerleben der Arbeit dar?
Zusammenfassung
Die aktuellen Debatten um Industrie 4.0 und die damit verbundene Digitalisierung industrieller und industrienaher Wertschöpfungssysteme zeigen bei der Fülle an Publikationen, Vorträgen und Veranstaltungen zum Teil widersprüchliche Tendenzen auf. Dabei sind zum einen Stimmen zu vernehmen, die eher disruptive Veränderungen im Sinne einer Revolution prognostizieren, und zum anderen werden Perspektiven eingenommen, die jenen Wandlungstendenzen der Industrie und industrienaher Wirtschaftssegmente einen eher evolutionären Charakter beimessen. Einig sind sich die Akteure jedoch darüber, dass die Entwicklung der digitalen Transformation tiefgreifende Veränderungen für die Wirtschafts- und Arbeitswelt nach sich zieht, was insbesondere auch aus Sicht der BGM-Verantwortlichen im Hinblick auf die Gesundheit der Beschäftigten einen entsprechend angepassten Handlungsbedarf erfordert. Der folgende Beitrag stellt zunächst die Faktoren, die eine sinn- und bedeutungsvolle Arbeit ausmachen, auf Basis verschiedener empirischer Erhebungen und Publikationen heraus. Welche möglichen Entwicklungslinien dabei zukünftig Realität werden könnten, zeigen die Entwicklungsszenarien digitaler Arbeit, von denen eines durch eine betriebliche Kurzfallstudie beispielhaft präsentiert wird. An dieser werden mögliche Chancen und Risiken der Digitalisierung in der betrieblichen Praxis aufgezeigt.
Martin Eisenmann, Tobias Wienzek

Was kann das Sinnerleben fördern?

Frontmatter
16. Was erleben Beschäftigte als sinnvolle (bzw. sinnlose) Arbeit? Gesundheitliche Belastungen durch Erfahrungen von Sinnlosigkeit
Zusammenfassung
Der Sinn ihrer Arbeit ist von großer Bedeutung für die Identifikation von Beschäftigten mit ihrer Arbeit. Allerdings sind verschiedene Dimensionen sinnvoller Arbeit zu unterscheiden. Zunächst arbeiten die Menschen auch deshalb, weil sie hiermit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, in dieser Hinsicht hat die Arbeit also eine instrumentelle Bedeutung. Aber nur selten reduziert sich die Arbeitsorientierung der Beschäftigten hierauf. Wenn sie den Anspruch haben, dass ihre Arbeit sinnvoll ist, dann beziehen sie sich oft auf deren sozialen oder gesellschaftlichen Nutzen und darauf, ob die Arbeit sinnvoll, also effizient und ihre Fähigkeiten nutzend, auszuführen ist. Gegenwärtig wird der Sinn von Arbeit verbreitet darin gesehen, dass sie „Spaß mache“ und Selbstverwirklichung ermögliche; ihr Sinn liegt dann in der Arbeitsausführung selbst. Zwischen diesen Dimensionen sinnvoller Arbeit gibt es vielfältige Wechselbeziehungen, die im Aufsatz skizziert werden. Beschäftigte rahmen auch Arbeit, die nicht sinnvoll erscheint, oft so, dass sie ihr Sinn zuschreiben können. Nicht nur die Erfahrung von Sinnlosigkeit in der Arbeit, sondern auch eine mit Sinnerleben verbundene (Über-)Identifikation mit der Arbeit kann – im Lebenszusammenhang betrachtet – mit psychischen Belastungen verbunden sein. Dies wird an Beispielen aus einer empirischen Untersuchung verdeutlicht.
Stephan Voswinkel
17. Sinnstiftung als Erfolgsfaktor: Wie Arbeitgeber dazu beitragen können, dass Beschäftigte ihre Arbeit als sinnvoll erleben
Zusammenfassung
Die große Mehrheit aller Erwerbstätigen, 85 %, in Europa nimmt ihre Arbeit als sinnvoll wahr. In Deutschland liegt der Anteil sogar noch um einen Prozentpunkt höher, nämlich bei 86 %. Es ist nicht nur für Beschäftigte förderlich, wenn sie Sinnerfüllung bei ihrer Arbeit erleben, denn ihr Wohlbefinden und ihre Arbeitszufriedenheit steigen dadurch. Auch die Betriebe profitieren davon, denn Sinnhaftigkeit erhöht das Arbeitsengagement der Beschäftigten. Der überwiegende Anteil der Unternehmen leistet durch eine offene und vertrauensvolle Unternehmenskultur oder durch ein wertschätzendes Führungsverhalten einen wesentlichen Beitrag zur Sinnstiftung. Gut 80 % der Betriebe praktizieren eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik.
Christiane Flüter-Hoffmann
18. Wie kann Führung Sinn stiften? – Bedeutung der Vermittlung von Sinn für die Gesundheit
Zusammenfassung
Das Konzept des „Sinns“ spielt auch in der Arbeitswelt eine große Rolle. Wenn berufliches Handeln als schlüssig, zusammenhängend und sinnvoll erlebt wird, steigen die Zufriedenheit, der Selbstwert, die Bindung an die Organisation und das psychische Wohlbefinden Umgekehrt führt ein Fehlen von Sinn zu Unzufriedenheit, organisationalem Zynismus dem Verlust an Bindung bzw. Identifikation mit dem Unternehmen sowie zu einer Gefährdung des individuellen Wohlbefindens bis hin zu psychischen Erkrankungen. Eine wichtige Rolle bei der Vermittlung und Schaffung von Sinn spielt die direkte Führungskraft. Insbesondere ein transformationaler Führungsstil, der durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit, die Vermittlung einer inspirierenden Vision sowie individuelle Unterstützung und Förderung gekennzeichnet ist, kann zum Sinnerleben beitragen. Die sinnstiftenden Verhaltensweisen transformationaler Führung steigern zudem das Wohlbefinden und die Gesundheit der Beschäftigten.
Jörg Felfe, Annika Krick, Annabell Reiner
19. Das soziomoralische Organisationsklima und Sinnerfüllung in der Arbeit: Erkenntnisse über zwei Gesundheitsressourcen
Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden zwei arbeits- und organisationspsychologische Gesundheitsressourcen, Methoden, wie man sie erfasst sowie ihre Zusammenhänge mit vorwiegend psychologischen Gesundheitsindikatoren vorgestellt. Das soziomoralische Organisationsklima kann man als diskursiv, partizipativ, wertschätzend und unterstützend umschreiben, es bildet einen Teilbereich des ethischen Organisationsklimas. Sinnerfüllung in der Arbeit bedeutet, dass Arbeitende im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit Bedeutsamkeit, Kohärenz, Orientierung und Zugehörigkeit erfahren. Es werden Ergebnisse einer eigenen empirischen Studie (N = 373 abhängig Beschäftigte in Deutschland und Österreich) vorgestellt, die einen positiven Einfluss des soziomoralischen Klimas auf das Sinnerleben sowie eine über das berufliche Sinnerleben vermittelte Hemmung emotionaler Erschöpfung nahelegen. Auch Erkenntnisse aus internationalen Forschungsüberblicken zur Ressourcenfunktion des spezifischen Ethikklimas in Hinblick auf weitere Gesundheitsindikatoren werden einbezogen.
Thomas Höge, Wolfgang G. Weber
20. Freiwilligenarbeit – psycho-soziale Ressource und sinngenerierende Tätigkeit
Zusammenfassung
Ausgehend von einem tätigkeitspsychologischen Standpunkt betrachtet dieser Beitrag die Verknüpfung zwischen Freiwilligenarbeit und Sinn aus zwei Perspektiven. Der erste Teil stellt das gesundheitsförderliche Potenzial der Freiwilligenarbeit als psychosoziale Ressource und die damit einhergehende Sinnstiftung in den Mittelpunkt. Daran anknüpfend befasst sich der zweite Teil mit einer Vergleichsstudie zum Sinnerleben bei der Erwerbs- und Freiwilligenarbeit am Beispiel der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr. Die Erkenntnisse der Studie zeigen, dass Freiwillige in diesem Tätigkeitsfeld eher Sinn generieren als Personen, die ausschließlich erwerbstätig sind. Die Forschung zur Freiwilligenarbeit leistet somit einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis von persönlichen und tätigkeitsbezogenen Sinn-Erfahrungen.
Anja Lehmann, Theo Wehner, Romualdo Ramos
21. Die Auswirkungen neuer Beschäftigungsformen auf das individuelle Sinnerleben – Eine Analyse am Beispiel des Freelancings
Zusammenfassung
Die zunehmende Komplexität und Dynamik technisch-ökonomischer Entwicklungen führt in vielen Unternehmen zu einer Flexibilisierung der Arbeit. Als Folge dessen weisen atypische Beschäftigungsformen, insbesondere das Freelancing, seit Jahren hohe Zuwachsraten auf. Inwieweit diese neuen Beschäftigungsformen einen Einfluss auf das individuelle Sinnerleben haben, ist bisher nicht betrachtet worden. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es daher, mögliche Auswirkungen neuer Beschäftigungsformen auf das Sinnerleben von Individuen am Beispiel von Freelancern zu analysieren. Dazu werden zunächst Grundlagen neuer Beschäftigungsformen dargestellt, bevor eine Verknüpfung von Freelancing und Sinnerleben erfolgt. Anschließend folgen eine Diskussion sowie ein kurzes Fazit. Insgesamt lässt sich festhalten, dass neue Beschäftigungsformen das Potenzial haben, über unterschiedliche Quellen und Mechanismen das Sinnerleben von Freelancern zu beeinflussen. Insbesondere das unternehmerische Selbst der Freelancer, unternehmensinterne und -externe Netzwerke sowie die Möglichkeit des Job Craftings stellen Chancen für das Sinnerleben in neuen Beschäftigungsformen dar. Werden diese Potenziale allerdings nicht genutzt, ist ein negativer Einfluss des Freelancings auf das Sinnerleben möglich.
Stefan Süß, Sascha Alexander Ruhle, René Schmoll
22. Überstunden für das Sinnerleben?
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird Sinnerleben als ein zentrales Ergebnis von Anerkennung betrachtet. Wird die geleistete Arbeit von anderen anerkannt, trägt das zum Sinnerleben der Beschäftigten bei und geht mit einer höheren Bereitschaft einher, Überstunden in diese Arbeit zu investieren. Wird der geleisteten Arbeit wenig Anerkennung entgegengebracht, beeinträchtigen Überstunden die Gesundheit deutlich. Neben der Anerkennung spielen auch die Gründe für Überstunden eine Rolle für die Gesundheit. Bisher wurden dabei vorwiegend unfreiwillige Überstunden (betriebliche Gründe) untersucht, weitere Gründe für Überstunden aber außer Acht gelassen. In diesem Kapitel werden drei Gründe beschrieben: Überstunden aufgrund von Spaß an der Arbeit, aufgrund betrieblicher Gründe und aufgrund des Arbeitspensums. Basierend auf den Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2015 wird untersucht, welche Rolle diese Gründe sowie die Anerkennung für geleistete Arbeit für den Zusammenhang von Überstunden mit Gesundheit, Work-Life-Balance und Zufriedenheit spielen. Die Ergebnisse zeigen, dass Überstunden aufgrund des Arbeitspensums aber auch aufgrund von Spaß an der Arbeit Bezüge zur interessierten Selbstgefährdung aufweisen.
Franziska Pundt, Susanne Gerstenberg
23. Die Auswirkungen von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit auf die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern
Zusammenfassung
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz stehen immer mehr im Fokus von Unternehmen. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Anstieg psychischer Erkrankungen zu beobachten; diese liegen bereits an vierter Stelle in der Statistik krankheitsbedingter Fehlzeiten. Psychische Gesundheit stellt für Arbeitszufriedenheit, Motivation und Leistungsfähigkeit eine wesentliche Voraussetzung dar. Unternehmen sind daher gefordert, psychische Belastungen zu reduzieren und Ressourcen zu stärken. Nach der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan erfahren Mitarbeiter und Führungskräfte ein hohes Wohlbefinden und erfülltes Sinnerleben bei der Arbeit, wenn die drei Grundbedürfnisse Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit erfüllt sind. Dieser Beitrag untersucht den Zusammenhang, der zwischen der Erfüllung der drei Grundbedürfnisse, einer guten Gesundheit sowie der Arbeitsfähigkeit besteht. Anhand eines Praxisbeispiels werden Maßnahmen aufgezeigt, die im Rahmen einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur und eines ganzheitlichen BGMs die drei psychologischen Grundbedürfnisse bedienen.
Laura Hüning, Sandra Böhm, Ulrike Fugli

Praxisbeispiele

Frontmatter
24. Ist eine sinnstiftende Organisation eine gesündere Organisation?
Zusammenfassung
Der folgende Beitrag befasst sich mit der Frage, mit welchen Besonderheiten kirchliche Arbeitgeber als sinnstiftende Organisationen konfrontiert sind, wie diese Besonderheiten im Organisationsalltag berücksichtigt werden können und welche Konsequenzen sich hieraus für die Gesundheit der Beschäftigten ergeben können. Geschildert werden zunächst kirchenspezifische Besonderheiten, die die Organisation in ihrer grundlegenden Verfasstheit bestimmen und den organisationalen Alltag prägen. Beispielhaft werden dann das Vorgehen und die Ergebnisse eines Gesundheitsförderungsprojekts berichtet. Darüber hinaus werden ausgewählte Ergebnisse der Mitarbeitendenbefragung zu Bindung und Gesundheit mit Werten aus anderen nichtkirchlichen Organisationen als Benchmarks verglichen. Der Beitrag zeigt, dass gesundheitsförderliche Effekte von Sinngebung und Sinnfindung zwar organisational unterstützt werden können, Sinnfindung aber letztlich immer auch vom einzelnen Individuum aktiv verantwortet und gestaltet werden muss.
Antje Ducki, Jörg Felfe, Manja Matthäi, Christian Stäblein, Julie Wiedemann
25. Vom guten Umgang mit ökologischen Sinnansprüchen von Beschäftigten – Herausforderungen für Unternehmen
Zusammenfassung
Die gesellschaftliche Legitimität von Unternehmen wird nicht zuletzt beeinflusst durch ihr Vermögen, ökologische Sinnansprüche von Beschäftigten anzuerkennen. In der neueren Forschung zur Bedeutung der Sinnhaftigkeit von Arbeit ist die ökologische Sinndimension bisher noch kaum untersucht. Dies gilt auch für die Frage, inwiefern die betriebliche Anerkennung oder Missachtung der ökologischen Sinnansprüche von Beschäftigten sich auf deren psycho-soziale Gesundheit auswirkt. Dieser Beitrag geht dieser Frage am Beispiel einer explorativen Fallstudie eines Umweltdienstleisters nach. Die Ergebnisse der betrieblichen Fallstudie verdeutlichen, dass selbst in Unternehmen, die auf eine ökologische Modernisierung setzen, gesundheitlich problematische Anerkennungsdefizite auf Seiten von Beschäftigten entstehen können, die aus der unzureichenden Anerkennung ihres ökologischen Arbeitsengagements in Verbindung mit überhöhten globalen Umweltzielen des Unternehmens herrühren. Eine stärkere Ausrichtung solcher Ziele an dezentralen Kontextbedingungen und eine erhöhte betriebliche Wertschätzung für den Erhalt und die Sicherung eines hohen ökologischen Leistungsniveaus erweisen sich demnach als förderlich für eine gesundheitssensible Anerkennung der ökologischen Sinnansprüche von Mitarbeitenden.
Guido Becke
26. Ressourcen stärken in der Altenpflege
Zusammenfassung
Beschäftigte in der Altenpflege erleben ihre Arbeit als bedeutsam und sinnvoll. Ungünstige Arbeitsbedingungen und mangelnde Mitarbeiterpartizipation wirken sich negativ auf Engagement und Motivation aus. Betriebliches Gesundheitsmanagement kann nicht die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der Pflegebranche lösen, jedoch Betriebe dazu befähigen, die Ressourcen ihrer Mitarbeitenden zu stärken, das Ausmaß gesunder Arbeit zu erweitern und damit das Sinnerleben ihrer Beschäftigten zu unterstützen. Der Beitrag referiert Erfahrungen und Erkenntnisse aus einem vierjährigen Projekt mit 20 ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen.
Christiane Perschke-Hartmann, Michael Drupp
27. Einblick: Spielraum geben und Sicherheit bieten – das Führungskonzept des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Landesverband Berlin e.V.
Zusammenfassung
Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin sind mehr als 760 Mitgliedsorganisationen versammelt. Ehemals ein streng hierarchischer Apparat, ist die Organisation heute ein Dienstleister mit flachen Hierarchien und kurzen Wegen. Mitarbeiter treffen eigenverantwortlich Entscheidungen, netzwerken in Projektgruppen. Sie tun etwas, weil sie es für sinnvoll halten, nicht, weil es ihnen jemand sagt. Dazu bietet der Verband die Sicherheiten einer stabilen Organisation. So zahlt er nach einem Haustarifvertrag und bezuschusst Sportkurse. Mit diesem Mix punktet er bei Mitarbeitern und Bewerbern gleichermaßen: Der Krankenstand ist unterdurchschnittlich und jüngere Menschen schreiben zunehmend Initiativbewerbungen.
Gabriele Schlimper, Ellis Huber
28. Einblick: Gesundheitsmanagement bei der Berliner Stadtreinigung (BSR)
Zusammenfassung
Die BSR, eines der größten kommunalen Unternehmen mit gesellschaftlichem Auftrag, stellt sich dem demografischen Wandel und geht auf Bedürfnisse der Beschäftigten ein. Jüngere Generationen wollen vermehrt auch einen Beitrag für die Gesellschaft leisten und setzen sich nachhaltige Ziele. Die Ergebnisse führen so zu einer höheren Zufriedenheit, als reine Profitinteressen es könnten. Die Mitarbeiter bleiben länger motiviert und gesund. Die BSR-Beschäftigten arbeiten an diesen Ergebnissen mit Stolz und tragen Sie gern nach außen.
Anke Brinkmann

Daten und Analysen

Frontmatter
29. Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2017
Zusammenfassung
Der folgende Beitrag liefert umfassende und differenzierte Daten zu den krankheitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2017. Datenbasis sind die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen der knapp 13,3 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitglieder in Deutschland. Ein einführendes Kapitel gibt zunächst einen Überblick über die allgemeine Krankenstandsentwicklung und wichtige Determinanten des Arbeitsunfähigkeitsgeschehens. Im Einzelnen werden u. a. die Verteilung der Arbeitsunfähigkeit, die Bedeutung von Kurz- und Langzeiterkrankungen und Arbeitsunfällen, regionale Unterschiede in den einzelnen Bundesländern sowie die Abhängigkeit des Krankenstandes von Faktoren wie Betriebsgröße und Beschäftigtenstruktur dargestellt. In 13 separaten Kapiteln wird dann detailliert die Krankenstandsentwicklung in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen beleuchtet.
Markus Meyer, Jenny Wenzel, Antje Schenkel
30. Die Arbeitsunfähigkeit in der Statistik der GKV
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag gibt anhand der Statistiken des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) einen Überblick über die Arbeitsunfähigkeitsdaten der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Zunächst werden die Arbeitsunfähigkeitsstatistiken der Krankenkassen und die Erfassung der Arbeitsunfähigkeit erläutert. Anschließend wird die Entwicklung der Fehlzeiten auf GKV-Ebene geschildert und Bezug auf die Unterschiede bei den Fehlzeiten zwischen den verschiedenen Kassen genommen. Zum Schluss sind Daten der Krankheitsartenstatistik 2016 enthalten.
Klaus Busch
31. Betriebliches Gesundheitsmanagement und krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Bundesverwaltung
Zusammenfassung
Auf der Grundlage eines Kabinettsbeschlusses werden seit 1997 die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten in der Bundesverwaltung erhoben und veröffentlicht. Der nachfolgende Beitrag umfasst den Erhebungszeitraum 2016 und basiert auf dem im Dezember 2017 veröffentlichten Gesundheitsförderungsbericht 2016. Als Schwerpunktthema des Berichts wurde die Entwicklung von Strukturen und Zielen für das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) gewählt. Damit wird die praxisorientierte Vertiefung des 2013 verabschiedeten Eckpunktepapiers zum betrieblichen Gesundheitsmanagement weitergeführt. Dauerhaftes Ziel ist es, die Gesundheit der Beschäftigten des Bundes für einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst langfristig zu erhalten und zu fördern. Grundlage hierfür bilden für den Betrieb passende organisatorische Strukturen sowie klare, transparente und mit allen Akteuren abgestimmte Ziele. Darüber hinaus werden die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten in der Bundesverwaltung dargestellt und analysiert.
Annette Schlipphak
32. Krankheitsbedingte Kosten in der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag fasst die Ergebnisse der Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes für das Berichtsjahr 2015 zusammen. Dabei liegt der Fokus auf den Kosten, die in der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter entstanden sind. Neben der Beschreibung der Methodik des Rechensystems werden die Kosten nach verschiedenen Aspekten analysiert. Es zeigt sich, dass bei den 15- bis 64-jährigen Männern und Frauen die höchsten Kosten durch Krankheiten des Verdauungssystems entstanden sind. Die geschlechtsspezifische Betrachtung lässt höhere Pro-Kopf-Kosten bei Frauen als bei Männern erkennen und je nach Alter und Geschlecht haben unterschiedliche Krankheiten das Kostengeschehen bestimmt.
Teresa Stahl
Backmatter
Metadaten
Titel
Fehlzeiten-Report 2018
herausgegeben von
Prof. Dr. Bernhard Badura
Prof. Dr. Antje Ducki
Helmut Schröder
Joachim Klose
Markus Meyer
Copyright-Jahr
2018
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-57388-4
Print ISBN
978-3-662-57387-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57388-4