Erschienen in:
04.12.2019 | Prämedikation | Leitthema
„Frailty“ als potenzieller Indikator des perioperativen Risikos alter Patienten
verfasst von:
PD Dr. M. Derwall, M. Coburn
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
|
Ausgabe 3/2020
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Zusammenfassung
Hintergrund
Frailty (körperliche, geistige und soziale Gebrechlichkeit) wird zunehmend als prognostischer Faktor in der perioperativen Versorgung älterer Patienten wahrgenommen. In der täglichen anästhesiologischen Routine wird dieses Konzept jedoch noch nicht regelmäßig genutzt.
Ziel der Arbeit
Begriffsdefinition, Vorstellung von Werkzeugen zur Ermittlung des Ausmaßes der Gebrechlichkeit sowie von Maßnahmen zur Verbesserung des klinischen Ergebnisses von Risikopatienten. Vorschlag eines pragmatischen Ansatzes der Erfassung und Behandlung von Risikopatienten im klinischen Alltag.
Material und Methoden
Auswertung aktueller Übersichts- und Originalarbeiten. Diskussion und Modifikation etablierter Diagnose- und Behandlungsstandards für die Gegebenheiten in der perioperativen Medizin.
Ergebnisse
Der Grad der Gebrechlichkeit eines Patienten ist mit dem postoperativen Verlauf einer Behandlung assoziiert. Die Definition von Gebrechlichkeit bezeichnet, je nach Autor, eine herabgesetzte Resilienz im körperlichen, geistigen und sozialen Bereich. Obwohl der Begriff der Gebrechlichkeit bis heute unscharf definiert ist, ist diese, im Gegensatz zu klassischen Markern des perioperativen Risikos wie Lebensalter oder ASA-Klassifikation, direkt mit dem Überleben und der postoperativen Morbidität assoziiert. Für ein perioperatives Screening zur Einschätzung gebrechlicher Patienten bietet sich eine angepasste Variante des MAGIC-Tests in Kombination mit 2 Signalfragen an. Der Frailty-Grad kann durch eine suffiziente Ernährung, durch physiotherapeutische Übungen und Bereitstellung kognitiver Hilfen verbessert werden. Der Beweis, dass eine präoperative Verbesserung des Frailty-Status auch das postoperative Ergebnis verbessern kann, ist allerdings erst für wenige Bereiche wissenschaftlich geführt worden.
Schlussfolgerung
Frailty bildet im Gegensatz zu gebräuchlichen perioperativen Risikoklassifikationen das biologische Alter des Patienten ab. Dadurch eignet es sich besser für eine präoperative Abschätzung des Risikos als das chronologische Alter oder andere herkömmliche Instrumente wie die ASA-Klassifikation und ist damit die Voraussetzung für patientenzentrierte Behandlungspfade.