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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 24.11.2014

Tubuläre Störungen

Verfasst von: Christine Kurschat und Thomas Benzing
Tubuläre Störungen der Niere sind vielfältig und betreffen den proximalen und distalen Tubulus, die Henle-Schleife und das Sammelrohrsystem (Chadha u. Alon, 2009). Je nach Ort der tubulären Störung treten unterschiedliche Befunde und Symptome durch die Erkrankung auf. Die verschiedenen genetischen tubulären Erkrankungen sind extrem vielfältig und reichen von Störungen des Säure-Basen-Haushalts über Elektrolytverlustsyndrome und chronische Hypokaliämien bis hin zu familiären Hypomagnesiämien, Phosphatverlust und Rachitis oder Kalziumstoffwechselstörungen (Lang et al. 2005).

Definition

Eine globale Störung der Transportvorgänge im proximalen Tubulus, der v. a. der Reabsorption von Elektrolyten, Glucose, Galaktose, Aminosäuren, niedermolekularen Proteinen und Bicarbonat dient, wird als Fanconi-Syndrom bezeichnet (Sirac et al. 2011). Dieses tritt angeboren oder erworben auf. Zusätzlich sind isolierte Defekte im proximalen Tubulus bekannt. Im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife wird Natrium, Kalium und Chlorid reabsorbiert (Abb. 1). Hier sind mehrere Transportproteine, insbesondere der apikale Na+/K+/2Cl-Cotransporter NKCC2, der apikale medulläre Kaliumkanal ROMK und der basolaterale Chloridkanal ClC-Kb beteiligt. NKCC2 wird durch das Schleifendiuretikum Furosemid gehemmt und hat daher eine wichtige klinische Bedeutung. Ein Defekt im NKCC2, im ROMK oder auch im basolateralen Chloridkanal ist für das Bartter-Syndrom verantwortlich (Seyberth u. Schlingmann 2011). Im distalen Tubulus wird Natrium durch den Na+/Cl-Cotransporter NCCT rückresorbiert (Abb. 2). Dieser Transporter wird durch Thiaziddiuretika gehemmt. Ist das Gen für den NCCT mutiert, kommt es zu einem Gitelman-Syndrom (Seyberth u. Schlingmann 2011). Im Sammelrohr wird in den Hauptzellen („principal cells“) Natrium aldosteronabhängig über den epithelialen Natriumkanal ENaC rückresorbiert sowie Kalium und H+-Ionen sezerniert (Abb. 3). Wichtige Störungen sind das Liddle-Syndrom, der Pseudohypoaldosteronismus Typ I und Typ II, der 21-Hydroxylasemangel und der 11β-Hydroxysteroiddehydrogenasemangel. Aldosteron wird direkt durch Spironolacton gehemmt. Das Liddle-Syndrom und vergleichbare Störungen zeichnen sich dabei zusätzlich durch eine schwere Hypertonie aus. Eine übersicht der monogenetischen Defekte des Natrium-Wasser-Haushalts ist im Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Monogenetische Defekte des Natrium-Wasser-Haushalts
Syndrom
Vererbung
Genlokalisation
Betroffenes Gen
Neonatales Bartter-Syndrom
AR
15q
Na+/K+/2Cl-Cotransporter
AR
11q
NKCC2
Renaler Kaliumkanal ROMK
Klassisches Bartter-Syndrom
AR
1p
Renaler Chloridkanal CLC-Kb
Bartter-Syndrom mit Taubheit
AR
1p
β-Untereinheit des ClC-Kb Barttin
Gitelman-Syndrom
AR
16q
Na+/Cl-Cotransporter NCCT
Liddle-Syndrom
AD
16p
Epithelialer Natriumkanal ENaC
„Apparent mineralocorticoid excess“ AME
AR
16q
11-β-Hydroxysteroiddehydrogenase Typ 2 (11β-HSD2)
11ß-Hydroxylasemangel
AR
8q
11 β-Hydroxylase
Glucocorticoid remediable aldosteronism GRA
AD
8q
Fusion von ACTH-Promotor und Aldosteronsynthase-Gen CYP11B2
Pseudohypoaldosteronismus Typ I
AD
4p
Mineralokortikoidrezeptor (MR)
AR
12p, 16p
Epithelialer Natriumkanal ENaC
21-Hydroxylasemangel
AR
6p
21-Hydroxylase
Aldosteronsynthasemangel
AR
8q
Aldosteronsynthase CYP11B2
17α-Hydroxylasemangel
AR
10q
17α-Hydroxylase
Gordon-Syndrom
AD
12p
WNK1
17q
WNK4
1q
Bisher nicht identifiziert
Nephrogener Diabetes insipidus
X-chromosomal
Xq
AVP-Rezeptor 2
AR
12q
Aquaporin 2 (AQP2)

Pathophysiologie

Defekte des tubulären Salztransports können unterschiedliche Syndrome verursachen. Die Kombination aus Hypokaliämie (erhöhtes Natriumangebot im Tubuluslumen fördert den Kaliumverlust) und normalem oder niedrigem Blutdruck findet sich z. B. bei Bartter- und Gitelman-Syndrom. Dagegen findet sich die Hypokaliämie mit hohem Blutdruck beim Liddle-Syndrom, dem scheinbaren Mineralokortikoidüberschuss („apparent mineralocorticoid excess“, AME, Ulick-Syndrom), bei adrenalem 17α-Hydroxylasemangel, 11β-Hydroxylasemangel oder familiärem Hyperaldosteronismus Typ I („glucocorticoid remediable aldosteronism“, GRA). Andere Defekte erzeugen eine Hyperkaliämie und normalen Blutdruck (Pseudohypoaldosteronismus – PHA, adrenaler 21-Hydroxylasemangel, Aldosteronsynthasemangel) oder eine Hyperkaliämie mit hohem Blutdruck (Gordon-Syndrom). Diese Erkrankungen sind entweder durch Mutationen von Transportproteinen im Tubulussystem oder durch Defekte der Steroidhormonsynthese der Nebennierenrinde bedingt. Die zugrunde liegende Pathophysiologie ist in der Regel äußerst komplex und nicht in allen Fällen komplett verstanden.
Der nephrogene Diabetes insipidus (NDI), ein Defekt der Rückresorption von freiem Wasser im Sammelrohr, ist durch eine Mutation im Gen des Arginin-Vasopressin-Rezeptors AVPR2 verursacht. In seltenen Fällen liegt eine Mutation im Gen für Aquaporin 2 (AQP2) vor.
Das Fanconi-Syndrom, eine Transportstörung im proximalen Tubulus, kann angeboren oder erworben vorkommen. Es können alle Transportvorgänge betroffen sein, insbesondere die Rückresorption von Glucose, Aminosäuren, Kalium, Phosphat und Bicarbonat. Daher treten eine Hypokaliämie, Hypophosphatämie, Glukosurie, Hyperaminoacidurie und eine metabolische Acidose auf. Aufgrund der osmotischen Diurese kann es auch zu einer Polyurie und Polydipsie kommen. Neben genetischen Ursachen sind erworbene Schädigungen, z. B. durch Cisplatin, Ifosfamid, Gentamycin, Azathioprin, Ranitidin, Schwermetallvergiftung, chinesische Kräuter oder durch Erkrankungen wie das multiple Myelom, Sjögren-Syndrom, Leichkettenproteinurie, Amyloidose, nephrotisches Syndrom oder nach Nierentransplantation nicht selten.
Die Transportdefekte treten auch isoliert auf und sind dann meist hereditär bedingt (Zystinose, M. Wilson, Lowe-Syndrom, Glykogenose, Hartnup-Syndrom, hereditäre Fruktoseintoleranz, Tyrosinämie).

Epidemiologie

Exakte Daten zur Inzidenz und Prävalenz liegen nicht für alle Erkrankungen vor. Das Bartter-Syndrom tritt in ca 9:1.000.000 auf, das Gitelman-Syndrom in 2:100.000. Das Liddle-Syndrom ist mit <1:1.000.000 sehr selten, ebenso der AME und GRA. Der GRA stellt aber die häufigste monogenetische Ursache einer Hypertonie dar. Der Pseudohypoaldosteronismus Typ I und Typ II (Gordon-Syndrom) kommen in <1:1.000.000 vor, der 21-Hydroxylasemangel in 9:100.000, der nephrogene Diabetes insipidus in 9:1.000.000.
Eine hereditäre Glukosurie kommt in 1:20.000 vor. Die Inzidenz der Zystinurie liegt bei 1:20.000, der Hartnup-Erkrankung bei 1:24.000. Eine Zystinose findet man bei 1:200.000 Neugeborenen, die Galaktosämie bei 1:62.000, die hereditäre Fruktoseintoleranz bei 1:20.000 und einen Morbus Wilson bei 1:30.000.

Klinik, Diagnostik und Therapie

Defekte des Natriumtransports mit Hypokaliämie und normalem Blutdruck

Bartter-Syndrom

Unter einem Bartter-Syndrom werden Störungen der Transportproteine im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife zusammengefasst. Klinisch manifestiert es sich mit schwerer Hypokaliämie, metabolischer Alkalose und niedrig-normalem Blutdruck und tritt bereits perinatal oder in der Kindheit auf. Es wird durch eine Dysfunktion der Transportproteine NKCC2 (Bartter-Syndrom Typ I), ROMK (Typ II), ClC-Kb (Typ III) und Barttin (Typ IV) hervorgerufen. Typ I, II und IV verlaufen schwerer und manifestieren sich früher als Typ III. Durch die gestörte NaCl-Resorption im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife kommt es zu einem vermehrten Salzangebot im distalen Nephron. Die gesteigerte Rückresorption von NaCl in diesem Nephronabschnitt ist mit einer erhöhten Sekretion von K+ und H+ und einer konsekutiven Hypokaliämie und metabolischen Alkalose verbunden. Der NaCl-Verlust führt zu einer Volumenkontraktion, niedrig normalem Blutdruck und einem sekundären Hyperaldosteronismus. Die Prostaglandin-E2-Produktion wird durch erhöhte Angiotensin-II-Spiegel stimuliert. Das Bartter-Syndrom kann mit einer Nephrokalzinose assoziiert sein. Die Hyperkalziurie entsteht durch die reduzierte Cl-Absorption in der Henle-Schleife, wodurch die parazelluläre Ca2+-Resorption ebenfalls gestört ist. Bei Barttin-Mutationen kommt es zusätzlich zu Taubheit, denn für die Endolymphproduktion ist der Barttin-abhängige Chloridtransport essenziell. Klinisch manifestiert sich das schwer verlaufende Bartter-Syndrom bereits perinatal mit Hypokaliämie, schwerer metabolischer Alkalose, Erbrechen, Wachstumsverzögerung, Polyurie, Hyperkalziurie und hoher Urinchloridkonzentration. Auch ein Polyhydramnion und Frühgeburtlichkeit treten auf. Eine Nephrokalzinose entwickelt sich erst im Verlauf. Das klassische Bartter-Syndrom tritt erst mit 2–5 Jahren auf und geht meist mit rezidivierendem Erbrechen, Dehydratation, Polyurie und Fieber einher. Der Blutdruck ist meist niedrig, und eine Nephrokalzinose fehlt. Ist die Diagnose schwierig, kann die genetische Testung weiterhelfen. Unbehandelt können die Kinder an Elektrolytstörungen und Dehydratation versterben. Therapeutisch wird daher in der Neonatalperiode Natriumchlorid sowie Kaliumchlorid substituiert und ggf. zusätzlich Spironolacton und Triamteren verabreicht. Ein ausgeglichenes Serummagnesium sollte angestrebt werden. Die Behandlung mit Prostaglandinsynthese-Inhibitoren ist oft erfolgreich, denn dadurch wird die kortikale Perfusion reduziert und der Effekt von Prostaglandinen auf die Tubuluszellen gehemmt. Es kommt zu einem Rückgang von Hypokaliämie, Hyperaldosteronismus, Polyurie und Wachstumsretardierung. Im Verlauf der Erkrankung kann sich eine chronische tubulointerstitielle Nephropathie, bedingt durch Hypokaliämie, Hyperkalziurie und Nephrokalzinose, entwickeln, die zu einer zunehmenden Niereninsuffizienz führt.

Gitelman-Syndrom

Das Gitelman-Syndrom wird autosomal rezessiv vererbt und ist ebenfalls durch eine metabolische Alkalose, Hypokaliämie und normalen Blutdruck, aber, im Gegensatz zum Bartter-Syndrom, durch eine Hypokalziurie und Hypomagnesiämie gekennzeichnet. Es entsteht durch eine inaktivierende Mutation im Gen des NCCT, des thiazidsensitiven Na+/Cl-Cotransporters im distalen Tubulus und gleicht daher den Symptomen einer chronischen Thiazidmedikation. Der Natrium- und Chloridverlust im distalen Tubulus führt zu einer verstärkten Natriumrückresorption im Sammelrohr und wird dort durch eine erhöhte Kalium- und H+-Ionen-Sekretion ausgeglichen, durch die es zu einer hypokaliämischen metabolischen Alkalose kommt. Die Hypokalziurie ist durch das verminderte Plasmavolumen, die Hypomagnesiämie durch eine verringerte Expression des epithelialen Magnesiumkanals Trpm6 bedingt. Patienten mit Gitelman-Syndrom berichten über Muskelschwäche und generalisierte Schwäche. Trotz der deutlichen Hypokaliämie kommt es nur selten zu Herzrhythmusstörungen. In höherem Lebensalter kann es zu einer Chondrokalzinose der Knie kommen. Die Diagnose eines Gitelman-Syndroms wird durch die charakteristischen Elektrolytverschiebungen gestellt: schwere Hypokaliämie, mäßige Hypomagnesiämie, Hypokalziurie, hohe Urinchloridkonzentration und fehlende Thiazidwirkung in Bezug auf die Chloridausscheidung im Urin nach Gabe von Thiaziden. Der Blutdruck ist meist niedrig-normal. Genetische Testungen sollten nur in unklaren Fällen durchgeführt werden. Therapeutisch wird Kalium substituiert, ebenfalls sollte Magnesium substituiert werden. Die Dosierung wird oft durch Diarrhoe oder abdominelle Krämpfe limitiert.

Defekte des Natriumtransports mit Hypokaliämie und hohem Blutdruck

Liddle-Syndrom (Pseudohypoaldosteronismus)

Beim Liddle-Syndrom besteht eine arterielle Hypertonie und eine Hypokaliämie.Es wird autosomal dominant vererbt. Die Patienten zeigen dieselben Symptome wie Patienten mit primärem Hyperaldosteronismus, allerdings sind die Spiegel von Renin und Aldosteron supprimiert, und eine Antwort auf Spironolacton fehlt. Das Liddle-Syndrom wird durch Mutationen in der β- oder γ-Untereinheit des epithelialen Natriumkanals ENaC verursacht, die zu einer verminderten NEDD4-abhängigen Degradation von ENaC durch Ubiquitinylierung führen. Dadurch kommt es zu einem verlängerten Aufenthalt von ENaC in der Plasmamembran, der eine verstärkte Natriumrückresorption, Hypertonie und hypokaliämische metabolische Alkalose hervorruft. Die Therapie besteht in einer Natriumrestriktion und der Gabe von Kalium. Triamteren und Amilorid inhibieren direkt die apikalen Na+-Kanäle und führen zu einer erhöhten Natriumausscheidung, verminderten Kaliumexkretion und zu einer Normotonie. Patienten müssen lebenslang therapiert werden.

Scheinbarer Mineralokortikoidüberschuss („apparent mineralocorticoid excess“, AME, Ulick-Syndrom)

Der AME wird durch Mutationen im Gen für die renal und plazentar exprimierte Isoform II der 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 2 (11β-HSD2) hervorgerufen. Die klinischen Symptome ähneln denen des Liddle-Syndroms. Das Enzym 11β-HSD2 metabolisiert in der Zelle Kortisol zu Kortison. Kortisol ist ebenfalls ein Ligand des Mineralokortikoidrezeptors (MR) und liegt in 1000fach höherer Konzentration im Vergleich zu Aldosteron in der Zelle vor. Fehlt die 11β-HSD2-Aktivität, wird Kortisol nicht metabolisiert, bindet statt Aldosteron an den MR und führt zu einer starken Natriumretention. Lakritz und Carbenoxolon sind starke Inhibitoren der 11β-HSD2, daher ähnelt der Verzehr von Lakritz einem AME. Die Reduktion der plazentaren 11β-HSD2-Aktivität hängt vermutlich damit zusammen, dass das Geburtsgewicht der Kinder von Patientinnen mit AME oft niedrig ist. Die Diagnose des AME wird durch die Bestimmung erhöhter Urinspiegel hydrogenierter Kortisolmetabolite (Tetrahydrokortisol und Allotetrahydrokortisol) im Vergleich zu Kortison (Tetrahydrokortison) gestellt. Die Ratio von freiem Urinkortisol zu Kortison ist ebenfalls erhöht. Therapeutisch werden die Patienten mit 0,75–5 mg Dexamethason/Tag behandelt, da dies die körpereigene Kortisolsekretion supprimiert. Spironolacton oder Amilorid und Triamteren sind ebenfalls wirksam.

Adrenaler 17α-Hydroxylasemangel oder 11β-Hydroxylasemangel

Beide Enzymdefekte führen zu Symptomen eines Hyperaldosteronismus trotz niedriger Aldosteronspiegel. Beim 17α-Hydroxylasemangel ist die Synthese von Kortisol und Androgenen vermindert und die ACTH-Sekretion gesteigert. Patienten haben eine Hypertonie, Hypokaliämie und metabolische Alkalose. Beim 11β-Hydroxylasemangel ist die Kortisolsynthese reduziert, aber die Androgensynthese stark gesteigert. Symptome sind eine Hypertonie, eine variable Hypokaliämie sowie hohe Tetrahydro-11-Deoxykortisolspiegel im Urin. Behandelt wird mit Glukokortikoiden.

Familiärer Hyperaldosteronismus Typ I („glucocorticoid remediable aldosteronism“, GRA)

Der familiäre Hyperaldosteronismus Typ I ist die häufigste monogenetische Hypertonieform und wird autosomal dominant vererbt. Klinisch zeigen die Patienten alle Symptome eines primären Hyperaldosteronismus, die Hypertonie tritt meist früh auf. Genetisch kommt es durch einen meiotischen Crossover zu einer Fusion des ACTH-Genpromotors mit der Coding-Sequenz des Aldosteronsynthase-Gens. Die Diagnose ist schwierig, da Patienten oft als essenzielle Hypertoniker klassifiziert werden. Besteht bei supprimiertem Renin und fehlendem Ansprechen auf Antihypertensiva der Verdacht auf einen GRA, sollte die Urinexkretion von 18-Hydroxykortisol und 18-Oxokortisol bestimmt werden. Ebenfalls kann eine genetische Diagnostik durchgeführt werden. Diagnostisch führen niedrige Steroiddosen, z. B. 0,5 mg Dexamethason alle 6 h über 2 Tage, zu einer Suppression von Aldosteron in den nicht messbaren Bereich. Therapeutisch werden die Patienten mit 0,125–0,25 mg Dexamethason oder 2,5–5 mg Prednisolon zur Nacht behandelt. Dadurch wird der Blutdruck normalisiert.

Defekte des Natriumtransports mit Hyperkaliämie und normalem Blutdruck

Pseudohypoaldosteronismus Typ I (PHA)

Meist autosomal-dominant vererbt besteht eine Aldosteronresistenz im Tubulussystem. Genetisch liegen entweder Mutationen im Mineralokortikoidrezeptor-Gen, die zu einem Funktionsverlust des MR führen, oder inaktivierende Mutationen in der α-, β- oder γ-Untereinheit des ENaC zugrunde. Klinisch liegt ein Salzverlustsyndrom mit Wachstumsretardierung vor.

Adrenaler 21-Hydroxylasemangel

Dieser autosomal rezessiv vererbte Defekt ist als Salzverlustsyndrom (häufiger) oder als virilisierende Form bekannt. Bei der virilisierenden Form kommt es bei Mädchen zu genitalen Fehlbildungen. Eine pränatale Diagnostik ist verfügbar. Therapeutisch werden Hydrokortison und Fludrokortison eingesetzt.

Aldosteronsynthasemangel

Dieser seltene isolierte Defekt der Aldosteronsynthese führt zu Hyperkaliämie, Hyponatriämie und metabolischer Acidose bei normalem Blutdruck. Kortisolspiegel im Serum sind normal. Therapeutisch wird Fludrokortison eingesetzt.

Defekte des Natriumtransports mit Hyperkaliämie und hohem Blutdruck

Gordon-Syndrom (Pseudohypoaldosteronismus Typ 2)

Das Gordon-Syndrom präsentiert sich klinisch als Gegenstück des Gitelman-Syndroms. Eine Hypertonie, Hyperkaliämie und leichte hyperchlorämische metabolische Acidose sind charakteristisch. Es wird autosomal dominant vererbt. Bisher konnten zwei Gendefekte identifiziert werden: WNK1 und WNK4. Beide Gene gehören zur Familie der „with-no-lysine“-Kinasen (WNK) und werden sowohl im distalen Tubulus als auch in den Sammelrohren exprimiert. WNK4 ist ein negativer Regulator des thiazidsensitiven Na+/Cl-Cotransporters NCCT und reduziert dessen Anzahl an der Zelloberfläche. Ebenfalls ist WNK4 an der Herunterregulierung von ROMK beteiligt. Durch einen Funktionsverlust von WNK4 sind NCCT und ROMK überaktiv, und es kommt zu Natrium- und Kaliumretention. WNK1 verhindert die Interaktion von WNK4 mit NCCT. Beim Gordon-Syndrom liegen hyperaktive Mutationen im Gen für WNK1 vor, durch die ihrerseits die Funktion von WNK4 reduziert wird. Klinisch fällt eine Hyperkaliämie auf, die bereits bei Geburt manifest werden kann. Eine Hypertonie entwickelt sich meist erst später, Aldosteron und Renin sind reduziert. Die Therapie der Wahl sind Thiazide, die die NCCT-Funktion hemmen und zu einer vollständigen Rückbildung der Symptome führen.

Transportstörungen im proximalen Tubulus

Aufgrund der komplexen Transportvorgänge im proximalen Tubulussystem sind zahlreiche Transportdefekte bekannt.

Fanconi-Syndrom

Das Fanconi-Syndrom beschreibt eine globale Dysfunktion des proximalen Tubulus. Dementsprechend besteht eine gesteigerte Ausscheidung von Aminosäuren, Glucose, Phosphat, Bicarbonat und Elektrolyten. Klinisch zeigen sich eine Hyponatriämie, Hypokaliämie, metabolische Acidose, Dehydratation, Osteomalazie, Rachitis und Wachstumsretardierung. Die Aminoacidurie wird ebenfalls wie die Glukosurie kompensiert. Die verminderte Phosphatreabsorption führt zur Hypophosphatämie, die bei gleichzeitig erhöhtem Parathormon und erniedrigten 1,25-Dihydroxyvitamin-D-Spiegeln zu einer schweren Knochenerkrankung führen kann. Der Bicarbonatverlust ruft eine hyperchlorämische metabolische Acidose hervor. Die Hyponatriämie und Hypokaliämie kann lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Bei jungen Patienten kommen eine Polyurie und Polydipsie sowie häufige Episoden von Dehydratation vor. Therapeutisch sollte nach der zugrunde liegenden Ursache gefahndet werden. Ebenfalls sollten Elektrolytverluste und Bicarbonatverluste ausgeglichen werden. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell. Oft wird, v. a. bei Knochenerkrankung, zusätzlich Kalzitriol verabreicht.
Erworbenes Fanconi-Syndrom
Ein Fanconi-Syndrom kann z. B. durch Medikamente (z. B. Cisplatin, Ifosfamid, Gentamycin, Ranitidin, Azathioprin, Valproinsäure), Dysproteinämie (Multiples Myelom, Leichtkettenerkrankung, Amyloidose, Sjögren-Syndrom, Bence-Jones-Proteinurie), glomeruläre Erkrankungen (fokal-segmentale Glomerulosklerose, nephrotisches Syndrom), akute Tubulusnekrose, Nierentransplantation, chinesische Kräuter (Aristolochia) oder eine Schwermetallvergiftung (Blei, Kadmium) ausgelöst werden.
Hereditäres Fanconi-Syndrom
Das hereditäre Fanconi-Syndrom kommt bei folgenden Erkrankungen vor:
  • Zystinose: Der Defekt liegt im Gen CTNS, das für Cystinosin kodiert und den lysosomalen Cystintransport reguliert. Es kommt zu einer hauptsächlich lysosomalen Ablagerung von Cystin. Die häufigste Form ist die kindliche Zystinose, die u. a. mit Hornhautablagerungen und einer fortschreitenden Niereninsuffizienz assoziiert ist. Therapeutisch wird Cysteamin eingesetzt.
  • Galaktosämie: Bei der autosomal rezessiv vererbten Galaktosämie liegt eine Defizienz des Enzyms Galactose-1-Phosphat-Uridyltransferase vor. Es kommt zu einer intrazellulären Akkumulation von Galactose-1-Phosphat und zu Schäden der Leber, des Gehirns, des proximalen Tubulus, der Ovarien und der Linse. Weniger häufig kann auch ein Defekt der Galaktokinase auftreten. Durch die Aufnahme von Milch, der häufigsten Galaktosequelle, kommt es zu Erbrechen, Diarrhoe, Ikterus, Hepatomegalie und Leberzirrhose. Eine mentale Retardierung kann schon wenige Monate nach der Geburt eintreten. Therapeutisch muss die Aufnahme von Galaktose gestoppt werden.
  • Hereditäre Fructoseintoleranz: Mit einer Inzidenz von 1:20.000 ist sie durch eine Mutation im Gen, das für die B-Isoform der Fructose-1-Phosphataldolase kodiert, hervorgerufen. Erste Symptome beginnen mit dem Abstillen als Übelkeit und Erbrechen Sowie Hypoglykämien bis hin zu Krampfanfällen und Koma. Therapeutisch müssen Fruktose und Saccharose strikt gemieden werden.
  • Glykogenose: Es liegt eine reduzierte Aktivität des basolateralen Glucosetransporters GLUT2 im proximalen Tubulus vor. Neben einer massiven Glykogenspeicherung in der Leber steht das Fanconi-Syndrom klinisch im Vordergrund.
  • Tyrosinämie: Ein Defekt der Fumarylacetoacetathydrolase führt klinisch zu einer frühen Leberzirrhose, zu hepatozellulären Karzinomen und zu schmerzhafter peripherer Neuropathie. Phenylalanin und Tyrosin müssen gemieden werden.
  • Morbus Wilson: Diese Erkrankung des Kupferstoffwechsels betrifft 1 von 30.000 Menschen und wird durch einen Defekt der kupfertransportierenden P-Typ-ATPase ATP7B in der Leber hervorgerufen. Es kommt zu einer direkten Schädigung der proximalen Tubuluszellen durch Kupfereinlagerung. Durch eine Behandlung mit D-Penicillamin sind die Nierenschäden meist reversibel.
  • Lowe-Syndrom (okulozerebrorenales Syndrom): Das X-chromosomal vererbte Lowe-Syndrom ist durch kongenitale Katarakte und Glaukome, schwere mentale Retardierung, Hypotonie, reduzierte Reflexe und Nierenfehlbildungen gekennzeichnet. Es liegt eine Mutation im Gen einer Golgi-Komplex-assoziierten Phosphatase vor. Dem initial vorhandenen Fanconi-Syndrom folgt eine fortschreitende Niereninsuffizienz, die in der 4. bis 5. Dekade zur Dialysepflichtigkeit führt.
  • Morbus Dent: Charakteristisch sind eine Proteinurie, Hyperkalziurie, Nephrokalzinose und Rachitis. Morbus Dent wird X-chromosomal vererbt und durch einen Defekt des Chloridkanals ClC-5 hervorgerufen. Bei Männern findet man zusätzlich eine Aminoazidurie, Phosphaturie und Glukosurie. Im späten Kindesalter entwickelt sich ein Nierenversagen.
  • Mitochondriale Cytopathien können ebenfalls zu einem Fanconi-Syndrom führen.

Aminoazidurien

  • Zystinurie: Sie wird autosomal rezessiv mit einer Inzidenz von 1:20.000 vererbt und kann sowohl das Gen SLC3A1 als auch SLC7A9 betreffen. Cystin, Ornithin, Lysin und Arginin werden vermehrt ausgeschieden. Es kann zu Steinbildungen kommen. Daher sollte die tägliche Trinkmenge 3–4 l betragen, ebenfalls kann D-Penicillamin oder α-Mercaptopropionylglycin eingesetzt werden. Eine Harnalkalisierung ist sinnvoll.
  • Hartnup-Syndrom: Diese autosomal rezessive Erkrankung wird durch einen Defekt im SLC6A19-Gen, das für den Transporter neutraler Aminosäuren kodiert, hervorgerufen. Die meisten Patienten mit diesem Defekt sind asymptomatisch. Symptomatische Patienten zeigen pellagraähnliche Charakteristika, z. B. eine photosensitive Dermatitis, Ataxien oder Psychosen. Diese Symptome können mit Nikotinamid behandelt werden.

Hereditäre Defekte der Harnsäureausscheidung

Die hereditäre renale Hypourikämie kann durch eine Mutation im Gen für URAT1 hervorgerufen werden und wird autosomal rezessiv vererbt. Die meisten Patienten haben keine Symptome. Wenn gehäuft Harnsäuresteine auftreten, kann Allopurinol und Urinalkalisierung hilfreich sein. Bei der familiären juvenilen Hyperurikämie kommt es zu einer fortschreitenden Niereninsuffizienz im Kindesalter durch einen tubulären Defekt der Harnsäureexkretion. Gleiche Symptome finden sich bei der medullären Zystennierenerkrankung Typ 2, bei der oft ein Defekt im UMOD-Gen, das für Tamm-Horsfall-Protein/Uromodulin kodiert, vorliegt.

Hereditäre renale Glukosurie

Mit einer Inzidenz von 1:20.000 wird ein Defekt im Gen des Natrium-Glucose-Cotransporters SGLT2 autosomal rezessiv vererbt. Klinisch ist der Verlauf gutartig, es kommt nicht zur Entwicklung einer diabetischen Nephropathie.

Störungen des Wassertransports

Nephrogener Diabetes insipidus (NDI)

Der kongenitale nephrogene Diabetes insipidus ist sehr selten und durch eine Polyurie und fehlenden Konzentrierungsfähigkeit des Urins charakterisiert. Vasopressinspiegel sind normal bis erhöht, die GFR ist normal. In mehr als 90 % der Patienten liegt eine X-chromosomal vererbte Mutation im AVPR2-Gen vor, das den Arginin-Vasopressin-Rezeptor kodiert. In weniger als 10 % der Patienten wird die Erkrankung autosomal rezessiv vererbt und Mutationen im Gen des Aquaporin 2 (AQP2) auf Chromosom 12q13 liegen vor. Die Erkrankung manifestiert sich in den ersten Lebenswochen mit starker Polyurie und ausgeprägtem Durst. Bei AVPR2 sind vor allem männliche Neugeborene betroffen, heterozygote Frauen haben unterschiedliche Ausprägungen von Polyurie und Polydipsie. Es kommt zu Episoden mit schwerer Hyperkaliämie und Exsikkose, auch Krampfanfälle können auftreten. Wird die Erkrankung spät entdeckt, kann es zu Entwicklungs-störungen und mentaler Retardierung kommen. Therapeutisch muss auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, um Dehydratationen zu vermeiden. Ebenfalls ist eine Salz- und Proteinrestriktion ratsam, wobei eine ausreichende Kalorienzufuhr, insbesondere im Wachstumsalter, wichtig ist. Thiazide in Kombination mit Salzrestriktion vermindern die renale Urinausscheidung. Dieser Effekt kann durch die Kombination mit Amilorid verstärkt werden. Prostaglandinsynthesehemmer, z. B. Indomethacin, sind ebenfalls effektiv, können aber zu einer reduzierten GFR und gastrointestinalen Nebenwirkungen führen.
Literatur
Chadha V, Alon US (2009) Hereditary renal tubular disorders. Semin Nephrol 29:399–411CrossRefPubMed
Lang F, Capasso G, Schwab M, Waldegger S (2005) Renal tubular transport and the genetic basis of hypertensive disease. Clin Exp Nephrol 9:91–99CrossRefPubMed
Seyberth HW, Schlingmann KP (2011) Bartter- and Gitelman-like syndromes: salt-losing tubulopathies with loop or DCT defects. Pediatr Nephrol Berl Ger 26:1789–1802CrossRef
Sirac C, Bridoux F, Essig M, Devuyst O, Touchard G, Cogné M (2011) Toward understanding renal Fanconi syndrome: step by step advances through experimental models. Contrib Nephrol 169:247–261CrossRefPubMed
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