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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 09.06.2021

Qualitätsmanagement in der Schlafmedizin

Verfasst von: Friedhart Raschke
Diagnostische und therapeutische Prozesse sind von einer schnellen Weiterentwicklung geprägt, die sich in der adäquaten Versorgungsstrategie niederschlagen muss. Eine regelmäßige Überprüfung der benutzten Verfahren des Qualitätsmanagements ist demnach Voraussetzung, um dem gesetzlichen Auftrag zur Weiterentwicklung der Versorgungsqualität gerecht zu werden. Das bestmögliche Verfahren unter gesundheitsökonomischen, versorgungstechnischen und sozialmedizinischen Gesichtspunkten muss permanent gesucht und angepasst werden.

Englischer Begriff

quality management in sleep medicine

Definition

Unter Qualitätsmanagement (QM) versteht man (gemäß DIN EN ISO 9000:2000) aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich ihrer Qualität. Qualitätsmanagement in der Schlafmedizin umfasst die Ermittlung, Bewertung, Optimierung und Weiterentwicklung von medizinischen Versorgungsprozessen, welche die Beseitigung von Schlafstörungen und nicht erholsamem Schlaf zum Ziel haben. Die Behandlung dieser Störungen erfolgt zwar in der Regel während der Nacht, das Ergebnis stellt sich aber als Befindlichkeit, Leistungsfähigkeit und Vitalität erst am nächsten Tag ein. Die Wiederherstellung der gewohnten Partizipation in Beruf, Familie und Gesellschaft ist infolgedessen nur während des Tages nachweisbar. Die Prozesse der schlafmedizinischen Qualitätssicherung sind daher bimodal: Sie umfassen nicht nur die Abläufe der Nacht, sondern gleichermaßen den Patientenalltag. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Qualität von Diagnostik, Therapie, Nachsorge, Prävention, Aufklärung, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Dokumentation, Information und Medienarbeit sowohl in jedem Bereich als auch zwischen den Bereichen untereinander gut abgestimmt sein. In der Umsetzung für die Praxis müssen die qualitätssichernden Prozeduren ausführlich dargelegt, systematisch geprüft, geplant, kontinuierlich überwacht und bei Bedarf verbessert werden. Dabei gilt für die Schlafmedizin, dass sie als interdisziplinäres Gebiet in Bezug zu zahlreichen Fachwissenschaften steht, was einen zusätzlichen Abgleich erfordert. Unter umfassendem Qualitätsmanagement (Total Quality Management, TQM) versteht man schließlich, dass die durchzuführenden qualitätssichernden Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen untereinander koordiniert sind und ohne Übergangsverluste sektorenübergreifend durchgeführt werden.
Die Bestandteile und Methoden des Qualitätsmanagements sind vielfältig. Zu ihnen gehören Entwicklung, Implementation und Umsetzung von Leitlinien, Zertifizierungen (DIN/ISO), Qualifikationsnachweise der Fachgesellschaften und Ärztekammern, Teilnahme an Qualitätsprogrammen hinsichtlich Sicherung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, die Berücksichtigung von evidenzbasierter Medizin (HTA-Reports, Cochrane Library), Qualitätszirkel, Audits u. a. m. Qualitätsmanagement ist zur Verfahrensverbesserung und kontinuierlichen Weiterentwicklung von Prozessabläufen einrichtungsintern gesetzlich (§ 136/136a, SGB V) vorgeschrieben.

Grundlagen

Entwicklung von Qualitätsmanagement in der Schlafmedizin

Die Einführung von Maßnahmen der Qualitätssicherung in der Schlafmedizin entwickelte sich in Deutschland stufenweise. Anfangs fanden seit Mitte der 1980er-Jahre regelmäßige Arbeitstagungen des Arbeitskreises Klinischer Schlafzentren (AKS) und der Sektion Nächtliche Atmungs- und Kreislaufstörungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie statt. Diese Veranstaltungen wurden ab 1987 jährlich als Sonderheft der „Pneumologie“ publiziert. Parallel dazu entwickelte sich ab 1989 über den AKS ein Akkreditierungsprozess, der die Visitation von Schlaflaboratorien durch ein dreiköpfiges, interdisziplinär zusammengesetztes Gremium vorsah. Merkmale der Strukturqualität wurden standardisiert überprüft, um einem Schlaflabor eine Zertifizierung als akkreditiertes Schlaflabor zuzuteilen. Dieses Verfahren hat inzwischen an über 300 Schlaflaboratorien zur Anerkennung geführt. 1999 wurde weiterhin ein Peer-Review-Verfahren zur Sicherung der Prozessqualität mittels vollständig bewerteter Patientenakten etabliert, und 2002 wurde der erste Durchgang zur Sicherstellung der Ergebnisqualität mittels zufallsausgewählter Patientenbefragungen an über 6000 Personen durchlaufen. Parallel dazu wurden an vielen Orten regionale Fortbildungsveranstaltungen mit standardisiertem Curriculum zur Diagnostik und Behandlung Schlafbezogener Atmungsstörungen abgehalten. Fünfteilige Curricula, welche die gesamte Schlafmedizin umfassen und an ausgewählten Standorten stattfinden, kamen 1997 hinzu. Sie dienten gleichzeitig der Vorbereitung auf den Qualifikationsnachweis Somnologie, der für Ärzte, Naturwissenschaftler und Psychologen sowie für technisches Assistenzpersonal eingerichtet wurde. Seit 2004 ist dieser Qualifikationsnachweis über die Neustrukturierung der Weiterbildungsordnung in die Zusatzweiterbildung Schlafmedizin übergegangen, die 2003 von der Bundesärztekammer vorgeschlagen wurde und die derzeit in den verschiedenen regionalen Ärztekammern der Bundesländer als Prüfungsfach eingerichtet wird. Ein Ausbildungskompendium als zweibändiges Werk wurde 1997 verfasst und zeitgleich die Zeitschrift „Somnologie“ als Periodikum ins Leben gerufen. Regelmäßige Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) werden seit 1992 abgehalten, wobei als Besonderheit die Einbindung von technischem Assistenzpersonal und Patienten-Selbsthilfegruppen angesehen werden kann.
In Abb. 1 ist die vernetzte Struktur der DGSM mit ihren verschiedenen Modulen des Qualitätsmanagements wiedergegeben. Diese Strukturen haben sich inzwischen gut bewährt, und sie befinden sich in stetiger Weiterentwicklung. Die in Deutschland entwickelten Methoden der schlafmedizinischen Qualitätssicherung werden seit 2005 von anderen Europäischen Gesellschaften der Schlafmedizin hinsichtlich der Qualitätssicherungsprogramme nahezu vollständig übernommen, allen voran die Europäische Gesellschaft für Schlafforschung (ESRS; Pevernagie et al. 2006).
Wegen der vielfältigen Ursachen von Schlafstörungen, wie sie aus der „ICSD-3“ hervorgehen, ist sehr oft eine fächerübergreifende Betrachtung für die Differentialdiagnose des nicht erholsamen Schlafs erforderlich. Ein Spezifikum der Schlafmedizin ist deswegen ihre Interdisziplinarität, die unterschiedliche Fachdisziplinen wie Neurologie, Psychiatrie, Psychologie, Innere Medizin, Pneumologie, Pädiatrie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kieferchirurgie, Sozialmedizin, Arbeitsmedizin, Chronobiologie, Pharmakologie u. a. m. zusammengeführt hat (vgl. Abb. 1). Die einzelnen Fächer sind allerdings in unterschiedlichem Umfang gefordert, wenn es um die Wiederherstellung von erholsamem Schlaf geht. In jedem Fall werden für die Akkreditierung eines schlafmedizinischen Zentrums oder den Qualifikationsnachweis „Somnologie“ fächerübergreifende Fachkenntnisse gefordert, wie sie für ein von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) seit über 10 Jahren als „kleines Querschnittsgebiet“ eingeordnetes Fach gelten.
Siehe auch „Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung“; „Schlafmedizinische Fachgesellschaften, Fachzeitschriften und Publikationsforen“.

Qualitätssicherung

Akkreditierungsverfahren zur Strukturqualität werden seit vielen Jahren durchgeführt. Qualitätssicherung besteht nach Donabedian (1980) aus den 3 Hauptkomponenten Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität.

Strukturqualität

Hierunter werden nach Donabedian fassbare Strukturen der Einrichtung und Ausstattung verstanden, beispielsweise Raumangebot und medizintechnische Ausstattung gemäß spezifischer Versorgungsanforderungen. Zu strukturellen Merkmalen gehören Eigentümer, Trägerschaft, Partnerschaften, die Verwaltungs- und Personalstruktur (hier vorrangig die Qualifikation und die Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter), finanzielle Strukturaspekte (zum Beispiel Abrechnungsmodalitäten) und der geographische Faktor (nicht nur bezogen auf das Einzugsgebiet, sondern auch auf die Konsiliarversorgung). Auf den Merkmalen der Strukturqualität basiert die Akkreditierung eines Schlaflabors beziehungsweise Schlafmedizinischen Zentrums (Penzel et al. 2000). Sie umfasst standardisiert folgenden Ablauf:
  • Antrag auf Akkreditierung bei der DGSM
  • Hauptorganisation durch Zentralstelle
  • Detailorganisation und Terminierung durch beauftragte Regionalleiter
  • Visitation/Begehung durch ein interdisziplinäres Team aus 3 Experten: Begutachtung der räumlichen Ausstattung, der personellen Ausstattung und der vorgeführten methodischen Qualifikation, Beurteilung der medizinischen Qualifikation und des Prozessablaufs
  • Protokollerstellung über die Visitation
  • Akkreditierung durch den Vorstand der DGSM
  • Reevalution in 2-Jahres-Abständen
Diesen Prozess haben derzeit 312 Schlaflaboratorien in Deutschland durchlaufen (Stand 2017).

Prozessqualität

Hierunter wird nach Donabedian das Ausmaß verstanden, in dem Maßnahmen durchgeführt werden. Das betrifft die Beurteilung von Maßnahmen zur Überprüfung („screening“) und Fallselektion (zum Beispiel Routinemaßnahmen für ältere Patienten oder in speziellen Risikosituationen), weiterhin diagnostische Maßnahmen (zum Beispiel deren Häufigkeit, Umfang und Art, aber auch deren Validitätsüberprüfungen), die Durchführung der Therapie (zum Beispiel Präventionsmanagement, Anzahl der Visiten und routinemäßigen Nachuntersuchungen, Regelmäßigkeit der Medikamentenverordnung), weiterhin Beratungen und Konsultationen (zum Beispiel deren Regelmäßigkeit, Art und Umfang), die Koordination und Kontinuität der Behandlung (zum Beispiel die Anzahl der involvierten Einrichtungen und Personen), die Einschaltung öffentlicher Einrichtungen und Ressourcen (zum Beispiel Umfang und Regelmäßigkeit, generell oder in spezifischen Situationen) und die ärztliche Berichterstattung mit Arztbrief und Entlassungsbericht.
Eine weit verbreitete Methode zur Qualitätsbewertung ist die Beurteilung der Prozessqualität durch erfahrene Fachkollegen (Peer-Review-Verfahren). Ziel des Peer-Reviews (Fischer et al. 1999) ist es, die Sensibilisierung für Probleme der Prozessqualität zu erhöhen und akzeptierte Beurteilungskriterien zu verbreiten, die von den Peers auch bei ihrer eigenen Arbeit eingesetzt werden. Dazu gehören auch die Identifikation von „Schwachstellen“, um schlafmedizinische Konzepte weiterzuentwickeln, sowie die zeitnahe Verbesserung der Prozessqualität. Als Bewertungsunterlagen dienten Patientenakten, die Untersuchungsprotokolle im Schlaflabor, ein Musterausdruck der polysomnographischen Registrierung und der Entlassungsbericht. Diese Materialien wurden anhand definierter Kriterien mittels einer Checkliste sondiert und bewertet, der zur Klassifizierung ein Manual mit Beurteilungskriterien zugeordnet ist. Eine Zentralstelle überwacht die randomisierte Auswahl von Patientenakten, ihren Versand und die Auswahl der Gutachter. Auch die Auswertung wird von der Koordinierungsstelle vorgenommen. Die Ergebnisse werden dem Schlaflabor als individueller Report inklusive Vergleich mit den anderen Leistungserbringern mitgeteilt (sogenanntes Bench-Marking). Die Kategorien Anamnese, Diagnostik, Diagnosesicherung, Therapie, Entlassungsbericht und gesundheitsökonomische Beurteilung wurden bewertet, und hieraus werden Qualitätsindikatoren als Maßzahl ermittelt. Der Vergleich mit anderen schlafmedizinischen Zentren gleicher Fachrichtung und schlafmedizinischen Zentren aller Fachrichtungen ermöglichte eine Positionierung und Qualitätskorrektur der eigenen Leistungen. Die Reliabilität der Beurteilungen der Peers wurde ebenfalls überprüft und als Maßzahl ermittelt.

Ergebnisqualität

Unter Ergebnisqualität werden nach Donabedian (1980) folgende Merkmale verstanden: Parameter, die als Health Outcomes zusammengefasst werden, wie Mortalität, Morbidität, Behindertenrate, Lebenserwartung, Komplikationen, Wiederherstellung von physischen und sozialen Funktionen, gesundheitsrelevantes Wissen und Verhalten des Patienten. Als besonders wichtige Qualitätsmerkmale gelten die Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung bezüglich der Leistungen von Arzt, Therapeut, Assistenzpersonal und Verwaltung sowie die Beseitigung der Symptome und das Eingehen auf die Bedürfnisse des Patienten. In dem von der DGSM durchgeführten Programm wurden folgende Patientenangaben erhoben: Einverständniserklärung zur Datenerfassung, soziodemographische Daten, technische Messgrößen aus der Polysomnographie vor und unter Therapie, Art der Therapie, Zustandsbeschreibungen vor und 2 Monate nach Beendigung der Diagnostik und Therapie, Veränderungsmessungen verschiedener Dimensionen und schließlich die Patientenzufriedenheit.
Zustandsbeschreibungen, die bisherige Dauer der Schlafstörung, Dauer der Arbeitsunfähigkeit in den letzten 12 Monaten, Initiatoren der Untersuchung, Erwartungen an Diagnostik und Therapie sowie selbstorganisierte und exogen bedingte Änderung der Lebensgewohnheiten werden als Veränderungsmessung des objektiven und subjektiven Status unter Therapie festgehalten. Weiterhin wurden vorher und 2 Monate nach der Diagnostik und Therapieeinleitung die Veränderungen auf folgenden Dimensionen erhoben: Vigilanz und Leistungsbereitschaft, bestehende Schlafstörungen, Angaben aus Fremdbeobachtung, Missempfindung in den Füßen und Beinen, die Schlafmedikation, Fragen zur Depressivität, Aktivität, zur inneren Ruhe und zum allgemeinen Gesundheitszustand. Schließlich wurde eine basale Frage aus der Gesundheitsökonomie vorgelegt: Was wäre Ihnen die erfolgreiche Behandlung wert gewesen, wenn Sie sie bei einem vorgegebenen Jahreseinkommen selbst hätten bezahlen müssen (Frage nach der Zahlungsbereitschaft, der sogenannten Willingness to Pay). Hinsichtlich Patientenzufriedenheit wurden folgende Angaben zum Ablauf und Umfang der Untersuchungen im Schlaflabor abgefragt: Beurteilung der personellen Betreuung, Beurteilung des allgemeinen Befindens und der speziellen Beschwerden seit Therapiebeginn. Die Untersuchung der Ergebnisqualität kann Hinweise zur Verbesserung der schlafmedizinischen Versorgung geben und mit dazu beitragen, den Nutzen der therapeutischen Maßnahmen zu erhöhen und die Kosten zu senken.

Gesundheitsökonomische Gesichtspunkte

Ziel der Prozessoptimierung ist die fortlaufende Qualitätsverbesserung zur Vermeidung von Fehl-, Über- und Unterversorgung. Die Beschränkung auf effektive und qualitativ hochwertige Verfahren von Diagnose, Therapie und Nachsorge ist daher gleichfalls Qualitätskriterium, um einen Beitrag zur Vermeidung von unnötigen Kosten zu leisten. Im Rahmen der Prozessbewertungen muss daher stets auch die Wirtschaftlichkeit und Bedarfsgerechtigkeit berücksichtigt werden, um den personellen, organisatorischen und therapeutischen Aufwand angemessen zu gestalten.

Leitlinien

Leitlinien werden entwickelt und eingesetzt zur Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung, zur individuellen Therapieplanung, zur Information von Gruppen oder Personen (beispielsweise bei der Patientenaufklärung oder in der Aus-, Fort- und Weiterbildung), zur Bewertung und Sicherung der Behandlungsqualität als Qualitätssicherung und zur Reduktion von Kosten in der Gesundheitsversorgung. Leitlinien ermöglichen es, nicht notwendige und nicht angemessene Leistungen von solchen zu trennen, deren Notwendigkeit nachvollziehbar, angemessen und bedarfsgerecht ist. Sie dienen darüber hinaus der Reduktion von Risiken, Nebenwirkungen und fehlerhafter Behandlung. Für die deutschsprachige Schlafmedizin wird seit 2001 die Leitlinie der Qualitätsstufe S2 Nicht erholsamer Schlaf (Fischer et al. 2001) verwendet, die als Kernelement einen klinischen Algorithmus zum diagnostischen Vorgehen beim nicht erholsamen Schlaf enthält. Derzeitige Leitlinien besitzen die Qualitätsstufe S3 (Mayer et al. 2017; Riemann et al. 2017). Standardisierte nichtapparative Diagnoseverfahren sowie die Untersuchungsstandards für unterschiedliche schlafmedizinische Erkrankungen sind dort aufgeführt, ebenso wie die Grundlagen der Qualitätssicherung und Methoden der evidenzbasierten Medizin. Die Leitlinien besitzen den Level S3, was bedeutet, dass sie als konsentierter Gruppenprozess in einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertengruppe erstellt wurde, an der verschiedene Berufsgruppen, Fachgesellschaften und auch Patientenvertreter aus den Selbsthilfegruppen beteiligt waren. Weiterhin beruhen die Aussagen auf einer systematischen Analyse der vorhandenen wissenschaftlichen Evidenz, und drittens sind sie im Rahmen einer strukturierten Konsensfindung zustande gekommen. Eine Kurzfassung dieser Leitlinie findet sich auf der Homepage der DGSM.
Siehe auch „Algorithmus Nicht erholsamer Schlaf“; „Evidenzbasierung und Leitliniengestaltung“

Ausbildung, Fort- und Weiterbildung

Ein Kompendium Schlafmedizin wurde 1997 zusammengestellt und ständig weiterentwickelt (Schulz et al. 2020), das als standardisiertes Werk in Form einer Loseblattsammlung den gesamten Ausbildungskatalog umfasst. Zur Aus- beziehungsweise Weiterbildung zum Somnologen wurde weiterhin ein Curriculum Somnologie durchgeführt, das aus 5 dreitägigen Blöcken mit jeweils 40 Unterrichtseinheiten und folgenden Themenschwerpunkten bestand, derzeit jedoch nicht angeboten wird:
  • 1. Block: Grundlagen des Schlafs: Chronobiologie, Physiologie, Psychologie, Pharmakologie, Diagnostik, Tagesmüdigkeit und Vigilanz, Klassifikationssysteme der Internationalen Klassifikation der Schlafstörungen (ICSD), Epidemiologie
  • 2. Block: Schlaf-Wach-Störungen in Neurologie, Psychiatrie und Pädiatrie: Störungen und Erkrankungen des Schlafens und Wachens in Neurologie, Psychiatrie und Pädiatrie
  • 3. Block: Schlafbezogene Atmungsstörungen, Schlaf-Wach-Störungen in Pneumologie und anderen Teilgebieten der Inneren Medizin, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Epidemiologie, Pathophysiologie, Hypoventilationssyndrom, Koronare Herzkrankheit, Arterielles System, Gastroenterologie, Internistische Diagnostik; Therapie: apparative Hilfsmittel und chirurgische Verfahren, Praxis der respiratorischen Heimtherapie
  • 4. Block: Indikation der Diagnostik und Therapie, therapeutische Strategien, Erfassung von Schlaf-Wach-Störungen, Empfehlungen, Leitlinien, Evidence-based Medicine, Gesundheitsökonomie
  • 5. Block: Praktischer Ausbildungsteil, Polysomnographie, Ableitetechniken, Diagnostik, Schlafstadien-Staging, Editieren

Qualifikationsnachweis „Somnologie“

Das Anerkennungsverfahren für den Qualifikationsnachweis Somnologie, das von einer interdisziplinären Kommission durchgeführt wird und eine zweijährige, ganztägige Tätigkeit in einem akkreditierten Schlaflabor voraussetzt, wird in Form einer fächerübergreifenden theoretischen und praktischen Überprüfung der schlafmedizinischen Kenntnisse und Fertigkeiten durchgeführt. Es werden darin auch Erfahrungen mit selbstständig abgeschlossenen Behandlungsfällen erwartet, beispielsweise eine Mindestzahl von Schlafbezogenen Atmungsstörungen, Parasomnien und Ventilationstherapien. Selbstständig durchgeführte Polysomnographien mit Befundung, Editieren und Dokumentation sowie Multiple Schlaflatenztests werden ebenfalls vorausgesetzt. Dieser Qualifikationsnachweis für Ärzte, Psychologen und Naturwissenschaftler sowie technische und pflegerische Mitarbeiter wird von der DGSM seit 1999 angeboten. Inzwischen ist er Bestandteil der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer, wobei eine regionale, auf das Bundesland bezogene Etablierung seit 2004 angelaufen, aber noch nicht abgeschlossen ist. Dadurch ist der Erwerb der Zusatzbezeichnung Schlafmedizin für Ärzte möglich geworden.

Zeitschrift „Somnologie“

Die Zeitschrift „Somnologie“ erscheint seit 1997 als fachspezifisches, bilinguales (deutsch-englisch) wissenschaftliches Publikationsorgan mit 4 Heften pro Jahr und Supplement-Heften zu Jahrestagungen oder zu Sonderthemen.

Medienarbeit, Aufklärung, Prävention

Die DGSM verfügt über eine Homepage (www.dgsm.de), in der zahlreiche Fach- und Patienteninformationen zu Schlafstörungen, ihren Ursachen, ihrer Diagnose und Therapie abrufbar und weiterführende Links aufgeführt sind. Die Leitlinie S3 Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen wurde als Sonderband der „Somnologie“ herausgegeben. Sie lässt sich über die Homepage der DGSM abrufen. Eine Kurzfassung für Ärzte wurde aufgelegt. Im Rahmen der Fachtagungen finden regelmäßige Pressekonferenzen statt, und die vielfältige publizistische Aktivität bezüglich Interviews und Reports wird über die Geschäftsstelle der DGSM koordiniert. Häufig sind Kontakt, Aufklärung, Publikums- oder Gremienarbeit in der Gesundheitspolitik erforderlich, wie zum Beispiel die Teilnahme an Hearings, Parlamentarischen Abenden, bei Ärztevertretungen wie Bundesärztekammer und Landesärztekammern oder bei Kostenträgern (Gesetzliche Krankenversicherung, Private Krankenversicherung, Rentenversicherung), bei Berufsverbänden (Bundesverband der Pneumologen) und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Auch solche aktuellen publizistischen Aktivitäten sind auf der DGSM-Homepage verzeichnet.

Wissenschaftliche Jahrestagungen

Themenzentrierte Jahrestagungen („Schlaf und Leistung“, „Schlaf und Ökonomie“, „Gehirn und Schlaf“, „Der Traum vom erholsamen Schlaf“, „Schlafmedizinische Versorgung“, „Schlaf bewegt“, u. a. m.) finden seit 25 Jahren an wechselnden Standorten mit bis zu 2600 Teilnehmern statt.

Arbeitsgruppen

Zur Effizienzsteigerung und Expertenaggregation gibt es Arbeitsgruppen für Ausbildung, Kommunikation, Diagnostik und Psychopathometrie, Methodik, Apnoe, Pathophysiologie, Pädiatrie, Insomnie, Vigilanz, Chronobiologie, Kreislauf und Schlaf, Chirurgische Therapieverfahren, Motorik, Traum, Alertness-Management, Klinisch-wissenschaftlicher Nachwuchs sowie Telemedizin. Mehrere Kommissionen befassen sich mit dem Qualifikationsnachweis Somnologie, mit pädiatrischer Schlafmedizin, mit Schlaflaborakkreditierung, Prozess- und Ergebnisqualität, Hilfsmittel, Selbsthilfegruppen und mit Schlafmedizinischer Versorgung und sind beauftragt, qualitätsverbessernde Leistungen zu erarbeiten.

Patienten-Selbsthilfegruppen

In Deutschland gibt es ca. 300 Selbsthilfegruppen, die sich mit dem Thema schlafbezogene Atmungsstörungen befassen. Sie sind darüber hinaus in einem Bundesverband beziehungsweise beim Sozialverband VdK Deutschland organisiert. Außerdem gibt es Selbsthilfegruppen zu Narkolepsie, zum Chronic Fatigue Syndrom und zum Restless-Legs-Syndrom, die an den wissenschaftlichen, publizistischen und öffentlichen Aktivitäten der DGSM beteiligt sind und sich austauschen.

Patientenschulung

Der internationale Katalog schlafmedizinischer Erkrankungen ist noch jung. Aufklärung in der Bevölkerung und unter Patienten gehört daher ebenfalls zu den Qualitätsprogrammen. Schulungsprogramme zur allgemeinen „Schlafhygiene“ und speziellen krankheitsbezogenen Problemen sind etabliert. Bei hohem Chronifizierungsgrad der unbehandelten Schlafstörungen schreibt man ihnen eine gute sekundär-präventive Wirksamkeit zu.

Ausblick

Diagnostische und therapeutische Prozesse sind von einer schnellen Weiterentwicklung geprägt, die sich in der adäquaten Versorgungsstrategie niederschlagen muss. Eine regelmäßige Überprüfung der benutzten Verfahren des Qualitätsmanagements ist demnach Voraussetzung, um dem gesetzlichen Auftrag zur Weiterentwicklung der Versorgungsqualität gerecht zu werden. Das bestmögliche Verfahren unter gesundheitsökonomischen, versorgungstechnischen und sozialmedizinischen Gesichtspunkten muss permanent gesucht und angepasst werden.
Literatur
Donabedian A (1980) The definition of quality and approaches to its assessment, Explorations in quality assessment and monitoring, Bd I. Health Administration Press, Ann Arbor
Fischer J, Raschke F, Kutschmann M (1999) Die Checkliste qualitätsrelevanter Prozeßmerkmale für das Peer-Review-Verfahren der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) zur Sicherung der Prozeßqualität im akkreditierten Schlaflabor. Somnologie 3:335–346CrossRef
Fischer J, Mayer G, Peter JH et al (2001) Leitlinie „S2“ Nicht-erholsamer Schlaf. Somnologie 5(Suppl. 3):1–259
Mayer G, Arzt M, Braumann B et al (2017) Leitlinie S3 Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen“. Somnologie 20(Suppl s2):S97–S180
Penzel T, Hein H, Rasche K et al (2000) Leitfaden für die Akkreditierung von schlafmedizinischen Zentren der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Somnologie 4:181–187CrossRef
Pevernagie D, Stanley N, Berg S et al (2006) European guidelines for the accreditation of sleep medicine centers. J Sleep Res 15:231–238CrossRef
Riemann D, Baum E, Cohrs S et al (2017) Leitlinie S3 Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“. Somnologie 21:2–44CrossRef
Schulz H, Geisler P, Rodenbeck A (Hrsg) (2020) Kompendium Schlafmdizin für Ausbildung, Klinik und Praxis. Ecomed, Landsberg (29. Aktualisierung Januar 2020)