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Erschienen in: Der Onkologe 10/2010

01.10.2010 | Leitthema

Kosten und Nutzen der Darmkrebsprävention

verfasst von: Prof. Dr. G. Neubauer, C. Minartz

Erschienen in: Die Onkologie | Ausgabe 10/2010

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Zusammenfassung

Die Darmkrebsprävention rettet Leben und ist darüber hinaus auch aus ökonomischen Gesichtspunkten positiv zu bewerten. Anhand eines Kosten-Nutzen-Vergleichs wird gezeigt, dass Krankenkassen durch Darmkrebsprävention und die damit verbundenen vermeidbaren Erkrankungen Einsparungen bei den Behandlungskosten erzielen können. Außerdem werden durch Darmkrebsprävention Produktionsausfälle bei Berufstätigen vermieden, wodurch diese Vorsorgemaßnahme auch für Betriebe Relevanz besitzt. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht die Früherkennungskoloskopie, die seit Oktober 2002 von allen gesetzlich Krankenversicherten ab 55 Jahren kostenfrei in Anspruch genommen werden kann. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass der monetär bewertete Nutzen dieser Präventionsmaßnahme – je nach unterstellter Effektivität im Hinblick auf die Krankheitsvermeidung – 4- bis 7-Mal so hoch ist wie die damit verbundenen Kosten. Im Durchschnitt verursacht ein durch Koloskopiescreening gewonnenes Lebensjahr Kosten in einer Bandbreite von 1380–2622 Euro. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Darmkrebsprävention nur effektiv ist, wenn sie von den Berechtigten auch genutzt wird. Deshalb gilt es, die Teilnahmeraten weiter zu steigern, um die positiven Nutzeneffekte für die Bevölkerung, die Krankenkassen und die Arbeitgeber zu realisieren.
Fußnoten
1
Zur Darmkrebsfrüherkennung eignet sich nicht nur die in Deutschland und in den USA bevorzugte „hohe Koloskopie“ (komplette Darmspiegelung), sondern auch die schnellere und günstigere Sigmoidoskopie. Im Rahmen einer randomisierten klinischen Studie konnte gezeigt werden, dass sich die Darmkrebsrate und Darmkrebsmortalität durch Sigmoidoskopien deutlich senken lässt (vgl. [1]).
 
2
Es ist bekannt, dass Subgruppen von Untersuchten mehr Nach- als Vorteile von einer Vorsorgekoloskopie haben können. Insbesondere bei älteren Menschen können Perforationen der Darmwand als seltene, aber lebensgefährliche Komplikation der Darmspiegelung auftreten (vgl. [5]).
 
3
Die Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt mit steigendem Alter zu. Als Näherung ziehen wir für unsere Berechnungen den Wert 6% heran. Dabei konzentrieren wir uns auf asymptomatische Patienten, d. h., Risikopatienten aufgrund von familiären Vorerkrankungen fließen nicht gesondert in die Berechnung ein.
 
4
Die Effektivität der Darmkrebsfrüherkennung hängt in hohem Maße von der Sorgfalt ab, mit der die Koloskopie durchgeführt wird. Barclay et al. zeigen im Rahmen einer Studie, dass nahezu eine lineare Abhängigkeit von der Untersuchungszeit und der Zahl der gefundenen und entfernten Polypen, den Vorläuferläsionen des Kolorektalkarzinoms, besteht. Die „miss-rate“ lag bei 6–12% für Adenome mit einer Größe von mehr als 1 cm und bei 12–25% für kleinere Adenome (vgl. [2]).
 
5
Schätzung von Herrn Dr. W. Ingenhag, BKK-Bundesverband.
 
6
Grundlage der Berechnung ist das Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 2.492 Mrd. Euro und die durchschnittliche Anzahl der Erwerbstätigen in Höhe von 40,22 Mio. im Jahr 2008 (vgl. www.destatis.de).
 
7
Aus Vereinfachungsgründen unterstellen wir bei der Abschätzung der Ausfalltage aufgrund von Darmkrebs, dass alle Erkrankten geheilt werden können und unmittelbar nach der Rekonvaleszenzzeit dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehen.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Kosten und Nutzen der Darmkrebsprävention
verfasst von
Prof. Dr. G. Neubauer
C. Minartz
Publikationsdatum
01.10.2010
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Die Onkologie / Ausgabe 10/2010
Print ISSN: 2731-7226
Elektronische ISSN: 2731-7234
DOI
https://doi.org/10.1007/s00761-010-1905-8

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