Erschienen in:
01.11.2007 | Medizin aktuell
Übelkeit und Erbrechen in der postoperativen Phase
Experten- und evidenzbasierte Empfehlungen zu Prophylaxe und Therapie
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 11/2007
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Zusammenfassung
Bislang existieren für den deutschen Sprachraum keine expertenbasierten Handlungsempfehlungen zur Vermeidung oder Therapie von „postoperative nausea and vomiting“ (postoperative Übelkeit und Erbrechen, PONV). Ziel war daher die Entwicklung von Empfehlungen, aus denen im klinikspezifischen Kontext „standard operating procedures“ (SOPs) abgeleitet werden können. Ein anästhesiologisch besetztes Expertengremium bearbeitete relevante Schlüsselthemen in Arbeitsgruppen, die anschließend im Plenum diskutiert wurden. Die Empfehlungen sollten sich auf Erkenntnisse stützen, zu denen umfassende und vertrauenswürdige Daten vorliegen. Einzelne Risikofaktoren, wie z. B. die Anamnese des Patienten, besitzen, isoliert betrachtet, keine ausreichende Sensitivität und Spezifität, um anhand dessen klinisch rationale Entscheidungen zu treffen. Im Gegensatz dazu berücksichtigen vereinfachte Risikoscores mehrere Faktoren und ermöglichen folglich eine zuverlässigere Risikoeinschätzung. Einzelne antiemetische Interventionen zur Vermeidung von PONV sind mit einer relativen Risikoreduktion von ca. 30% im Allgemeinen vergleichbar effektiv. Dieses scheint für die total intravenöse Anästhesie (TIVA) ebenso wie für Dexamethason und andere Antiemetika (Dimenhydrinat, Droperidol, Serotoninantagonisten, transdermales Scopolamin) zu gelten. Eine adäquate, hinreichend hohe Dosierung ist dabei Voraussetzung, die bei Kindern natürlich gewichtsadaptiert erfolgen sollte. Während die relative Risikoreduktion weitgehend unabhängig vom Kontext ist, sind die absolute Risikoreduktion und somit die „number needed totreat“ (NNT) einer Prophylaxe vor allem vom Patientenrisiko abhängig. Bei einem niedrigen Risiko erscheint eine Prophylaxe nicht sinnvoll. Bei mittlerem Risiko sollte eine Prophylaxe nicht vorenthalten werden. Ein hohes Risiko erfordert ein multimodales Vorgehen, das im Einzelfall angepasst werden sollte (medizinisches Risiko, Patientenpräferenz). Die Therapie von PONV sollte prompt, vorzugsweise mit zuvor noch nicht verwendeten Antiemetika erfolgen. Das Gremium schlägt Algorithmen vor, bei denen die Indikation und das Ausmaß einer Prophylaxe vor allem vom Patientenrisiko abhängig sind. Unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten sollten diese eine evidenzbasierte Erstellung von SOPs erleichtern.