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Kinderchirurgie
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Publiziert am: 16.03.2018

Fremdkörperingestionen bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Beate Häberle und Thomas Nicolai
Kinder untersuchen neugierig ihre gesamte Umgebung. Die Vorliebe, Vieles in den Mund zu stecken, führt immer wieder zu einer Fremdkörperingestion. Am häufigsten sind dabei Kleinkinder betroffen. Ein großer Teil an Fremdkörperingestionen bleibt vermutlich unbemerkt. Andere werden beobachtet und bleiben klinisch und therapeutisch ohne Konsequenzen. Bei einem kleinen Teil der Kinder ist die Entfernung des Fremdkörpers nötig, da ansonsten ein hohes Risiko für z. T. schwere Komplikationen besteht.
Kinder untersuchen neugierig ihre gesamte Umgebung. Die Vorliebe, Vieles in den Mund zu stecken, führt immer wieder zu einer Fremdkörperingestion. Am häufigsten sind dabei Kleinkinder betroffen. Ein großer Teil an Fremdkörperingestionen bleibt vermutlich unbemerkt. Andere werden beobachtet und bleiben klinisch und therapeutisch ohne Konsequenzen. Bei einem kleinen Teil der Kinder ist die Entfernung des Fremdkörpers nötig, da ansonsten ein hohes Risiko für z. T. schwere Komplikationen besteht.

Grundlagen

Epidemiologie

Die Fremdkörperingestion ist ein häufiges Problem in Kindernotfallambulanzen. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2007 wurden für die USA 127.777 Ingestionen gemeldet (Lelli 2010). Es wird angenommen, dass ca. 40 % der Fremdkörperingestionen nicht beobachtet und bemerkt werden, da die Kinder meist asymptomatisch bleiben (Wahbeh et al. 2002). Das typische Alter liegt zwischen 6 Monaten und 3 Jahren, 70 % der betroffenen Kinder sind <6 Jahre (Uyemura 2005; Arana et al. 2001; Lelli 2010; Crysdale et al. 1991). Bei nachgewiesenen Fremdkörpern wurde die Ingestion in den meisten Fällen (ca. 75 %) beobachtet und liegt daher meist <24 h zurück (Crysdale et al. 1991). 80–90 % der Fremdkörper passieren den Magendarmtrakt auf natürlichem Wege. Nur in ca. 10–20 % der Fälle ist die Entfernung des Fremdkörpers erforderlich (Uyemura 2005). In <1 % der Fälle kommt es zu einer schweren Komplikation wie Perforation des Ösophagus, Mediastinitis oder ösophagotracheale Fistel (Arana et al. 2001; Nandi und Ong 1978). Ein höheres Risiko für eine Fremdkörperingestion haben Kinder mit anatomischen oder funktionellen Störungen des Ösophagus oder Larynx, vernachlässigte Kinder oder Kinder mit psychomotorischer Retardierung und Krampfleiden (Nolte 1993; Lelli 2010).

Art des Fremdkörper

Die Art des verschluckten Fremdkörpers ist stark regional und kulturell unterschiedlich. In Nordamerika und Europa sind Münzen mit 30–80 % die am häufigsten verschluckten Fremdkörper. (Schunk et al. 1994; Shinhar et al. 2003; Arana et al. 2001; Crysdale et al. 1991). In östlichen Ländern mit anderer Kultur und Ernährung werden häufiger Fischgräten und Hühnchenknochen gefunden (bis zu 60 %, Nandi und Ong 1978; Whabeh et al. 2002). Kleine Kinder verschlucken etwas häufiger Münzen (Median 3,8 Jahre), Knochen und Gräten werden von etwas älteren Kindern verschluckt (Median 5,4 Jahre, Cheng und Tam 1999). Folgende Gegenstände werden immer wieder beschrieben: Batterien, scharfe Gegenstände wie Nadeln, Sicherheitsnadeln und Nägel, Spielzeugteile, Schrauben, Schlüssel, Haarspangen, Stiftdeckel und Metallfedern. Zwischen 60 und 90 % der Fremdkörper sind röntgendicht. Nicht röntgendichte Fremdkörper können schwierig zu erkennen oder auch nur mit einem Ösophagogramm nachweisbar sein (Abb. 1). Nahrungsmittelboli können insbesondere bei Grunderkrankungen des Ösophagus in diesem hängen bleiben (Kap. „Angeborene Ösophagusfehlbildungen“, und „Funktionelle und erworbene Ösophaguserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“).

Lokalisation

Fremdkörper, die verschluckt werden, passieren meistens ungehindert den gesamten Verdauungstrakt. Aufgrund der Größe oder Form eines Fremdkörpers kann dieser aber auch an verschiedenen anatomischen Engstellen hängen bleiben. Bei Diagnosestellung sind ca. 60 % der Fremdkörper im Magen nachzuweisen, ca. 20 % im Ösophagus, 10 % im Dünndarm und 5–10 % im Oropharynx (Arana et al. 2001; Cheng und Tam 1999).
Anatomische Engen des Verdauungstraktes
  • Obere Ösophagusenge/M. cricopharyngeus
  • Aortenenge/Überkreuzung des Aortenbogens
  • Untere Ösophagusenge/Sphincter cardiae
  • Pylorus
  • Duodenales C
  • Flexura duodenojejunalis (Treitz-Flexur)
  • Valva ileocaecalis (Bauhin-Klappe)

Fremdkörper im Oropharynx

Fremdkörper im Oropharynx sind relativ selten (9 %). Aufgrund der sensiblen Innervation der Schleimhaut verursachen Fremdkörper in diesem Bereich Symptome, meist ein Fremdkörpergefühl, aber auch Beeinträchtigung des Atemwegs und Speicheln. In ca. 80 % handelt es sich um Gräten oder Knochenstückchen. Durch diese meist spitzen und scharfen Fremdkörper kann es zu Verletzungen der Schleimhaut und Perforationen kommen. Dies kann zu retropharyngealen Abszessen führen. Ein Teil dieser Fremdkörper ist bei kooperativen Patienten direkt sichtbar und kann dann in der Regel mit der McGill-Zange entfernt werden (Arana et al. 2001).
Bei von außen nicht sichtbaren Fremdkörpern sollte eine Röntgenuntersuchung angefertigt werden. Metall oder Glasfremdkörper können evtl. dargestellt werden. Knochen und Gräten sind nur in ca. 25 % der Fälle radiologisch darstellbar (Cheng und Tam 1999). Besteht anamnestisch und klinisch ein hochgradiger Verdacht auf eine Fremdkörperingestion und zeigen die klinische und radiologische Untersuchung keinen Fremdkörper, muss eine Laryngoskopie erwogen werden. Da die Empfindung eines Fremdkörpers im Oropharynx auch ohne Fremdkörper oft noch lange bestehen bleibt, wird je nach Symptomatik auch ein abwartendes Verhalten empfohlen. Bei Persistenz der Symptomatik über 12–24 h sollte dann eine Laryngoskopie durchgeführt werden (Cheng und Tam 1999; Stack und Munter 1996). Fremdkörper, die den Larynx verlegen oder zu einer Schwellung des Larynx führen, können Symptome wie Heiserkeit und akute Atemnot verursachen. Hier ist eine sofortige Intervention notwendig (Abschn. 8) (Rodriguez 2012).

Fremdkörper im Ösophagus

Fremdkörper im Ösophagus sollten aufgrund des hohen Komplikationsrisikos entfernt werden.
Die Speiseröhre ist der engste Abschnitt des Verdauungstraktes. Es gibt drei anatomische Engen:die obere Enge am M. cricopharyngeus, die mittlere im Bereich des Überkreuzens des Aortenbogens und linken Hauptbronchus und die untere am Sphincter cardiae. Ca. 60–70 % der stecken gebliebenen Fremdkörper sind auf Höhe der oberen Ösophagusenge zu finden, 10–20 % jeweils im Bereich der mittleren und unteren Enge (Little et al. 2006; Wahbeh et al. 2002). Die meisten verschluckten Gegenstände, die den M. cricopharyngeus passieren, können weiter in den Magen gelangen und dann auf natürlichem Weg den gesamten Verdauungstrakt passieren.
Ein Fremdköper bleibt im Ösophagus entweder aufgrund seiner Größe bzw. Struktur hängen oder aufgrund einer durch Vorerkrankung bedingten Enge des Ösophagus. Bei Kindern mit Ösophagusatresie (Kap. „Angeborene Ösophagusfehlbildungen“, und „Funktionelle und erworbene Ösophaguserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“) kann eine Enge im Bereich der Anastomose und eine Motilitätsstörung des Ösophagus vorliegen. Auch nach Verätzungen kann es zu Strikturen und Motilitätsstörungen kommen, die eine Passage erschweren können. Patienten nach Operation einer Fundoplikatio (Kap. „Erkrankungen des Magens bei Kindern und Jugendlichen“) können rezidivierende Bolusingestionen haben. Eine mediastinale Raumforderung, Achalasie, Duplikaturen oder ein Gefäßring können zu einem Stopp eines Fremdkörpers oder Nahrungsbolus führen (Lelli 2010; Wahbeh et al. 2002).
Fremdkörper im Ösophagus sollten aufgrund des Komplikationsrisikos entfernt werden (Abb. 1). Bei Fremdkörpern im distalen Abschnitt besteht eine gewisse Chance, dass sie in den Magen passieren, sodass hier bei symptomlosen Patienten noch ca. 12 h abgewartet werden kann. Allerdings ist kurz vor dem Eingriff eine erneute Lagekontrolle des Fremdkörpers erforderlich (Wahbeh et al. 2002).

Klinik

Kinder, bei denen der Verdacht einer Fremdkörperingestion besteht, sind oft symptomlos. In ca. 50 % der Fälle liegen außer einer entsprechenden Anamnese keine Beschwerden vor und auch die klinische Untersuchung ist unauffällig (Cheng und Tam 1999). Die Ingestion eines Fremdkörpers wurde meist von Betreuungspersonen beobachtet oder vom Kind selbst berichtet. Bleibt der Fremdkörper im Ösophagus stecken, treten allerdings Symptome in mehr als 75 % der Fälle auf (Chinski 2010). Folgende Symptome werden in absteigender Häufigkeit beschrieben: Dysphagie, Speicheln, Würgen, Nahrungsverweigerung, Erbrechen, Fieber, retrosternale Schmerzen, Atemnot, Giemen, Bauchschmerzen, Husten (Little et al. 2006). Die Symptome sind altersabhängig. Kleinkinder zeigen eher Symptome wie Speicheln, Würgen, Nahrungsverweigerung und Erbrechen. Ältere Kinder klagen über Dysphagie und retrosternale Schmerzen (Nandi und Ong 1978).
Die häufigsten Symptome beim Kleinkind
  • Speicheln
  • Würgen
  • Nahrungsverweigerung
  • Erbrechen

Komplikationen

Bei länger bestehender Ingestion kann es zu einer periösophagealen Entzündung mit Mediastinitis, Nekrose und Perforation des Ösophagus sowie zu Atemwegssymptomen wie Giemen, Stridor, Atemnot, chronischen Husten und Aspirationspneumonie, kommen (Lelli 2010; Crysdale et al. 1991) (Abb. 2). Eine fatale Komplikation ist die Arrosion der Aorta mit Fistelbildung zur Aorta, die in Einzelfällen beschrieben ist. Eine Fremdkörperingestion kann auch erst mit Auftreten von Spätkomplikationen bemerkt werden. Die klinischen Zeichen hierfür können Hämatemesis, chronischer Husten, Stridor und rezidivierende Aspirationspneumonien sein (Lelli 2010).

Fremdkörper im Magen und Dünndarm

Die meisten Fremdkörper werden bei Diagnosestellung im Magen lokalisiert. Die Mehrheit der Fremdkörper, die den Magen erreichen, passiert den restlichen Verdauungstrakt ohne Probleme innerhalb von 4–6 Tagen. Die erfolgreiche Passage des Fremdkörpers kann durch Stuhlinspektion überprüft werden, wobei allerdings bis zu 40 % der Fremdkörper nicht gefunden werden (Arana et al. 2001). In bestimmten Fällen kann es erforderlich sein, Fremdkörper aus dem Magen zu bergen. Weitere Engen (Pylorus, Duodenum, Treitz-Flexur, Bauhin-Klappe) können die Passage von Fremdkörpern behindern.
Ist nach ca. 1 Woche eine Passage durch den Pylorus nicht erfolgt, sollte der Fremdkörper entfernt werden.
Insbesondere lange Fremdkörper passieren nur schwierig das retroperitoneal fixierte Duodenum. Lange und relativ dicke Fremdkörper passieren nur schwer den Pylorus. Empfohlen wird die Entfernung von Fremdkörpern >5 cm Länge und/oder >2 cm Dicke bei Kindern und von Fremdkörpern >3 cm Länge und/oder >2 cm Dicke bei Säuglingen <1 Jahr (Lelli 2010; Vijaysadan et al. 2006). Gegenstände, die aufgrund ihrer Form oder Art risikoreich sind, sollten ebenfalls geborgen werden. Hier sind sicherlich scharfe Gegenstände oder Magnete zu nennen (Abschn. 5, Kap. „Erkrankungen des Magens bei Kindern und Jugendlichen“). Jenseits des Treitz-Bandes kommt es nur sehr selten dazu, dass Fremdkörper hängen bleiben. In vereinzelten Fällen bietet die Bauhin-Klappe ein echtes Hindernis.

Komplikationen

Es kann im Darmbereich zur Penetration eines Gegenstandes mit konsekutiver Peritonitis und abdominellen Beschwerden kommen. Bei länger im Darm liegenden Gegenständen kann es durch Fibroseüberzug zu einer Migration des Gegenstandes in die Peritonealhöhle kommen mit dann ungewöhnlichen Lokalisationen der Fremdkörper (Vijaysadan et al. 2006). Besonders risikoreich sind scharfe Gegenstände und Magnete, auf die speziell im nächsten Kapitel eingegangen wird (Abschn. 5).

Spezielle Fremdkörper

Es gibt einzelne Fremdkörper, die ein höheres Risiko an Komplikationen mit sich bringen. Dazu zählen scharfe Gegenstände, Batterien und Magnete. Sind mehrere oder gefährliche Fremdkörper verschluckt worden, sollte insbesondere bei Jugendlichen an eine evtl. suizidale Absicht gedacht werden (Abb. 3).

Batterieingestion

Cave: Eine im Ösophagus impaktierte Batterie muss so rasch wie möglich entfernt werden, da es schon nach wenigen Stunden zu einer Perforation kommen kann.
In der Regel werden Knopfbatterien verschluckt, zylindrische Batterien bei Weitem seltener. Das typische Alter von 6 Monaten bis 3 Jahren ist bei der Batterieingestion vergleichbar mit anderen Fremdkörpern. Die häufigsten Quellen der Batterien sind Hörgeräte, Uhren und elektronisches Spielzeug (Litovitz et al. 2010). Symptome sind selten (9 %) und korrelieren nicht mit dem klinischen Verlauf (Litovitz und Schmitz 1992). Batterien verursachen direkte Gewebeschäden durch Drucknekrose, Verätzung oder Verbrennung bei Entladung insbesondere im Ösophagus. Eine endoskopische oder chirurgische Entfernung ist dennoch nur in den wenigsten Fällen erforderlich (2,5 %), da die Batterien den Verdauungstrakt meist innerhalb von 4 Tagen (86 %) passieren und im Ösophagus nicht impaktieren. Batterien beinhalten alkalische Substanzen und Schwermetalle, die bei Zerstörung austreten können. Der Anteil an zerstörten Batterien ist allerdings gering. In einer Serie aus 2382 Batterieingestionen zersplitterten während der Passage durch den Verdauungstrakt 2,3 % der Batterien, überwiegend quecksilberhaltige Batterien. Eine Quecksilbervergiftung konnte jedoch nicht gezeigt werden. Eine minimaler Quecksilbernachweis im Urin oder Serum ist bei zerstörten Batterien vereinzelt möglich, jedoch ohne klinische Zeichen einer Intoxikation (Litovitz und Schmitz 1992).
Im Ösophagus impaktierte Batterien sollten sofort entfernt werden, da in bis zu 40 % schwere Komplikationen auftreten können (Litovitz und Schmitz 1992) Hierzu zählen Strikturen, Perforationen und Mediastinitis sowie ösophagotracheale Fisteln. In seltenen Fällen kann es zu einer fatalen aortoesophagealen Fistel kommen (Leinwand et al. 2016). Aufgrund ihrer Größe und höheren Spannung sind Lithiumbatterien besonders komplikationsreich (Lelli 2010; Litovitz et al. 2010). Die Entfernung von Batterien aus dem Ösophagus sollte endoskopisch erfolgen, da nur so die genaue Beurteilung evtl. Gewebeschäden möglich ist (Litovitz und Schmitz 1992).
Batterien mit Passagestopp im Magen über 48 h werden durch die Magensäure häufiger zerstört und die Patienten zeigten häufiger leichte Symptome wie Bauchschmerzen, Erbrechen oder okkultes Blut im Stuhl. Gelegentlich werden Exantheme beobachtet, vermutlich als Reaktion auf Nickel. Schwerwiegende Komplikationen sind in diesen Fällen nicht beschrieben. Batterien mit einem Durchmesser von >15 mm passieren den Pylorus bei einem Kind <6 Jahre meist nicht mehr. Daher wird bei einem Passagestopp im Magen >48 h, bei Batterien mit einer Größe von >15 mm oder beim Auftreten von Symptomen die endoskopische Entfernung empfohlen (Litovitz und Schmitz 1992).
Batterien im distalen Gastrointestinaltrakt führen auch bei langsamer Passage über mehrere Tage bis Wochen zu keinen schwerwiegenden Symptomen. Eine Intervention ist hier in der Regel nicht erforderlich (Litovitz und Schmitz 1992).

Ingestion scharfer Gegenstände

Verschiedenste scharfe Gegenstände werden verschluckt, u. a. Stecknadeln, Sicherheitsnadeln, Nägel, Schrauben, Rasierklingen, aber auch nichtmetallische Gegenstände wie Gräten, Kochen und Zahnstocher. Knochen und Gräten bleiben in 95 % im Oropharynx hängen (Abschn. 2). Das Risiko für Perforationen ist bei scharfen Gegenständen mit ca. 35 % deutlich erhöht. Scharfe Gegenstände im Ösophagus müssen sofort endoskopisch entfernt werden. Haben scharfe Gegenstände den Magen erreicht, können sie überwiegend je nach Form und Größe ohne weitere Probleme den restlichen Magendarmtrakt passieren. Insbesondere einzelne, nicht zu große Nägel und Nadeln passieren mit dem stumpfen Ende voraus in der Regel problemlos (Eisen et al. 2002; Wahbeh et al. 2002). Mehrere und beidseitig scharfe und spitze Gegenstände müssen aus dem Magen entfernt werden. Haben diese Gegenstände den Pylorus bereits passiert, muss engmaschig kontrolliert werden. Eine chirurgische Entfernung ist erforderlich bei Symptomen, nachgewiesener Perforation oder bei unveränderter Position in mehreren radiologischen Kontrollen. Kommt es zu einer Perforation, liegt diese in 75 % im Bereich der Ileozökalklappe.

Ingestion von Magneten

Cave: Die Ingestion mehrerer Magnete kann zu enteralen Fisteln oder Darmperforationen führen.
Verschiedene Magnete können von Kindern versehentlich verschluckt werden. Kleine Magnete kommen in weit verbreiteten Magnetkonstruktionsspielzeugen vor. Dennoch sind Ingestionen von Magneten und deren Komplikationen selten (Anselmi et al. 2007). Die Ingestion eines einzelnen Magneten bedeutet kein Problem. Verschluckt das Kind jedoch 2 oder mehr Magnete oder zusätzlich einen metallenen Gegenstand, kann es zu schweren Komplikationen kommen. Durch die gegenseitige Anziehung auch durch die Darmwand hindurch entstehen enterale Fisteln oder Perforationen. Symptome treten nach 1–7 Tagen auf (Chung et al. 2003).
Magnete, die bei Diagnosestellung noch im Magen liegen, sollten sofort endoskopisch entfernt werden.
Eine Röntgenaufnahme des Abdomens zeigt bei Ingestion mehrerer Magnete mehrere röntgendichte Gegenstände relativ dicht beieinander. Freie Luft ist nur selten zu sehen, da meist eine gedeckte Perforation oder Fistel vorliegt (Abb. 4). Liegen die ingestierten Magnete bei Diagnosestellung noch im Magen, wird die sofortige endoskopische Entfernung empfohlen (Lee et al. 2005; Chung et al. 2003). Haben die Magnete den Pylorus passiert, wird von einzelnen Autoren auch ohne Symptome die sofortige chirurgische Entfernung empfohlen um Komplikationen zu vermeiden (Lee et al. 2005; Vijaysadan et al. 2006; Waters et al. 2015). Andererseits kann auch unter enger Beobachtung abgewartet werden und die chirurgische Intervention nur bei Symptomen erfolgen, oder bei unveränderter Position der Magnete in aufeinander folgenden Röntgenbildern (Chung et al. 2003).

Diagnostik

Untersuchungen mit der Frage nach einem Fremdkörper werden meist aufgrund einer beobachteten oder vermuteten Ingestion durchgeführt. Ältere Kinder können auch den Gegenstand benennen und häufig eine Schmerzregion angeben. In ca. 20 % der Fälle wird die Ingestion nicht beobachtet und erst spätere Symptome führen zu weiterer Diagnostik. Die klinische Untersuchung ist in 80 % bei asymptomatischen Patienten normal (Hawkins, zitiert in Lelli 2010).
Bei jeder vermuteten Ingestion sollte eine Röntgenaufnahme des Abdomens und des Thorax mit Hals sowie eine seitliche Aufnahme des Thorax mit Hals angefertigt werden.
Bei klinischem Verdacht kann je nach Symptomatik und zeitlichem Abstand zur Ingestion zuerst nur eine Röntgenaufnahme des Thorax oder des Abdomens durchgeführt werden. Ein nicht röntgendichter Fremdkörper kann bei einem Ösophagogramm als Kontrastmittelaussparung dargestellt werden. Gleichzeitig können eventuelle anatomische Anomalien wie Strikturen dargestellt werden. Bei hochgradigem Verdacht auf einen nicht röntgendichten Fremdkörper im Ösophagus wird auch die sofortige Endoskopie ohne Kontrastmittelstudie empfohlen, um Komplikationen durch Aspiration oder verzögerte Extraktion zu minimieren (Eisen et al. 2002). In unklaren Fällen, insbesondere bei lange zurückliegenden Ingestionen kann auch eine CT- oder MRT-Untersuchung zur Darstellung eines in das umgebende Gewebe migrierten Fremdkörpers hilfreich sein.
Abb. 5 zeigt einen Algorithmus zum Management der Fremdkörperingestion.

Fremdkörperextraktion

Eine etablierte Methode der Fremdkörperextraktion ist die starre oder auch flexible Endoskopie. Andere Techniken wie die Ballonkatheterentfernung oder Magnetsonde werden ebenso befürwortet. Die Wahl der Methode ist von mehreren Faktoren abhängig: Zum einen natürlich von der Verfügbarkeit der Technik und der Erfahrung der Behandelnden mit einer Technik. Zum anderen sollten Überlegungen bezüglich der Art des Fremdkörpers und der Lokalisation eine Rolle spielen. Wesentliche Faktoren bleiben die möglichst geringe Belastung und ein möglichst geringes Risiko für das Kind.
Eine medikamentöse Therapie mit Prokinetika, spezieller Nahrung oder medikamentös ausgelöstes Erbrechen zeigte keinen Effekt und kann sogar Komplikationen nach sich ziehen. Sie sollte daher vermieden werden (Litovitz und Schmitz 1992; Vijaysadan et al. 2006; Wahbeh et al. 2002; Crysdale et al. 1991).

Endoskopie

Bei der endoskopischen Extraktion von Fremdkörpern aus dem Ösophagus und Magen werden die starre und die flexibel Endoskopie eingesetzt. Die endoskopische Technik ermöglicht es, den Ösophagus und evtl. durch den Fremdkörper verursachte Verletzungen zu beurteilen. Bei Grunderkrankungen, z. B. Ösophagusatresie, ist das Ausmaß einer Stenose beurteilbar. Bei der flexiblen Endoskopie kommen verschiedene Fasszangen (Alligator, Rattenzahn) und Biopsiezangen sowie Fangkörbchen oder Schlingen mit und ohne Netz für die Fremdkörperbergung zum Einsatz. Bei scharfen Gegenständen kann der Gegenstand in eine Hülse gezogen und sicher aus dem Ösophagus entfernt werden.
Die starre Endoskopie ermöglicht insbesondere im oberen Ösophagus eine effektive Extraktion eines Fremdkörpers. Im distalen Abschnitt ist die starre Endoskopie weniger geeignet und eine Extraktion aus dem Magen ist nicht möglich. Die speziellen Zangen, die über eine starre Endoskopie genutzt werden können, ermöglichen aber gelegentlich auch bei schwierigen, flexibel nicht entfernbaren Fremdkörpern die Extraktion (Wahbeh et al. 2002; Gmeiner et al. 2007). Die Erfolgsraten liegen mit jeder Technik bei ca. 95 % (Gmeiner et al. 2007). Komplikationen mit flexibler Endoskopie sind extrem selten. Bei der starren Endoskopie kann es selten zu Ösophagusverletzungen und Perforationen kommen (Gmeiner et al. 2007). Zu Dysphagie nach Ösophagoskopie kommt es durch die starre Ösophagoskopie häufiger und kann belastend für den Patienten sein (Gmeiner et al. 2007).

Ballonkatheterentfernung

Stumpfe Gegenstände können mithilfe eines Foley-Katheters unter Durchleuchtung entfernt werden. Der Katheter wird über die Nase eingeführt und unter Durchleuchtung in den Ösophagus vorgeschoben und distal des Fremdkörpers platziert. Der Ballon wird mit 3–5 ml verdünntem Kontrastmittel gefüllt und unter Durchleuchtung zusammen mit dem Fremdkörper bis in den Oropharynx zurückgezogen, bis der Fremdkörper manuell entfernt werden kann (Schunk et al. 1994). Die Methode gilt als sicher und effektiv bei stumpfen Gegenständen und einer Ingestionszeit von <1–3 Tagen (Schunk et al. 1994; Lelli 2010; Morrow et al. 1998). Die Erfolgsrate liegt bei bis zu 96 % mit Komplikationen in ca. 3 % der Fälle. Günstiger ist es, diese Technik der Fremdkörperextraktion mit der Endoskopie zu kombinieren. Hierbei wird ein Katheter parallel zum Endoskop unter Sicht am Fremdkörper vorbeigeschoben, mit ca. 3 ml Flüssigkeit gefüllt und zusammen mit dem Fremdkörper herausgezogen.

Fremdkörperaspiration

Epidemiologie

Das Eindringen von Fremdkörpern in die Atemwege durch die Stimmritze bezeichnet man als Aspiration. Am häufigsten sind Kleininder im Alter von 1–4 Jahren betroffen. Nüsse und ähnliche Nahrungsbestandteile, Spielsachen, Stiftkappen etc. sind typische Aspirate bei Kindern (Thal und von der Hardt 1999). In den Vereinigten Staaten kommt es jährlich zu etwa 2000 Fremdkörperaspirationen mit Todesfolge. Für Kinder <4 Jahren wird das Risiko einer tödlichen Fremdkörperaspiration mit 0,7 pro einer Bevölkerung von 100.000 Personen und Jahr angegeben (National Safety Council 1998).

Klinik und Diagnostik

Typisch ist der plötzliche Symptombeginn mit heftigem Husten, manchmal auch Stridor und Dyspnoe, Zyanose und Erstickungsangst nicht selten nach einem beobachteten Aspirationsereignis (AWMF-Leitlinien). Oft bringen jedoch die Eltern das Aspirationsereignis nicht mit den später auftretenden Symptomen (Husten, Fieber) in Verbindung, sodass bei der Anamneseerhebung gezielt nachgefragt werden muss (Schroeder und Grundner 1984). Ein laryngeal oder tracheal liegender Fremdkörper führt zu einem biphasischen (in- und exspiratorischen) Stridor und stellt einen absoluten Notfall dar, der eine sofortige Intervention erfordert. In weniger klaren Fällen ist meist eine Röntgen-Thoraxaufnahme sinnvoll, um nach Seitendifferenzen, Atelektasen oder überblähten Lungenanteilen zu suchen. Typische Fremdkörperzeichen im Röntgenbild (lobäres Emphysem oder Atelektase) entwickeln sich jedoch meist erst nach 1–2 Tagen.
Cave: Die Fremdkörperaspiration ist ein Notfall, die Kinder müssen unverzüglich einer Klinik mit entsprechender Einrichtung für Kinder zugewiesen werden.

Komplikationen

Bei verspäteter Diagnosestellung ist oft eine chronisch-obstruktive Bronchitis oder eine Abfolge von mehreren Pneumonien mit Infiltrationen an derselben Stelle bei einem vorher unauffälligen Kleinkind die Folge. Schwerste Zerstörungen von Lungengewebe, Abszessbildungen, Pyothorax und Bronchiektasien etc. sind andere gefürchtete Komplikationen eines übersehenen Fremdkörpers. Bei typischer Anamnese muss deshalb die Indikation zur Bronchoskopie großzügig gestellt werden (AWMF-Leitlinien; Nicolai 2001).

Therapie

Kinder mit einer eindeutigen oder wahrscheinlichen Fremdkörperaspiration müssen stationär aufgenommen werden, da eine Verlagerung des Fremdkörpers mit akuter Erstickung auftreten kann (Czap et al. 1993). Mit der Extraktion wird bis zur Nüchternheit des Patienten gewartet, außer bei einer Notfallindikation. Besteht der Verdacht auf einen laryngealen oder trachealen Fremdkörper oder ist ein Säugling betroffen, erfordert dies eine sofortige Intervention. Die Komplikationshäufigkeit nimmt zu, wenn die Extraktion erst später als 1–2 Tage nach dem Aspirationsereignis erfolgen kann.
Die Methode der Wahl für die Fremdkörperextraktion beim Kind ist die starre Bronchoskopie in Vollnarkose (Lelli 2010; Nicolai 2001). Wenn eine Aspiration nur ausgeschlossen werden soll, kann die Untersuchung mit einer flexiblen Bronchoskopie begonnen und dann ggf. bei Entdecken eines Fremdkörpers auf die starre Endoskopie übergegangen werden. Bei weichen Fremdkörpern bietet sich die Extraktion mittels Einhülsen an, ansonsten muss die Technik der Erfahrung des Operateurs überlassen bleiben. Ein umfangreiches Instrumentarium mit verschiedenen Bronchoskoprohren, Optiken, Zangen und anderen Hilfsmitteln muss vorhanden sein. Wenn die Extraktion nicht innerhalb von 1–2 h Operationsdauer möglich ist, sollte der Eingriff beendet und entweder später unter besseren Bedingungen erneut versucht oder der Patient an eine Einrichtung mit besonders großer Erfahrung verlegt werden (Merkenschlager et al. 1993; Nicolai 2001).
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