Osteotomielevel, Knochenheilung, Gewebstransformation
Obwohl das Osteotomielevel primär auf Grundlage einer fundierten Deformitätenanalyse unter Berücksichtigung der lokalen anatomischen und biologischen Gegebenheiten sowie der technischen Möglichkeiten zur osteosynthetischen Stabilisierung festgelegt werden sollte (Paley
2002; Richards et al.
2015), wird die Wahl des geeigneten Osteotomielevels bei Enchondromatose-Patienten aufgrund der voranstehend beschriebenen Bedenken in der Literatur kontrovers diskutiert (D’angelo et al.
1996; Jesus-Garcia et al.
2001; Madan et al.
2015; Martson et al.
2005; Pandey et al.
1995; Tellisi et al.
2008; Watanabe et al.
2007). Watanabe et al. berichteten von sieben intraläsionalen Osteotomien, und in nur einem dieser Fälle erschien das resultierende Regenerat radiologisch als normaler Knochen (Watanabe et al.
2007). Im Gegensatz dazu konnten Madan et al. ein eher ausgeprägtes osteogenes Potenzial verbunden mit schneller Knochenheilung feststellen. Sie fanden unter Korrektur oder Verlängerung mit Ilizarov-Fixateuren bei all ihren im Bereich von Enchondromatoseherden durchgeführten Osteotomien normale Knochenregenerate mit Konversion der Knorpelherde in reifen Knochen (Madan et al.
2015). D’Angelo et al. schlugen vor, die Kortikotomie am Übergang von gesunden zum veränderten Knochen durchzuführen und hatten in ihrer Serie nach insgesamt 23 Osteotomien bei neun Patienten in allen Fällen normale Regeneratmuster (D’angelo et al.
1996). Jesus-Garcia et al. publizierten die Ergebnisse ihrer Ilizarov-Behandlungen an zehn Patienten mit Morbus Ollier. Ein weiteres Therapieziel neben dem Längenausgleich war die Konversion enchondromatöser Herde in normalen reifen Knochen ohne
additive Kürettage oder Spongiosaplastik. Nach einer mittleren Behandlungsdauer von 9,4 Monaten konnte bei allen Patienten histologisch eine Umwandlung in reifes Knochengewebe gefunden werden (Jesus-Garcia et al.
2001). Auch Märtson et al. konnten nach Nadelbiopsien aus den Regeneratzonen histologisch normales Knochengewebe nachweisen (Martson et al.
2005). Pandey et al. machten die Beobachtung, dass eine Kallusdistraktion im Bereich von Knorpelläsionen zu einer raschen Umwandlung in reifen Knochen führt und gaben unter Berufung auf die Studien von Ilizarov (
1990) und Aronson et al. (
1990) an, dass die Knochenneubildung unter Distraktion durch intramembranöse und nicht durch enchondrale Ossifikation abläuft, was die Umwandlung des Regeneratgewebes aus erkranktem in normales Knochengewebe erklären könnte (Pandey et al.
1995). Goote et al. führten in ihrer Studie 20 intraläsionale, sechs transitionale und 14 extraläsionale Kortikotomien durch. Die Osteotomiehöhe wurde entweder durch den Apex der Deformität bestimmt oder aber in einen geeigneten Bereich unter Berücksichtigung der Fixateurbefestigung gelegt. Radiologisch ergaben sich in allen Fällen normale Regeneratmuster, histologische Untersuchungen zur Bestätigung wurden jedoch nicht durchgeführt. Erwartungsgemäß ergab sich eine kürzere Behandlungszeit bei den Patienten, die kombiniert mittels unilateralem Fixateur externe und intramedullären Nägeln rekonstruiert wurden. Das Osteotomielevel schien in Bezug auf das Befallsmuster des Knochens aus Sicht der Autoren keinen Einfluss auf das Heilungspotenzial zu haben (Goote et al.
2017). Auch Popkov et al. (
2010) und Watanabe et al. (
2007) ermittelten jeweils annähernd vergleichbare Behandlungszeiten bei fixateurgesteuerten femoralen und tibialen Rekonstruktionen nach intra- oder extraläsionalen Kortikotomien.
Auf der anderen Seite ist aber auch eine vorzeitige Konsolidierung als mögliches Problem bei Extremitätenverlängerungen von Morbus Ollier-Patienten beschrieben worden. Paley gab an, dass vorzeitige Konsolidierungen am häufigsten bei Ollier-Patienten beobachtet werden, nennt jedoch keine konkreten Raten oder andere Referenzen (Paley
1990). Myers et al. beschrieb das Phänomen einer hypertrophen Knochenregeneration bei Patienten mit
Achondroplasie und Morbus Ollier, allerdings gab es keinen Enchondromatosefall in der Serie mit vorzeitiger Konsolidierung. Zur Verhinderung des Problems wurde jedoch eine Steigung der Distraktionsrate angeraten (Myers et al.
2003). Madan et al. berichteten von drei Fällen mit vorzeitiger Konsolidierung in ihrer Serie von 10 Patienten mit Morbus Ollier (Madan et al.
2015). Tellisi beobachteten eine vorzeitige Konsolidierung in ihrem Fallbericht zu einer humeralen Verlängerung bei Enchondromatose (Tellisi et al.
2008), während Sakurakichi et al. drei Fälle mit vorzeitiger Knochenheilung bei ihrer Serie mit 18 Kindern und 27 Osteotomien fanden (Sakurakichi et al.
2005). Goote et al. gaben vier von 40 Fällen mit prämaturer Konsolidierung (jeweils Femur, 1x zusätzlich Fibula) in ihrer Kohorte an und vermuten, dass die Wartezeit bis zum Distraktionsbeginn, die Distraktionsgeschwindigkeit, die Osteotomiehöhe und bestimmte patientenspezifische Faktoren wie Komorbiditäten bei diesem Problem eine Rolle spielen könnten (Goote et al.
2017).
Umgekehrt wird auch die Komplikation einer verzögerten Knochenheilung bis zur manifesten Pseudarthrosebildung befürchtet. Bei ihren insgesamt 40 Fällen beobachteten Goote et al. drei
Pseudarthrosen (2x Femur, 1x Tibia) und eine verzögerte Knochenheilung (Femur), die mittels Spongiosaplastik operativ revidiert werden mussten. Eine der Pseudarthrosen war auf eine lokale Infektion zurückzuführen, die Ursachen für die anderen Heilungsverzögerungen wurden als multifaktoriell angesehen (Goote et al.
2017). Kolodziej et al. dokumentierten eine ulnare Pseudarthrose nach Verlängerung bei einem Patienten mit Morbus Ollier (Kolodziej et al.
2005). Auf der anderen Seite berichteten Tsuchiya et al. von keinerlei Komplikationen beim Einsatz von Ilizarov-Fixateuren zur Behandlung von drei Kindern mit Morbus Ollier (Tsuchiya et al.
2002). Sakurakichi et al. beschrieben eine verzögerte Knochenheilung bei insgesamt 27 Osteotomien (Sakurakichi et al.
2005).
Osteosynthese, Frakturstabilisierung, Rekonstruktionsverfahren (akute Achskorrekturen, graduelle Korrekturen und Verlängerungen mittels Kallusdistraktion)
Grundsätzlich können bei Enchondromatose-Patienten interne (Abb.
4b,
6a,
8b-d,h,
9b,
10c,
11c,
13c,
15d-e und
16) und externe Methoden (Abb.
3,
4a,
5a,
6b,
8f-h,
10a,
12 und
15b-c) zur osteosynthetischen Stabilisierung angewandt werden (Herring
2014). Achsfehlstellungen der Extremitäten können entweder akut (Abb.
8,
9,
10c,
13c und
15d) oder graduell (Abb.
4a,
10a und
15b-c) jeweils mit oder ohne begleitende Knochenverlängerung korrigiert werden (Richards et al.
2015). Bei isolierten akuten Korrekturosteotomien können Osteosyntheseschrauben (Abb.
10c) und -platten oder intramedulläre Kraftträger zur Stabilisierung genutzt werden. Zur Prophylaxe (Abb.
8c-d,h) oder Stabilisierung (Abb.
6a) pathologischer Frakturen finden wiederum neben externen Fixationen (Abb.
6b) außerdem elastische Markraumschienen (Abb.
8c-d,h) oder Marknägel (Abb.
6a und
15d) sowie selten auch Osteosyntheseplatten Anwendung.
Insbesondere aber bei komplexen oder mehrdimensionalen Achskorrekturen und/oder verlängernden Kallusdistraktionen werden vorrangig externe Fixateursysteme sowohl an den oberen als auch insbesondere an den unteren Gliedmaßen eingesetzt (Abb.
3,
4a,
5a,
6b,
8f-h,
10a,
12 und
15b-d) (Jesus-Garcia et al.
2001; Kolodziej et al.
2005; Richards et al.
2015; Tellisi et al.
2008). Bevorzugt werden dabei zirkuläre Systeme wie der klassische Ilizarov-Ring-Fixateur oder moderne Hexapodenfixateure (Abb.
4a,
10a und
15b-c) genutzt, da sie eine simultane Korrektur von Längendifferenzen und mehrdimensionalen Fehlstellungen erlauben (D’angelo et al.
1996; Jesus-Garcia et al.
2001; Richards et al.
2015; Watanabe et al.
2007). Aber auch unilaterale Fixateursysteme werden für reine Verlängerungen (Abb.
3,
5a,
6b und
12) oder Verlängerungen in Kombination mit akuten Achskorrekturen (Abb.
8f-h und
15d) angewandt. Längendifferenzen können des Weiteren ebenfalls bei Enchondromatose-Patienten mit modernen Verlängerungsmarknägeln mit (Abb.
9b und
13c) oder ohne (Abb.
4b,
11c und
15e) begleitende akute Achskorrektur graduell durch Kallusdistraktion ausgeglichen werden (Baumgart et al.
2005). Bei ausreichendem Restwachstum können wachstumsmodulierende Verfahren zur Korrektur von Achsdeformitäten (Abb.
7d,
8d,f-h,
11b-c,
13b und
14) und/oder Längenunterschieden (Abb.
4b) zur Anwendung kommen (Herring
2014; Kenis et al.
2013; Loder et al.
2004).
In der Frontalebene können abhängig von der Alteration des
Knochenwachstums grundsätzlich sowohl varische als auch valgische Achsdeformitäten entstehen (Chew et al.
1998; Madan et al.
2015; Richards et al.
2015; Shapiro
1982). Häufig scheinen jedoch insbesondere femorale Varusfehlstellungen aufzutreten. So beschrieben Chew et al. eine hohe Inzidenz von Varusfehlstellungen des distalen Femurs bei Patienten mit Morbus Ollier (acht von insgesamt 14 Patienten) (Chew et al.
1998). Richards et al. publizierten einen Enchondromatosefall, bei dem Fixateur-externe-gesteuert eine distale Varusdeformität und Verkürzung des Femurs graduell korrigiert wurde (Richards et al.
2015). Auch Märtson et al. berichteten von einem Enchondromatosefall mit femoraler Varus- und tibialer Valgusfehlstellung, bei dem das Femur um 22 cm und die Tibia um 10 cm ohne Komplikationen verlängert wurden (Martson et al.
2005). Madan et al. fanden ein eher ausgeglichenes Verhältnis von Varus- und Valgusfehlstellungen bei ihren zehn mit 14 Achskorrekturen und 17 Verlängerungen rekonstruierten Patienten, von denen fünf ein Genu varum und sechs ein Genu valgum aufwiesen (Madan et al.
2015). In einem systematischen Review mit 65 an einem Maffucci-Syndrom erkrankten Patienten berichteten Kaplan et al. von einer hohen Rate progredienter Achsdeformitäten der Gliedmaßen (Kaplan et al.
1993). Auch Shapiro et al. konnten in einer retrospektiven Serie von 21 Ollier-Patienten häufig frontale Achsfehlstellungen der Beine dokumentieren. So wiesen 80 % der betroffenen Femora signifikante kniegelenksnahe Varus- bzw. Valgusfehlstellungen und 42 % der befallenen Tibiae proximale oder distale Deformierungen auf (Shapiro
1982). In den Berichten von Shapiro et al. und Madan et al. lag der Apex der Fehlstellungen jeweils metaphysär. Die konkave Seite der Fehlstellungen befand sich auf der stärker von
Enchondromen befallenen Seite. Die Fehlstellungen wurden jeweils durch Korrekturosteotomien therapiert. Femorale Deformitäten mussten im Verlauf bis zur Skelettreife meist wiederholt korrigierend osteotomiert werden (Madan et al.
2015; Shapiro
1982). Diaphysäre Verlängerungen wurden in der Serie von Shapiro et al. in sechs Fällen (1x Femur, 5x Tibia/Fibula) mit jeweils gutem Erfolg durchgeführt (Shapiro
1982).
Nach Richards et al. liegt der Apex der Fehlstellungen aufgrund der juxtaartikulären Lokalisation der Enchondromatoseherde häufig auf Höhe der Wachstumsfugen, sodass die Osteotomie entsprechend außerhalb des Apex erfolgen muss. Um eine mechanisch korrekte Ausrichtung der Extremität zu erhalten, muss deshalb eine ausgleichende anatomische
Translation auf Osteotomiehöhe erfolgen (Richards et al.
2015).
Neben Umstellungsosteotomien können auch wachstumslenkende Eingriffe zur Achskorrektur durchgeführt werden. So publizierten Kenis et al. einen Fall mit Dysspondyloenchondromatosis, bei dem die Windschlagdeformität der Beine durch Wachstumslenkung mittels temporärer Hemiepiphysiodese korrigiert wurde (Kenis et al.
2013).
Korrekturbedürftige Achsabweichungen an den oberen Extremitäten kommen weitaus seltener vor. So berichteten Heyer et al. von einer unilateralen Pseudo-Madelung-Deformität als Erstmanifestation einer Ollier-Erkrankung bei einem neunjährigen Mädchen (Heyer et al.
2011). Koca et al. beschrieben einen Fall mit ulnarer Kallusdistraktion mithilfe eines unilateralen Fixateur externe bei einem siebenjährigen Patienten mit typischer Handgelenksfehlstellung durch Ulnaverkürzung bei Enchondromatose (Koca et al.
2015). Sadiqui et al. präsentierten zwei Fälle mit Enchondromatose mit typischen Deformierungen und Verkürzungen der unteren und auch der oberen Extremitäten (Sadiqi et al.
2017).
Aufgrund der reduzierten Knochenqualität in den betroffenen Skelettabschnitten äußerten viele Autoren Sorgen vor primären oder sekundären Lockerungen durch eine insuffiziente Befestigung der Fixateurschrauben (Baumgart et al.
2005; D’angelo et al.
1996; Jesus-Garcia et al.
2001; Shapiro
1982; Watanabe et al.
2007). D‘Angelo et al. verglichen die Wagner- und die Ilizarov-Methode zum Ausgleich von Extremitätenverkürzungen. Dabei erwies sich die Ilizarov-Methode als zuverlässiger in Bezug auf mechanische Festigkeit und Korrektur schwerer Fehlstellungen mit exzellenter Qualität des Kallusregenerats auch in ausgedehnten Verlängerungsfällen (D’angelo et al.
1996). Madan et al. bevorzugten in ihrer Serie ebenfalls den Einsatz von Ringfixateuren zur Achs- und Längenkorrektur (Madan et al.
2015). Baumgart et al. berichteten dagegen von Komplikationen wie Schraubenlockerungen mit externen Fixateuren aufgrund des relativ weichen Knochens bei Ollier-Patienten und präsentierten einen Fall mit erfolgreicher Femur- und Tibiaverlängerung unter Nutzung eines voll implantierbaren, motorisierten Verlängerungsmarknagels ohne Komplikationen (Baumgart et al.
2005). Watanabe et al. fanden auch eine Schwäche des Knochens bei ihren Ollier-Patienten und nutzten deshalb eine größere Anzahl an Halfpins und Drähten als im Normalfall (Watanabe et al.
2007). Dieselbe Strategie wurde auch von D’Angelo et al. und Jesus-Garcia et al. propagiert (D’angelo et al.
1996; Jesus-Garcia et al.
2001). Richards et al. zogen die Applikation mehrerer Olivendrähte der Anwendung weiterer Halfpins vor (Richards et al.
2015). Shapiro schlug aufgrund von Bedenken vor einer insuffizienten Fixierung in befallenen Knochenarealen vor, die Distraktionen im diaphysären Bereich vorzunehmen (Shapiro
1982). Madan et al. konnten das Problem einer insuffizienten Fixierung in ihrer Serie hingegen nicht beobachten (Madan et al.
2015). Auch Goote et al. berichteten von nur einem Fall mit Drahtdislokation aus den proximalen Unterschenkelknochen, obwohl ein Großteil der Draht- und Schraubenfixierungen in pathologisch veränderten Arealen erfolgte (Goote et al.
2017). Trotz der genannten allgemeinen Bedenken zur Anwendung von unilateralen oder Ringfixateursystemen und der Forderung nach zusätzlichen Fixierungspunkten in krankhaften Arealen bei Patienten mit Enchondromatose wurde eine insuffiziente Befestigung der Fixateurkomponenten in einem Großteil der Literatur bisher nicht als Problem gesehen (D’angelo et al.
1996; Jesus-Garcia et al.
2001; Kolodziej et al.
2005; Madan et al.
2015; Martson et al.
2005; Paley
1990; Watanabe et al.
2007).
Pathologische Frakturen bei/nach rekonstruktiven Eingriffen
Shapiro et al. berichteten von insgesamt 14 pathologischen Frakturen bei insgesamt sieben von 21 Patienten, die jeweils unter konservativen Maßnahmen zur Ausheilung gebracht werden konnten (Shapiro
1982). Hingegen beobachteten Madan et al. nur eine Tibiafraktur nach Fixateurdemontage (Madan et al.
2015). Goote et al. berichteten von einer Femurfraktur fünf Monate nach Fixateurentfernung bei ihren 14 Patienten mit insgesamt 40 Korrekturstellen (Goote et al.
2017). Jesus-Garcia et al. fanden bei 10 Fällen mit 18 korrigierten Segmenten ebenfalls nur eine Fraktur nach Fixateurabbau (Jesus-Garcia et al.
2001). Popkov et al. verglichen 57 Verlängerungen in 37 Ollier-Patienten, bei denen eine alleinige externe Fixateurbehandlung durchgeführt wurde mit sieben Patienten, bei denen außerdem elastische Nägel zur Markraumschienung genutzt wurden. Es fanden sich drei pathologische Frakturen in Enchondromarealen, drei Regeneratdeformierungen und eine verzögerte Knochenheilung in der ausschließlich mit Fixateur externe behandelten Gruppe. In der kombinierten Gruppe hingegen kam es weder zu Frakturen noch zu Deformierungen, und es bestand keine Notwendigkeit für Gipsbehandlungen nach Fixateurdemontage. Der Bone-Healing-Index konnte durch das Kombinationsverfahren in allen Fällen verringert werden (Popkov et al.
2010). Unter Berücksichtigung der eigenen Erfahrungen und der angeführten Literatur scheint die Rate pathologischer Frakturen nach rekonstruktiven knöchernen Eingriffen bei Enchondromatose-Patienten mit den Raten äquivalent behandelter Patienten ohne kartilaginäre Dysplasien vergleichbar zu sein. Insbesondere nach fixateurkontrollierten Kallusdistraktionen am Femur ist eine anschließende, zumindest vorübergehende, intramedulläre Stabilisierung zur Frakturprophylaxe nach eigenen Erfahrungen empfehlenswert (Abb.
8h und
15d). Aber auch in anderen Bereichen kann eine zusätzliche Osteosynthese nach fixateurgesteuerter Distraktion, beispielsweise bei Regeneratschwäche, notwendig werden (Abb.
12).
Gelenk-/Weichteilprobleme bei/nach rekonstruktiven Eingriffen
Gelenk- und Weichteilprobleme stellen typische Komplikationen rekonstruktiver Behandlungen mit externen Fixateursystemen dar (Paley
1990). Insbesondere das Problem der sekundären Gelenksteifheit scheint ein weit verbreitetes Phänomen bei Enchondromatose-Patienten zu sein. Ursächlich könnten persistente Muskelkontrakturen, lang andauernde Gelenkimmobilisationen und ein großes Verlängerungsausmaß mit resultierendem Druck auf die Gelenkkomponenten sein (Paley
1990). Madan et al. und Jesus-Garcia et al. berichten von drei von insgesamt 49 Fällen mit persistenter Gelenksteifheit (Jesus-Garcia et al.
2001; Madan et al.
2015). In der Arbeit von Myers et al. über Beinverlängerung bei insgesamt 26 Patienten mit
Skelettdysplasien hatten zwar zehn Patienten Knieeinsteifungen, davon litt jedoch nur ein Patient an einem Morbus Ollier (Myers et al.
2003). Goote et al. beschrieben sieben Fälle mit Knieeinsteifung bei sechs Patienten. In drei Fällen musste eine operative Revision erfolgen. Mit einer Ausnahme wurde der externe Fixateur in allen Fällen kniegelenksübergreifend montiert. In vier Fällen war es die erste, in zwei Fällen die zweite und in einem Fall die dritte Verlängerung. Konsequente Physiotherapie, suffizientes Weichteilmanagement mit Orthesen und/oder Gipsen, Nutzung von Gelenken bei gelenküberspannenden Fixateurmontagen und Verkürzung der Fixateurbehandlungszeit wurden als Möglichkeit zur Verhinderung dieser Probleme genannt (Goote et al.
2017). Eine Verkürzung der Fixateurtherapie konnte in der Arbeit von Popkov et al. durch Implantation elastischer Markraumschienen nach Fixateurdemontage festgestellt werden (Popkov et al.
2010). Curran et al. fanden ebenfalls verkürzte Fixateurbehandlungszeiten bei einseitig simultanen Verlängerungen von Femur und Tibia gegenüber der Distraktion nur eines Knochens (Curran et al.
1999).