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Die Urologie
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Publiziert am: 29.01.2022

Ureteropelvine Stenosen

Verfasst von: Christina Maßmann, Nathalie Dengel und Stefan Siemer
Ureteropelvine Stenosen stellen die häufigste Ursache für pränatal festgestellte Ektasien des Nierenbeckenkelchsystems dar. Sie sind heutzutage selten symptomatisch und werden in den meisten Fällen im Rahmen des pränatalen Screenings bzw. der pädiatrischen Vorsorgeuntersuchungen als Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems diagnostiziert. Ureteropelvine Stenosen stellen Kinderurologen und Pädiater vor eine diagnostische und therapeutische Herausforderung, nämlich die relevanten Obstruktionen frühzeitig von den Nierenbeckendilatationen ohne Harnabflusshindernis zu unterscheiden und zu therapieren, bevor es zu einer (weiteren) Schädigung der Nierenfunktion kommt.
Der Begriff „ureteropelvine Stenose “ (UPS) bezeichnet eine Obstruktion im Bereich des pyeloureteralen Übergangs, die zu einer Behinderung des Urinabflusses vom Nierenbecken in den proximalen Ureter und somit zu einer isolierten Dilatation des Nierenbeckens oder des Nierenbeckenkelchsystems führt.

Epidemiologie

Ureteropelvine Stenosen werden in allen Altersgruppen diagnostiziert, in den meisten Fällen werden sie allerdings im Rahmen der pränatalen sonografischen Diagnostik bereits intrauterin festgestellt. Spätere Diagnosestellungen im Adoleszenten- oder Erwachsenenalter sind seltener und erfolgen meist aufgrund entsprechender Symptomatik. UPS liegen bei über 40 % der Ungeborenen mit Ektasie des oberen Harntraktes vor und stellen somit die häufigste Ursache für pränatal festgestellte Ektasien des Nierenbeckenkelchsystems dar. Die mittlere Inzidenz der UPS beträgt 1/1500. Die ureteropelvine Stenose kommt bei männlichen Neugeborenen zweimal häufiger als bei weiblichen vor. Bei 2/3 der Neugeborenen ist die linke Seite betroffen. Bilaterale UPS, die synchron oder asynchron auftreten können, werden in etwa 1/4 der Fälle beobachtet.

Ätiologie

Ureteropelvine Stenosen können kongenital oder erworben sein.

Primäre ureteropelvine Stenosen

Im Jahr 1972 unterschied erstmalig Johnston zwischen intrinsischen und extrinsischen primären UPS.

Intrinsische ureteropelvine Stenosen

Intrinsische UPS werden durch strukturelle und/oder funktionelle Veränderungen des stenotischen pyeloureteralen Übergangs verursacht (Abb. 1). Ihre genaue Genese ist heutzutage noch nicht vollkommen geklärt.
Die erste Hypothese zur Pathogenese intrinsischer UPS geht aus der Embryologie hervor (Ruano et al. 1975). In der frühen embryonalen Entwicklungsphase (Embryolänge von 5 bis 13 mm) sind die Ureteren durchgängig. Sie durchlaufen anschließend konstante Obliterations- und Rekanalisationsprozesse vom mittleren Ureterabschnitt aus zentrifugal bis zu den proximalen und distalen Enden. In Embryos von 23 mm Länge sind die Ureteren wieder vollkommen rekanalisiert (Beetz et al. 2012). Intrinsische ureteropelvine Stenosen könnten also durch eine inkomplette Rekanalisation des proximalen Ureters entstehen.
Im Rahmen histologischer und immunhistochemischer Untersuchungen wurden muskuläre und innervative Defizite als potenzielle Ursachen für eine ureteropelvine Obstruktion postuliert. Diese führen durch eine funktionelle Diskontinuität zu einer Beeinträchtigung der Konduktion der Peristaltik und somit zu einer Transportstörung des Urins vom Nierenbecken in den Ureter.
Eine anormale Orientierung der glatten Muskulatur sowie eine deutlich erhöhte Anzahl an Kollagenfasern zwischen den Muskelzellen am obstruierten pyeloureteralen Übergang wurden beschrieben (Beetz et al. 2012). Folglich verlieren die Muskelzellen an direktem Kontakt zueinander, wodurch die elektrische Kopplung über die Gap-Junctions und somit die Weiterleitung der peristaltischen Welle beeinträchtigt wird.
Für die Induktion der Peristaltik spielt das Nierenbeckenkelchsystem die Rolle eines Schrittmachers (Chang et al. 2004). Die glatten Muskelzellen des Harntraktes sind enchymalen Ursprungs. Calcineurin, eine Calmodulin-regulierte Serin-Threonin-Phosphatase, ist in den Differenzierungsprozess involviert. Knockout-Mäuse, bei denen das für die regulatorische Untereinheit Cnb des Calcineurins kodierende Gen spezifisch in den mesenchymalen Zellen, aus denen die glatten Muskelzellen der Pyelons und Ureters differenziert werden, selektiv deaktiviert wurde, entwickelten eine Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems, die nicht auf einer physischen Obstruktion, sondern auf einer zwar vorhandenen, allerdings diskoordinierten Peristaltik beruhte (Chang et al. 2004). Im letzten Jahrzehnt wurden weitere Gene, deren Expression bzw. Mutation für die Differenzierung und Maturation der glatten Muskelzellen, die für eine regelrechte und koordinierte Peristaltik essenziell sind, isoliert. Diese sind u. a. ACE (Angiotensin-converting-Enzym), Agt (Angiotensinogen), Lim1, Nfia, Renin, Ret, Tbx18 (T-box transcription factor 18), Tshz3 (Teashirt zinc finger family member 3), Upk II und III (Uroplakin II und III) (Chen 2009).
Aus aktuellen Studien geht hervor, dass die Impulse, die peristaltische Wellen induzieren, nicht nur im Nierenbeckenkelchsystem, sondern auch am pyeloureteralen Übergang erzeugt werden. 2003 konnten Cajal-Zellen im Bereich des humanen pyeloureteralen Übergangs nachgewiesen werden. Die 1893 von Ramon Y. Cajal erstmalig im Gastrointestinaltrakt beschriebenen Cajal-Zellen sind imstande, als Schrittmacher elektrische Impulse zu generieren und somit die Peristaltik zu kontrollieren. Immunhistochemische Analysen zeigten bei Kindern mit intrinsischer UPS eine niedrigere Anzahl an Cajal-Zellen im Bereich des pyeloureteralen Übergangs als in den Kontrollgruppen (Solari et al. 2003). Eine verminderte Dichte an Cajal-Zellen scheint also durch eine Beeinträchtigung der Peristaltikinduzierung und -regulation an der Entstehung intrinsischer ureteropelviner Stenosen beteiligt zu sein.
Eine weitere Hypothese für die Pathogenese der UPS ist eine Störung der peptidergischen Innervation, die zu einer insuffizienten Relaxation der ureteralen glatten Muskulatur trotz mechanischer Stimulation durch Druckerhöhung im Nierenbecken oder dessen Dehnung bei Volumenbelastung führt (Wang et al. 1995).
Proximal gelegene fibröse Ureterpolypen stellen eine seltene Ursache für eine intrinsische ureteropelvine Obstruktion dar.
Auch proximal gelegene Ureterklappen, die aus überschüssiger Schleimhaut mit glatter Muskulatur bestehen, können in seltenen Fällen ebenfalls ursächlich für eine ureterpelvine Obstruktion sein. Sie können generell in jedem Ureterabschnitt vorkommen; eine proximal gelegene Ureterklappe kann eine ureteropelvine Stenose vortäuschen.

Extrinsische ureteropelvine Stenosen

Sie stellen etwa 10 % aller ureteropelvinen Stenosen bei Kindern dar. Mechanische Faktoren verhindern durch eine Kompression oder Abknickung des pyeloureteralen Übergangs den Urinabfluss. In den meisten Fällen werden sie durch akzessorische, aberrante oder früh abgehende kreuzende Unterpolgefäße kombiniert mit Rotationsanomalien der Niere verursacht (Abb. 2). Dies ist die häufigste Ursache für ureteropelvine Stenosen bei Erwachsenen. Auf dem Boden dieser Kompression können ischämische Prozesse zu einer Fibrose und letztendlich zu einer sekundären intrinsischen Stenose im komprimierten Ureterabschnitt führen (Stephens 1982).

Sekundäre, erworbene ureteropelvine Stenosen

Eine ureteropelvine Stenose wird bei Kindern mit primär diagnostiziertem ipsilateralem hochgradigem vesikoureteralem Reflux in etwa 1 % der Fälle beobachtet. Hingegen wird bei etwa 10 % der UPS-Patienten ein vesikoureteraler Reflux festgestellt (Byrne und Koyle 2006). Durch chronische Entzündungen und Elongation des geschlängelten Ureters bildet sich am schleifenförmigen pyeloureteralen Übergang Narbengewebe, welches zu einer sekundären Obstruktion führt. Seltener entstehen ureteropelvine Stenosen auf dem Boden abgelaufener retroperitonealer Entzündungen oder rezidivierender Steinbildung, bei Tumoren, postoperativ, posttraumatisch oder nach Radiatio.

Assoziierte Anomalien

Einige kongenitale Fehlbildungen des Urogenitaltraktes werden in Assoziation mit dem Vorliegen einer ureteropelvinen Stenose beschrieben. Die multizystische Nierendysplasie, die in bis zu 12 % der Fälle beobachtet wird, stellt eine der am häufigsten vorkommenden assoziierten Anomalien der kontralateralen Seite dar (Williams und Karlaftis 1966). Eine unilaterale Nierenagenesie wird bei 5 % der Kinder mit UPS beobachtet (Johnston et al. 1977). Bei Kindern mit VACTERL-Assoziation (vertebrale Anomalien, Analatresie, kardiale Anomalie, tracheoösophageale Fistel, Ösophagusatresie, Nieren- und Extremitätenfehlbildungen) wurde eine Obstruktion der ableitenden Harnwege in 9 %, eine UPS in 4,5 % der Fälle beobachtet (Kolon et al. 2000). Eine ureteropelvine Stenose liegt bei 13–32 % der Kinder mit Hufeisennieren vor (Beetz et al. 2012). Im Fall einer Doppelniere kommt eine UPS meistens im unteren Anteil des Doppelsystems vor.

Pathophysiologie der obstruktiven Nephropathie

Zahlreiche Arbeitsgruppen beschäftigten sich in den letzten Jahren anhand von Tiermodellen mit den durch die Obstruktion verursachten renalen histologischen Läsionen und funktionellen Veränderungen. Je früher die Obstruktion in der intrauterinen Nephrogenese auftritt, desto ausgeprägter sind die assoziierten histopathologischen Veränderungen.
Zu den wichtigsten pathogenetischen Mediatoren der obstruktiven Nephropathie zählen reaktive Sauerstoffradikale, Stickstoffmonoxid (NO), zahlreiche Wachstumsfaktoren, Chemo- und Zytokine wie der Tumornekrosefaktor α (TNF-α), der Fas-Ligand oder der Transforming growth factor β (TGF-β) sowie Prostaglandine und Eikosanoide (Klein et al. 2011; Washino et al. 2020).
Es kann zu einer Verminderung der Anzahl an Glomeruli, einer Verzögerung der glomerulären Maturation, einer Hypoplasie der Kapillarschlingen sowie einer Dilatation des Kapselraums kommen. Die im Bereich der Tubuli beobachteten Veränderungen beinhalten eine tubuloglomeruläre Diskonnektion, eine Schädigung der Basalmembran, eine hauptsächlich durch Apoptose verursachte tubuläre Atrophie sowie eine tubuläre Dilatation. Des Weiteren kommt es im Interstitium durch erhöhte Expression von Zytokinen und Chemokinen zur Bildung inflammatorischer Infiltrate, zu fibrotischen Veränderungen sowie Verminderung der peritubulären Kapillardichte. Durch eine Hochregulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems kommt es zu einer Verminderung des renalen Plasmaflusses und der glomerulären Filtrationsrate. Die glomeruläre Läsion führt zu einer Proteinurie, während die tubulären Veränderungen eine Störung des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes verursachen (Klein et al. 2011).

Klinik

Ureteropelvine Stenosen sind im Säuglings- und Kleinkindalter durch die systematische Anwendung der prä- und postnatalen Ultraschalldiagnostik (Schwangerenscreening, pädiatrische Vorsorgeuntersuchungen) in den meisten Fällen Zufallsbefunde. Wenn Symptome bestehen, sind diese eher unspezifisch: Gedeihstörungen, Inappetenz, rezidivierendes Erbrechen, Mikrohämaturie bei Urolithiasis oder tastbarer Oberbauchtumor. Ältere Kinder äußern rezidivierende passagere Flanken- oder Oberbauchschmerzen, die kolikartig und von Übelkeit und Erbrechen begleitet sein können. Diese Schmerzen treten typischerweise durch erhöhte Volumenbelastung nach größeren Trinkmengen auf. Seltener kann sich eine UPS bei aszendierenden oder hämatogenen Harnwegsinfekten primär durch eine Pyelonephritis, Pyonephrose oder Urosepsis manifestieren. Bei 1–2 % der Kinder mit UPS besteht eine zusätzliche Urolithiasis. Das Vorliegen einer UPS ist mit einem 70-fach erhöhten Risiko für die Entwicklung von Steinen vergesellschaftet (Husmann et al. 1996).
Selten fallen Kinder mit einer UPS primär durch eine arterielle Hypertonie auf. Die Hypothese zur Pathophysiologie ist eine durch die Obstruktion verursachte funktionelle Ischämie mit reduzierter Perfusion und Stimulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems.

Diagnostik

Sonografie

Pränatale Sonografie

Die fetale Nierenfunktion setzt in der 10.–12. Schwangerschaftswoche (SSW) ein. Ab der 15. SSW sind Ektasien des Nierenbeckenkelchsystems mittels Sonografie mit einer Sensitivität von über 90 % erkennbar (Beetz et al. 2012). Die pränatale Sonografie erlaubt eine rein deskriptive Aussage über dilatative Anomalien des Harntraktes und keinesfalls eine Aussage über eine potenzielle, funktionell relevante Obstruktion. 1993 definierte die Society for Fetal Urology (SFU) eine Einteilung der Sonografiebefunde in utero bei Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems in 5 Schweregrade (Kap. „Pränatale Diagnostik in der Urologie“). Diese Einteilung hilft bei der frühzeitigen Planung des postnatalen Managements.

Postnatale Sonografie

Aufgrund der passageren physiologischen Oligourie der ersten Lebenstage sollte die erste postnatale sonografische Untersuchung ab dem 3.–4. Lebenstag erfolgen, um das Übersehen pathologischer Befunde zu vermeiden. In Ausnahmefällen wie bei Oligohydramnion, Verdacht auf Urethralklappe, Einzelniere mit Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems oder bei klinischer Symptomatik wie Anurie oder Sepsis ist eine postnatale Sonografie sofort durchzuführen.
Abhängig vom Untersuchungsbefund wird über die weiteren diagnostischen Schritte entschieden (Abb. 3). Durch die Definition standardisierter Messparameter wird eine bessere und unter den Untersuchern möglichst einheitliche Zuordnung bei sonografischen Untersuchungen angestrebt (Kap. „Pränatale Diagnostik in der Urologie“). Da der sonografische Untersuchungsbefund bezüglich des Ausmaßes der Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems vom Hydratationszustand des Patienten stark beeinflusst wird, sollten die Primär- und Verlaufsuntersuchungen nach vergleichbarer und angemessener Hydrierung erfolgen.

Diuresesonografie

Sie stellt eine nicht strahlenbelastende diagnostische Modalität zur orientierenden Beurteilung der urodynamischen Relevanz einer ureteropelvinen Stenose dar. Initial werden nach ausreichender Hydrierung die Nierenbeckenweite und ein repräsentativer Kelch im Querdurchmesser ausgemessen. Hiernach erfolgt die Gabe von 0,5 mg bis 1 mg Furosemid/kg KG (maximal 40 mg), woraufhin die Nierenbecken- und Kelchweite an der gleichen Stelle wie bei der initialen Messung alle 15 min vermessen werden. Zeigt sich 60–90 min nach Furosemid-Gabe kein Rückgang der Nierenbecken- und Kelchweite auf den Ausgangswert, so gilt der diuresesonografische Befund als pathologisch und weist auf eine Obstruktion hin (Beetz et al. 2012).

Dopplersonografie

Sie dient der Messung des Widerstandsindex in den Nierenarterien. Der Widerstandsindex ist altersabhängig: er beträgt bei Säuglingen 0,66 (±0,046) und 0,57 (±0,057) bei älteren Kindern. Bei einer relevanten ureteropelvinen Stenose ist der Widerstandindex um mindestens 0,2 über der Norm erhöht. Unter Furosemid-Belastung und der dadurch verursachten gesteigerten Diurese steigt im Fall einer relevanten Obstruktion der arterielle Gefäßwiderstand und somit der Widerstandsindex. Die Dopplersonografie erlaubt zwar Untersuchungen ohne Strahlenbelastung, sie ersetzt allerdings keinesfalls die Diureseszintigrafie.

Diureseszintigrafie: MAG-III-Clearance

Die Diureseszintigrafie wird nuklearmedizinisch als diagnostisches Standardverfahren für die Unterscheidung zwischen einer Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems ohne Obstruktion und einer signifikanten therapiebedürftigen Abflussstörung verwendet. Das 99m Tc-MAG-III ( 99mTc-Mercaptoacetyltriglycerin) wird zu 2 % glomerulär filtriert und zu 98 % tubulär sezerniert. Das Radionuklid wird bei normaler Nierenfunktion rasch renal eliminiert. Die MAG-III Szintigrafie erfasst nicht nur die seitengetrennte Nierenfunktion, sondern auch die Abflussverhältnisse (Kap. „Pränatale Diagnostik in der Urologie“).
Eine relevante Obstruktion nach szintigrafischen Kriterien wird durch eine Abnahme von weniger als 50 % der Maximalaktivität im Nierenbeckenkelchsystem innerhalb der ersten 20 min nach Furosemid-Gabe definiert (Beetz et al. 2001) (Abb. 4). Nimmt die Nuklidaktivität nach Positionierung in die aufrechte Position (Orthostase) um mehr als 50 % des Ausgangswertes ab, so relativiert sich die Relevanz der Abflussstörung. Da für einen aussagekräftigen Befund eine ausreichende Reifung des Tubulussystems und somit Ansprechrate auf Furosemid notwendig sind, wird diese Untersuchung meistens erst ab der 5.–6. Lebenswoche empfohlen (cave: bei Frühgeborenen korrigiertes Alter!).
Nicht nur die Abflussverhältnisse, sondern auch die seitengetrennte Funktion spielen für die Beurteilung einer Abflussstörung und somit für die Therapieentscheidung eine wichtige Rolle (Abb. 6). Der Cut-off für eine eingeschränkte Partialfunktion liegt zwischen 43 und 45 % (Beetz et al. 2001). Da sie lediglich von der Nierenperfusion und nicht von der tubulären Sekretion abhängig ist, kann die seitengetrennte Funktion durch die 99mTc-MAG-III-Szintigrafie in jedem Alter bestimmt werden.

Magnetresonanztomografie (MRT), MR-Urogramm

Die statisch-dynamische Magnetresonanztomografie unter Verwendung von Gadopentetat-Dimeglumin (Gd-DTPA), einem gadoliniumhaltigen Kontrastmittel, erlaubt die Beurteilung der renalen Perfusion, der seitengetrennten glomerulären Filtrationsrate sowie eine präzise anatomische Darstellung der Harnwege (Kap. „Pränatale Diagnostik in der Urologie“). Vorteile dieses diagnostischen Verfahrens sind die Möglichkeit der gleichzeitigen Beurteilung der Anatomie und Funktion sowie die fehlende Strahlenbelastung. Der wesentliche Nachteil besteht in der Notwendigkeit einer Sedierung der Kinder. Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist beim Einsatz von gadoliniumhaltigem Kontrastmittel aufgrund des Risikos der nephrogenen systemischen Fibrose Vorsicht geboten. Die MR-Urografie (MRU) gehört nicht zur Standarddiagnostik der ureteropelvinen Stenose und kommt vordergründig bei unklaren anatomischen Verhältnissen oder bei Verdacht auf komplexe Nierenfehlbildungen (Abschn. 6.) zum Einsatz.

Ausscheidungsurogramm

Das intravenöse Pyelogramm (IVP) zur Beurteilung der anatomischen Verhältnisse (Ureterverlauf, Doppelniere?, malrotierte Niere?, Beckenniere? etc.) ist aufgrund der Strahlenbelastung sowie der begrenzten Aussagekraft stark in den Hintergrund gedrängt worden. Eine Indikation zum IVP existiert daher heutzutage in Ländern, in denen Sonografie, Szintigrafie und MRT zur Verfügung stehen, zur weiterführenden Diagnostik der UPS nicht.

Retrograde Ureteropyelografie

Aufgrund ihrer hohen Invasivität (Narkose erforderlich, Verletzungsgefahr der Urethra vor allem bei männlichen Säuglingen) und der Infektionsgefahr wird diese Untersuchung bei Kindern nur in seltensten Fällen durchgeführt: beispielsweise am Operationstag nur dann, wenn eine distale Ureterstenose durch andere bildgebende Verfahren zuvor nicht ausgeschlossen werden konnte.

Perfusionsdruckmessung nach Whitaker

Die transrenale intrapyeläre Druck-Fluss-Messung nach Whitaker wurde 1973 eingeführt. Nach perkutaner Punktion des Hohlsystems erfolgt über die eingelegte Nadel eine antegrade Perfusion des Nierenbeckens (im Mittel mit einer Geschwindigkeit von 10 ml/min). Ein liegender transurethraler Blasenkatheter ist, wie die Punktionsnadel, mit einem Drucksensor verbunden. Über etwa 45 min werden Nierenbecken- und Blasendrücke im Fließgleichgewicht gemessen. Ein intrapelviner Druck bis 15 cmH 20 gilt als normal. Eine Obstruktion liegt bei einem Druck über 22 cmH 20 vor. Aufgrund ihrer Invasivität gilt diese Untersuchungsmethode heutzutage ähnlich wie das IVP als obsolet.

Urinmarker

Hauptsächlich in Tierexperimenten beschäftigten sich in den letzten Jahren zahlreiche Arbeitsgruppen mit der Suche nach Urinmarkern, die im Gegensatz zur Diureseszintigrafie ohne Strahlenbelastung frühzeitig auf eine Obstruktion hinweisen könnten. Durch die Obstruktion kommt es im Nierengewebe zu verschiedenen Reaktionen wie Inflammation, Apoptoseninduktion, fibrotischen Veränderungen, oxidativem Stress oder regenerativen Vorgängen (Abschn. 3). Zu den Mediatoren dieser Vorgänge und somit zu den Urinmarkern gehören TGF-β1 (Transforming growth factor β), ET-1 (Endothelin 1), MCP-1 (Monocyte chemotactic peptide 1), EGF (Epidermal growth factor), NAG (N-Acetyl-β-D-Glukosaminidase), β2-Mikroglobulin, NGAL (Neutrophilen-Gelatinase-assoziiertes Lipocalin) und OPN (Osteopontin) (Madsen et al. 2012). Studien haben sich unter anderem mit der Analyse der Proteom-Muster im Urin von Kindern mit ureteropelviner Stenose beschäftigt. Während diese Proteom-Muster bei gesunden Neugeborenen minimale interindividuelle Abweichungen zeigen, sind diese bei den Säuglingen mit UPS verändert. Im Urin von Kindern mit einer UPS und Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems Grad IV wurden bei der Geburt und während des 1. Lebensjahres signifikant unterschiedliche Proteom-Muster detektiert (Mesrobian et al. 2013).
Die Analyse der Proteom-Muster sowie neuer Urinmarker (Devarakonda et al. 2020) eröffnet neue Perspektiven für die zukünftige Diagnostik der ureteropelvinen Stenose, die ergänzend zu den bildgebenden Verfahren für die Therapieentscheidung von Nutzen wären.

Differenzialdiagnostik

Bei Säuglingen kann sich eine Differenzierung zwischen einer ureteropelvinen Stenose und einer multizystischen Niere in der Sonografie schwierig gestalten. In der seitengetrennten Diureseszintigrafie zeigt eine multizystische Niere in der Regel keinen Funktionsanteil.
Eine Polymegakalikose, Dilatation des Kelchsystems aufgrund einer Papillenfehlbildung mit Unterentwicklung der Medulla und kurzen Sammelrohren ohne Obstruktion, kann sich sonografisch sowie szintigrafisch (MAG-III) ebenfalls wie eine fortgeschrittene ureteropelvine Stenose darstellen. Im MR-Pyelogramm zeigt sich eine erhöhte Anzahl an Kelchen, die sich dilatiert darstellen, mit nicht bzw. geringgradig erweitertem Nierenbecken und gewährleistetem Kontrastmittelabfluss in den zarten Ureter.
Ein retrokavaler Ureter stellt eine seltene Ursache für eine Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems dar. Dieser entsteht durch eine fehlende Atrophie der ventral gelegenen rechten subkardinalen Vene, aus der sich die Vena cava inferior entwickelt. Als Folge verbleibt der rechte Ureter retrokaval. Das Nierenbeckenkelchsystem und der proximale Ureter stellen sich bei dieser Diagnose erweitert dar. Der Ureter weist zudem einen typischen S-förmigen Verlauf auf: Im mittleren Drittel zieht er nach medial, verläuft über eine kurze Strecke gerade in der Mittellinie, bevor er wieder eine laterale Position einnimmt. Im MR-Urogramm ist der Ureterverlauf eindeutig zu beurteilen.

Therapie

Pränatale Therapie

Die Detektion ausgeprägter Ektasien des Nierenbeckenkelchsystems im Rahmen der pränatalen sonografischen Screeninguntersuchungen führte in den 1980er- und 1990er-Jahren zum Versuch der intrauterinen Intervention mittels Harnableitung in der Hoffnung, die Nierenfunktion zu schützen. Heutzutage wird aufgrund der hohen Komplikationsrate und des im Vergleich zu einem vorerst konservativen Vorgehen angesichts observationaler Studien zweifelhaften Benefits von einer antenatalen Intervention Abstand genommen. In seltenen Fällen (bei massiver bilateraler Dilatation mit hypoplastischen dysplastischen Nieren, zunehmender bilateraler Ektasie mit Oligohydramnion, pulmonaler Hypoplasie) kann eine frühzeitige Geburtseinleitung oder pränatale Intervention interdisziplinär mit Geburtsmedizinern und Kindernephrologen diskutiert werden.
Von großer Bedeutung ist die Aufklärung der Eltern im Rahmen der pränatalen Untersuchungen und Planung der weiteren postnatalen urologischen Anbindung des Kindes.

Postnatales Management

Das Therapieziel ist der Schutz der Nierenfunktion: eine frühzeitig erkannte Obstruktion sollte beseitigt werden, bevor sie zu einer Schädigung oder Zunahme der Schädigung der Nierenfunktion führt.
Die Herausforderung der Therapieplanung ist die Vorhersage, bei welchen Kindern es zu einem Funktionsverlust kommen wird und somit welche Kinder einer interventionellen Therapie bedürfen. Eine Verschlechterung der Nierengesamt- und ipsilateralen Partialfunktion sowie eine kompensatorische Hypertrophie der kontralateralen Niere treten als Spätzeichen einer relevanten Obstruktion auf.
Mehrere Faktoren beeinflussen die Therapiewahl und sollten stets berücksichtigt werden (Abb. 5). Abb. 6 und 7 zeigen diagnostische und therapeutische Algorithmen bei konnataler Ektasie des Nierenbeckenkelchsystems.

Konservatives Vorgehen

Aktuelle Beobachtungsstudien zeigen, dass ein konservatives Management mit engmaschiger Überwachung möglich ist, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
  • asymptomatisches Kind,
  • sonografisch Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems ≤ SFU-Grad III, ohne Befundzunahme im Verlauf,
  • gute stabile Partialfunktion der betroffenen Seite (>43 %),
  • Szintigrafisch nicht relevante Abflussbehinderung, (einmalige Untersuchung nicht ausreichend, vielmehr ist der sonografische und szintigrafische Befund über den Zeitverlauf zu beachten)
  • Compliance der Eltern.
In einer retrospektiven Studie beobachteten Longpre und Kollegen, dass sich der Befund bei 53 % der Neugeborenen mit Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems nach einem medianen Follow-up von 34 Monaten (3–204 Monaten) spontan normalisierte. Unter den Kindern, bei denen ein a.-p. Durchmesser unter 19,3 mm gemessen wurde, erfuhren 83 % eine Normalisierung. Eine Grad-IV-Dilatation nach der SFU-Klassifikation war mit einer signifikant niedrigeren Wahrscheinlichkeit für eine spontane Befundbesserung als eine Dilatation niedrigeren Grades verbunden (Longpre et al. 2012).
Ergebnisse aktueller prospektiver Studien zeigen, dass bei 75–87 % der Säuglinge mit Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems auch im Fall einer szintigrafisch relevanten Obstruktion ein konservatives Vorgehen mit engmaschigen sonografischen und diureseszintigrafischen Kontrollen für mindestens 2 Jahre möglich ist, sodass Kinder, die im Verlauf eine spontane Besserung der Abflussverhältnisse erfahren, keiner operativen Korrektur bedürfen (Beetz et al. 2012).
Über die Notwendigkeit einer Infektprophylaxe wird kontrovers diskutiert (Beetz et al. 2012). Es existieren keine einheitlichen Daten, jedoch scheint die kontinuierliche antibiotische Prophylaxe lediglich in ausgewählten Konstellationen von Vorteil zu sein. So wird vordergründig bei Säuglingen mit Megaureter ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen beschrieben, sodass diese Gruppe von einer Infektprophylaxe zu profitieren scheint (Silay et al. 2017). Bei der UPS gibt es daher keine generelle Empfehlung zum Einsatz einer kontinuierlichen antibiotischen Prophylaxe.
Bei Auftreten von Symptomen wie Flankenschmerzen, Pyelonephritiden oder bei Steinbildung, Verschlechterung der Nierenpartialfunktion um mehr als 10 % oder Abfall der ipsilateralen Funktion unter 40 % sollte eine interventionelle Therapie eingeleitet werden.

Operative Therapie

Ziele der operativen Therapie der ureteropelvinen Stenose sind die Wiederherstellung des gestörten Harnabflusses, die Erhaltung bzw. Verbesserung der Nierenfunktion, die Vermeidung von Parenchymschäden sowie die klinische Symptomfreiheit.
Notfalltherapie
Bei komplizierter Pyelonephritis sollte eine sofortige stationäre Aufnahme mit Einleitung einer parenteralen antibiotischen Therapie erfolgen. Bei therapierefraktärer Infektion mit Pyonephrose sollte eine Harnableitung bevorzugt mittels perkutaner Nephrostomie durchgeführt werden. Im Fall akuter Koliken bei dekompensierter ureteropelviner Stenose kann bei nicht gegebener Möglichkeit einer primären Nierenbeckenplastik auch eine retrograde Entlastung mittels Ureterenkatheter erfolgen.
Von einer dauerhaften Versorgung mit einem Ureterenkatheter sollte jedoch Abstand genommen werden (Notwendigkeit des Wechsels in Narkose und unter röntgenologischer Kontrolle mit konsekutiver Strahlenbelastung, Risiko der Infektion bis hin zur Urosepsis, der Okklusion und der Dislokation). Eine Nierenbeckenplastik sollte dann baldmöglichst erfolgen.
Nierenbeckenplastik
Für die Durchführung einer Nierenbeckenplastik besteht keine Altersgrenze. Zur operativen Korrektur der ureteropelvinen Stenose kommen verschiedene Techniken zum Einsatz:
  • kontinuitätserhaltende Operationen wie die Y-V-Plastik nach Foley (Abb. 8) und die Nierenbeckenplastik nach Culp-DeWeerd , bei der unter Anwendung eines Nierenbeckenlappens die Striktur im pyeloureteralen Übergang überbrückt wird (Abb. 9),
  • die kontinuitätsdurchtrennende Nierenbeckenplastik nach Anderson und Hynes, bei der die Stenose und eventuell ein Anteil des dilatierten Nierenbeckens reseziert werden. Laut EAU-Leitlinien stellt sie das operative Verfahren der Wahl dar (Abb. 10).
In den letzten Jahren werden neben der offen chirurgischen Technik in spezialisierten Zentren zunehmend die konventionelle Laparoskopie und seit etwa 15 Jahren das roboterassistierte Verfahren zur operativen Versorgung der ureteropelvinen Stenose verwendet.
Im Vergleich zur offenen Chirurgie zeigte sich die konventionelle Laparoskopie ebenso wie die roboterassistierte laparoskopische Nierenbeckenplastik bezüglich der Erfolgsrate äquivalent bei kürzerer Hospitalisierung, jedoch in den meisten Studien deutlich längerer OP-Dauer (Autorino et al. 2014). Die Komplikationsrate der offenen Nierenbeckenplastik ist gering, in den meisten Studien ist die Komplikationsrate der laparoskopischen und roboterassistierte Operationstechnik ähnlich (Andolfi et al. 2020). Die offene Nierenbeckenplastik eignet sich in der urologischen Weiterbildung sehr gut als Lehreingriff ohne hierbei wesentlich die Komplikationsrate zu beeinträchtigen.
Vorteile der roboterassistierten Operationstechnik im Vergleich zur konventionellen Laparoskopie sind die verbesserte Beweglichkeit der Instrumente und Visualisierung, das erleichterte Nähen sowie die bessere Ergonomie. Die Kosten der roboterassistierten Operation sind bekanntermaßen höher als bei der konventionellen Laparoskopie und offenen Chirurgie (Cundy et al. 2014). Für die laparoskopische OP sind Instrumente mit 2–3 mm Durchmesser verfügbar, für roboterassistierte Eingriffe existieren bisher keine so schmalkalibrigen Trokare und Instrumente (8 mm Kameratrokar, 5 mm Arbeitstrokare) wie für die konventionelle Laparoskopie.
Hierdurch ist zwar der Einsatz der roboterassistierten Chirurgie auch bei kleinen Kindern möglich, jedoch scheint insgesamt bei Säuglingen und Kleinkindern kein klarer Benefit vorzuliegen. Die Datenlage ist derzeit noch unzureichend, um ein Cut-off hinsichtlich des Alters festzulegen.
Aufgrund der vorhandenen Datenlage und klinischen Erfahrung würden wir insbesondere das roboterassistierte Operationsverfahren aufgrund der durch das begrenzte Platzangebot bei Säuglingen und Kleinkindern möglichen technischen Schwierigkeiten sowie der durch Addieren der Hautschnitte im Vergleich zur offenen Technik doch relevanteren Invasivität eher bei größeren Kindern und Adoleszenten empfehlen.
Endopyelotomie
Retrograd ureterorenoskopisch oder antegrad über einen perkutanen Zugang erfolgt eine Ballondilatation bzw. Schlitzung der Stenose. Die in der Literatur beschriebenen Erfolgsquoten sind sehr unterschiedlich, zwischen 65 % und 88 % für Primäreingriffe (Kim et al. 2012). Dieses Verfahren wird aufgrund der relevanten Verletzungsgefahr, der geringen Erfolgsrate bei gleichzeitig hoher Invasivität (Komplikationsrate, Vollnarkose notwendig) generell nicht empfohlen.
Nephrektomie
Die Indikation zur Nephrektomie bei hochgradig funktionseingeschränkter Niere mit einer Partialfunktion <15 % sollte bei Säuglingen und Kindern mit Vorsicht gestellt werden, zumal das Erholungspotenzial der kindlichen Niere groß ist: Nach Nierenbeckenplastik nach Anderson und Hynes wurde ein Anstieg der ipsilateralen Partialfunktion von <10 % präoperativ auf 21–53 % beobachtet (Beetz et al. 2012). Gupta und Kollegen beobachteten bei 70 % der Patienten mit einer Partialfunktion <10 % eine Besserung der Nierenpartialfunktion auf 29 % nach Nephrostomie-Einlage, woraufhin bei diesen Patienten eine Nierenbeckenplastik erfolgte (Gupta et al. 2001). Bei Kindern mit deutlich eingeschränkter einseitiger Partialfunktion kann der Literatur zufolge eine Erholung der Nierenfunktion unter Ableitung mittels Nephrostomie für 4–6 Wochen abgewartet werden (Aziz et al. 2002; Ismail et al. 2006) , bevor zweizeitig eine Nierenbeckenplastik bei bestätigter Verbesserung der Nierenpartialfunktion durchgeführt wird. Eine Entfernung der Nephrostomie ohne weitere Therapie im Sinne einer Nierenbeckenplastik oder Nephrektomie ist mit einem hohen Infektionsrisiko verbunden. Alternativ kann jedoch auch ohne den „Umweg“ der Nephrostomie sogleich eine Nierenbeckenplastik erfolgen (Wagner et al. 2008), in Kenntnis des hohen Erholungspotenzials der Niere sowie um Komplikationen unter Nephrostomie-Ableitung wie Dislokationen oder Harnwegsinfektionen vorzubeugen.
Bei Vorliegen einer renalen Hypertonie kann die Nephrektomie bei hochgradig eingeschränkter Funktion und ausgeprägter Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems kurativ sein.

Nachsorge nach operativer Korrektur

Bei komplikationslosem postoperativem Verlauf und Beschwerdefreiheit sollte innerhalb von 3 Monaten nach dem Eingriff eine sonografische Kontrolle erfolgen. Eine Restektasie ist bei der Nierenbeckenplastik nach Anderson und Hynes abhängig vom resezierten Nierenbeckenanteil in den meisten Fällen auch ohne relevante Obstruktion zu sehen: der sonografische Befund ist für den Therapieerfolg nicht zwingend repräsentativ. Langfristige sonografische Kontrollen zunächst in 6-monatigen, dann in jährlichen Abständen für mindestens zwei Jahre werden empfohlen, da die meisten Komplikationen nach Nierenbeckenplastik innerhalb der ersten zwei Jahre auftreten (Polok und Apoznanski 2017). Bei unklarem sonografischem Befund mit Zunahme der Ektasie, der Parenchymverschmälerung und/oder Auftreten von Schmerzen ist eine Kontroll-Diureseszintigrafie indiziert. Die Erfolgsrate der primären Nierenbeckenplastik bei Kindern ist hoch: ein Rezidiveingriff ist in bis 4 % (offene Chirurgie) bzw. 6,9 % der Fälle (Laparoskopie) notwendig (Autorino et al. 2014).

Zusammenfassung

Epidemiologie
  • Häufigste Ursache für pränatal festgestellte Ektasien des Nierenbeckenkelchsystems.
  • Mittlere Inzidenz: 1/1500.
  • Geschlechtsverteilung: männlich/weiblich 2:1.
  • In 2/3 der Fälle links; in 1/4 der Fälle bilateraler Befall.
Ätiologie
  • Primär:
    • Intrinsische UPS (im frühen Kindesalter wahrscheinlicher): durch strukturelle und/oder funktionelle Veränderungen.
    • Extrinsische UPS (mit zunehmendem Alter wahrscheinlicher): durch Kompression oder Abknickung des pyeloureteralen Übergangs, meistens durch kreuzende Unterpolgefäße.
    • Sekundär: bei ipsilateralem vesikoureterorenalem Reflux, durch retroperitoneale Entzündungen oder Steinbildung, Tumoren, postoperativ, posttraumatisch, nach Radiatio.
Klinik
Diagnostik
  • Sonografie:
    • Pränatale Diagnostik: ab der 12.–15. SSW.
    • Postnatale Sonografie: vom Hydratationszustand des Patienten abhängig: bei Neugeborenen Sonografie ab dem 3.–4. Lebenstag (physiologische Oligourie); vor jeder Untersuchung auf einen ausreichenden Hydratationszustand des Kindes achten (Reproduzierbarkeit!).
Rückschlüsse auf eine relevante Obstruktion nur begrenzt möglich (indirekte Hinweise).
  • Diuresesonografie: orientierende Beurteilung der urodynamischen Relevanz der UPS.
  • Dopplersonografie: Erhöhung des Widerstandsindex um mindestens 0,2 bei UPS.
  • Weitere bildgebende Diagnostik:
    • MRT: bei unklaren anatomischen Verhältnissen und Verdacht auf komplexe Fehlbildungen; keine Strahlenbelastung, Darstellung der Harnwege, renale Perfusion, seitengetrennte glomeruläre Filtrationsrate (GFR); bei Kindern in Sedierung.
  • Diureseszintigrafie: MAG-III-Clearance:
    • Diagnostisches Standardverfahren für die Unterscheidung zwischen einer Ektasie ohne Obstruktion und einer relevanten Harnabflussstörung.
    • Beurteilung der Nierengesamtfunktion, der seitengetrennten Partialfunktion und der Abnahme der Radionuklidaktivität als Hinweis auf die Abflussverhältnisse.
    • Relevante Obstruktion bei Abnahme von weniger als 50 % der maximalen Radionuklidaktivität.
    • Eingeschränkte Partialfunktion: <43–45 %.
Therapie
  • Ziel: Schutz der Nierenfunktion.
  • Konservativ: engmaschige Kontrollen bei:
    • fehlender Symptomatik.
    • Dilatation des Niereneckenkelchsystems < SFU-Grad III, ohne Befundzunahme im Verlauf.
    • guter stabiler Partialfunktion der betroffenen Seite (>43 %).
    • szintigrafisch nicht relevanter Abflussbehinderung.
    • gegebener Compliance der Eltern.
  • Operativ:
    • Indikationen: Symptomatik, Verschlechterung der Nierenpartialfunktion um mehr als 10 %, Verschlechterung der ipsilateralen Funktion unter 40 %
    • Notfall: komplizierte Pyelonephritis: antibiotische Therapie, ggf. perkutane Nephrostomie; Koliken bei dekompensierter UPS: zeitnahe primäre Nierenbeckenplastik, alternativ Ureterenkatheter.
    • Nierenbeckenplastik: Verfahren nach Anderson und Hynes: Standard; offen, konventionell laparoskopisch, roboterassistiert.
    • Endopyelotomie (bei Säuglingen und Kleinkindern sowie bei extrinsischer UPS nicht empfohlen).
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