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2022 | Buch

Therapieresistenz bei Depressionen und bipolaren Störungen

herausgegeben von: Michael Bauer, Anne Berghöfer, Eva-Lotta Brakemeier, Mazda Adli

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Therapieresistente depressive und bipolare Störungen stellen ungebrochen eine klinische Herausforderung dar: Therapeutisches Nichtansprechen bzw. Therapieresistenz depressiver und bipolarer Erkrankungen sind nicht nur häufig, sie erfordern oft auch eine stationäre Behandlung. Für Betroffene und Angehörige bedeutet das erhebliche Einschränkungen der Lebensqualität und der sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit. Therapieresistente Verläufe verursachen gleichzeitig sehr hohe Behandlungskosten.

Um dieser Herausforderung zu begegnen, steht heute ein breites Spektrum pharmakologischer, psychotherapeutischer und psychosozialer Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, das spezielle Kenntnisse und Erfahrungen voraussetzt. In diesem Buch stellen daher namhafte ExpertInnen in kurzen, prägnanten Kapiteln wissenschaftlich fundiert und mit hohem Praxisbezug den aktuellen Wissensstand dar und bieten Leitlinien für die Behandlung in Klinik und Praxis.

Dabei werden auch neue Methoden, wie weiterentwickelte Hirnstimulationsverfahren, Chancen und Grenzen pharmakogenetischer Methoden zur präziseren Therapieempfehlung („bedside genotyping“), neue psychotherapeutische und pharmakologische Ansätze sowie innovative integrierte Versorgungsformen berücksichtigt.

Das Buch richtet sich an PsychiaterInnen, NervenärztInnen, PsychotherapeutInnen und PsychologInnen, insbesondere im stationären Setting, aber auch in spezialisierten Praxen, sowie WissenschaftlerInnen von Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Definition und Ursachen

Frontmatter
Kapitel 1. Therapieresistenz unipolarer depressiver Erkrankung: Definition, Häufigkeit, Charakteristika, Prädiktoren und Risikofaktoren
Zusammenfassung
Therapieresistenz im Rahmen der medikamentösen Behandlung von unipolaren Depressionen ist häufig. Etwa 20–30 % der behandelten PatientInnen spricht nicht oder nicht ausreichend an. Etwa 10–20 % der PatientInnen leiden an chronischer depressiver Symptomatik. Die Vorhersagemöglichkeiten der Therapieresistenz sind begrenzt. Anamnestische und psychopathologische Charakteristika haben dabei bisher größere Bedeutung als biologische Parameter, die eher von theoretischer Bedeutung sind.
Ein großes Problem der Depressionsbehandlung liegt darin, dass nicht alle behandelten PatientInnen eine ausreichende Besserung im Laufe der medikamentösen und/oder psychotherapeutischen Behandlung erfahren. Das gilt besonders, wenn man auf Remission und nicht nur auf Response abzielt. Aufgrund der Behandlungsresistenz und der in dem Fall langen Dauer der therapieresistenten Depression ist die Erkrankung mit einer sehr hohen Belastung für PatientInnen und Gesellschaft verbunden, zuzüglich geringerer gesundheitsbezogener Lebensqualität, höherer Komorbidität und reduzierter Funktionalität.
Thomas Frodl, Hans-Jürgen Möller
Kapitel 2. Neurobiologie der therapieresistenten Depression (TRD)
Zusammenfassung
Zur Neurobiologie der therapieresistenten Depression (TRD) gibt es erstaunlich wenig robuste Befunde, was methodische Gründe hat, aber auch an der Heterogenität des Begriffs liegt. Auf genetischer Ebene gibt es nur wenige Befunde, die zeigen, dass die polygenen Risikoscores für ADHS, Schizophrenie, aber auch für Depression selbst bei der TRD erhöht sind. Überwiegend aus Serummessungen ergeben sich Hinweise dafür, dass neuroinflammatorische Mechanismen bei der TRD beteiligt sind. Diese tragen auch zu einer Aktivierung des Kynurenin-Pathways bei, in dem die Metabolisierung zu Quiloninsäure zu einer glutamatergen Neurotoxizität beiträgt. Diese führt zu reduzierter synaptischer Plastizität und Pathologien der Markscheiden; beide Phänomene tragen wahrscheinlich zu einer gestörten präfrontal-limbischen Konnektivität bei, was der Störung des Emotionsregulation bei TRD zugrundliegt.
Andreas Reif
Kapitel 3. Ursachen von therapieresistenter Depression: Persönlichkeitsstruktur und psychosoziale Faktoren
Zusammenfassung
Persönlichkeitsstruktur und psychosoziale Faktoren zählen für klinisch tätige PsychiaterInnen und PsychologInnen ganz intuitiv zu wichtigen Einflussfaktoren für die Prognose einer Depressionsbehandlung. Auch wenn die Diagnose der „neurotischen Depression“ heute nicht mehr gestellt wird, spiegelt sie doch die Beobachtung wider, dass Persönlichkeitszüge nicht nur das Bild einer Depression, sondern auch ihren Verlauf prägen. Daher ist die wissenschaftliche Erforschung dieser Faktoren schon seit Jahrzehnten im Gange. Im folgenden Kapitel wird die Datenlage zu diesem Thema referiert, aber auch zu den psychosozialen Faktoren, unter denen die Anamnese einer Traumatisierung eine besonders intensiv untersuchte Einflussgröße auf die Entstehung einer therapieresistenten Depression darstellt.
Burkhard Jabs, Bruno Pfuhlmann
Kapitel 4. Pseudotherapieresistenz: Abklärung und Vorgehen
Zusammenfassung
Pseudotherapieresistenz bezeichnet ein scheinbares Nichtansprechen auf eine antidepressive Behandlung. Dabei handelt es sich um ein relevantes und häufiges Phänomen. Die Ursachen einer Pseudotherapieresistenz sind vielfältig: Sie können eine inadäquate Diagnostik oder insuffiziente Therapie (ärztlicherseits oder seitens der PatientInnen), aber auch unerkannte psychosoziale Faktoren betreffen. Auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen depressiogener Substanzen verursachen pseudotherapieresistente Verläufe. Eine sorgfältige Diagnosestellung und Therapieauswahl unter Berücksichtigung von Komorbiditäten, Überprüfung der aktuellen Medikation und eine gute therapeutische Beziehung tragen dazu bei, das Auftreten einer Pseudotherapieresistenz zu verhindern.
Maximilian Pilhatsch, Anna Maria Werbe
Kapitel 5. Therapieresistente Depressionen als Folge oder Komorbidität von Abhängigkeitserkrankungen
Zusammenfassung
Depressive Störungen und Substanzkonsumstörungen nach DSM- und ICD-Kriterien weisen eine hohe gegenseitige Komorbidität auf. Bei einem Viertel der PatientInnen, die an einer depressiven Episode leiden, kann auch eine Substanzabhängigkeit festgestellt werden. Bei Vorliegen einer Abhängigkeitserkrankung ist das Risiko für eine therapieresistente Depression mehr als zweifach erhöht. Für die Behandlung therapieresistenter Depressionen bei PatientInnen mit einer Substanzabhängigkeit ist die diagnostische Einteilung in eigenständige versus sekundär auftretende affektive Erkrankungen wichtig. Häufig erlaubt erst die Stabilisierung der Suchterkrankung eine konsequente Therapie der affektiven Störungen. Therapiekonzepte für depressive Störungen sollten daher prinzipiell eine Abhängigkeitserkrankung direkt mit einbeziehen. Sekundäre Depressionen remittieren zumeist spontan nach ausreichend langer Abstinenzzeit. Der Hauptgrund für andauernde therapieresistente sekundäre Depressionen ist hier ein weiterhin bestehender Substanzkonsum. Eine ausreichend lange Abstinenzbehandlung, psychoedukative Suchtgruppen, die Einbindung in Selbsthilfegruppen, eine medikamentöse Rückfallprophylaxe und ggf. suffiziente Substitutionsbehandlung stellen die wesentlichen Therapiepfeiler eigenständig verlaufender Abhängigkeitserkrankungen dar. Das therapeutische Vorgehen bezüglich einer neben einer Suchterkrankung eigenständig verlaufenden Depression basiert grundsätzlich auf den gleichen Prinzipien eines Vorgehens bei depressiven PatientInnen ohne Suchterkrankung. Der Leberverträglichkeit pharmakologischer Therapien muss jedoch ein besonderes Augenmerk zukommen. Intensivierte psychotherapeutische Angebote sollten gerade komorbiden PatientInnen angeboten werden.
Jonathan Henssler, Lasse Brandt, Andreas Heinz, Martin Schäfer

Pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten

Frontmatter
Kapitel 6. Einsatz von Antidepressiva bei therapieresistenten Depressionen
Zusammenfassung
In diesem Kapitel geht es ausschließlich um die medikamentöse Behandlung der therapieresistenten Depression mit Antidepressiva. Dabei wird sowohl die Behandlungsoptimierung meist als Dosiserhöhung der bereits eingesetzten einzelnen Antidepressiva als auch der sinnvolle Wechsel von einem Antidepressivum auf ein anderes Antidepressivum erörtert. Anschließend erfolgt die Darstellung praktisch relevanter Kombinationsbehandlungen von Antidepressiva. Dosisangaben für den Praxisalltag und Behandlungszeiträume werden konkret dargestellt. Die Behandlung mit Hochdosis-Tranylcypromin als irreversiblem MAO-Hemmer mit besonderer Wirksamkeit wird auch wegen verschiedener Besonderheiten und Sicherheitsaspekten ausführlich besprochen.
Ion-George Anghelescu
Kapitel 7. Einsatz von Antipsychotika, Antikonvulsiva, Stimulantien, Benzodiazepinen und Hypnotika bei therapieresistenten Depressionen
Zusammenfassung
Eine Therapieresistenz auf verschiedene pharmakologische und psychotherapeutische Behandlungsoptionen betrifft je nach Studienlage bis zu einem Drittel aller PatientInnen mit einer unipolaren Depression (Fava 2003; Whiteford et al. 2013). Dabei wurden wiederholt therapeutische Optionen jenseits der Behandlung mit Antidepressiva untersucht. In den letzten Jahren gab es zunehmende Evidenz für die Wirksamkeit weiterer Substanzgruppen wie z. B. die atypischen Antipsychotika. Im folgenden Kapitel werden verschiedene Stoffklassen und deren Wirksamkeit in der Behandlung der unipolaren Depression, insbesondere unter Betrachtung der Therapieresistenz besprochen. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der wissenschaftlichen Evidenz für deren Wirksamkeit bzw. Nichtwirksamkeit sowie auf praktischen Behandlungsempfehlungen für die einzelnen Substanzen. Zusätzlich soll aber auch eine kritische Abwägung hinsichtlich des Risiko-Nutzen-Verhältnisses, insbesondere in Bezug auf potenzielle Nebenwirkungen erfolgen.
Stephan Köhler, Cora Schefft
Kapitel 8. Lithiumaugmentation
Zusammenfassung
Nach der Erstbeschreibung der Wirksamkeit in der Akutbehandlung der Depression in den frühen 1980er-Jahren hat die Lithiumaugmentation mittlerweile einen festen Platz in der klinischen Anwendung und in internationalen Behandlungsleitlinien. Als Lithiumaugmentation bezeichnet man die Hinzugabe von Lithium zu einem Antidepressivum in der Akutbehandlung der Depression, nachdem PatientInnen auf das zuvor verordnete Antidepressivum nicht oder nicht ausreichend angesprochen haben. Die Wirksamkeit der Lithiumaugmentation bei Nichtansprechen auf trizyklische Antidepressiva (TZA) oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmstoffe (SSRI) ist durch Metaanalysen placebokontrollierter Studien belegt. Aufgrund der geringen therapeutischen Breite sind regelmäßige Kontrollen des Lithiumserumspiegels notwendig. Der Wirkmechanismus der Lithiumaugmentation ist nicht vollständig geklärt. Von Bedeutung sind Effekte auf die (monoaminerge) Neurotransmission, intrazelluläre Second-Messenger-Systeme und die Genexpression. Die Empfehlungen zur Lithiumaugmentation in diesem Kapitel beziehen sich auf unipolare Depression, da gemäß aktueller Behandlungsprinzipien die Behandlung bei bipolaren Patienten nicht mehr als Monotherapie mit einem Antidepressivum durchgeführt wird, das dann durch Lithium augmentiert würde.
Pichit Buspavanich, Roland Ricken
Kapitel 9. Hormone bei therapieresistenten affektiven Störungen
Zusammenfassung
Die Bedeutung von Hormonen für affektive Störungen wird seit langem erforscht. Das Vorkommen psychiatrischer Symptome bei primären Schilddrüsenerkrankungen ist häufig, aber unspezifisch. Schilddrüsenhormone scheinen die Wirksamkeit von Antidepressiva beschleunigen zu können. Dies gilt für uni- und bipolare affektive Störungen und in besonderem Maße für das Rapid Cycling.
Die Auswirkungen von Sexualhormonen auf verschiedene Neurotransmittersysteme im zentralen Nervensystem gelten als wichtigste definierende Variable dafür, dass Frauen innerhalb ihres reproduktionsfähigen Alters doppelt so häufig unter einer unipolaren Major Depression leiden wie Männer. So kann die alleinige oder augmentative Gabe von Estrogen eine wirksame Behandlung depressiver, vor allem peri- und postmenopausaler Frauen darstellen. Hypogonadale Männer, die an einer Dysthymie leiden, können von einer Testosteronbehandlung profitieren. Eine alleinige Gabe von Testosteron stellt jedoch keine effektive Behandlung der Major Depression bei Männern dar.
Hannelore Findeis, Michael Bauer
Kapitel 10. Schnell wirksame Antidepressiva
Zusammenfassung
Ketamin, ein N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor-(NMDAR-)Blocker, wird seitf mehr als 50 Jahren klinisch als Anästhetikum eingesetzt. Die präklinische und klinische Forschung der letzten zwei Jahrzehnte hat gezeigt, dass akute Infusionen mit razemischem Ketamin eine schnelle und anhaltende antidepressive Wirkung zeigen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Antidepressiva zeigt Ketamin eine Ansprechrate von 65–70 % und eine antidepressive Wirkung, welche innerhalb von 24 h nach Einmalgabe eintritt und bis zu einer Woche anhält. Studien an Nagetieren haben gezeigt, dass Ketamin rasch einen synaptischen Umbau bewirkt und die durch chronischen Stress verursachten dysfunktionalen Veränderungen umkehrt. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass sich die Bemühungen auf neue Wirkstoffe konzentrieren, welche auf das glutamaterge System abzielen. Zuletzt wurde intranasales S-Ketamin als Zusatztherapie für therapieresistente Depressionen zugelassen. Darüber hinaus gibt es mehrere glutamaterge Modulatoren, die bei Nagetieren nachweislich eine antidepressive Wirkung entfalten. Einige dieser Substanzen haben sich auch bei PatientInnen als wirksam erwiesen. Im folgenden Kapitel werden die pharmakologischen Eigenschaften und der klinische Einsatz dieser neuen Arzneimittelklasse vorgestellt.
Zümrüt Duygu Sen, Lena Vera Danyeli, Martin Walter
Kapitel 11. Neue und experimentelle medikamentöse Therapieverfahren
Zusammenfassung
Bei sogenannten „therapieresistenten“ Erkrankungen kommen traditionell auch Substanzen zum Einsatz, die sonst entweder keine Anwendung in der Medizin finden oder deren Wirksamkeit und Sicherheit bisher lediglich in (zum Teil gänzlich) anderen Indikationen gezeigt wurde. Ihre Anwendung stellt daher immer eine Off-Label-Therapie dar, in Einzelfällen ist sie sogar durch das Gesetz untersagt. Dass sie dennoch zum Einsatz kommen, ist dem Wunsch geschuldet, nach dem Ausschöpfen anderer, geprüfter und zugelassener Arzneimittel, betroffenen Patienten doch irgendein Behandlungsangebot machen zu können. Einer breiteren Anwendung dieser Substanzen bei therapieresistenter Depression steht die meist sehr schwache Datenlage gegenüber. Potentieller Nutzen und Risiken sind daher in jedem Einzelfall sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Lea J. Mertens, Xenia Hart, Dennis J. Scharf, Moritz Spangemacher, Gerhard Gründer
Kapitel 12. Therapeutisches Drug Monitoring und Bedside Genotyping
Zusammenfassung
Bei PatientInnen mit medikamentöser Therapieresistenz kann der Erfolg der pharmakologischen Behandlung – je nach Medikament und klinischer Entwicklung – durch die Steuerung der Therapie mittels Personalisierungsinstrumenten wie dem Therapeutischen Drug Monitoring (TDM) sowie etablierten pharmakogenetischen Testungen optimiert werden. In diesem Buchkapitel soll ein Einblick in das TDM und die Genotypisierung (Bedside Genotyping) sowie deren sinnvoller Einsatz im klinischen Alltag bei PatientInnen mit therapieresistenten affektiven Störungen gegeben werden.
Georgios Schoretsanitis, Michael Paulzen
Kapitel 13. Leitlinien und Therapiealgorithmen
Zusammenfassung
Das folgende Kapitel gibt zunächst einen Überblick über relevante Leitlinien zur Depressionsbehandlung. Außerdem werden die ihnen zugrunde liegenden Prozesse der Entstehung bis hin zur Formulierung konkreter Empfehlungen anhand einer Evidenzhierarchie erläutert. Im zweiten Teil des Kapitels werden ausgehend von der Erkenntnis, dass die wahllose und unstrukturierte Aneinanderreihung inadäquat und unkontrolliert durchgeführter Behandlungsversuche eine häufige Ursache für Therapieresistenz darstellen, die Grundlagen einer algorithmusgestützten Pharmakotherapie entwickelt und relevante Studienergebnisse vorgestellt.
Maximilian Berger, Mazda Adli
Kapitel 14. Therapieresistenz bei bipolarer Depression und Manie
Zusammenfassung
Therapieresistente Episoden bipolarer Störungen (BS) sind häufig assoziiert mit Suizidalität sowie einer massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität und betreffen bis zu ein Viertel der PatientInnen mit BS. Obwohl die Behandlung solcher Episoden klinisch hoch relevant ist, gibt es derzeit weder einheitliche Definitionen für therapieresistente depressive, manische oder gemischte Episoden, noch klare Therapieempfehlungen. Nach sorgfältigem Ausschluss einer Pseudotherapieresistenz empfehlen wir ein gestuftes Vorgehen, wobei zunächst die Substanzen mit der besten Evidenz für nichttherapieresistente Episoden genutzt werden sollten. Danach kann auf Substanzen zurückgegriffen werden, für die zumindest Wirksamkeitshinweise explizit bei Therapieresistenz beschrieben wurden. Für depressive Episoden kommen so unter anderem Ketamin, Pramipexol oder Modafinil/Amodafinil infrage. Bei manischen und gemischten Episoden können der Einsatz von Clozapin oder Elektrokonvulsionstherapie erwogen werden.
Clemens K. Krug, Vera M. Ludwig, Michael Bauer, Emanuel Severus
Kapitel 15. Prophylaxeresistenz bei bipolaren Störungen
Zusammenfassung
Es gibt keine einheitliche Definition von Prophylaxeresistenz bei bipolaren Störungen. Für dieses Kapitel wird daher eine pragmatische Definition eingeführt. Die Datenlage zu Behandlungsoptionen ist aufgrund vielfältiger Faktoren schmal. Therapeutisch empfiehlt es sich bei Prophylaxeresistenz, nach Ausschluss einer Pseudotherapieresistenz, zunächst die Substanzen mit der besten Evidenz zur Phasenprophylaxe generell einzusetzen und ggf. zu kombinieren, bevor die Therapie weiter eskaliert wird. Der Austausch einzelner Substanzen, angepasst an die führende Symptomatik, kann auf Basis von Head-to-Head-Vergleichen oder Netzwerk-Metaanalysen erfolgen. Wenige offene Studien liefern Daten zu Therapieoptionen bei Prophylaxeresistenz – z. B. für Clozapin, Elektrokrampftherapie oder supraphysiologische Schilddrüsenhormontherapie. Rapid Cycling gilt als schwer zu behandelnde Verlaufsform von bipolaren Störungen, die aber nicht notwendigerweise mit Prophylaxeresistenz einhergeht.
Vera M. Ludwig, Clemens K. Krug, Michael Bauer, Emanuel Severus

Andere biologische Behandlungsalternativen

Frontmatter
Kapitel 16. Modulation zirkadianer Rhythmik
Zusammenfassung
Das Kapitel Modulation zirkadianer Rhythmik beschreibt eingangs die Bedeutung von Schlaf und zirkadianem Rhythmus bei affektiven Störungen und im Anschluss die aktuell bestehenden Therapieverfahren, die durch Modulation von Schlaf und zirkadianem Rhythmus einen antidepressiven oder antimanischen Effekt erzielen können. Diese Therapieverfahren heißen Chronotherapeutika. Zu nennen sind hier die Lichttherapie, Wachtherapie und Schlafphasenvorverlagerung bei depressiven Episoden sowie die Dunkeltherapie bei manischen Episoden. Für therapieresistente depressive Episoden konnte insbesondere bei Kombinationsverfahren aus mehreren Chronotherapeutika eine Wirksamkeit nachgewiesen werden. Da alle Chronotherapeutika nebenwirkungsarm und gut mit pharmako- und/oder psychotherapeutischen Verfahren kombinierbar sind, stellen sie einen vielversprechenden Behandlungsansatz auch für therapieresistente affektive Störungen dar.
Philipp Ritter, Ilka Münch
Kapitel 17. Elektrokonvulsionstherapie
Zusammenfassung
Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein modernes, sicheres, nebenwirkungsarmes, hocheffektives und leitliniengerechtes Therapieverfahren zur Behandlung depressiver Syndrome. Entsprechend der S3-Leitlinien ist eine Indikation zur Behandlung therapieresistenter unipolarer und bipolarer depressiver Episoden mit hohem Evidenz- und Empfehlungsgrad gegeben. Bei gleichzeitig sehr hohen Effektstärken bzw. Responseraten sind kognitive Nebenwirkungen reversibel und schwere somatische Nebenwirkungen sehr selten. Die EKT wird insgesamt in Deutschland zu zurückhaltend und nicht leitlinienentsprechend eingesetzt, insbesondere bei älteren Patienten.
Alexander Sartorius
Kapitel 18. Nichtinvasive Hirnstimulationsverfahren
Zusammenfassung
Nichtinvasive Hirnstimulationsverfahren wie beispielsweise die transkranielle Magnetstimulation und die transkranielle Gleichstromstimulation haben sich in zahlreichen Studien und einigen Metaanalysen als vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten von depressiven Symptomen bei unipolarer und teilweise auch bipolarer Störung erwiesen. In diesem Kapitel gehen wir auf die theoretischen Grundlagen der verschiedenen Hirnstimulationsverfahren und auf die zugrunde liegenden pathophysiologischen Prozesse affektiver Erkrankungen ein. Zudem bieten wir eine Zusammenfassung der wichtigsten klinischen Studien zu diesem Thema und schlagen vor, wie man nichtinvasive Gehirnstimulationsverfahren in die klinische Praxis integrieren kann.
Lucia Bulubas, Ulrike Kumpf, Malek Bajbouj, Frank Padberg
Kapitel 19. Invasive Hirnstimulationsverfahren
Zusammenfassung
Bei schwer zu behandelnden Depressionen wurden invasive Stimulationsverfahren untersucht, bei denen im Gegensatz zu den nichtinvasiven Verfahren, Elektroden und Impulsgeber implantiert werden. Verfahren, die auch in der klinischen Versorgung Anwendung gefunden haben, sind die Vagusnervstimulation (VNS) und die tiefe Hirnstimulation (THS, engl. deep brain stimulation, DBS). Die VNS ist seit 2001 in der EU und seit 2005 in den USA zur Behandlung von chronischen oder rezidivierenden Depressionen zugelassen, die auf mindestens vier antidepressive Behandlungen nicht angesprochen haben. Die DBS ist zugelassen als Zusatzbehandlung für schwere Zwangsstörungen. Für die Behandlung der Depression besteht bislang keine Zulassung. In diesem Kapitel wird ein Überblick über die beiden Verfahren gegeben einschließlich der aktuellen Evidenz zur antidepressiven Wirksamkeit und Verträglichkeit, internationalen Leitlinienempfehlungen sowie der klinischen Aspekte wie die Auswahl geeigneter PatientInnen. Dargestellt wird auch die Datenlage zu ablativen Verfahren, die sich in der Klinik allerdings bislang nicht durchgesetzt haben.
Erhan Kavakbasi, Bernhard Baune
Kapitel 20. Komplementärmedizinische Verfahren bei therapieresistenten Depressionen
Zusammenfassung
Die Integration komplementärmedizinischer Behandlungsverfahren in konventionelle pharmako- und psychotherapeutische Konzepte spielt auch in der Psychiatrie eine zunehmende Rolle. Einerseits ist die Inanspruchnahme von Komplementärmedizin – mit oder ohne Wissen der hauptsächlichen Behandler – bei PatientInnen weit verbreitet, andererseits gibt es vielfältige wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit einzelner komplementärmedizinischer Therapien insbesondere auch bei Depression. Hierzu zählen die klassische Naturheilkunde mit ihren Komponenten Phytotherapie, Hydrotherapie, Ernährung, Bewegungs- und Physiotherapie und Ordnungstherapie bzw. Mind-Body-Medizin. Die traditionelle indische Medizin mit Ayurveda und Yoga sowie die Chinesische Medizin mit Akupunktur und den meditativen Übungstechniken werden dargestellt. Schließlich finden anthroposophische Medizin und Homöopathie in diesem Kapitel Beachtung.
Georg Juckel, Anne Berghöfer, Knut Hoffmann

Psychologisch-psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten

Frontmatter
Kapitel 21. Kognitive Verhaltenstherapie
Zusammenfassung
Unter kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) versteht man einen problemzentrierten, strukturierten, psychologischen Behandlungsansatz, der bezogen auf akute, rezidivierende, chronische und therapieresistente Depressionen bei unipolaren wie bei bipolaren Verläufen folgenden Schwerpunkte verfolgt: Überwindung von Inaktivität, Rückzug, Energielosigkeit, Verhaltensaktivierung und Life-Balance, Verbesserung des Sozial-, Kommunikations- und Interaktionsverhaltens, Korrektur der dysfunktionalen Einstellungen und negativen Denkstilen, Aufbau eines Bewältigungs- und Problemlöserepertoires und Rückfallprophylaxe. KVT wird mit Erfolg im stationären und im ambulanten Rahmen, häufig in Kombination mit antidepressiver und stimmungsstabilisierender Medikation angewendet.
Martin Hautzinger
Kapitel 22. Psychodynamische Verfahren bei therapieresistenten Depressionen
Zusammenfassung
Unter einer therapieresistenten Depression (TRD) werden solche Fälle verstanden, in denen bei einer (medikamentösen) Therapie eine Symptomlinderung fehlt. Im vorliegenden Beitrag werden Phänomene von auch psychotherapeutisch ausbleibenden Veränderungen im Licht der Konzeption von Behandlungswiderständen betrachtet. Eine psychodynamische Perspektive kann erhellen, in welcher Weise die „Therapieresistenz“ bei Depression gerade darin besteht, dass sich depressive Symptome in der Therapiebeziehung sowie im therapeutischen Prozess äußern und auf diesen wirken. Es werden Empfehlungen gegeben, wie dies in das Verständnis der therapieresistenten Depression einbezogen und therapeutisch bearbeitet werden kann.
Timo Storck
Kapitel 23. Systemische Therapie bei therapieresistenten Depressionen und bipolaren Störungen
Zusammenfassung
Hartnäckige depressive Symptome können aus systemischer Perspektive als Lösungsversuche vielfältiger Probleme interpretiert werden, etwa als Signalisieren von Überforderung oder Abgeben von Verantwortung, die im individuellen Therapieprozess gemeinsam mit den Betroffenen verstanden werden müssen. Mit Blick auf Therapieresistenz ist insbesondere die Einnahme einer veränderungsneutralen Haltung von zentraler Bedeutung. Ziel ist es, weniger die unmittelbare Symptomreduktion in den Blick zu nehmen, sondern dem mittelfristigen Fortbestand der Symptome bzw. erneuten Auftreten Bedeutung zuzuweisen.
Markus W. Haun, Barbara Bräutigam
Kapitel 24. Störungsspezifische Psychotherapien: IPT und CBASP
Zusammenfassung
Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) und die Interpersonelle Therapie (IPT) sind störungsspezifische Ansätze zur Behandlung von Depressionen. Dabei wurde CBASP speziell für chronische bzw. persistierende Depressionsverläufe entwickelt, während die IPT als Kurzzeitintervention auf die Überwindung akuter depressiver oder manischer Episoden abzielt. Beide Verfahren können als interpersonelle Lerntherapien verstanden werden, da sie die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen für die Entstehung, den Verlauf und die Bewältigung von Depressionen in den Fokus rücken. Da insbesondere CBASP für die Behandlung chronischer bzw. persistierender und therapieresistenter Depressionen konzipiert wurde, wird CBASP in diesem Kapitel ausführlicher praxisnah dargestellt.
Anne Guhn, Eva-Lotta Brakemeier
Kapitel 25. Weitere moderne Psychotherapiemethoden bei therapieresistenten Depressionen und bipolaren Störungen: ACT und DBT
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) und die Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) vorgestellt. Beide Ansätze können in der Therapie affektiver Erkrankungen sowohl während depressiver und manischer Episoden als auch phasenprophylaktisch angewendet werden. Vor dem Hintergrund einer häufig bestehenden Komorbidität können Menschen mit zunächst therapieresistent erscheinenden Erkrankungen in besonderem Maße von diesen Methoden profitieren, da sie transdiagnostische Ansätze darstellen und die Möglichkeit zur prozessbasierten Arbeit beinhalten. ACT und DBT als achtsamkeitsinformierte Psychotherapiemethoden beinhalten Fertigkeitentrainings und nutzen sowohl Akzeptanz- als auch Veränderungsstrategien. Die Grundlagen beider Behandlungsansätze werden dargestellt und vor dem Hintergrund initial therapieresistenter affektiver Störungen anhand anschaulicher Beispiele näher erläutert.
Anja Meyer, Janine Wirkner
Kapitel 26. Biologisch unterstützte psychotherapeutische Interventionen bei therapieresistenten Depressionen
Zusammenfassung
Die biologisch informierte Psychotherapie integriert das Wissen der klinischen Neurowissenschaften in die Weiterentwicklung potenzieller Psychotherapieverfahren für therapieresistente Depressionen (TRD). Eine spezifische Berücksichtigung findet dabei der gezielte Einsatz von biologischen Methoden zur Augmentation psychotherapeutischer Interventionen. Die Indikation wird aus einem mechanistischen biopsychologischen Prozessmodell von Psychotherapie abgeleitet. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Steigerung der Neuroplastizität die Effektivität sich anschließender psychologisch-psychotherapeutischer Interventionen erhöhen kann. Dabei werden pharmakologische Substanzen (z. B. Ketamin) und Methoden der nichtinvasiven Hirnstimulation eingesetzt (z. B. Elektrokonvulsive Therapie und transkranielle Gleichstromstimulation). Aktuell noch in den Kinderschuhen, hat die biologisch informierte Psychotherapie das Potenzial, neue Behandlungsmöglichkeiten für die TRD zu entwickeln.
Jan Richter, Edgar Nazarenus
Kapitel 27. Psychotherapieansätze als Sekundär- und Tertiärtherapie bei therapieresistenten Depressionen und bipolaren Störungen
Zusammenfassung
Da bei Therapieresistenz per Definition PatientInnen nicht (ausreichend) auf Behandlungen respondieren bzw. gar remittieren, sollten bedeutsame Ziele von diesen weniger erfolgreichen Behandlungen darin bestehen, 1.) die Wahrscheinlichkeit einer erneuten deutlichen Verschlechterung der Symptomatik bzw. eines Rückfalls (bei bestehender Restsymptomatik) zu verringern und 2.) den PatientInnen möglichst viele Strategien im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln. Daher können PatientInnen durch psychotherapeutische Sekundär- und Tertiärtherapien Werkzeuge an die Hand bekommen, mit denen sie einer erneuten substanziellen Verschlechterung eigenverantwortlich vorbeugen bzw. im Falle einer Verschlechterungen entsprechende Bewältigungsmöglichkeiten anwenden können. Wie in zahlreichen Kapiteln in diesem Buch bereits betont, erscheint es als vereinfachendes Wunschdenken zu glauben, dass eine einzige Behandlung ausreicht, um eine dauerhafte und zufriedenstellende Remission bei diesen schwer zu behandelbaren PatientInnen zu erzielen. Im Kapitel werden daher bewährte und neuere Ansätze der psychotherapeutischen Rückfallprophylaxe sowie Erhaltungstherapie praxisnah vorgestellt und deren Wirksamkeit diskutiert.
Eva-Lotta Brakemeier, Anne Guhn

Spezielle Populationen und soziale Dimensionen

Frontmatter
Kapitel 28. Therapieresistenz aus gerontopsychiatrischer Perspektive
Zusammenfassung
Zwischen jüngeren und älteren Patientengruppen sind phänomenologische Unterschiede zu beobachten. Ältere weisen weniger depressionsspezifische Symptome auf, dagegen prävalieren eher vegetative Störungen, Apathie und kognitive Einbußen sowie somatische Symptome. Es ist von einer höheren Rate von somatischer und kognitiver Komorbidität auszugehen. Eine oft komplexe Polypharmazie und altersbedingte Veränderungen von Pharmakodynamik und -kinetik mit der Folge einer erhöhten Nebenwirkungsrate sind zu beachten. Viele Ältere mit majoren Depressionen respondieren nicht befriedigend auf eine antidepressive Monotherapie, wobei zwischen Therapieresistenz im engeren Sinne, inadäquaten Therapieversuchen und mangelnder Adhärenz wegen Unverträglichkeiten zu unterscheiden ist. Die Verlängerung der initialen Dauer einer antidepressiven Pharmakotherapie über den bei Jüngeren üblichen Zeitraum hinaus ist angesichts der Möglichkeit einer verlängerten Wirklatenz empfehlenswert. Die Wirksamkeit von Psychotherapie ist metaanalytisch gut belegt. Eine Kombination von Psycho- und Pharmakotherapie kann auch bei älteren PatientInnen günstig sein.
Hans Gutzmann
Kapitel 29. Suizidrisiko und Suizidprävention
Zusammenfassung
Suizidgefährdete PatientInnen stellen eine der größten Herausforderungen für unser psychiatrisches/psychotherapeutisches Handeln dar. Aufgrund der weiterhin nicht vorhandenen verlässlichen Prädiktoren, der raschen Veränderbarkeit suizidalen Erlebens sowie der Furcht vor juristischen Konsequenzen im Falle eines PatientInnensuizides ist der Umgang mit suizidalen PatientInnen häufig von Unsicherheit geprägt. Das folgende Kapitel möchte über Suizidalität im Rahmen psychischer, insbesondere affektiver Erkrankungen informieren sowie Wissen über Entstehung, Prävention und die therapeutischen Möglichkeiten in Klinik und Praxis vermitteln und so zu einem sicheren Umgang mit diesem Thema führen.
Ute Lewitzka, Werner Felber
Kapitel 30. Schwangerschaft und Postpartalzeit
Zusammenfassung
Affektive Erkrankungen in Schwangerschaft und Postpartalzeit sind häufig und können, insbesondere wenn sie nicht ausreichend gut behandelt werden, negative Folgen für die ganze Familie inklusive der Entwicklung der exponierten Kinder haben. Therapierefraktäre oder schwierig zu behandelnde uni- oder bipolare Depressionen in dieser besonderen Zeit scheinen etwas weniger häufig zu sein als in anderen Lebensphasen, sind aber bisher auch deutlich weniger beforscht. Bei der Behandlung der Mutter müssen in der Schwangerschaft immer potenziell embryo- und/oder fetotoxische Effekte der pharmakologischen oder nichtpharmakologischen Therapien mitbedacht und in der Stillzeit insbesondere bei Medikamenten der Übergang in die Muttermilch beachtet werden. Hier mangelt es aus ethischen Gründen an randomisiert-kontrollierten Studien. Dennoch gibt es ausreichend Daten aus Register- und Beobachtungsstudien sowie Fallserien, um erste Empfehlungen für eine therapierefraktäre uni- bzw. bipolare Depression in Schwangerschaft und Stillzeit herleiten zu können.
Anna Linda Leutritz, Sarah Kittel-Schneider
Kapitel 31. Aufsuchende, integrative und peergestützte Behandlungsansätze bei Therapieresistenz
Zusammenfassung
Menschen werden in einem sozialen Kontext krank – dort wo sie leben, arbeiten und interagieren. Die Behandlung von therapieresistenten Störungen sollte daher immer auch soziale Faktoren berücksichtigen, die oft nur durch Aufsuchen des Lebensumfeldes erkannt und einbezogen werden können. Nur lebensweltliche Ansätze sind in der Lage, ein umfassendes Bild von Therapieresistenz herauszuarbeiten und soziale Ressourcen zu mobilisieren. Dies wird z. B. in der aktuellen WHO-Leitlinie für Community Mental Health Services oder der S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen gefordert. Für deren Umsetzung steht in Deutschland ein breites Spektrum aufsuchender, integrativer und peergestützter Versorgungsansätze zur Verfügung: Die Stationsäquivalente Behandlung (StäB; nach § 115d SGB V) bietet eine psychiatrische Akutbehandlung zuhause; die psychiatrischen Modellvorhaben (nach § 64b SGB V) ermöglichen eine settingübergreifende, flexible und komplexe Behandlung im häuslichen Umfeld. Peer Support, welcher vielerorts Bestandteil der multiprofessionellen Teams ist, bietet eine alltagsnahe Unterstützung durch MitarbeiterInnen mit eigener psychiatrischer Behandlungserfahrung.
Julian Schwarz, Stefan Weinmann
Kapitel 32. Die sozialen Aspekte der Depression: Integrierte Versorgung therapieresistenter PatientInnen außerhalb des SGB V
Zusammenfassung
Soziale Aspekte der Depression sind gerade für chronische Depressionen relevant. Gute Bedingungen bei materieller Absicherung, Wohnen, Arbeit und soziale Beziehungen sind salutogenetische, präventive und potenziell therapeutische Aspekte. Im deutschen Sozialgesetzbuch gibt es hier mannigfaltige Hilfen, die in der Depressionsbehandlung genutzt werden sollten. Der Beitrag gibt dazu einen Überblick.
Peter Brieger, Susanne Menzel
Backmatter
Metadaten
Titel
Therapieresistenz bei Depressionen und bipolaren Störungen
herausgegeben von
Michael Bauer
Anne Berghöfer
Eva-Lotta Brakemeier
Mazda Adli
Copyright-Jahr
2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-65734-8
Print ISBN
978-3-662-65733-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65734-8

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