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Erschienen in: Die Anaesthesiologie 9/2008

01.09.2008 | Trends und Medizinökonomie

Optimierung des perioperativen Managements am Beispiel der laparoskopischen Leistenbruchoperation

verfasst von: Prof. Dr. W. Wilhelm, DEAA, N. Vassiliadis, S. Röhrig, L.H.J. Eberhart, G. Görtz

Erschienen in: Die Anaesthesiologie | Ausgabe 9/2008

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Zusammenfassung

Fragestellung

„Fast-track-Konzepte“ werden fast ausschließlich bei größeren viszeralchirurgischen Operationen diskutiert, während sie bei „kleineren“ Routineeingriffen weitgehend unberücksichtigt bleiben. Hierzu gehört z. B. auch die Leistenbruchoperation, die in Deutschland jährlich etwa 150.000- bis 200.000-mal durchgeführt wird, im Klinikum Lünen als transabdominale präperitoneale Hernienplastik (TAPP). Es war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, das perioperative Management bei Leistenbruch-TAPP-Operation zu analysieren und dann so zu optimieren, dass die Liegezeit der Patienten verkürzt wird, aber Behandlungsqualität und Zufriedenheit der Patienten erhalten bleiben.

Methodik

Mit Genehmigung der Ethikkommission wurden insgesamt 249 Patienten mit TAPP untersucht. In den ersten beiden Studienabschnitten wurden Probleme im perioperativen Management erst retrospektiv (n=129), dann prospektiv (n=60) identifiziert; anschließend wurde das perioperative Management optimiert. Hierzu wurde ein „TAPP-Score“ entwickelt, der die Parameter Alter, American-Society-of-Anesthesiologists- (ASA-)Klassifikation, Ausmaß (einseitig oder beidseitig) und Schwierigkeitsgrad des Eingriffs sowie das postoperative Schmerzniveau erfasst. Der Score wurde 24 h nach der Operation erhoben und definierte klare Kriterien für die Entlassung am zweiten postoperativen Tag. Zusätzlich erhielten alle Patienten am Operationsabend standardisiert 10 mg Natriumpicosulfat, um einer postoperativen Darmatonie entgegenzuwirken. Im dritten Studienabschnitt (n=60) wurde der Einfluss dieser Maßnahmen auf Liegezeit, Schmerzmittelbedarf, Komplikationsrate sowie Zufriedenheit der Patienten (anhand des PPP33-Fragebogens) erfasst.

Ergebnisse

Die demographischen Daten der Patienten waren in allen 3 Studienabschnitten vergleichbar. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei etwa 60 Jahren (Variationsbreite 22–92 Jahre). Durch den Optimierungsprozess wurden 72% der Patienten bereits am zweiten postoperativen Tag entlassen, davor waren dies lediglich 5% der Patienten gewesen. Dadurch wurde die postoperative Liegezeit (einschließlich Operationstag) signifikant von 4,2±0,6 auf 3,3±0,6 Tage gesenkt. Beschwerden im Sinne einer postoperativen Darmatonie wurden initial bei etwa 60% der Patienten beobachtet. Hier konnte durch die standardisierte Natriumpicosulfatgabe erreicht werden, dass bis zum ersten postoperativen Tag 92% der Patienten abgeführt hatten. Die Komplikationsrate war insgesamt sehr gering und wurde durch die frühere Entlassung nicht beeinflusst, ebenso wenig das Patientenwohlbefinden. Bei der poststationären Nachuntersuchung gaben 81% der Patienten den zweiten postoperativen Tag als idealen Entlassungszeitpunkt an.

Schlussfolgerungen

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass es durch recht einfache Maßnahmen möglich ist, die stationäre Verweildauer nach laparoskopischer Leistenbruchoperation um einen Tag zu reduzieren, ohne dass dadurch das Patientenwohlbefinden leidet oder mehr Komplikationen auftreten. Entscheidende Maßnahmen sind die Einführung und die konsequente Anwendung klarer Kriterien, anhand derer die Entlassfähigkeit der Patienten frühzeitig nach der Operation festgelegt werden kann. Darüber hinaus klagen viele Patienten nach laparoskopischer Leistenbruchoperation über eine postoperative Darmatonie, sodass diese Patienten erst verspätet entlassen werden. Dieses Problem konnte durch die standardisierte Verabreichung von Natriumpicosulfat am Abend des Operationstages vollständig gelöst werden.
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Metadaten
Titel
Optimierung des perioperativen Managements am Beispiel der laparoskopischen Leistenbruchoperation
verfasst von
Prof. Dr. W. Wilhelm, DEAA
N. Vassiliadis
S. Röhrig
L.H.J. Eberhart
G. Görtz
Publikationsdatum
01.09.2008
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Die Anaesthesiologie / Ausgabe 9/2008
Print ISSN: 2731-6858
Elektronische ISSN: 2731-6866
DOI
https://doi.org/10.1007/s00101-008-1402-2

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