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Erschienen in: Der Anaesthesist 7/2020

Open Access 24.04.2020 | Notfallmedizin | Originalien

Auswirkung der Implementierung eines Schockraumkoordinators auf Prozessparameter der Polytraumaversorgung im Schockraum eines Maximalversorgers

verfasst von: J. Schmitz, T. Battenberg, H. Drinhaus, F. Eifinger, C. Ries, J. Hinkelbein

Erschienen in: Die Anaesthesiologie | Ausgabe 7/2020

Zusammenfassung

Hintergrund

In der Altersgruppe bis 40 Jahre stellt das schwere Trauma die häufigste Todesursache in Deutschland dar. Entsprechend der S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletztenbehandlung“ ist seit 2011 die Anwesenheit eines Schockraumkoordinators in Erwägung zu ziehen, der durch optimierte Versorgungs- und Behandlungsabläufe das Überleben der Patienten verbessern kann. Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Analyse unterschiedlicher Prozessparameter zur Schockraumversorgung polytraumatisierter Patienten vor und nach Implementierung eines Schockraumkoordinators für die Polytraumaversorgung.

Material und Methoden

Um einen ausreichenden zeitlichen Abstand zum Zeitpunkt der Neueinführungen (2011) einzuhalten, wurden die Jahre 2009 und 2012 zum Vergleich herangezogen: Alle eingescannten Schockraumprotokolle der Jahre 2009 (01.01.2009–31.12.2009) und 2012 (01.01.2012–31.12.2012) wurden gesichtet und ausgewertet.

Ergebnisse

Aus dem Jahr 2009 wurden 213 und aus dem Jahr 2012 wurden 420 Schockraumeinsätze in die Auswertung einbezogen. Die durchschnittliche Schockraumanzahl lag im Jahr 2009 bei 17,8/Monat und im Jahr 2012 bei 35/Monat. Die mittlere Anzahl der Schockraumeinsätze hat sich nahezu verdoppelt (p < 0,001). Die mittlere Schockraumdauer lag im Jahr 2012 im Durchschnitt 5,8 min unter der im Jahr 2009 (p = 0,56).

Schlussfolgerungen

Die Patientenversorgung war in Anwesenheit eines Schockraumkoordinators bzw. nach Implementierung der SOP weder statistisch signifikant noch klinisch relevant verkürzt.

Einleitung

Anhand von Berechnungen aus dem Jahr 2008 kann in Deutschland jährlich von bis zu 38.000 Schwerverletzten (Mehrfachverletzungen und/oder Polytrauma) ausgegangen werden [1, 2]. Zumeist führen in Deutschland Verkehrsunfälle zu einem Polytrauma (55 %), gefolgt von Arbeits- und Freizeitunfällen (24 %) sowie einem Sturz aus größerer Höhe (14 %) [3, 4].
Die Letalität eines Polytraumas ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten unverändert hoch und schwankt zwischen 13 und 34 %, in Abhängigkeit von verschiedenen Definitionen, Untersuchungen und Altersgruppen [3, 5]. In der Altersgruppe bis 40 Jahre stellt das schwere Trauma die häufigste Todesursache in Deutschland dar [3]. Im Anschluss an die präklinische Versorgung erfolgt die innerklinische Polytraumaversorgung in der Regel in besonders dafür ausgestatteten Schockräumen. Dabei ist der Schockraum sowohl die Schnittstelle zwischen Präklinik und Klinik als auch die Institution, welche über den weiteren Behandlungspfad des Patienten innerhalb des Krankenhauses entscheidet.
Der Faktor Zeit ist ein Parameter, welcher in entscheidender Weise über das Überleben des Patienten mitentscheidet [6]: So sinkt bei Patienten mit intraabdominellen Blutungen und Volumenmangelschock die Überlebenswahrscheinlichkeit um 1 % mit jeder Verzögerung einer Notfalllaparotomie um 3 min [6]. Durch interdisziplinäre Absprachen, klinikinterne Leitlinien, klinische Behandlungspfade und „standard operating procedures“ (SOP) konnten optimierte Behandlungsabläufe geschaffen werden. Inwieweit die Anwesenheit eines Schockraumkoordinators das Überleben der Patienten verbessert, ist weiterhin Gegenstand von Diskussionen [68]. Es konnte gezeigt werden, dass es durch die Einführung eines Schockraumkoordinators zu verbesserten Versorgungs- und Behandlungsabläufen kam [9]. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen beispielsweise in der Übergabe und Untersuchung der Patienten, der Koordinierung aller Teammitglieder und ihrer diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, dem Hinzuziehen anderer Fachdisziplinen und der Kontaktaufnahme mit Angehörigen [9]. Es ist zu vermuten, dass durch die verbesserten, zentral koordinierten Behandlungsabläufe die Schockraumversorgung binnen kürzerer Zeit zum Abschluss gebracht werden kann.
Ziel der vorliegenden Arbeit war zu prüfen, ob es nach klinikinterner Implementierung der geforderten Neuerungen im Rahmen der S3-Leitlinie Polytrauma mit Einsatz eines Schockraumkoordinators zu einer zeitlichen Optimierung des Behandlungsablaufes kam.

Material und Methoden

Im Jahr 2011 wurde an der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin eine neue SOP zur Polytraumaversorgung implementiert, die die damals publizierte S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletztenversorgung vollumfänglich umsetzt. Weiterhin wurden das für die gesamte Uniklinik geltende Schockraumkonzept, einige Behandlungspfade und die personelle Zusammensetzung des Schockraumteams angepasst. Unter anderem wurde das Schockraumteam um die Funktion des Schockraumkoordinators erweitert. Die SOP „Polytraumaversorgung“ wurde von allen beteiligten Institutionen signiert.

Datenakquise

Die Akquise und Identifizierung der Patienten für die vorliegende Arbeit erfolgten anhand der ANDOK-Protokolle der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln. Hierbei wird beim Eintreffen des Patienten im Schockraum die Übergabe des Notarztes (Auffindesituation, Unfallmechanismus, weitere Anamnese, Erstversorgung) durch den Anästhesisten dokumentiert. Im Folgenden werden die weiteren Schritte der Schockraumversorgung (Maßnahmen, Diagnosen, Zeitintervalle) standardisiert dokumentiert. Diese Protokolle wurden anschließend digital in der Patientenakte archiviert und waren für die Analyse zugänglich (ANDOKlive; Fa. DATAPEC Medical Solutions, Pliezhausen).
Um einen adäquaten zeitlichen Abstand zum Zeitpunkt der Neueinführungen (2011) einzuhalten, wurden nicht die unmittelbar aneinander angrenzenden Jahre 2010 und 2011, sondern die Jahre 2009 und 2012 zum Vergleich herangezogen: Alle eingescannten Schockraumprotokolle der Jahre 2009 (01.01.2009–31.12.2009) und 2012 (01.01.2012–31.12.2012) wurden nach ihrer Herkunft (Schockraum, Saal-Code 950) vorselektiert, gesichtet und ausgewertet. Im Anschluss wurden alle Protokolle einzeln ausgewertet.

Datenanalyse

Die genannten Parameter wurden in ein Programm zur Tabellenkalkulation (Excel, Microsoft und OpenOffice 4.1.4) eingefügt und statistisch ausgewertet. In Bezug auf den Vergleich beider Gruppen (Jahre 2009 und 2012) wurde für den t‑test, den Kruskal-Wallis-Test sowie den χ2-Test das statistische „online tool“ über www.​socscistatistics​.​com verwendet. Das Signifikanzlevel wurde mit <0,05 festgelegt.
Vonseiten der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln wurde aufgrund des retrospektiven Studienansatzes mit anonymisierten Daten keine Notwendigkeit der Beratung gesehen, da lediglich bereits vorliegende Daten erfasst und ausgewertet wurden (Bescheid vom 27.05.2013; Az. 13-134).

Ergebnis

Schockraumeinsätze

Aus dem Jahr 2009 wurden insgesamt 213 und aus dem Jahr 2012 wurden 420 Schockraumeinsätze in die Auswertung einbezogen. Die mediane Anzahl lag im Jahr 2009 bei 17/Monat und im Jahr 2012 bei 34/Monat (Abb. 1). Die mittlere Zahl lag im Jahr 2009 bei 17,8/Monat und im Jahr 2012 bei 35,0/Monat. Somit hat sich die mittlere Anzahl der Schockraumeinsätze annähernd verdoppelt (p < 0,001).

Schockraumdauer

Die mittlere Schockraumdauer lag im Jahr 2009 bei 74,8 min und im Jahr 2012 bei 69,0 min (Abb. 2). Somit lag die mittlere Schockraumdauer im Jahr 2012 5,8 min unter der im Jahr 2009 (p = 0,56). Die mittlere Zeit zum CT lag im Jahr 2009 bei 60 min und im Jahr 2012 bei 54,9 min (−5,1 min; p = 0,4).

Zeit bis zur Computertomographie

Innerhalb der Kernarbeitszeit (08:00–16:00 Uhr) lag die mittlere Zeit bis zum CT im Jahr 2009 bei 44,5 min und im Jahr 2012 bei 41,1 min. Allerdings ist die Streubreite der Werte teilweise beachtlich (Zeit bis zum CT vor der Kernarbeitszeit 2009: 11,5 min; Zeit bis zum CT in der Kernarbeitszeit: 45,5 min; Zeit bis zum CT nach der Kernarbeitszeit: 125,5 min). Die mediane Zeit bis zum CT lag bei 15 min vor der Kernarbeitszeit, bei 20 min in der Kernarbeitszeit und bei 20 min nach der Kernarbeitszeit. Im Kruskal-Wallis-Test konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gruppen nachgewiesen werden (p = 0,65). Damit war die mittlere Zeit bis zum CT innerhalb der Kernarbeitszeit im Jahr 2012 3,4 min kürzer als im Jahr 2009 (p = 0,44). Nach der Kernarbeitszeit (16:00–00:00 Uhr) lag die mittlere Zeit bis zum CT im Jahr 2009 bei 88,3 min und im Jahr 2012 bei 75,1 min. Damit war die mittlere Zeit bis zum CT nach der Kernarbeitszeit im Jahr 2012 13,2 min kürzer als im Jahr 2009 (p = 0,37) (Abb. 3).

Altersgruppen

Das mediane Alter der Traumapatienten lag im Jahr 2009 bei 36 Jahren und im Jahr 2012 bei 42 Jahren. Die zahlenmäßig größte Gruppe ist die der 41- bis 50-Jährigen (2009) bzw. die der 21- bis 30-Jährigen (2012). Insgesamt wurden in beiden Jahren die meisten Patienten in Alter von 11 bis 50 Jahren behandelt (2009: n = 137 von n = 213 Patienten (64 %); 2012: n = 234 von n = 420 Patienten (56 %)) (p = 0,038) (Abb. 4).

Traumamechanismus

Die relative Häufigkeit verschiedener Traumamechanismen in den Jahren 2009 und 2012 zeigt Abb. 5. In beiden Jahren stellen Verkehrsunfälle die häufigste Ursache für Schockraumalarmierungen dar (2009: 47,4 %; 2012: 48,1 %), jeweils gefolgt von Stürzen (2009: 37,1 %; 2012: 36,9 %). Die übrigen Mechanismen lösten im Jahr 2009 15,5 % der Schockraumeinsätze aus; im Jahr 2012 gehen 15 % der Schockraumeinsätze auf sonstige Mechanismen zurück.

Traumamechanismus und Alter

Unterteilt man betroffene Patienten in potenziell Erwerbstätige (bis 64 Jahre) und Nichterwerbstätige (ab 65 Jahre), so ergibt sich für das Jahr 2009 das in Abb. 6 ersichtliche Bild.
In der Gruppe der Erwerbstätigen überwogen Verkehrsunfälle, gefolgt von Sturzereignissen. In der Gruppe der Nichterwerbstätigen überwogen Sturzereignisse, gefolgt von Verkehrsunfällen.
Verkehrsunfälle traten bei Patienten im Alter bis zu 64 Jahren signifikant häufiger auf als bei älteren Menschen (p = 0,01; χ2-Test). Im Alter ab 65 Jahren waren Sturzereignisse signifikant häufiger als bei jüngeren Patienten (p = 0,01; χ2-Test). Weitere Mechanismen lösten in der Gruppe der unter 65-Jährigen 15 % der Einsätze aus, bei den über 65-Jährigen ca. 18 % der Einsätze.
Bei gleicher Unterteilung (Patienten bis 64 Jahre und Patienten ab 65 Jahren) zeigt sich für das Jahr 2012 folgende Verteilung (Abb. 7): In der Gruppe der Erwerbstätigen überwogen Verkehrsunfälle, gefolgt von Sturzereignissen. In der Gruppe der Nichterwerbstätigen überwogen Sturzereignisse, gefolgt von Verkehrsunfällen. Auch im Jahr 2012 waren Patienten im Alter bis zu 64 Jahren signifikant häufiger von Verkehrsunfällen betroffen als Patienten im späteren Lebensalter (p = 0,000001; χ2-Test). Ebenso kam es im Alter ab 65 Jahren signifikant häufiger zu Sturzereignissen als in jüngeren Lebensjahren (p = 0,000001; χ2-Test).

Diskussion

In Deutschland ist mit einer anhaltend hohen Anzahl schwer verletzter Patienten zu rechnen. Das betrifft zu großen Anteilen Patienten im erwerbstätigen, aber auch Patienten im fortgeschrittenen Lebensalter und begründet die Notwendigkeit einer optimalen Versorgung dieser Patienten. Hierbei können SOP, Leitlinien und der Schockraumkoordinator zu einer Verkürzung der Versorgungszeiten beitragen.
In der vorliegenden Studie lag die Schockraumdauer im Jahr 2009 geringfügig über der des Jahres 2012, allerdings war dieser Unterschied nicht statistisch signifikant. Es zeigt sich, dass die mittlere Schockraumdauer in der vorliegenden Arbeit in beiden Jahren geringfügig über der des Traumaregisters liegt [10, 11]. Die Streubreite der Daten des Traumaregisters ist beachtlich; in dieser Hinsicht ähneln beide Untersuchungen einander.
Wutzler et al. untersuchten in ihrer Studie aus dem Jahr 2010 Zeitintervalle während und nach der Schockraumversorgung anhand der Daten des Traumaregisters und fanden eine durchschnittliche Versorgungsdauer im Schockraum von 77,7 ± 43,5 min. Darüber hinaus zeigte sich eine Tendenz zu kürzeren Versorgungszeiten bei höherer Verletzungsschwere [12]. Die Schockraumdauer im eigenen Kollektiv lag mit 74,8 min im Jahr 2009 und 69 min im Jahr 2012 geringfügig darunter. Die Zeit zum CT unterschied sich im Jahr 2009 nur geringfügig von der im Jahr 2012. Allerdings ist auch in dieser Untersuchung die Streubreite der Werte beachtlich.
Vor der Kernarbeitszeit wurden Schockraumpatienten im Jahr 2009 (Abb. 3) im Mittel schneller der CT zugeführt als im Jahr 2012 (19,5 min vs. 40,5 min, p = 0,23). Sowohl innerhalb als auch nach der Kernarbeitszeit waren die Patienten im Jahr 2012 schneller im CT (innerhalb der Kernarbeitszeit: 44,5 min vs. 41,1 min (p = 0,44); nach der Kernarbeitszeit: 88,3 min vs. 75,1 min (p = 0,37)). Die Ursache für die Streuung ist multifaktoriell, trotzdem wurden die verschiedenen Zeitintervalle auf ihre Plausibilität hin beurteilt: In beiden Jahren kam es zu Zeitintervallen von weniger als 5 min bis zum CT (2009 n = 27; 2012 n = 23). Da schon die Übergabe und das Umlagern von Patienten sowie das Anschließen klinikeigener Monitore einige wenige Minuten dauert, erscheinen diese Zeitintervalle unplausibel kurz. Die wahrscheinlichste Ursache dafür dürften Lücken in der Dokumentation oder eine direkte Fahrt ins CT (ohne vorheriges Umlagern im Schockraum) sein.
Zum einen ist die Verkürzung der mittleren Zeit zur CT statistisch nicht signifikant (t-Test), zum anderen findet sich eine klinisch irrelevante Verlängerung der Zeit zum CT im Median, sodass zusammenfassend gefolgert werden muss, dass weder eine statistisch messbare noch eine klinisch relevante Veränderung der Zeit zur CT zwischen den beiden Jahren festzustellen ist.
Die Jahresberichte des Traumaregister geben das Zeitintervall bis zur Durchführung eines Ganzkörper-CT (falls durchgeführt) für das Jahr 2009 mit 25 ± 18 min [10] und für das Jahr 2012 mit 24 ± 18 min [11] an. Die Daten des Traumaregisters streuen erheblich weniger als die eigenen Daten.
Innerhalb der verschiedenen Subgruppen wurde im Jahr 2009 bei insgesamt 28 Patienten auf ein CT verzichtet, im Jahr 2012 bei insgesamt 45 Patienten. In den oben schon einmal genannten Studien untersuchten Parsch et al. auch die Zeit bis zum CT in Abhängigkeit von der Tageszeit und fanden keine signifikant verlängerten Zeitintervalle außerhalb der Kernarbeitszeiten [13, 14]. Giannoudes et al. konnten mit einer Publikation aus 2016 keinen negativen Einfluss einer Krankenhausaufnahme am Wochenende bezüglich Parameter der Versorgungszeiten nachweisen [15]. Auch anhand der eigenen Daten konnte kein signifikanter Unterschied zwischen werktäglichen Versorgungszeiten und den Versorgungszeiten an Wochenenden dargestellt werden.
In Bezug auf die Notwendigkeit eines Schockraumleaders zeigen Daten, dass die Implementierung die gesamte Teamleistung des Traumateams verbessern kann. Cole et al. [16] konnten in ihrer retrospektiven Studie aus 2013 zeigen, dass die Implementierung eines Traumaleaders zu kürzeren Zeiten bis zur CT und verbessertem Kreislaufmanagement führte. Eine Differenzierung in der Qualifikation zwischen Assistenzärzten und Fachärzten konnte in dieser Studie keine Auswirkung auf das Behandlungsergebnis der Patienten feststellen; andere Autoren fanden ein verbessertes Behandlungsergebnis durch die Behandlung erfahrener Fachärzte [17].

Limitationen

Neben der Einführung des Schockraumkoordinators kam es im Jahr 2011 zu weiteren Neuerungen bei der Versorgung von schwer verletzten Traumapatienten: In Erwartung der 2011 publizierten S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung der DGU wurde die klinikinterne SOP aktualisiert. Diese Faktoren werden mutmaßlich einen relevanten Einfluss auf die Versorgungszeiten nehmen. Trotz aller Bemühungen um Sorgfalt können Dokumentationsfehler nicht ausgeschlossen werden: Die Versorgung kritisch verletzter Patienten geschieht unter Zeitdruck, und die Dokumentation erfolgt nicht selten unmittelbar nach der Patientenbehandlung.
Die Verletzungsschwere und ihr Einfluss auf die Versorgungszeiten wurden in vorliegender Arbeit nicht mituntersucht, da die dafür notwendigen Daten nicht vollständig hätten erhoben werden können. Gleiches gilt für die bereits präklinisch durchgeführten Maßnahmen, die häufig nur unvollständig nachzuvollziehen waren.

Zusammenfassung

Die Schockraumversorgung bildet einerseits die Schnittstelle zwischen Präklinik und Klinik und entscheidet andererseits über den weiteren Behandlungspfad des Patienten innerhalb des Krankenhauses. Im Jahr 2011 wurde das Schockraumteam der Uniklinik Köln um die Funktion des Schockraumkoordinators erweitert. Darüber hinaus wurden eine neue SOP und die S3-Leitlinie „Polytrauma/Schwerverletztenversorgung“ der DGU implementiert.
Inwieweit die Anwesenheit eines Schockraumkoordinators das Überleben der Patienten verbessert, ist Gegenstand von Diskussionen, weshalb diesbezüglich keine einheitliche Empfehlung besteht [3, 68]. Allerdings konnte gezeigt werden, dass es durch die Einführung eines Schockraumkoordinators zu schnelleren Versorgungs- und Behandlungsabläufen kam [9], ohne jedoch in den meisten Fällen signifikant zu sein. Ebenso hatte die Anwesenheit eines Schockraumkoordinators keinen relevanten Einfluss auf die Zeit, bis der Patient der CT-Diagnostik zugeführt wird. In der Zusammenschau konnte weder ein statistisch signifikanter noch ein klinisch relevanter Einfluss des Schockraumkoordinators bzw. der neu implementierten SOP auf die Versorgungszeiten nachgewiesen werden.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

J. Schmitz, T. Battenberg, H. Drinhaus, F. Eifinger, C. Ries und J. Hinkelbein geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Diese retrospektive Studie erfolgte nach Konsultation der zuständigen Ethikkommission und im Einklang mit nationalem Recht. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Metadaten
Titel
Auswirkung der Implementierung eines Schockraumkoordinators auf Prozessparameter der Polytraumaversorgung im Schockraum eines Maximalversorgers
verfasst von
J. Schmitz
T. Battenberg
H. Drinhaus
F. Eifinger
C. Ries
J. Hinkelbein
Publikationsdatum
24.04.2020
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Anaesthesiologie / Ausgabe 7/2020
Print ISSN: 2731-6858
Elektronische ISSN: 2731-6866
DOI
https://doi.org/10.1007/s00101-020-00776-9

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