Erschienen in:
04.08.2017 | Originalarbeit
Determinanten des Anzeigeverhaltens nach Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
verfasst von:
Dipl.-Psych. Dr. Angelika Treibel, Prof. Dr. Dieter Dölling, Prof. Dr. Dieter Hermann
Erschienen in:
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
|
Ausgabe 4/2017
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zählen zu den Deliktgruppen mit dem größten Dunkelfeld. Die Strafverfolgung dieser Delikte ist jedoch ein wesentlicher Aspekt der gesamtgesellschaftlichen Bewältigung dieses Problems, weshalb eine Erhöhung der Anzeigebereitschaft angestrebt wird. Sexuelle Grenzverletzungen bergen ein hohes Belastungs- und Traumatisierungsrisiko für die Betroffenen. Systematische Untersuchungen der Faktoren, die darüber entscheiden, ob Betroffene Anzeige erstatten oder nicht, sind dünn gesät. Zielsetzung der Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde, war es, diese Determinanten des Anzeigeverhaltens zu ermitteln. Weiter sollte erhoben werden, welche Rolle eine Strafanzeige im Bewältigungsprozess der Betroffenen spielt. Die Studie besteht aus einem qualitativen und einem quantitativen Teil, in denen Betroffene im Hell- und Dunkelfeld befragt wurden. In der qualitativen Teilstudie wurden n = 31 Interviews geführt. Auf der Grundlage der Interviews wurden Hypothesen formuliert, die mittels einer Online-Befragung mit n = 1406 Teilnehmenden geprüft wurden. Es zeigte sich, dass eine Anzeige wahrscheinlicher ist, wenn die Tat von Betroffenen als „Unrecht“ erkannt wird, wenn Betroffene sich früh nach der Tat jemandem anvertrauen, wenn Beweise für die Tat vorliegen und wenn Betroffene positive Erwartungen an das Strafverfahren haben. Auch das soziale Umfeld der Betroffenen hat einen bedeutsamen Einfluss. Ein Zusammenhang von Anzeigeverhalten und Bewältigung zeigte sich in den Daten nicht.